10.11.2014 Aufrufe

Anzeiger - Pressebüro Tommasi

Anzeiger - Pressebüro Tommasi

Anzeiger - Pressebüro Tommasi

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Botnanger<br />

Seite 26 <strong>Anzeiger</strong><br />

Nr. 4 / 05. 04. 2013<br />

Traditionen um die Osterzeit<br />

Springerle - Festtagsgebäck zu Ostern<br />

Springerle backen gehört heute bei uns<br />

zur Weihnachtszeit. Das war nicht immer<br />

so. Springerle waren ein traditionelles<br />

Festtagsgebäck und wurden zu<br />

jedem Anlass und zur jeder Jahreszeit<br />

kredenzt - so auch zur Osterzeit.<br />

Das Backen von Springerle wird heutzutage<br />

mit der Weihnachtszeit verbunden. Das<br />

war nicht immer so: Springerle waren ein<br />

traditionelles Festtagsgebäck. Sie wurden<br />

zu jeder Jahreszeit, zu Familienfesten oder<br />

anderen Begebenheit gebacken und verschenkt.<br />

Springerle backen zur Osterzeit<br />

gewinnt heute wieder an Beliebtheit.<br />

Die rund dreihundertjährige Geschichte<br />

des schwäbischen Springerle hatte seinen<br />

Anfang im 17. Jahrhundert. Das Backen<br />

von Springerle war ursprünglich kein spezieller<br />

Weihnachtsbrauch. Zu jedem Anlass<br />

und zu jeder Jahreszeit wurde das<br />

Bildgebäck gebacken und verschenkt. Die<br />

bildliche Darstellung auf dem Gebäck wurde<br />

genutzt, um eine wichtige Botschaft zu<br />

übermitteln. Das erklärt die unterschiedlichs?ten<br />

Motive, wie etwa aus dem religiösen<br />

Bereich, Liebessymbole, aber auch<br />

aus der Politik. Das Herz galt als Zeichen<br />

der Liebe, aber auch als Zeichen für Gesundheit<br />

ebenso wie der Lebensbaum. Ein<br />

gebackener Handschuh war ein Symbol<br />

für Schutz, Vertrauen und für die Treue. Einer<br />

Braut wünschte man mit einem Pfetschenkind<br />

(ein mit Binden eingebundenes<br />

Baby) einen reichen Kindersegen, besagt<br />

die Geschichte zu den Bildgebäcken. Zu<br />

Weihnachten waren Engel, Krippen?szenen<br />

und die Heiligen Drei Könige beliebte<br />

Motive und zu Ostern das Osterlamm und<br />

Kreuzigungsszenen.<br />

Die für das Gebäck verwendeten orientalischen<br />

Gewürze, Honig, Mandeln und Rohrzucker<br />

waren zu früheren Zeiten teure Kostbarkeiten,<br />

die sich nur betuchte Familien in<br />

Adel und Bürgertum leisten konnten. Das<br />

Gebäck wurde das ganze Jahr über zu den<br />

verschiedensten Anlässen hergestellt. Die<br />

Familien hatten dafür kunstvoll geschnitzte<br />

Formen mit oftmals familieneigenen Motiven,<br />

die von Generation zu Generation vererbt<br />

wurden. Wer schöne Model besaß,<br />

konnte für die Gäste mit entsprechend reich<br />

geschmücktem Gebäck aufwarten, was<br />

das Pres?tige einer Familie betonte und erhöhte.<br />

Man wetteiferte untereinander um<br />

den Ruhm des ansehnlichsten und besten<br />

Backwerks. Der Wettstreit hatte nicht nur im<br />

privaten Raum geherrscht, auch Zünfte und<br />

Amtsinhaber hatten sich Model schnitzen<br />

lassen, um Macht und Größe des Staates<br />

würdig zu repräsentieren.<br />

Archäologen hatten im nordindischen Indus-Tal<br />

Modelformen gefunden, die aus<br />

Ton gebrannt waren. Mit diesen wurde<br />

spiralförmiges Brot als Opfergebäck herge?stellt<br />

worden. Die Spirale ist ein Symbol<br />

der?Sonne. Auch zwischen Euphrat<br />

und Tigris, als die alte Königstadt Mari<br />

aus?gegraben wurde, sind Archäologen<br />

auf aus Ton geformte Model gestoßen.<br />

Diese Formen aus der Zeit vor rund 2000<br />

Jahren vor Christi Geburt zeigen meist religiöse<br />

Motive. Und bei den Ägyptern wurde<br />

bereits zu Zeiten des Pharaos Ramses<br />

III (1198 bis 1166 vor Chris?ti Geburt) bei<br />

Festen Bildgebäck gereicht. Ebenso nutzten<br />

Griechen und Römer diese Gebäckstücke<br />

für die Höhepunkte des Jahres. 200<br />

vor Christi wurden Model im römischen<br />

Hafen Ostia für Brot mit Heilssymbolen benutzt.<br />

Der genaue Zeitpunkt, wann das<br />

Bildgebäck erfunden wurde, ist nicht bekannt.<br />

Mindestens seit dem Mittelalter<br />

aber gibt es Model aus Stein, Metall, Keramik<br />

oder Holz, um Gebäckstücke mit Bildern<br />

zu versehen. Hierzulande wurden die<br />

ers?ten Model vermutlich in Klöstern zur<br />

Herstellung der hochgeschätzten Gewürzlebkuchen<br />

verwendet.<br />

In der Barockzeit war der Reiter ein sehr<br />

beliebtes Motiv. Auf die Ausgestaltung<br />

der Kleidung, aber auch des Pferdes mit<br />

viel schmückendem Beiwerk wurde<br />

großer Wert gelegt. Jagd?szenen, prachtvoll<br />

gekleidete Damen und Herren, Kutschen,<br />

Vasen, etc. waren ebenfalls beliebte<br />

Motive dieser Zeit. Zur Zeit des Rokoko<br />

kamen kleinformatige Motive, wie<br />

Schäfer?szenen, Berufs- und Jahreszeitenbilder,<br />

aber auch Karikaturdarstellungen<br />

hinzu. In der Biedermeierzeit wurde<br />

das Bildgebäck besonders im Süddeutschen<br />

Raum noch beliebter. Grund hierfür<br />

ist sicherlich, dass nun statt des teuren<br />

Rohzuckers Rübenzucker verwendet werden<br />

konnte, der wesentlich billiger war.<br />

Außerdem wurden die Model nun mit Maschinen<br />

hergestellt. Das Gebäck wurde<br />

dadurch billiger und wurde auch für ärmere<br />

Familien erschwinglich. Im 19. Jahrhundert<br />

hatte fast jede Familie in Schwaben<br />

Springerle-Formen. Nun kamen neue<br />

Motive wie Ereignisse aus dem Tagesgeschehen,<br />

Eisenbahnen, Luftschiffe oder<br />

auch Figuren aus der Kinderliteratur, wie<br />

„Struwwelpeter“ oder „Nikolas mit dem<br />

großen Tintenfass“ hinzu.<br />

Springerle kommen in Süddeutschland,<br />

aber auch in Baden, Bayern oder in Teilen<br />

von Österreich, der Schweiz und im Elsaß<br />

vor. Das übliche Material für Holzmodel ist<br />

Birnenholz, da es hart ist und kaum splittert.<br />

Auch richten sich seine Härchen nicht<br />

auf, wenn es nass wird. Dadurch können<br />

feinste Ziselierungen auf den Plätzchen<br />

sichtbar sein. Das Modelstechen gehörte<br />

lange Zeit zum?Handwerk von Konditoren<br />

und Zuckerbäckern. Es war aber durch<br />

keine Zunft geregelt, sondern war stets eine<br />

sogenannte „freie Kunst“. Deshalb<br />

konnten sich nicht nur Holzschnitzer, sondern<br />

auch Drechsler, Bildhauer oder<br />

Bäcker dieser Kunst bedienen.<br />

Text/Fotos: <strong>Tommasi</strong><br />

Springerle backen zur Osterzeit gewinnt heute wieder an Beliebtheit<br />

Früher wurde das Bildgebäck mit allerlei Motiven versehen -<br />

ab dem 19. Jahrhundert auch mit Figuren aus der Kinderliteratur,<br />

wie dem Struwwelpeter (li.)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!