GESUNDHEIT TrIffT SozIalES - SMZ Liebenau
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Das Lager <strong>Liebenau</strong><br />
Geschichtsbewusstsein schärfen smz aktuell<br />
Es gab auch Mutige Grazer,<br />
die Juden versteckten und ihnen<br />
damit das leben Retten konnten.<br />
Zu den Hintergründen der <strong>Liebenau</strong>er Lager<br />
erklärte Lappin-Eppel: „Ab Herbst 1944<br />
wurde in Österreich am so genannten Südostwall<br />
gebaut. Neben ZivilistInnen und<br />
der Hitlerjugend arbeiten auch jüdische<br />
Zwangsarbeiter mit. Insgesamt waren ca.<br />
80.000 ungarische Jüdinnen und Juden in<br />
der Zeit von November bis Dezember 1944<br />
als billige Arbeitssklaven für die deutsche<br />
Rüstungsindustrie und für die Gauleitung<br />
in Niederdonau und Steiermark ‚verliehen’<br />
worden, die Hälfte von ihnen wurde bereits<br />
auf dem Weg ins KZ deportiert. Die Vernichtungsmaschinerie<br />
in Auschwitz stand zu<br />
diesem Zeitpunkt allerdings schon still und<br />
so wurde der Arbeitseinsatz von Juden dazu<br />
benützt, sie zu vernichten. Viele der insgesamt<br />
rund 8000 Juden, die zum Arbeitseinsatz<br />
in die Steiermark gebracht worden<br />
waren, waren bereits vor ihren unmenschlich<br />
langen Fußmärschen ohne adäquate<br />
Versorgung und Verpflegung in miserabler<br />
körperlicher Verfassung. Die Unterkünfte<br />
und die Verpflegung am Bau taten dann ihr<br />
Übriges: durch Krankheiten und Hunger geschwächt,<br />
wurden die Juden umso brutaler<br />
behandelt, damit man noch Arbeitskraft aus<br />
ihnen ‚herauspressen’ konnte. Den Wachsammen<br />
gespielt. Ein jüdischer Bub aus<br />
dem Lager wurde von Nachbarn versteckt,<br />
später gefunden und vor meinen Augen<br />
erschossen. Dann wurden alle Juden von<br />
einem LKW abgeholt. Diese Bilder beschäftigen<br />
mich bis heute ständig. Und ich möchte<br />
auch wissen, wer diese Jüdinnen und<br />
Juden waren!“ Lappin-Eppel meinte, sie<br />
könne darüber nur Vermutungen anstellen:<br />
Da laut Angabe der Zeitzeugin auch Frauen<br />
und ein Säugling dabei waren, müsse es<br />
sich um Sommerarbeiter gehandelt haben.<br />
Diese seien im Juli in die Lager gekommen<br />
und hätten etwas mehr Bewegungsfreiheit<br />
gehabt.<br />
Die Murauen waren von Bunkern durchzogen,<br />
in denen die Kinder damals spielten. Es<br />
war jedoch schon den Kindern bekannt, dass<br />
man am Grünanger nicht spielen sollte, da<br />
dort das „große Grauen“ herrsche und man<br />
Menschen erschossen habe.<br />
In der Diskussion wurde darauf hingewiesen,<br />
dass es auch im Süden von Graz Mutige<br />
gegeben habe, die Juden versteckt und<br />
ihnen somit das Leben gerettet hätten: der<br />
Bürgermeister von Thondorf z.B. konnte<br />
viele junge Juden retten, indem er sie als<br />
Internatszöglinge ausgab.<br />
Auf die Frage aus dem Publikum, warum<br />
den Helfern nichts passiert sei, erwiderte<br />
Lappin-Eppel, dass in der Endphase die<br />
HelferInnen nicht mehr bestraft, wohl aber<br />
bedroht worden waren, damit sie die versteckten<br />
Juden preisgaben. Für Prozesse<br />
oder Bestrafungsrituale blieb keine Zeit<br />
mehr.<br />
Jüdische Zwangsarbeit<br />
für den „Südostwall“<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Juni 2012<br />
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