Download - Ãsterreichische Kinder-Krebs-Hilfe
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Medizin & Wissenschaft<br />
beschossen. Das sind kleinste Elementarteilchen,<br />
so klein, dass sie – um einen<br />
therapeutischen Erfolg zu haben – auf die<br />
Erbsubstanz im Zellkern abzielen. Die Erbsubstanz<br />
vergleiche ich immer mit der Betriebsanleitung<br />
für die Maschinerie: Alles,<br />
was in der Zelle produziert wird, wird von<br />
dieser Betriebsanleitung abgelesen. Und<br />
wenn diese Betriebsanleitung durch eine<br />
Bestrahlung zerstört wird, stirbt die Zelle<br />
ab. Und das ist der Sinn der Bestrahlung:<br />
eine Tumorzelle zu zerstören, indem man<br />
sie im Steuerzentrum erwischt.<br />
Kathi Ottner: Warum gibt es Rückschläge?<br />
Wie hoch ist ihr Prozentsatz?<br />
Heinrich Kovar: Auch das kommt auf<br />
die Erkrankung an – und auf die Therapie.<br />
Wenn man alle <strong>Krebs</strong>erkrankungen zusammennimmt,<br />
so kann man sagen, dass die<br />
„Rückschlagsrate“ bei durchschnittlich<br />
25 bis 30 Prozent liegt. Es gibt aber auch<br />
Erkrankungen mit häufigeren Rückfällen<br />
und solche, bei denen es nur 10 Prozent<br />
oder sogar noch niedrigere Rückfallsraten<br />
gibt. Rückschläge gibt es in der Regel dann,<br />
wenn nach der Therapie Tumorzellen zurückbleiben.<br />
Dafür gibt es etliche Gründe.<br />
Einer ist, dass die Medikamente nicht mit<br />
den Tumorzellen in Kontakt kommen können,<br />
weil sich diese sehr geschickt verbergen.<br />
Ein anderer Grund ist, dass die Tumorzellen<br />
Mechanismen entwickelt haben, um<br />
sich zu schützen und die Medikamente<br />
deshalb nicht an sie herankommen. Dann<br />
kann sein, dass die Chemotherapeutika, die<br />
darauf trainiert sind, auf Zellen die sich teilen,<br />
loszugehen, auf Tumorzellen stoßen,<br />
die sich weniger oder gar nicht teilen. Das<br />
ist gerade ein großes Thema in der <strong>Krebs</strong>forschung,<br />
dass es <strong>Krebs</strong>- bzw. Tumorstammzellen<br />
gibt, die sich wenig teilen und<br />
daher resistent gegenüber der Chemotherapie<br />
sind. Und noch eine Rückfalls-Ursache:<br />
Es gibt viele Zellen, die bereits mit einem<br />
kleinen Fehler behaftet, aber noch lange<br />
nicht bösartig sind. Durch die Therapie,<br />
die ja selbst auch Schäden hervorruft, und<br />
dem gleichzeitigen Versagen bestimmter<br />
Reparatur- und Kontrollmechanismen kann<br />
es passieren, dass diese Zelle nun den entscheidenden<br />
Anstoß zum Bösartigwerden<br />
bekommt. Eine neue Erkrankung bricht<br />
aus. Diese hat zwar mit der ursprünglichen<br />
Erkrankung viele Gemeinsamkeiten – doch<br />
ob man hier von einem Rückfall oder von<br />
einer Neuerkrankung spricht, ist eine begriffliche<br />
Frage. Aber in jedem Fall ist es<br />
ein Rückschlag!<br />
Kathi Ottner: Warum werden dann nicht<br />
alle gesunden Zellen, die ebenfalls durch<br />
die Therapie getroffen werden, auch bösartig?<br />
Renate Panzer-Grümayer: Gesunde, von<br />
der Therapie getroffene Zellen können – im<br />
Gegensatz zu <strong>Krebs</strong>zellen – diese Schäden<br />
wieder reparieren und bleiben dadurch<br />
weitgehend unbeeinflusst.<br />
Theresa Spiegl: Warum sind sie <strong>Krebs</strong>forscherin<br />
bzw. <strong>Krebs</strong>forscher geworden?<br />
Renate Panzer-Grümayer: Ich habe Medizin<br />
studiert und wollte als Ärztin Antworten<br />
auf exakt dieselben Fragen, die ihr<br />
gerade stellt. Dazu kommt, dass das Leid<br />
der <strong>Kinder</strong> und Eltern sehr belastend ist.<br />
Wenn man ständig diese Nebenwirkungen<br />
sieht, wünscht man sich nichts sehnlicher<br />
als eine Therapie, die nur den Tumor bekämpft,<br />
ohne Nebenwirkungen. Man fragt<br />
sich, ob man gegen <strong>Krebs</strong> vorbeugen oder<br />
ihn gar verhindern kann. Fragen, die man<br />
ohne Forschung nicht beantworten wird<br />
können. Deshalb bin ich Forscherin geworden.<br />
Heinrich Kovar: Ich komme ursprünglich<br />
aus der Naturwissenschaft, genauer aus<br />
der Biologie und habe zuerst gelernt, wie<br />
die Tiere funktionieren. Später dann haben<br />
© Helga Nussbaumer<br />
Ein außergewöhnlicher ExpertInnen-Talk: v.l.n.r. Renate Panzer-Grümayer, Kathi Ottner, Theresa Spiegl, Kathi Feckter und Heinrich Kovar<br />
sonne 4/11