Mein Gewissen ist die Wahrheit - Kath.de
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Kirchenkampf in <strong>de</strong>r Tschechoslowakei X.<br />
„einem grausigen Verhör“ unterzogen wor<strong>de</strong>n. Seine Leiche sei im Abgrund <strong>de</strong>r Macocha (1)<br />
gefun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n. Die Behör<strong>de</strong>n hätten von „Selbstmord“ gesprochen und <strong>die</strong>s amtlich<br />
bestätigt.<br />
Auf ähnliche Weise sei <strong>de</strong>r Ingenieur Premysl Coufal (1932 im mährischen Prostejov<br />
geboren, ums Leben gekommen. Coufal war, wie Pater Kolácek schreibt, „geheim geweihter<br />
Priester, „vielleicht auch Bischof“. Als „sehr fähiger Ingenieur und Architekt“ sei er von <strong>de</strong>n<br />
Kommun<strong>ist</strong>en „hoch geschätzt“ gewesen. Sie hätten ihn sogar mit Aufgaben im Ausland<br />
betraut und vom zuständigen Min<strong>ist</strong>erium in <strong>de</strong>n Mittleren Orient, in mehrere afrikanische<br />
Län<strong>de</strong>r sowie nach Tunesien und Algerien geschickt wor<strong>de</strong>n. Dann, im Herbst 1980 habe<br />
Coufal eine Romreise unternommen, dabei Radio Vatikan, das „Nepomucenum“, das<br />
Orientalische Institut, <strong>die</strong> Päpstliche Universität Gregoriana besucht, also alles Einrichtunge,<br />
<strong>die</strong> zu Begegnungen mit Landsleuten, zumal Jesuiten, führten. Am 24. Februar 1981 sei<br />
Coufal in seiner Wohnung in Bratislava (Pressburg) tot aufgefun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n. Pater Kolácek:<br />
„Die Zeugen wagten von schrecklichen Spuren <strong>de</strong>s Selbsterhaltungskampfes zu sprechen.“<br />
Der Überfallene muss sich bis zum letzten Atemzug verzweifelt gewehrt haben. Die Behör<strong>de</strong>n<br />
sprachen wie<strong>de</strong>rum, amtlich beurkun<strong>de</strong>t, von Selbstmord. Pater Kolácek, auf <strong>de</strong>n wir in<br />
späteren Kapiteln zurückkommen wer<strong>de</strong>n, schließt seinen Brief, in <strong>de</strong>m er ungewöhnlich<br />
offen zu <strong>de</strong>n Vorgängen in <strong>de</strong>n Jahren <strong>de</strong>r kommun<strong>ist</strong>ischen Zwangsherrschaft in seiner<br />
Heimat schreibt mit <strong>de</strong>m Bekenntnis: „Die <strong>Wahrheit</strong> will ich nicht verschweigen.“<br />
Europa atmet mit zwei Lungenflügeln<br />
Nach <strong>de</strong>r politischen Wen<strong>de</strong> in seiner Heimat konzentriert sich Spidlik wie<strong>de</strong>r auf sein<br />
Spezialgebiet. Ab 1991 leitet er das „Centro Aletti“. Das Forschungs- und Stu<strong>die</strong>nzentrum <strong>ist</strong><br />
<strong>de</strong>m Päpstlichen Orient-Institut angeschlossen. Die Einrichtungen wer<strong>de</strong>n vom Jesuiten-<br />
Or<strong>de</strong>n geführt. Das Orient-Institut wur<strong>de</strong> im späten 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt ins Leben gerufen,<br />
eingerichtet in einem Palazzo in <strong>de</strong>r Via Paolina. Das vornehme Patrizierhaus war von einer<br />
Dame <strong>de</strong>r römischen Gesellschafter, <strong>de</strong>r Signora Anna Maria Gruenhut Bastoletti Aletti <strong>de</strong>r<br />
Gesellschaft Jesu geschenkt wor<strong>de</strong>n.<br />
Das „Ezio Aletti Stu<strong>die</strong>nzentrum“, so sein offizieller Name, will Begegnungsstätte zwischen<br />
Ost und West sein, für Stu<strong>die</strong>ren<strong>de</strong>, Wissenschaftler und Künstler mit chr<strong>ist</strong>licher<br />
Orientierung. Insbeson<strong>de</strong>re Johannes Paul II., <strong>de</strong>r „slawische“ Papst hat sich stets <strong>de</strong>n<br />
Austausch <strong>de</strong>r Erfahrungen zwischen <strong>de</strong>n Kulturen <strong>de</strong>s Ostens und <strong>de</strong>s Westens eingesetzt<br />
und <strong>die</strong>s mit seinem berühmten Wort von einem Europa, das mit „zwei Lungenflügeln“ atmet,<br />
unterstrichen. Arbeiten <strong>de</strong>s Zentrums wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>m angeschlossenen „Lipa“-Verlagshaus<br />
veröffentlicht. Der Name „Lipa“ be<strong>de</strong>utet „Lin<strong>de</strong>“. Der Laubbaum gilt als Symbol <strong>de</strong>s<br />
westlichen Slawentums.<br />
Im Jahre 1993, nach <strong>de</strong>r politischen Wen<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Tschechoslowakei, konnte das römische<br />
Stu<strong>die</strong>nhaus eine erste Filiale in Tschechien errichten, das „Zentrum Aletti Velehrad-Rom“<br />
im mährischen Olomouc (Olmütz). Seine Aufgabe, wie sie Johannes Paul II. in einem<br />
Grußwort zur Eröffnung formulierte: Die Forschung unter <strong>de</strong>n Oriental<strong>ist</strong>en selbst auf <strong>de</strong>r<br />
Grundlage <strong>de</strong>s Glaubens nach <strong>de</strong>m Zusammenbruch <strong>de</strong>s Marxismus zu ermutigen.<br />
Der „polnische Papst“, <strong>de</strong>n eine persönliche Freundschaft mit Spidlik verband, nicht zuletzt<br />
durch das gemeinsame Interesse an <strong>de</strong>r Spiritualität <strong>de</strong>s slawischen Ostens, ernannte, wie<br />
eingangs vermerkt, <strong>de</strong>n be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n mährischen Theologen im Jahre 2003 zum Kardinal.<br />
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