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Sana auf dem Weg zur AG

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„Einige bausteine<br />

fehlen noch“<br />

sana profile: Herr Professor Ludolph, vor bald 200 Jahren<br />

wurde die Parkinson-Erkrankung erstmals beschrieben.<br />

Ist sie inzwischen umfassend erklärbar?<br />

Prof. Ludolph: Es kommen immer neue Erkenntnisse und<br />

Antworten hinzu, auch jetzt wieder im März <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Kongress<br />

in Ulm. Einige Bausteine fehlen uns allerdings noch.<br />

Unter den neurodegenerativen Erkrankungen ist der Morbus<br />

Parkinson aber diejenige, die am besten erforscht ist.<br />

Seit jetzt schon 40 Jahren ist sie gegenüber den anderen<br />

Erkrankungen wie Alzheimer oder ALS privilegiert, da das<br />

<strong>auf</strong>tretende Defizit, der Mangel beim Botenstoff Dopamin,<br />

ausgeglichen werden kann.<br />

Welche Fortschritte gibt es denn in der Behandlung?<br />

Die konservative pharmakologische Therapie wird mehr<br />

und mehr verfeinert. Wir haben inzwischen Medikamente,<br />

die das fehlende Dopamin substituieren, die über die Hemmung<br />

von Enzymen den Dopaminabbau verhindern oder<br />

die die Rezeptoren gegenüber <strong>dem</strong> verbliebenen Dopamin<br />

sensibilisieren. Diese Medikamente sind viel wirksamer und<br />

schonender als früher. Ihr optimaler Einsatz ist allerdings eine<br />

Kunst für sich, die einen erfahrenen Mediziner bedingt.<br />

Anknüpfend an diese symptomatische Therapie gibt es<br />

ein weiteres großes Ziel: Die Therapie so zu verfeinern,<br />

dass damit gleichzeitig der natürliche Verl<strong>auf</strong> der Krankheit<br />

verlangsamt wird. Es gibt heute Therapie-Strategien, die<br />

versprechen, dass dies gelingt. Problematisch ist allerdings<br />

noch der Nachweis.<br />

Auf <strong>dem</strong> Kongress wurde dieses Thema kontrovers diskutiert.<br />

Ich denke aber, dass sich mit Hilfe der pharmakologischen<br />

Therapie die Krankheitsdauer im Durchschnitt <strong>auf</strong> 15<br />

bis 20 Jahre verlängern lässt, mit deutlich verbesserter Lebensqualität.<br />

Wichtige Kongressthemen waren auch chirurgische<br />

Behandlungsmöglichkeiten. Halten diese, was sie versprechen?<br />

Die tiefe Hirnstimulation, bei der überaktive Regionen mit<br />

direkt ins Hirn gesetzten Elektroden gebremst werden, ist<br />

viel versprechend. In Ulm machen wird das jetzt zusammen<br />

mit den Günzburger Neurochirurgen seit zehn Jahren, mit<br />

gutem Erfolg. Diese „Hirnschrittmacher“ führen zu einer<br />

ganz deutlichen Verbesserung der Parkinson-Symptomatik<br />

und scheinen die Krankheit auch zu verlangsamen. Sie fin-<br />

den allerdings nur bei medikamentös austherapierten Patienten,<br />

die sonst gesund sind, Anwendung. Probleme gibt<br />

es noch bei der Selektion der Patienten und bei der Kontrolle<br />

der möglichen Nebenwirkungen.<br />

Bei der Stammzelltherapie, die bisher mit großen Hoffnungen<br />

verbunden war, gibt es dagegen noch keinen dokumentierten<br />

Therapieerfolg. Hier ist noch viel Forschung<br />

nötig, etwa zu den Fragen wie viele Zellen implantiert werden<br />

müssen, wo implantiert werden muss oder wie die<br />

implantierten Zellen im Gehirn wandern. Ich denke, in den<br />

nächsten zehn Jahren ist hier nicht mit einem Durchbruch<br />

zu rechnen.<br />

Der Ansatz mit embryonalen Stammzellen, was ja zu einer<br />

heftigen ethischen Diskussion führte, steht übrigens nicht<br />

mehr im Mittelpunkt. Mehr Erfolg versprechen Stammzellen<br />

zum Beispiel aus <strong>dem</strong> Bindegewebe.<br />

Sie selbst haben über die Atypischen Parkinson-Syndrome<br />

referiert. Ist das ein Thema mit Zukunft?<br />

Diese Syndrome wie beispielsweise die Multi-System-<br />

Atrophie (MSA) oder die Progressive supranukleäre Blickparese<br />

(PSP) sind therapeutisch etwas in Vergessenheit<br />

geraten. Sie sind zwar selten, aber sie sind nicht bedeutungslos,<br />

denn sie reagieren nicht <strong>auf</strong> die Standardmedikation<br />

und führen innerhalb von fünf bis acht Jahren zum<br />

Tod. Unser Anliegen war es, diese Syndrome wieder mehr<br />

ins Blickfeld zu rücken – gerade bei einem „Heimspiel“<br />

wie diesem Kongress. Denn seit rund zehn Jahren sind wir<br />

in Ulm mit der Erforschung dieser Syndrome beschäftigt<br />

und haben inzwischen Ergebnisse erzielt, die international<br />

beachtet werden. ••<br />

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