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Mitteilungen 77 - Geschichte in Schleswig-Holstein

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<strong>Mitteilungen</strong> <strong>77</strong><br />

Oktober 2009


Redaktionsschluss für die <strong>Mitteilungen</strong> 78:<br />

Freitag, 5. März 2010<br />

Titelbild:<br />

Die Lundener Kirche im Nebel.<br />

Abbildung zum Beitrag von Dirk Jonkanski<br />

„Der Geschlechterfriedhof von Lunden als Zeugnis Dithmarscher<br />

<strong>Geschichte</strong>“, <strong>in</strong> diesem Heft<br />

S. 3-15.


Inhalt<br />

Aus <strong>Geschichte</strong> und Kulturgeschichte<br />

Aus <strong>Geschichte</strong> und Kulturgeschichte<br />

Der Geschlechterfriedhof von Lunden als Zeugnis<br />

Dithmarscher <strong>Geschichte</strong><br />

Von Dirk Jonkanski 3<br />

Berichte und <strong>Mitteilungen</strong><br />

Laudatio des Vorsitzenden der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische<br />

<strong>Geschichte</strong> anlässlich der Vergabe des Preises der Gesellschaft für<br />

<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong> 2009 an<br />

Herrn Prof. Dr. Steen Bo Frandsen am 11. Juli 2009 16<br />

Geschichtspreis im Landesarchiv überreicht 20<br />

Der neue Inhaber der neu-alten regionalgeschichtlichen Professur<br />

an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel:<br />

Prof. Dr. Oliver Auge 21<br />

Der neue Inhaber der Professur für Nordeuropäische <strong>Geschichte</strong><br />

an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel:<br />

Prof. Dr. Mart<strong>in</strong> Krieger 26<br />

Danewerk und Haithabu als Welterbestätten der Wik<strong>in</strong>gerzeit –<br />

Zum Stand des Projektes<br />

Von Matthias Maluck 28<br />

Reth<strong>in</strong>k<strong>in</strong>g the Maritime Museum<br />

Entwicklungen – Perspektiven – Herausforderungen<br />

Bericht über e<strong>in</strong>e Tagung maritimer Museen<br />

Von Thomas Overdick 33<br />

Die „Flensburger Rum & Zucker Meile“<br />

Von Jutta Glüs<strong>in</strong>g 37<br />

Projekt Flussgeschichte: Die Stadt, die Trave und das Wasser<br />

Von Sylv<strong>in</strong>a Zander 40


H<strong>in</strong>weise<br />

E<strong>in</strong>ladung zu Vorträgen <strong>in</strong> Kiel 45<br />

Handel, Geld und Politik vom frühen Mittelalter bis heute<br />

Vorträge <strong>in</strong> Lübeck 46<br />

<strong>Schleswig</strong>sche Gespräche 47<br />

Antrittsvorlesungen 47<br />

Ehrenkolloquium für Prof. Dr. Manfred Jessen-Kl<strong>in</strong>genberg 48<br />

„Ripen 1460: 550 Jahre politische Partizipation <strong>in</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>?“<br />

Tagung im Landeskulturzentrum Salzau 48<br />

Suche - Biete<br />

52<br />

<strong>Mitteilungen</strong> des Vorstands<br />

Protokoll der ordentlichen Mitgliederversammlung der<br />

Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong><br />

auf Schloss Plön am 11. Juli 2009 53<br />

Preis der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong> 2010 59<br />

Mitarbeiter dieses Heftes 60<br />

Bildquellen 60


Aus <strong>Geschichte</strong> und Kulturgeschichte<br />

Der Geschlechterfriedhof von Lunden<br />

als Zeugnis Dithmarscher <strong>Geschichte</strong><br />

„Lunden. Patron St. Laurentius. Iß e<strong>in</strong> Flecke an der Eider gelegen, van<br />

Hamborch 15 Mile Weges, van Husum 2 Mile, van Flenßborch 8 Mile,<br />

von Rendeßborch 5 Mile, van Schleßwick 5 Milen. Iß ock wegen der vermogen<br />

Lüde, so darsulvest wahnhafft, herrlich unde stattlich mit groten<br />

schonen Hüsern geziret, hefft ock alle Jahr up Michaelis e<strong>in</strong>en herlichen<br />

Vehe= und Pferde=Market, wo dan ock dasuvest vele Flaßes unde allerhande<br />

Kramerie unde Koopmanschop veel gebracht wert“, leitet Neocorus<br />

gegen Ende des 16. Jahrhunderts se<strong>in</strong>e Beschreibung Lundens e<strong>in</strong>.<br />

Der zwischen Marsch und Geest gelegene Ort wird erstmalig 1140 erwähnt.<br />

Das 1529 verliehene Stadtrecht ist mit dem Ende der freien Bauernrepublik<br />

1559, als Lunden an die Gottorfer fiel, wieder aufgehoben worden.<br />

Der von der backste<strong>in</strong>ernen Umfassungsmauer bis zur romanischen St.-Laurentius-Kirche<br />

ansteigende alte Friedhof von Lunden gilt als Denkmal der<br />

Ausschnitt Lunden aus der<br />

Landkarte des Jordanus/<br />

Ortelius (1559-1579), aus:<br />

Danckwerth 1652,<br />

Taf. XXXIIX.


4<br />

freien Dithmarscher Bauerngeschlechter. Der Friedhof wird geprägt von 13<br />

erhaltenen, grasbewachsenen Gruftgewölben dieser Familienverbände. 66<br />

sandste<strong>in</strong>erne Abdeckplatten und die großenteils frei aufgestellten Stelen<br />

erzählen <strong>in</strong> Inschriften, Wappen, Hausmarken und figürlichen Reliefs die<br />

besondere <strong>Geschichte</strong> Dithmarschens. Mit der E<strong>in</strong>führung der Reformation<br />

1532 begann das Ende des Geschlechterwesens, das 1559 <strong>in</strong> der „Letzten<br />

Fehde“ se<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss gänzlich verlor.<br />

Dass e<strong>in</strong>flussreiche Familienverbände ihre Toten <strong>in</strong> gemauerten, tonnenförmigen<br />

Grabkellern beisetzten, die über e<strong>in</strong>en mit e<strong>in</strong>em Deckste<strong>in</strong><br />

verschlossenen Treppenschacht zugänglich s<strong>in</strong>d, blieb <strong>in</strong> Lunden bis zur<br />

Anlage des neuen Friedhofs am Ortsrand 1875 Tradition. Die bis zu zwei<br />

Tonnen schweren Platten und Stelen aus Wesersandste<strong>in</strong> waren von Ste<strong>in</strong>metzen<br />

unter Aussparung e<strong>in</strong>es Todesdatums und der Altersziffer schon<br />

vorgearbeitet, als sie von Bremen aus auf dem Schiffsweg über die Eider bis<br />

nach Wollersum, dem Hafen Lundens, gebracht wurden. Wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

wurden sie schon zu Lebzeiten bestellt und dann posthum mit den Jahreszahlen<br />

versehen, was auch durch Bequemlichkeit oder das Fehlen e<strong>in</strong>es<br />

Ste<strong>in</strong>metzes vergessen werden konnte. Gleiches gilt für den Narmurer Blauste<strong>in</strong>,<br />

der aus Belgien über die Handelsverb<strong>in</strong>dung nach Emden bezogen<br />

wurde. Auch auf anderen Kirchhöfen Dithmarschens und Eiderstedts f<strong>in</strong>-<br />

Abendlicher Blick über den Lundener Kirchhof.


den sich Grabplatten und Grüfte, die zu den großen Höfen gehörten und<br />

mit ihnen vererbt oder verkauft wurden, doch <strong>in</strong> ihrer Vielzahl, Vielfalt und<br />

Bedeutung s<strong>in</strong>d sie auf dem Geschlechterfriedhof unübertroffen.<br />

Innerhalb der Kirchhofsmauer, die als Rest e<strong>in</strong>er mittelalterlichen Befestigung<br />

von 1476 gegen dänische Ansprüche angesehen wird, führte e<strong>in</strong><br />

breiter Steg um den Friedhof herum und diente nach e<strong>in</strong>er Trauerfeier <strong>in</strong><br />

der Kirche als Prozessionsweg. Anlässlich e<strong>in</strong>er Bestattung wurde die Grabplatte<br />

der Familiengruft mit Hilfe von Pferden an den vier e<strong>in</strong>gelassenen<br />

R<strong>in</strong>gen beiseite gezogen. Den Sarg brachte man dann durch den schmalen<br />

Treppenschacht <strong>in</strong> die zur Beerdigung frisch geweißte Gruft. Hier wurden<br />

die Holzsärge auf parallel gemauerten Läuferreihen oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zweiten<br />

Reihe auf eisernen Stellagen darüber aufgebahrt, ohne sie direkt übere<strong>in</strong>ander<br />

zu stapeln. Danach wurde die Treppe wieder mit der schweren Grabplatte<br />

verschlossen.<br />

Nach Bugenhagens Kirchenordnung von 1542 sollte der Prediger oder<br />

Diener der Kirche bei der „Ausrichtung kräftig mithelfen“. Und wird dabei<br />

geläutet, dann s<strong>in</strong>d die „[…] die dieses Läuten wünschen,[…] verpflichtet<br />

zum Zwecke der Unterhaltung des Kirchengebäudes Geld dafür zu bezahlen<br />

[…].“ Und: „Auch lassen wir zu, dass dort, wo es Schulen gibt,<br />

5<br />

Grabanlage Hans Rode, 1600, mit Stele,<br />

Abdeck- und Grabplatte mit Halter<strong>in</strong>gen.


6<br />

die Schüler vor der Leiche hergehen und dabei Benedictus s<strong>in</strong>gen oder den<br />

Psalm Dom<strong>in</strong>e Refugium oder De Profundis oder auch Misere mit der Antiphon<br />

Media Vita oder auch andere deutsche Gesänge. Wo es aber ke<strong>in</strong>e<br />

Schulen gibt, sollen die Verwandten und Nachbarn des Toten schweigend<br />

der Leiche folgen.“ In Lunden war der Elementarlehrer gleichzeitig Küster<br />

und Aufseher über den Kirchhof.<br />

Über Jahrhunderte war der Kirchhof der e<strong>in</strong>zige Begräbnisplatz für<br />

das Kirchspiel e<strong>in</strong>schließlich St. Annen. Besonders viel beerdigt wurde <strong>in</strong><br />

Notzeiten, so nach den für Lunden verheerenden Sturmfluten 1211, 1218,<br />

1300, 1313, 1328. 1354, 1362, 1436, 1532, 1634, 1717 und 1825. Die Pest<br />

wütete 1450, 1464 und 1465 im Kirchspiel, abgelöst von den Kriegsnöten<br />

1403/04, 1627, 1659 und 1814, ohne hier jüngere Geschehen <strong>in</strong> und um<br />

Lunden anzuführen. 1909 ist auf dem Gottesacker die letzte Erd-, 1945<br />

die letzte Urnenbestattung <strong>in</strong> der Gruft Pfahler aus dem 16. Jahrhundert<br />

vorgenommen worden. Nicht zuletzt deswegen blieben so viele ältere Grabanlagen<br />

erhalten.<br />

Das wohl bedeutendste Grabmal auf dem Lundener Geschlechterfriedhof<br />

ist die hohe Stele des Peter Swyn aus dem Wurtemannengeschlecht. Das<br />

Sühneste<strong>in</strong> des<br />

Peter Swyn,<br />

gest. 1537.


Kreuzigungsrelief auf dem Sühneste<strong>in</strong> zeigt se<strong>in</strong>e Ermordung im Jahr 1537:<br />

Swyn, der das 48er Kollegium der Dithmarscher Bauernrepublik nach außen<br />

h<strong>in</strong> vertrat, hatte die Abschaffung von Blutrache und Me<strong>in</strong>eid auf den<br />

Kirchhöfen verkündet. Durch diesen Beschluss war die Schwächung der<br />

Geschlechterverbände befürchtet worden. Aus diesem Grund erschlugen<br />

ihn Angehörige des rivalisierenden Russebol<strong>in</strong>gmannen-Geschlechts, als<br />

er von e<strong>in</strong>er Kirchspielsversammlung nach Hause ritt. Unter dem Kreuzigungsrelief<br />

der Stele wird diese Tat gezeigt: Der fe<strong>in</strong>e Herr Swyn liegt<br />

vor se<strong>in</strong>em Pferd auf dem Boden, während der Mörder mit dem Dolch<br />

<strong>in</strong> der Hand über ihm kniet. „Anno 1537 an avent Mari Hemelvart is<br />

hier erbarmlich to dode gebrocht […] Peter Sw<strong>in</strong>“, lautet die Inschrift auf<br />

dem Sühneste<strong>in</strong>, der lange Jahre am Kreuzweg im Lundener Moor stand,<br />

und neben der Mordtat auch vom hohen Ansehen des Peter Swyn zeugt,<br />

denn dieser wurde hier pater patriae, also „Vater des Vaterlandes“ genannt.<br />

Der eigentliche Grabste<strong>in</strong> mit se<strong>in</strong>em Wappen - halber Adler, halbe Lilie<br />

-, den se<strong>in</strong>e Erben <strong>in</strong> Auftrag gaben, trägt die Umschrift: „Anno Christ/<br />

MDXXXVII am Dage Marie Hemelvart / den XV Augusti is / hir Peter<br />

Svi<strong>in</strong> begraven worden. Pater Patriae / H. S. E.“ Swyn hatte u. a. bewirkt,<br />

7<br />

Kle<strong>in</strong>e und Große<br />

Nannenstele nach<br />

ihrer Säuberung.


Karte vom Lundener Friedhof 1864,<br />

Archiv Landesamt für Denkmalpflege.<br />

dass 1517 e<strong>in</strong> Franziskanerkloster nach Lunden verlegt worden war. Handgestrichene<br />

Klosterformatste<strong>in</strong>e (28 x 13 x 8 cm), die zum Bau der Kirchhofsmauer<br />

und Grüfte verwandt wurden, er<strong>in</strong>nern uns an die „klösterliche“<br />

Baukunst.<br />

Neben Swyns Stele ist der Grabste<strong>in</strong> der Nannen, die große Nannenstele,<br />

aus dem Jahr 1588 hervorzuheben, den ionische Pilaster und Dreiecksgiebel<br />

mit Cherubim verzieren. Das Relief der Vorderseite zeigt über dem Familienwappen<br />

das Jüngste Gericht. Christus thront über den Wolken, umgeben<br />

von erlösten Stiftern und Auserwählten neben Posaune blasenden Engeln.


Darunter treiben Teufel die Verdammten durch das Fegefeuer <strong>in</strong> den Höllenschlund.<br />

Auf der Rückseite die Namen der Beigesetzten mit Olde Peters<br />

Hans Nan beg<strong>in</strong>nend, teils als regente hervorgehoben, wie die Mitglieder<br />

der 1447 e<strong>in</strong>gesetzten freien Regierung Dithmarschens, des Rates der 48er,<br />

genannt wurden. Se<strong>in</strong> Sohn Ole Claus Nan wird als Jerusalemsritter geehrt.<br />

Zwei weitere Ste<strong>in</strong>e der Großfamilie Nannen existieren <strong>in</strong> Lunden.<br />

Die Stele von Hans Nanne aus dem Jahr 1648, die kle<strong>in</strong>e Nannenstele,<br />

schmückt e<strong>in</strong> Kruzifix im Bogenfeld.<br />

Auf den Personenkult und Familien bezogene Inschriften zeigen auch<br />

alle anderen, <strong>in</strong> prächtigen Renaissanceformen verzierten Grabste<strong>in</strong>e und<br />

Stelen. Alle großen Geschlechter Lundens s<strong>in</strong>d mit ihren Grabstätten<br />

vertreten: die Nannen, die Swynen, die Ebb<strong>in</strong>gmannen, die Russebell<strong>in</strong>gmannen,<br />

die Sulemannen, die Jeremannen, die Vorgisselmannen, die<br />

Brorsmannen, die Starckmannen, die Huddiemannen, die Vogdemannen,<br />

die Woldersmannen und die Spetmannen. E<strong>in</strong>e Besonderheit stellt das aus<br />

dem Ste<strong>in</strong> gemeißelte „memento-mori-Gedicht“ auf der Rode-Stele dar, das<br />

als Trost für die H<strong>in</strong>terbliebenen gedacht war. Die Anfangsbuchstaben der<br />

Zeilen verweisen auf Hans Rode und se<strong>in</strong>e Frau Wibe.<br />

Immer wieder sieht man die Wappenzeichen der e<strong>in</strong>flussreichen Geschlechter,<br />

denen die meisten der hier Beigesetzten angehörten, gehalten<br />

von Wappenengeln <strong>in</strong> der Ste<strong>in</strong>mitte. Die Ecken s<strong>in</strong>d mit Evangelistensymbolen<br />

verziert. Late<strong>in</strong>ische Antiqua-Capitalen wurden ab 1600 anstelle<br />

gotischer M<strong>in</strong>uskeln für die meist aufliegenden Inschriften verwandt. Die<br />

hochdeutsche Schriftsprache verdrängte allmählich das Niederdeutsche.<br />

Die Ste<strong>in</strong>e stammen auch überwiegend aus dem 16. und 17. Jahrhundert,<br />

der Übergangszeit. Dabei liegt der Höhepunkt zwischen 1588 und 1620,<br />

also nach der „letzten Fehde“ 1559, dem Ende der Bauernrepublik. Es ist<br />

anzunehmen, dass alle Gruftkeller aus der Zeit vor 1700 stammen, was<br />

aus den verwendeten Baumaterialien zu schliessen ist, außerdem liegen<br />

ke<strong>in</strong>erlei Nachrichten über Neubauten von Grüften aus dem 18. und 19.<br />

Jahrhundert vor.<br />

E<strong>in</strong>e erste Beschreibung des Lundener Kirchhofs mit se<strong>in</strong>en Grabstätten<br />

verfasste Claus Harms, der von 1806-1816 als Pastor <strong>in</strong> Lunden wirkte, <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em „Gnomon“ unter der Überschrift „Der Cicerone auf dem Lundener<br />

Kirchhofe“. Im Grabbuch von 1823 s<strong>in</strong>d noch 19 Familiengrüfte dokumentiert.<br />

Es folgten Chroniken zu Ort und Kirchspiel, zum Pantheon des<br />

Dithmarscher Ruhmes und, mit dem ungedruckten Kunstdenkmäler<strong>in</strong>ventar<br />

beg<strong>in</strong>nend, die Bestandsaufnahmen der Ste<strong>in</strong>e und ihrer Inschriften,<br />

so 1968 durch Herm<strong>in</strong>e Lehmann und1985 durch Pastor Johann-Albrecht<br />

Janzen. Als e<strong>in</strong> Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung s<strong>in</strong>d die Lundener<br />

Kirche und der sie umgebende Friedhof 1968 <strong>in</strong> das Denkmalbuch des<br />

Landes <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong> e<strong>in</strong>getragen worden.<br />

9


10<br />

Die Landkarte von Jordanus/Ortelius von 1559 zeigt die Stadt Lunden<br />

(Stadtrecht seit 1529) auf der Nordseite e<strong>in</strong>er zur Eider auslaufenden B<strong>in</strong>nendüne.<br />

Der „Grundriß von Lunden ao 1648“ gibt den ummauerten, e<strong>in</strong><br />

Viertelkreissegment umfassenden Kirchhof <strong>in</strong> beherrschender Lage auf<br />

dem nördlichen Zipfel des besiedelten Geesthangs wieder, der mit der 1140<br />

erstmals erwähnten Kirche als Zufluchtsort bei Sturmfluten und wall- und<br />

mauerbewehrtes Bollwerk <strong>in</strong> unruhigen Zeiten gedient haben wird. Selbst<br />

bei der großen Sturmflut 1436 kam das Wasser nur bis an den Fuß der<br />

Düne. Vier Friedhofsportale s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>gezeichnet. Entsprechend gliederten<br />

ursprünglich die vier zur Kirche führenden Wege, an die sich die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Grabstätten reihten, die Kirchwarft. Auf der Karte vom Lundener Kirchhof<br />

1864 s<strong>in</strong>d die Leher-, Prester-, Lundener- und Fleder-Stegel e<strong>in</strong>gezeichnet.<br />

Betrachten wir Jensens Südansicht der Lundener Laurentiuskirche von<br />

1820, auf der auch das Gräberfeld südlich des Kirchbaus dargestellt ist,<br />

gew<strong>in</strong>nen wir den E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>es naturbelassenen Friedhofs. E<strong>in</strong>e flächendeckende,<br />

durch Anhäufungen modellierte Hügeloberfläche stellt die überwölbten<br />

Grabkeller <strong>in</strong> West-Ost-Ausrichtung dar. Das Bild e<strong>in</strong>es aufgelassenen<br />

Friedhofs, auf dem nur wenige Grabstellen von Gittern e<strong>in</strong>gefasst<br />

s<strong>in</strong>d, vermitteln auch die frühen Fotos im Archiv des Landesamtes, aus der<br />

Zeit vor der Umgestaltung des Geschlechterfriedhofs <strong>in</strong> den 1930er Jahren.<br />

E<strong>in</strong>e ununterbrochene Ane<strong>in</strong>anderreihung von nach Osten orientierten Familiengräbern,<br />

wie sie auf Friedhofs-Belegungsplänen seit der Barockzeit<br />

überliefert s<strong>in</strong>d, lässt sich noch am Gräberfeld westlich des Hauptzugangs<br />

zur Kirche ablesen.<br />

Man kann auch das soziale Gefüge erahnen, nach dem Reich und Arm<br />

auf dem Friedhof getrennt waren. Die Begräbnisstätten der reichen Geschlechter<br />

lagen an den Hauptwegen, bevorzugt südlich der Kirche. Am<br />

Glockenberg südöstlich der Kirche lag das Armenbegräbnis. Dort stand der<br />

alte hölzerne Glockenturm, bis hier 1783 der Blitz e<strong>in</strong>schlug.<br />

Der erste schleswig-holste<strong>in</strong>ische Prov<strong>in</strong>zialkonservator Richard Haupt<br />

beklagte sich Ende des 19. Jahrhunderts über die lieblose Behandlung des<br />

Friedhofs: „Die Platten, deren manche stehen, die meisten liegen, manche<br />

auch mehrfach benutzt s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d im Ganzen viel mehr für die ditmarsche<br />

<strong>Geschichte</strong>, als für die Kunst von Bedeutung und werden von Verständigen<br />

überaus hoch geschätzt; doch irrt, wer etwa glaubt, dass für ihre Erhaltung<br />

je irgend etwas geschehen sei, da doch das M<strong>in</strong>deste wäre, sie an e<strong>in</strong>er<br />

Mauer gedeckt aufzustellen, wenigstens soweit sie jetzt, auf Gräbern oder<br />

<strong>in</strong> Steigen liegend, verderben.“ Manche Ste<strong>in</strong>e sollen auch eigenmächtig<br />

Ergebnis der geomagnetischen Kartierung<br />

des Lundener Friedhofs.


12<br />

entfernt und teils als Treppenste<strong>in</strong>e neu genutzt worden se<strong>in</strong>. Nach dem<br />

Kirchenbrand 1834 s<strong>in</strong>d wohl gezielt Ste<strong>in</strong>e als Baumaterial verkauft worden.<br />

Aus e<strong>in</strong>er musealen Präsentation der Ste<strong>in</strong>e, wie sie Haupt vorschlug,<br />

wurde nichts, denn die „Pat<strong>in</strong>a e<strong>in</strong>es alten Kirchhofes mit Wiesenblumen,<br />

mit Glockenblumen und Königskerzen, die sich ohne Menschenhand weiter<br />

aussäen und das ihre tun“, schwebte dem mit Wiederherstellungsarbeiten<br />

beauftragten Gartenarchitekten Harry Maaß aus Pönitz bei se<strong>in</strong>er<br />

Umgestaltung 1938/39 vor. Se<strong>in</strong> gewundener Rundweg – „als schlichte,<br />

getretene Pfade“ – zu allen Ste<strong>in</strong>en und Gewölben sollte zum Verweilen<br />

e<strong>in</strong>laden: „E<strong>in</strong>e Rankrose hier und da um e<strong>in</strong>en Ste<strong>in</strong>- wie sie übrig blieb<br />

durch die Zeiten-. Das schwebte me<strong>in</strong>em Gefühl vor. Aus demselben Gefühl<br />

entstand die verschiedene Schräglage der Ste<strong>in</strong>e“. Von diesem, noch <strong>in</strong><br />

der Romantik verwurzeltem Konzept, von dem wir anfangs nicht wussten,<br />

ob es überhaupt ausgeführt worden ist, wird noch weiter unten berichtet.<br />

Die „Dekoration“ von Stelen und Platten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em „Ste<strong>in</strong>garten“ ist se<strong>in</strong>erzeit<br />

auch kritisiert worden. Der letzte Schliff wird sicherlich noch gefehlt<br />

haben, auch wenn die wesentlichen Arbeiten <strong>in</strong> den 1930er Jahren fertig gestellt<br />

wurden: die Auflichtung des Bewuchses, die Bodenmodellierung und<br />

Verlegung der Wege, die Neugruppierung der Denkmäler und Beseitigung<br />

der Grabanlagen des 19. Jahrhunderts. Prov<strong>in</strong>zialkonservator Sauermann<br />

vermerkte zum Ortsterm<strong>in</strong> im Juli 1939: „Der Geschlechterfriedhof macht<br />

Baubesprechung am Armentisch, der Deckplatte<br />

der oberirdisch angelegten Gruft der Ebb<strong>in</strong>gmannen.


Der Nannenkeller des Kirchhofs zu Lunden,<br />

Zeichnung Roos 1928,<br />

Archiv Landesamt für Denkmalpflege.<br />

<strong>in</strong> der Art und Weise, wie die Grabste<strong>in</strong>e jetzt gebettet s<strong>in</strong>d, ke<strong>in</strong>esfalls<br />

e<strong>in</strong>en befriedigenden E<strong>in</strong>druck. Die Grabplatten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Schräg(lage)<br />

zwar gut leserlich, aber die nebene<strong>in</strong>ander aufgeworfenen Hügel und die<br />

Ane<strong>in</strong>anderreihung machen doch e<strong>in</strong>en recht gekünstelten E<strong>in</strong>druck. […]<br />

So kann die Lösung nicht bleiben.“ Etwas zuversichtlicher kl<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong> Tätigkeitsbericht<br />

1938: „Der noch etwas künstliche Ausdruck des Friedhofs<br />

wird sich erst mit der Zeit verlieren, wenn die neugesetzten Pflanzen und<br />

Sträucher das Gelände bewuchern.“<br />

Im Mittelpunkt e<strong>in</strong>es mit EU-Mitteln geförderten Projekts, dessen Initia-


14<br />

toren im Jahr 2000 die Pastoren Friedemann Magaard und Peer Munske<br />

waren, standen neben der Wiederherstellung des von Maaß weiterentwikkelten<br />

Wegenetzes die Sanierung der backste<strong>in</strong>ernen Umfassungsmauer sowie<br />

die Konservierung der wertvollen Ste<strong>in</strong>e an.<br />

Geomagnetische Messungen ermöglichten die zerstörungsfreie Erkundung<br />

verborgener Gruftanlagen. Die vorgenommene Kartierung deckte<br />

sich im Wesentlichen mit den bekannten Anlagen. Neben größeren Eisenteilen<br />

bee<strong>in</strong>trächtigten Laternen und Sche<strong>in</strong>werfer das Messergebnis. Um<br />

den baulichen Zustand e<strong>in</strong>er durchschnittlich großen Gruft zu erkunden<br />

und Sanierungsmöglichkeiten auszuloten, wurde durch das Archäologische<br />

Landesamt das aus Klosterformatste<strong>in</strong>en gemauerte Tonnengewölbe der<br />

jüngsten Gruft (Harm Witt von 1837) freigelegt und durch e<strong>in</strong>e schmale<br />

Öffnung auch e<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong> das gekälkte, durch zwei Luftschächte be- und<br />

entlüftete Gruft<strong>in</strong>nere mit den Ausmaßen L ca. 3 x Br 2,5 x T 1,50 m<br />

geworfen. Die e<strong>in</strong>st auf parallel gemauerte Läuferreihen aufgestellten Kieferholzsärge<br />

lagen bei der Überprüfung der Wittschen Gruft nicht mehr im<br />

Verband. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen s<strong>in</strong>d Knochen und Sargreste<br />

(Kiefernholz und Stoffreste der Auskleidung) über den Ziegelste<strong>in</strong>boden<br />

zerstreut worden. Auf e<strong>in</strong>em Zettel aus e<strong>in</strong>er aufgefundenen, verkorkten<br />

Der Friedhof mit Info-Pavillon<br />

zur Öffentlichkeitsarbeit.


Glasflasche stand, dass der Grabkeller schon 1938 <strong>in</strong>spiziert und wieder<br />

vermauert worden war.<br />

Zwei Gruftkeller s<strong>in</strong>d seit den 1970er Jahren der Öffentlichkeit zugänglich,<br />

auch wenn ihre E<strong>in</strong>gangsgestaltung zu wünschen lässt: der im Gewölbebereich<br />

sanierte Sulemannenkeller und die Nannengruft. Vor der<br />

Swyn-Stele liegt der mit 22 m² außergewöhnlich große Doppelgrabkeller<br />

der Sulemannen, der als Ausstellungsraum und Lapidarium für die Abgüsse<br />

gedacht ist (Replik der Stele Peter Swyns und Hans Rodes, der Großen<br />

und Kle<strong>in</strong>en Nannen-Stele, der Stele der Familie Henn<strong>in</strong>ges). Bereits 1928<br />

wurde der Nannenkeller mit den Ausmaßen L 5,60 x Br. 3,20 x H 2,20 m<br />

freigelegt, dessen 1,10 m breite Treppe von e<strong>in</strong>er Platte bedeckt ist.<br />

Nach wissenschaftlicher Grabung, Aufmaß und Baualterskartierung<br />

nach verwendetem Ste<strong>in</strong>material 2006 ist für die Friedhofsmauer aus Klosterformatste<strong>in</strong>en<br />

e<strong>in</strong> Sanierungskonzept erstellt worden. Zur Abdeckung<br />

der jetzt neu verfugten Backste<strong>in</strong>mauer s<strong>in</strong>d halbrunde Formste<strong>in</strong>e nachgebrannt<br />

worden. E<strong>in</strong>en Blick auf das freigelegte Sichtmauerwerk aus Klosterformatziegeln<br />

bis h<strong>in</strong> zur Gründung mit Feldste<strong>in</strong>en gibt e<strong>in</strong> mit Glas<br />

abgedeckter Sichtschacht an der östlichen Mauergrenze frei. Er dient dem<br />

Friedhofsbesucher ebenso zur Orientierung wie die Informationsschilder<br />

und -tafeln auf dem Gelände, e<strong>in</strong>e Ausstellung <strong>in</strong> der Kirche wie auch e<strong>in</strong><br />

sechseckiger Pavillon als „Info-Punkt“ am Rande des Friedhofs. E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>formative<br />

Broschüre „Bauerngeschlechter zwischen Zeit und Ewigkeit“ liegt<br />

gedruckt vor.<br />

Der Geschlechterfriedhof lädt wieder zum Verweilen e<strong>in</strong>. Sowohl dem<br />

Friedhofs- und Gartendenkmal <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Prägung der 1930er Jahre als auch<br />

den älteren E<strong>in</strong>zeldenkmalen der Ste<strong>in</strong>metzkunst und Epigraphik wurden<br />

die Wiederherstellungsarbeiten gerecht.<br />

Dirk Jonkanski<br />

15<br />

Die Redaktion der <strong>Mitteilungen</strong> der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong><br />

dankt Herrn Dirk Jonkanski für die Zurverfügungstellung se<strong>in</strong>es Aufsatzes<br />

über den Lundener Geschlechterfriedhof aus der Zeitschrift DenkMal! 16/2009, S.<br />

17-24, den wir hier <strong>in</strong> leicht gekürzter Form veröffentlichen. Für die Anmerkungen<br />

und Literaturh<strong>in</strong>weise verweisen wir auf den Aufsatz <strong>in</strong> der Zeitschrift DenkMal!<br />

16/2009.


Berichte und <strong>Mitteilungen</strong><br />

Laudatio des Vorsitzenden der Gesellschaft<br />

für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong> anlässlich der<br />

Vergabe des Preises der Gesellschaft<br />

für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong> 2009<br />

an Herrn Prof. Dr. Steen Bo Frandsen am 11. Juli 2009<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

der Preis der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong> wurde<br />

2007 gestiftet und wird durch die großzügige Zuwendung der Brunswiker<br />

Stiftung f<strong>in</strong>anziert. 2008 konnte der Preis erstmals verliehen werden. Auch<br />

für dieses Jahr wurde der Preis wieder ausgeschrieben. Es hat 12 sehr <strong>in</strong>teressante<br />

Bewerbungen gegeben, über die wir uns sehr gefreut haben und<br />

die unserer Jury die Preisvergabe nicht leicht machten. Die Entscheidung<br />

ist nun heute gefallen, und ich freue mich, Ihnen im Namen des Vorstands<br />

der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong> mitzuteilen: Der<br />

Preis unserer Gesellschaft geht dieses Jahr an Professor Dr. Steen Bo Frandsen,<br />

Syddansk Universitet, Sønderborg, für se<strong>in</strong> Werk „Holsten i helstaten.<br />

Hertugdømmet <strong>in</strong>den for og uden for det danske monarki i første halvdel<br />

af 1800-tallet” auf deutsch: Holste<strong>in</strong> im Gesamtstaat. Das Herzogtum <strong>in</strong>nerhalb<br />

und außerhalb der dänischen Monarchie <strong>in</strong> der ersten Hälfte des<br />

19. Jahrhunderts.<br />

Bedauerlicherweise bef<strong>in</strong>det sich Herr Professor Frandsen zur Zeit im Urlaub<br />

<strong>in</strong> Italien, daher kann ihm der Preis heute zwar verliehen, aber leider<br />

nicht überreicht werden. Das muss später nachgeholt werden.<br />

Doch nun zum preisgekrönten Werk und se<strong>in</strong>em Autor.<br />

Vielleicht mag es verwundern, dass der Geschichtspreis der Gesellschaft<br />

für schleswig-holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong> nun zum zweiten Mal für e<strong>in</strong> dänischsprachiges<br />

Werk vergeben wird. Aber letztendlich ist dies nur e<strong>in</strong> Zeichen<br />

der heutigen grenzüberschreitenden Normalität und wie unbefangen<br />

wir heute mite<strong>in</strong>ander umgehen können. Auch wäre es zu kurzsichtig, ja<br />

engstirnig, den diesjährigen Preisträger, Professor Steen Bo Frandsen, nur<br />

als e<strong>in</strong>en ‚dänischen‘ Historiker zu bezeichnen. Wer nur e<strong>in</strong>en kurzen Blick<br />

auf Steen Bo Frandsens Werdegang und se<strong>in</strong>e reichhaltige Publikationsliste<br />

wirft, merkt sofort, dass wir es mit e<strong>in</strong>em wahrhaft europäischen Historiker<br />

zu tun haben. Freuen wir uns also darüber, dass die schleswig-holste<strong>in</strong>ische


<strong>Geschichte</strong> immer noch <strong>in</strong>teressante Fragestellungen aufwirft, nicht nur für<br />

die deutsche oder dänische, sondern für die europäische <strong>Geschichte</strong>.<br />

Steen Bo Frandsen wurde 1958 geboren und absolvierte se<strong>in</strong> Geschichtsstudium<br />

an der Universität Århus. Dort promovierte er 1986 über Regionen<br />

und Regionalismus im italienischen E<strong>in</strong>igungsprozess, und der Regionalgeschichte<br />

ist Steen Bo Frandsen seitdem treu geblieben. Es folgten Forschungsaufenthalte<br />

<strong>in</strong> Italien und <strong>in</strong> Deutschland an der Gesamthochschule<br />

Kassel als Stipendiat der Alexander von Humboldt Stiftung. In dieser<br />

Zeit entstand das 1994 bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft veröffentliche<br />

Werk „Dänemark – der kle<strong>in</strong>e Nachbar im Norden“, e<strong>in</strong>e auch<br />

heute noch sowohl für Wissenschaftler und <strong>in</strong>teressierte Laien lesenswerte<br />

Darstellung der vielfältigen deutsch-dänischen Beziehungen im 19. und 20.<br />

Jahrhundert. Wer dieses Buch liest, wird viele der dänischen Ängste und<br />

17<br />

Jörg-Dietrich Kamischke mit dem preisgekrönten Werk


18<br />

Vorbehalte gegenüber Deutschland verstehen und damit bei ihrer Überw<strong>in</strong>dung<br />

helfen können.<br />

Von 1990-93 folgte e<strong>in</strong>e dreijährige Assistenzprofessur an der Universität<br />

Århus. In dieser Zeit entstand das Werk, das Steen Bo Frandsen <strong>in</strong> Dänemark<br />

bekannt machte: “Opdagelsen af Jylland. Den regionale dimension i<br />

Danmarkshistorien 1814-1864” – die Entdeckung Jütlands. Die regionale<br />

Dimension der dänischen <strong>Geschichte</strong> 1814-1864. Diese Habilitationsschrift<br />

setzte <strong>in</strong> Dänemark neue Maßstäbe. Hier stellte Frandsen die Zwangsläufigkeit<br />

der historischen Entwicklung zum dänischen Zentralstaat <strong>in</strong> Frage und<br />

untersucht regionale und regionalistische Initiativen und Bewegungen, die<br />

auch föderative Entwicklungen ermöglicht hätten. Das umfassende Werk<br />

ist <strong>in</strong> Dänemark mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden, stellt es<br />

doch zahlreiche bisherige Grundannahmen im dänischen Geschichtsverständnis<br />

<strong>in</strong> Frage.<br />

Steen Bo Frandsen zog es wieder nach Italien. E<strong>in</strong> Jahr arbeitete er als<br />

Jean Monnet Fellow am Europäischen Hochschul<strong>in</strong>stitut <strong>in</strong> Florenz, dann<br />

sechs Jahre als Wissenschaftler am Dänischen Institut <strong>in</strong> Rom und veröffentliche<br />

e<strong>in</strong>ige Werke zur italienischen Regionalgeschichte sowie das Buch<br />

Das Dritte Rom – Stadtentwicklung und Macht<strong>in</strong>szenierung, über den<br />

Ausbau Roms zur Hauptstadt des gee<strong>in</strong>ten Italien nach 1870.<br />

Seit Januar 2008 ist er Gastprofessor am Institut für Grenzregionsforschung<br />

der Süddänischen Universität <strong>in</strong> Sønderborg, und arbeitet an e<strong>in</strong>em<br />

von der Velux-Stiftung f<strong>in</strong>anziertem Forschungsprojekt über die deutschdänischen<br />

Beziehungen im 20. Jahrhundert.<br />

Das heute zu ehrende Werk entstand durch e<strong>in</strong> Forschungsstipendium<br />

der Carlsberg Stiftung. Ausgangspunkt für das Werk war die Tatsache, dass<br />

das Herzogtum Holste<strong>in</strong> bisher <strong>in</strong> der dänischen Historiographie e<strong>in</strong> Schattendase<strong>in</strong><br />

geführt hat, trotzdem es mehrere Jahrhunderte mit der dänischen<br />

Krone verbunden war. Hier ist natürlich der dänische Fokus auf <strong>Schleswig</strong><br />

verantwortlich, als dem Teil der Herzogtümer, wo der nationale Konflikt<br />

zwischen Deutsch und Dänisch kulm<strong>in</strong>ierte, und um dessen Territorium<br />

letztendlich die beiden schleswigschen Kriege geführt wurden. Während<br />

die dänische Geschichtsauffassung <strong>Schleswig</strong> als eigentlich dänisches Territorium<br />

auffasste, galt Holste<strong>in</strong> als deutsch – e<strong>in</strong>e Trennung, die aber erst<br />

durch die Nationalisierung der Regionen und ihrer vormals dom<strong>in</strong>anten<br />

regionalen Identitäten im 19. Jahrhundert wirksam wurde.<br />

Steen Bo Frandsen zeigt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Studie auf, dass diese Entwicklung<br />

nicht vorherbestimmt war, und dass die Charakterisierung der Herzogtümer<br />

nach re<strong>in</strong> nationalen Kriterien zahlreiche andere Kriterien verdrängt<br />

und übersieht. Er zeigt auf, dass bis <strong>in</strong> die 1840er Jahre für viele Holste<strong>in</strong>er<br />

die Verb<strong>in</strong>dung mit Dänemark e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit war, obgleich sie<br />

sich e<strong>in</strong>deutig dem deutschen Kulturkreis zugehörig fühlten. Und auch,


Preisträger Prof. Dr.<br />

Steen Bo Frandsen<br />

wie wenig der sich entwickelnde dänische Zentralstaat bereit war, regionale<br />

Strömungen, Sonderrechte und Privilegien zu respektieren. Das Schlusskapitel,<br />

„E<strong>in</strong> dänisches Elsass“, zeigt, wie sich die bisherige Historiographie<br />

auf die nationale Schiene festgelegt hat, und was dabei übersehen worden<br />

ist. Das Elsass entwickelte seit der Französischen Revolution e<strong>in</strong>e französische<br />

Identität, ohne se<strong>in</strong>e deutsche Sprache und Kultur aufzugeben. Auch<br />

<strong>in</strong> Holste<strong>in</strong> war die Gesamtstaatsidentität mit Loyalität zur dänischen Krone<br />

und gleichzeitiger Beibehaltung der deutschen Sprache und Kultur bis<br />

weit <strong>in</strong>s 19. Jahrhundert h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> unumstritten. Während im Elsass vorher<br />

unbekannte politische Freiheit herrschte, unterblieben demokratische Reformen<br />

<strong>in</strong> Holste<strong>in</strong> (und <strong>Schleswig</strong>) nach dem Wiener Kongress. Ganz<br />

im Gegenteil wurden die Beziehungen durch den beg<strong>in</strong>nenden Nationalisierungsprozess<br />

schärfer. In Kopenhagen gewannen die zentralstaatlichen<br />

Kräfte, welche den verme<strong>in</strong>tlichen holste<strong>in</strong>ischen E<strong>in</strong>fluss zurückdrängen<br />

wollten, und <strong>in</strong> Holste<strong>in</strong> erstarkte e<strong>in</strong> Regionalismus, der zwar nicht die<br />

Verb<strong>in</strong>dung zur dänischen Krone auflösen wollte, sich aber gegen verme<strong>in</strong>tliche<br />

Danisierungsbestrebungen wehrte. Steen Bo Frandsens Werk regt


Der Vorstand der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong><br />

mit Preisträger Steen Bo Frandsen (3. v. r.).<br />

hier zum Nachdenken an, und zeigt e<strong>in</strong>mal mehr, dass <strong>Geschichte</strong> ke<strong>in</strong><br />

zwangsläufiger Prozess ist, sondern abhängig von Entscheidungen, die e<strong>in</strong>e<br />

Entwicklung ermöglichen und andere ausschließen.<br />

Hier wird somit e<strong>in</strong> Autor geehrt, der Neuland <strong>in</strong> der schleswig-holste<strong>in</strong>ischen<br />

Geschichtsforschung betreten hat, die Landesgeschichte um e<strong>in</strong>e<br />

europäische Perspektive bereichert hat und e<strong>in</strong> weiteres Beispiel der <strong>in</strong>zwischen<br />

fruchtbaren und reibungslosen Zusammenarbeit deutscher und dänischer<br />

Historiker abgibt.<br />

Auch im nächsten Jahr wird wieder der Preis der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische<br />

<strong>Geschichte</strong> vergeben werden, die öffentliche Ausschreibung<br />

erfolgt demnächst.<br />

Geschichtspreis im Landesarchiv überreicht<br />

Der diesjährige Preis der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong><br />

wurde am 5. Oktober dem dänischen Historiker Prof. Dr. Steen<br />

Bo Frandsen für se<strong>in</strong> Buch „Holsten <strong>in</strong> helstaten“ (Holste<strong>in</strong> im Gesamtstaat)<br />

im Landesarchiv überreicht. Die Gesellschaft würdige damit den für<br />

die dänische und deutsche Geschichtsschreibung neuen Ansatz von Frandsen,<br />

sagte der Vorsitzende Jörg-Dietrich Kamischke.<br />

Galt <strong>Schleswig</strong> im 19. Jahrhundert als Teil Dänemarks, so wird das<br />

deutsche Lehen Holste<strong>in</strong> <strong>in</strong> der aktuellen dänischen Geschichtsschreibung


als Sonderfall gesehen. Zu unrecht, wie Steen Bo Frandsen argumentiert.<br />

Anfang des 19. Jahrhunderts war nicht vorgezeichnet, dass sich <strong>Schleswig</strong><br />

und Holste<strong>in</strong> aus dem Verband des dänischen Gesamtstaates lösen würden.<br />

Holste<strong>in</strong> hätte, so Frandsen, zu e<strong>in</strong>em dänischen Elsass werden können. Es<br />

gab trotz dem Bekenntnis zur deutschen Kultur Loyalität zum dänischen<br />

Staat. Dies, so Frandsen, wurde <strong>in</strong> der Phase des aufkommenden Nationalbewusstse<strong>in</strong>s<br />

auch <strong>in</strong> Dänemark nicht erkannt und nicht genutzt.<br />

Der mit 3000 € dotierte Preis wurde vergangenes Jahr aus Anlass des<br />

175-jährigen Jubiläums gestiftet. Ermöglicht wird er durch die Brunswiker<br />

Stiftung. Zum zweiten Mal <strong>in</strong> Folge geht er an e<strong>in</strong>e Arbeit <strong>in</strong> dänischer<br />

Sprache. Insgesamt wurden e<strong>in</strong> Dutzend Beiträge für den diesjährigen Preis<br />

e<strong>in</strong>gereicht. Nach den Worten des Vorsitzenden der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische<br />

<strong>Geschichte</strong> Jörg-Dietrich Kamischke ist es e<strong>in</strong> Zeichen<br />

der „grenzüberschreitenden Normalität“, dass wiederum e<strong>in</strong> dänischer Historiker<br />

den Preis zuerkannt bekommen hat.<br />

21<br />

Der neue Inhaber der neu-alten regionalgeschichtlichen<br />

Professur an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel:<br />

Prof. Dr. Oliver Auge<br />

Zum 1. März 2009 wurde ich auf die Kieler W2-Professur für Regionalgeschichte<br />

mit Schwerpunkt zur <strong>Geschichte</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>s <strong>in</strong> Mittelalter<br />

und früher Neuzeit berufen. Das ist für mich hohe Ehre und große<br />

Herausforderung zugleich, denn diese Stelle g<strong>in</strong>g aus dem traditionsreichen<br />

Lehrstuhl für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische Landesgeschichte hervor, ich selbst<br />

aber b<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Landesk<strong>in</strong>d, sondern e<strong>in</strong> gebürtiger Schwabe, den die akademische<br />

Wanderschaft nun nach Kiel führte.<br />

Geboren wurde ich 1971 <strong>in</strong> Göpp<strong>in</strong>gen, das <strong>in</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong><br />

über den Handballsport (Frisch Auf Göpp<strong>in</strong>gen) oder die heimische<br />

Spielzeugeisenbahn (Märkl<strong>in</strong>), dem historisch versierten Publikum<br />

im Besonderen durch den unweit von der Stadt bef<strong>in</strong>dlichen Stammsitz<br />

des staufischen Kaiserhauses (Hohenstaufen) bekannt ist. Nach dem Abitur<br />

1990 und dem anschließenden Wehrdienst nahm ich im WS 1991 <strong>in</strong><br />

Tüb<strong>in</strong>gen das Studium der Fächer <strong>Geschichte</strong> und Late<strong>in</strong> (Zielrichtung<br />

Lehramt) auf. Schnell verlegte ich während des Studiums me<strong>in</strong>en Interessenschwerpunkt<br />

auf die vergleichende Landesgeschichte. Dabei wirkte als<br />

me<strong>in</strong> akademischer Lehrer Prof. Dr. Sönke Lorenz, e<strong>in</strong> gebürtiger Schles-


22<br />

wig-Holste<strong>in</strong>er, den es <strong>in</strong> die umgekehrte Himmelsrichtung nach Baden-<br />

Württemberg verschlagen hat. Nach dem Ersten Staatsexamen wurde ich<br />

Anfang 1998 <strong>in</strong> das Tüb<strong>in</strong>ger Graduiertenkolleg „Ars und Scientia <strong>in</strong> Mittelalter<br />

und Früher Neuzeit“ aufgenommen, <strong>in</strong> dessen Rahmen ich dann bis<br />

2001 me<strong>in</strong>e Dissertation „Stiftsbiographien – Die Kleriker des Stuttgarter<br />

Heilig-Kreuz-Stifts (1250-1552)“ erarbeitete. Die Arbeit erhielt 2001 den<br />

Baden-Württembergischen Geschichtspreis. 2000/01 wechselte ich dann als<br />

wissenschaftlicher Assistent zu Prof. Dr. Karl-He<strong>in</strong>z Spieß nach Greifswald<br />

an den Lehrstuhl für Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Geschichte</strong> des Mittelalters und Historische<br />

Hilfswissenschaften. Am Ende der Greifswalder Zeit stand Anfang<br />

2008 me<strong>in</strong>e Habilitation mit e<strong>in</strong>er Schrift zu „Handlungsspielräume(n)<br />

fürstlicher Politik im Mittelalter. Der südliche Ostseeraum von der Mitte<br />

des 12. Jh. bis <strong>in</strong> die frühe Reformationszeit“. Dar<strong>in</strong> geht es um die Verb<strong>in</strong>dung<br />

von Forschungsansätzen, die sich dem sog. cultural turn verdanken,<br />

mit klassischen Feldern wie der Politik-, Verfassungs- und Sozialgeschichte,<br />

um so zu e<strong>in</strong>em besseren Verständnis vom „Fürstentum“ der Zeit zu gelangen.<br />

Thematisch und räumlich gelangte ich damit also schon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

beträchtliche Nähe zur skand<strong>in</strong>avischen und schleswig-holste<strong>in</strong>ischen <strong>Geschichte</strong>.<br />

Die Arbeit ersche<strong>in</strong>t noch 2009. Nach e<strong>in</strong>er Lehrstuhlvertretung<br />

<strong>in</strong> Greifswald im WS 2007/08 wechselte ich im SS 2008 als Gastdozent für<br />

e<strong>in</strong> Semester an den Sonderforschungsbereich 537 nach Dresden, danach<br />

vertrat ich im WS 2008/09 <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen den Spätmittelalter-Lehrstuhl.<br />

Me<strong>in</strong> Werdegang und die dabei erworbenen historischen Kenntnisse erlauben<br />

mir e<strong>in</strong>en vergleichenden Blickw<strong>in</strong>kel an die Landesgeschichte(n)<br />

anzusetzen, wie es mit der Denom<strong>in</strong>ation der Kieler Regionalgeschichte<br />

auch <strong>in</strong>tendiert ist. Dies hilft sehr gut dabei, Phänomene richtig, d.h. <strong>in</strong><br />

ihrer E<strong>in</strong>zigartigkeit wie <strong>in</strong> ihrer Parallelität im Vergleich zu anderen Regionen,<br />

e<strong>in</strong>zuordnen. „Regionalgeschichte“ besagt ja – neben der ihr <strong>in</strong>newohnenden,<br />

stark strukturgeschichtlichen Ausrichtung – nicht zuletzt, dass bei<br />

der Erforschung der Vergangenheit e<strong>in</strong>es Raumes an die Stelle der „harten“,<br />

oft ahistorischen Landesgrenze e<strong>in</strong>e „weiche“, je nach Thema festzuschreibende<br />

Grenzziehung e<strong>in</strong>er Region tritt. Und Regionalgeschichte fordert<br />

von vornhere<strong>in</strong> zum Vergleich auf und heraus.<br />

Die künftigen Arbeitsfelder des Lehrstuhls werden zunächst <strong>in</strong> der Erarbeitung<br />

e<strong>in</strong>es <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>isch-Hamburgischen Klosterbuches, <strong>in</strong> der<br />

Untersuchung des Verhältnisses von fürstlichen Stadtherren zu den kle<strong>in</strong>en<br />

Stadtkommunen <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>s und der Beziehungen der Hanse zu<br />

den schleswig-holste<strong>in</strong>ischen Landesfürsten, aber auch <strong>in</strong> der Neuübersetzung<br />

der mittelalterlichen Chronik Arnolds von Lübeck für die renommierte<br />

Reihe der Freiherr vom Ste<strong>in</strong>-Gedächtnisausgabe (FSGA) liegen. Me<strong>in</strong><br />

Assistent Burkhard Büs<strong>in</strong>g beschäftigt sich im Rahmen se<strong>in</strong>es Dissertationsvorhabens<br />

zudem <strong>in</strong>tensiv mit der „verspäteten“ Konfessionalisierung


Prof. Dr. Oliver Auge (2. v. l.) im Kreise se<strong>in</strong>er Mitarbeiter und Studenten.<br />

<strong>in</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>. Daneben gilt es, verschiedene landesgeschichtliche<br />

Themen e<strong>in</strong>em größeren, auch außeruniversitären Publikum zu erschließen.<br />

So wird der Lehrstuhl für Regionalgeschichte gleich im März 2010<br />

e<strong>in</strong>e öffentliche Tagung zum Vertrag von Ripen 1460 veranstalten, dessen<br />

Schlagwort „up ewig ungedelt“ uns allen bekannt ist und dessen Ausstellung<br />

sich eben im März zum 550. Male jährt.<br />

Desweiteren werden wir im November 2010 <strong>in</strong> Kiel e<strong>in</strong>e Tagung zum<br />

Klosterwesen <strong>in</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong> und zu den Aufgaben und Perspektiven<br />

der Klosterforschung unserer Tage veranstalten. Doch wird sich unsere<br />

Öffentlichkeitsarbeit nicht nur <strong>in</strong> der Organisation und Durchführung von<br />

Tagungen ergehen, sondern auch <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelvorträgen zum Ausdruck kommen,<br />

die sich aus verschiedenen Anlässen ergeben. Zu erwähnen s<strong>in</strong>d hier<br />

für das Jahr 2009 beispielsweise e<strong>in</strong> Vortrag zu Kirchbarkau <strong>in</strong> der Welt<br />

des 13. Jahrhunderts, der im Juli aus Anlass der 750jährigen Ersterwähnung<br />

(Kirch-)Barkaus stattfand, oder zum 550. Todestag Adolfs VIII. von<br />

Holste<strong>in</strong> und dem damit verbundenen Aussterben der schauenburgischen<br />

Dynastie <strong>in</strong> Lübeck am 4. Dezember.<br />

Durch solche Veranstaltungen und die darauf folgenden Veröffentlichungen,<br />

aber auch durch künftig <strong>in</strong>s Auge zu fassende Ausstellungsprojekte


24<br />

wollen wir versuchen, <strong>in</strong> breiteren Bevölkerungsschichten e<strong>in</strong> tiefer gehendes<br />

Bewusstse<strong>in</strong> für die vielseitigen Facetten der schleswig-holste<strong>in</strong>ischen<br />

Landesgeschichte zu verankern bzw. weiter abzusichern. E<strong>in</strong> solches Bemühen<br />

muss natürlich auch das Schulwesen mit e<strong>in</strong>beziehen. Gerade an<br />

den Schulen, bei Lehrern wie Schülern, können durch e<strong>in</strong>e anschauliche<br />

Vermittlung landesgeschichtlicher Themen wertvolle Grundlagen für e<strong>in</strong><br />

nachhaltiges Interesse an der langen <strong>Geschichte</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>s gelegt<br />

und erweitert werden, das – bezogen auf die Schüler – auch nach der Schulzeit<br />

fortwirkt.<br />

E<strong>in</strong> solches landesgeschichtliches Interesse und Bewusstse<strong>in</strong> kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

immer globaler werdenden Welt nicht nur zur eigenen, <strong>in</strong> der Region<br />

verankerten Identitätsf<strong>in</strong>dung beitragen, sondern stellt <strong>in</strong> gewisser Weise<br />

andererseits auch sicher, dass die besondere Relevanz landesgeschichtlicher<br />

Forschung, ja historischen Arbeitens überhaupt <strong>in</strong> Zukunft <strong>in</strong> breiteren Bevölkerungskreisen<br />

verstanden und anerkannt wird. Aus den Schülern der<br />

Gegenwart werden e<strong>in</strong>mal die aktiven Träger landeshistorischer Arbeit der<br />

Zukunft. E<strong>in</strong>e vertiefte Zusammenarbeit mit den Schulen des Landes ist<br />

auf dem Wege e<strong>in</strong>er kompetenten Beratung bei der Konzeption von Schulbüchern,<br />

durch die Erschließung von Quellen und Informationsmaterial<br />

für den Schulunterricht und überhaupt vermittelst e<strong>in</strong>er stärkeren Kommunikation<br />

zwischen Lehrerschaft und Universität denkbar.<br />

Me<strong>in</strong>e eigenen thematischen Schwerpunkte liegen – der Denom<strong>in</strong>ation<br />

des Lehrstuhls entsprechend – im Mittelalter und <strong>in</strong> der frühen Neuzeit.<br />

Das heißt nun nicht, dass sich der Kieler Lehrstuhl für Regionalgeschichte<br />

der Erforschung der neueren und Zeitgeschichte des Landes verschließt.<br />

Das ist mitnichten der Fall. So betreue ich mehrere Qualifikationsarbeiten<br />

zu verschiedenen Themen der Landesgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.<br />

Das Thema „Kiel als Militär(gedenk)stadt“ schält sich momentan<br />

bereits als weiterer Arbeitsschwerpunkt des Lehrstuhls heraus. Über me<strong>in</strong>e<br />

wissenschaftliche Mitarbeiter<strong>in</strong> Sabr<strong>in</strong>a Keit, die eigens für die regionale<br />

Zeitgeschichte angestellt wurde, ist auch die Lehre für diese äußerst spannende<br />

Geschichtsepoche abgedeckt. In Frau Keits Dissertationsvorhaben<br />

geht es im Übrigen um „Politische Kultur und Geschichtsgebrauch im<br />

<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong> der 1980er Jahre“.<br />

Der H<strong>in</strong>weis auf die Schule und die Lehre im Bereich der Zeitgeschichte<br />

hat bereits die Brücke zu e<strong>in</strong>em weiteren wichtigen Betätigungsfeld geschlagen,<br />

auf dem wir uns künftig verstärkt tummeln müssen und wollen: Es geht<br />

an der Universität nicht nur um Forschung, die <strong>in</strong> Tagungen und Publikationen<br />

ihren sichtbaren Niederschlag f<strong>in</strong>det, sondern auch um das Angebot<br />

e<strong>in</strong>er attraktiven und zugleich nachhaltigen Lehre. Attraktivität bedeutet,<br />

momentan <strong>in</strong>teressante und relevante, weiterführende Themen anzubieten,<br />

diese anschaulich <strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>aren und auf Exkursionen zu vermitteln und


den Studierenden als Angehörigen der berüchtigten „Generation Praktikum“<br />

dabei die Gelegenheit zur aktiven und selbstständigen Mitwirkung<br />

an der Forschungsarbeit zu bieten: z. B. im Rahmen von Ausstellungen<br />

und Publikationen. So werden die Studierenden am Lehrstuhl dazu angehalten,<br />

Fachliteratur <strong>in</strong> Eigenregie zu rezensieren und die selbst verfassten<br />

und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Schritt <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em wissenschaftlichen Kolloquium ttr<br />

(Themen und Tendenzen der Regionalgeschichte) betreuten Rezensionen<br />

zu veröffentlichen. Die <strong>in</strong> der landeshistorischen Wissenschaftslandschaft<br />

bekannten und anerkannten „Baltischen Studien“ haben die Nachhaltigkeit<br />

e<strong>in</strong>er solchen Rekrutierung junger Leute für die Landesgeschichte erkannt<br />

und das <strong>in</strong> diesem Zusammenhang vom Kieler Lehrstuhl gemachte<br />

Rezensionsangebot bereits dankbar aufgegriffen.<br />

Zu diesem gesamten Bereich gehört natürlich auch e<strong>in</strong>e enge Vernetzung<br />

der Lehre mit den Archiven im Land. So werden wir künftig turnusmäßig<br />

im Rahmen der e<strong>in</strong>zelnen Veranstaltungen Besuchsterm<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Archiven<br />

durchführen, um den Studierenden auf diesem Wege e<strong>in</strong>en ersten Zugang<br />

zu den Schatzkammern unseres historischen Wissens zu vermitteln. Desweiteren<br />

sollen die Studierenden bei Gelegenheit zur selbstständigen Arbeit<br />

im Archiv ermuntert werden. Bei e<strong>in</strong>er entsprechenden Eignung und Qualität<br />

der so erzielten Forschung ist selbstverständlich an e<strong>in</strong>e Publikation<br />

der studentischen Arbeitsergebnisse gedacht. Die Studierenden erhalten auf<br />

diese Weise wertvolle Zusatzqualifikationen, die sich später im rauen Wettbewerb<br />

um e<strong>in</strong>en Arbeitsplatz auszahlen werden. Für die Regionalgeschichte<br />

wiederum ist e<strong>in</strong>e so praktizierte Lehre um so entscheidender, als die neu<br />

e<strong>in</strong>gerichteten Studiengänge des Bachelor und Master unter Umständen zu<br />

e<strong>in</strong>er Verm<strong>in</strong>derung der Absolventenzahlen im Bereich Regional-/Landesgeschichte<br />

führen werden. Nur auf dem Wege e<strong>in</strong>er attraktiven und nachhaltigen<br />

Lehre ist e<strong>in</strong> weiterer Studierendenzulauf sicher gestellt. Die Studierenden<br />

von heute s<strong>in</strong>d selbstredend zu e<strong>in</strong>em großen Teil die Lehrer von<br />

morgen, womit sich wiederum der Kreis zu Schulen und Schülern schließt.<br />

Und wenn nicht gleich Lehrer, so können aus ihnen doch immerh<strong>in</strong> aktive<br />

Mitglieder der zahlreichen historischen Verbände und Vere<strong>in</strong>e werden,<br />

ohne die landesgeschichtliche Arbeit nicht denkbar und möglich ist.<br />

E<strong>in</strong>es ist klar: Die so umrissene vielseitige Forschungs-, Lehr- und Öffentlichkeitsarbeit,<br />

die sich der neu-alte Kieler Lehrstuhl für Regionalgeschichte<br />

vorgenommen hat, kann nur <strong>in</strong> enger Zusammenarbeit mit den an<br />

der CAU angesiedelten Nachbardiszipl<strong>in</strong>en - etwa im Rahmen geme<strong>in</strong>samer<br />

DFG-Projekte und Forschergruppen - sowie mit den außeruniversitären<br />

Institutionen und Personen landesgeschichtlicher Forschung erfolgen.<br />

Es besteht daher me<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong> großes Interesse daran, dass e<strong>in</strong>e solche<br />

Kooperation künftig <strong>in</strong> gedeihlicher Weise geschieht. Dass dieses Anliegen<br />

ernst geme<strong>in</strong>t ist und so auch verstanden werden soll, macht me<strong>in</strong>e Bereit-<br />

25


26<br />

schaft zur aktiven Mitarbeit im Rahmen der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-<br />

Holste<strong>in</strong>ische Landesgeschichte deutlich. Umso erfreuter war ich deswegen<br />

über die auf der letzten Mitgliederversammlung erfolgte Wahl <strong>in</strong> deren<br />

Vorstand. Ich danke auf diesem Wege allen Wählern ganz herzlich für das<br />

mir als Vorschuss gewährte Vertrauen!<br />

Weitere und stets aktualisierte Informationen zur Arbeit des Kieler Lehrstuhls<br />

für Regionalgeschichte siehe unter http://www.histosem.uni-kiel.<br />

de/Lehrstuehle/land/land.html.<br />

Der neue Inhaber der Professur für Nordeuropäische<br />

<strong>Geschichte</strong> an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel:<br />

Prof. Dr. Mart<strong>in</strong> Krieger<br />

Die Nordeuropäische <strong>Geschichte</strong> gehört zu den traditionsreichsten Diszipl<strong>in</strong>en<br />

an der Christiana Albert<strong>in</strong>a. Auch wenn nicht von Beg<strong>in</strong>n an durch<br />

e<strong>in</strong>en eigenständigen Lehrstuhl vertreten, bedeutete doch die enge Verb<strong>in</strong>dung<br />

<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>s mit dem Norden akademische Chance wie auch<br />

Herausforderung. E<strong>in</strong>e besondere Verpflichtung stellte <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

die Beteiligung am Bau e<strong>in</strong>er kulturellen Brücke zum Norden über alle<br />

nationalen Konfliktl<strong>in</strong>ien h<strong>in</strong>weg dar. Während heute alte Gegensätze allmählich<br />

überwunden sche<strong>in</strong>en, stehen wir vor neuen Herausforderungen,<br />

die auch den Historiker <strong>in</strong> die Pflicht nehmen: das immer enger werdende<br />

Zusammenwachsen e<strong>in</strong>es Europa der Regionen, zukunftsträchtige Infrastrukturprojekte,<br />

die knapper werdenden natürlichen Ressourcen und die<br />

immer noch nicht ganz überwundene Trennung des Ostseeraumes <strong>in</strong>folge<br />

des Kalten Krieges. Bei all diesen Fragen s<strong>in</strong>d Antworten mit historischer<br />

Tiefenschärfe gefragt.<br />

Für mich bedeutet der Ruf nach Kiel an den Lehrstuhl für Nordeuropäische<br />

<strong>Geschichte</strong> e<strong>in</strong>e Rückkehr zu me<strong>in</strong>en schleswig-holste<strong>in</strong>ischen Wurzeln,<br />

<strong>in</strong>sbesondere zu me<strong>in</strong>er Alma mater, an der ich zwischen 1987 und<br />

1993 me<strong>in</strong>e Studienzeit verbrachte – übrigens von Beg<strong>in</strong>n an als Mitglied<br />

der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong>. Geboren 1967<br />

<strong>in</strong> Hamburg und aufgewachsen im Kreis Segeberg, studierte ich an der<br />

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Mittlere und Neuere <strong>Geschichte</strong>,<br />

Ur- und Frühgeschichte sowie Nordische Philologie. Aus dem breiten Studienangebot<br />

und dem für mich immer vorbildlichen Engagement der damaligen<br />

Hochschullehrer g<strong>in</strong>g letztlich auch me<strong>in</strong>e Dissertation hervor, <strong>in</strong>


der ich mich mit dem dänischen Handel auf dem Indischen Ozean im 17.<br />

und 18. Jahrhundert beschäftigte.<br />

Nach Abschluß des Promotionsstudiums <strong>in</strong> Kiel und Greifswald war ich<br />

seit 1996 als Wissenschaftlicher Assistent und später als Privatdozent am<br />

Lehrstuhl von Prof. Dr. Michael North an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität<br />

Greifswald tätig. Auch hier erlebte ich die Nähe zur Ostsee mit ihren<br />

mannigfachen Verb<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> den Norden immer wieder als anregend<br />

und impulsgebend. Gleichsam als norddeutscher Gegenpol zur Dissertation<br />

entstand <strong>in</strong> Greifswald aber auch me<strong>in</strong>e Habilitationsschrift zum Patriotismus-Diskurs<br />

<strong>in</strong> Hamburg im Zeitalter der Frühaufklärung. Daneben<br />

führten mich e<strong>in</strong>zelne Projekte <strong>in</strong> die Umweltgeschichte, <strong>in</strong> die Kulturgeschichte<br />

des Ostseeraumes sowie <strong>in</strong> die politische <strong>Geschichte</strong> des Nordens.<br />

Nach langer Zeit erneut auf den Spuren der Dänen <strong>in</strong> Asien, verbrachte ich<br />

mit me<strong>in</strong>er Familie 2006/2007 e<strong>in</strong> Jahr <strong>in</strong> Indien.<br />

Im Mai 2009 folge schließlich der Ruf nach Kiel. Dieses Amt bedeutet für<br />

mich persönliche Chance wie auch wissenschaftliche Herausforderung und<br />

Verpflichtung; <strong>in</strong>sbesondere sehe ich den Lehrstuhl <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er strategischen<br />

Schlüsselposition für die Universität und das Land <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong> mit<br />

se<strong>in</strong>en zahlreichen Kontakten <strong>in</strong> den Norden. In diesem S<strong>in</strong>ne wird es mir<br />

e<strong>in</strong> Anliegen se<strong>in</strong>, die Inhalte des von mir vertretenen Faches auch über die<br />

Hochschule h<strong>in</strong>aus zu vermitteln.<br />

E<strong>in</strong>zelne Forschungsprojekte laufen bereits oder werden angeschoben. So<br />

arbeite ich gegenwärtig mit Kollegen aus Kopenhagen an e<strong>in</strong>em von der<br />

Gerda-Henkel-Stiftung geförderten Vorhaben über den dänischen Skla-<br />

27


28<br />

Der wik<strong>in</strong>gerzeitliche Handelsplatz Haithabu und das fast 26 km lange<br />

Grenzbauwerk Danewerk bei <strong>Schleswig</strong> zählen zu den bedeutendsten historischen<br />

Denkmalen <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>s. Sie gehören zugleich zu den<br />

wichtigsten und am besten erhaltenen Monumenten der Wik<strong>in</strong>gerzeit. Diese<br />

Epoche vom 8. bis zum 11. Jahrhundert n. Chr. ist herausragend <strong>in</strong> der<br />

<strong>Geschichte</strong> Nordeuropas. Während dieser Zeit wurden die Grundlagen der<br />

modernen skand<strong>in</strong>avischen Gesellschaften gelegt. Zugleich bee<strong>in</strong>flussten<br />

die Wik<strong>in</strong>ger andere europäische Räume erheblich, von Westeuropa über<br />

die britischen Inseln bis <strong>in</strong> den Nordatlantik und das Baltikum. Handel<br />

und Kolonisation g<strong>in</strong>gen Hand <strong>in</strong> Hand mit Eroberung und Plünderung.<br />

Aufgrund ihrer außergewöhnlich seetüchtigen Schiffe und ihrer seemännischen<br />

Fähigkeiten wurden weit entfernte Inseln wie Island und Grönland<br />

besiedelt und es entstanden erste, vorübergehende Siedlungen <strong>in</strong> Nordamerika.<br />

Die Welterbeliste der UNESCO enthält seit dem Ende der 70er Jahre<br />

e<strong>in</strong>e immer größere Anzahl außergewöhnlich bedeutender Monumente,<br />

Stätten und Landschaften der Menschheit. Das Danewerk und Haithabu<br />

sollen nun ebenfalls E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> diese Liste f<strong>in</strong>den. Dazu wird zusammen<br />

mit anderen Stätten, Monumenten und Landschaften der Wik<strong>in</strong>gerzeit e<strong>in</strong><br />

geme<strong>in</strong>samer Antrag bei der UNESCO gestellt. An dieser sog. transnationalen<br />

seriellen Nom<strong>in</strong>ierung beteiligen sich nunmehr vier Stätten der Wivenhandel<br />

auf dem Indischen Ozean und hoffe natürlich, damit alte, an<br />

der Universität Kiel begonnene Traditionen wieder aufnehmen zu können.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Projekt zu Dänisch-Ost<strong>in</strong>dien wird sich mit dem dänischen<br />

Mediz<strong>in</strong>er und Botaniker Nathaniel Wallich beschäftigen – e<strong>in</strong> heute weitgehend<br />

unbekannter nordeuropäischer Gelehrter des 19. Jahrhunderts, dem<br />

wir immerh<strong>in</strong> die Entdeckung des Assam-Tees verdanken. Zum Norden<br />

selbst beteilige ich mich an e<strong>in</strong>em EU-Projekt über das barocke Kulturerbe<br />

Europas; und ich möchte ebenso me<strong>in</strong>e bisherigen Forschungen zum<br />

kulturellen Austausch sowie zu <strong>in</strong>tellektuellen Netzwerken im Ostseeraum<br />

der Neuzeit ausbauen. Für die Zukunft stehen die Umweltgeschichte sowie<br />

die politische und ökonomische <strong>Geschichte</strong> des hohen Nordens zwischen<br />

Grönland und Svalbard auf dem Programm. – Besonders freue ich mich<br />

darauf, möglichst viele Forschungsprobleme geme<strong>in</strong>sam mit me<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en,<br />

e<strong>in</strong>gespielten Team hier <strong>in</strong> Kiel zu lösen.<br />

Danewerk und Haithabu als Welterbestätten<br />

der Wik<strong>in</strong>gerzeit – Zum Stand des Projektes


Das offene Teilstück der Waldemarsmauer beim Danewerk<br />

k<strong>in</strong>gerzeit, die bereits auf der Welterbeliste stehen: Th<strong>in</strong>gvellir <strong>in</strong> Island,<br />

Jell<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Dänemark, Birka und Hovgården <strong>in</strong> Schweden und die Urnes<br />

Stabkirche <strong>in</strong> Norwegen. E<strong>in</strong> fünftes wik<strong>in</strong>gerzeitliches Weltkulturerbe,<br />

die Siedlung L’Anse aux Meadows im kanadischen Neufundland, beteiligt<br />

sich als Beobachter und könnte zu e<strong>in</strong>em späteren Zeitpunkt noch dazu<br />

kommen. Neben diesen bestehenden Welterbestätten werden die dänischen<br />

Burgen des Trelleborg-Typs ebenfalls Teil dieser seriellen Nom<strong>in</strong>ierung.<br />

Weitere Länder wurden e<strong>in</strong>geladen, eigene bedeutende Plätze zu benennen<br />

und sie der Nom<strong>in</strong>ierung h<strong>in</strong>zuzufügen. Irland, Lettland, Estland und die<br />

Ukra<strong>in</strong>e haben dabei bereits ihr Interesse an e<strong>in</strong>er unmittelbaren Teilnahme<br />

bekräftigt. Die Zahl der an dem Nom<strong>in</strong>ierungsprojekt teilnehmenden<br />

Stätten kann damit noch bedeutend anwachsen. Aufgrund der unterschiedlichen<br />

Stände bei der Vorbereitung für die Nom<strong>in</strong>ierung wird diese aller<br />

Voraussicht nach <strong>in</strong> mehreren Stufen erfolgen. Bei der ersten Phase werden<br />

dann neben dem Danewerk und Haithabu auch die Burgen des Trelleborg-<br />

Typs und die bereits bestehenden Welterbestätten der Wik<strong>in</strong>gerzeit teilnehmen.<br />

Die Welterbenom<strong>in</strong>ierung der Monumente der Wik<strong>in</strong>gerzeit wird damit<br />

m<strong>in</strong>destens sechs sehr unterschiedliche Kulturstätten umfassen, von e<strong>in</strong>zelnen<br />

Bauwerken wie der Urnes-Stabkirche über Siedlungen wie Haithabu<br />

und Birka bis h<strong>in</strong> zu Landschaften wie Th<strong>in</strong>gvellir. Diese Plätze ha-


Die rekonstruierten Wik<strong>in</strong>gerhäuser im Halbkreiswall<br />

von Haithabu<br />

ben geme<strong>in</strong>sam, dass sie bedeutende Informationen zum Verständnis der<br />

Wik<strong>in</strong>gerzeit lieferten und z. T. auch heute noch von großer symbolischer<br />

Bedeutung s<strong>in</strong>d oder als außergewöhnliche Bauwerke und Orte der Zeit<br />

überliefert s<strong>in</strong>d. Mit der seriellen Nom<strong>in</strong>ierung kann es damit erstmals <strong>in</strong><br />

der <strong>Geschichte</strong> des Welterbes gel<strong>in</strong>gen, e<strong>in</strong>en gesamten historischen Kulturkreis<br />

anhand se<strong>in</strong>er bedeutendsten Stätten zu beschreiben. E<strong>in</strong> Welterbe<br />

der Wik<strong>in</strong>gerzeit wächst so über den außergewöhnlichen Wert jeder e<strong>in</strong>zelnen<br />

Teilstätte h<strong>in</strong>aus und beschreibt e<strong>in</strong> Kulturerbe, das größer ist als die<br />

Summe se<strong>in</strong>er Teile. Es bleibt zudem verbunden mit H<strong>in</strong>terlassenschaften<br />

der Wik<strong>in</strong>gerzeit, die nicht <strong>in</strong> das Korsett von Welterbestätten zu zwängen<br />

s<strong>in</strong>d, welche e<strong>in</strong> hohes Maß an Authentizität verlangen oder etwa bewegliche<br />

Güter gar nicht berücksichtigen. Dazu gehören die reiche literarische<br />

H<strong>in</strong>terlassenschaft der nachfolgenden Zeit, wie etwa die isländischen Sagas<br />

oder die Eddas, genauso wie die ausgegrabenen Schiffe von Oseberg und<br />

Gokstad oder die Runenste<strong>in</strong>e um Haithabu.<br />

Die Vorbereitungen zur Nom<strong>in</strong>ierung erfordern e<strong>in</strong>en erheblichen organisatorischen<br />

Aufwand auf nationaler wie <strong>in</strong>ternationaler Ebene. Haithabu<br />

und das Danewerk müssen, genauso wie die Trelleborg-Burgen, alle


Angaben für e<strong>in</strong>en kompletten neuen Antrag erbr<strong>in</strong>gen. Dazu s<strong>in</strong>d genaue<br />

Angaben zu der Ausdehnung der Stätten, zu ihrem Bestand und ihrer historischen<br />

Entwicklung sowie zu ihrer Bedeutung zu machen. Auf <strong>in</strong>ternationaler<br />

Ebene kommt e<strong>in</strong>e übergreifende Dokumentation h<strong>in</strong>zu, die sowohl<br />

den universellen Wert der gesamten seriellen Nom<strong>in</strong>ierung erläutert,<br />

als auch die <strong>in</strong>ternationalen Organisationsstrukturen aufzeigt, die für den<br />

langfristigen Erhalt der Komponenten sorgen sollen. Im Rahmen e<strong>in</strong>er wissenschaftlichen<br />

Analyse muss auch aufgezeigt werden, welche erhaltenen<br />

Stätten weltweit geeignet s<strong>in</strong>d, das Welterbe der Wik<strong>in</strong>gerzeit am besten zu<br />

vertreten. Damit wird auch e<strong>in</strong>e Aussage darüber getroffen, welchen Umfang<br />

die Serie auch zukünftig haben kann. Dazu, aber auch um e<strong>in</strong>en Stätten<br />

übergreifenden Managementplan zu erstellen, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>ternationale Arbeitstreffen<br />

mit Experten notwendig, die ab Anfang 2010 beg<strong>in</strong>nen sollen.<br />

Für Danewerk und Haithabu wurde bereits ihre Wertigkeit <strong>in</strong>nerhalb des<br />

wik<strong>in</strong>gerzeitlichen Kontextes def<strong>in</strong>iert und daraus e<strong>in</strong> eigener außergewöhnlicher<br />

universeller Wert des Ensembles formuliert. Dieser ist <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er<br />

seriellen Nom<strong>in</strong>ierung bislang nicht unbed<strong>in</strong>gt gefordert, erleichtert aber<br />

die E<strong>in</strong>ordnung der Stätten <strong>in</strong>nerhalb der Wik<strong>in</strong>gerzeit und die Auswahl<br />

der weltweit bedeutendsten Plätze für e<strong>in</strong> entsprechendes Welterbe. Darauf<br />

bezogen wurden akribisch die Grenzen der Denkmale gezogen sowie<br />

e<strong>in</strong>e Pufferzone def<strong>in</strong>iert. Beides ist notwendig, um die Entwicklung bzw.<br />

den Erhalt der Denkmale kontrollieren und sicherstellen zu können. Dafür<br />

werden nur Landes- und Bundesgesetze angewendet. Die UNESCO-Welterbekonvention<br />

selbst kann nur als weicher Faktor mit dem Verweis auf<br />

die anerkannte Bedeutung der Denkmale für die Menschheit e<strong>in</strong>gebracht<br />

werden. Bei der Def<strong>in</strong>ition der Grenzen der möglichen Welterbestätten<br />

kam es durch neue Feldforschungen <strong>in</strong> Form von Begehungen, Grabungen,<br />

Sonarfahrten und Fernerkundungen auch zu neuen Erkenntnissen, welche<br />

die Ausdehnung des Danewerks deutlich zu erweitern halfen. So gelang es,<br />

den westlichsten Teilabschnitt, den sog. Krummwall, um fast 3 Kilometer<br />

<strong>in</strong> den Ort Holl<strong>in</strong>gstedt h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> zu erweitern. Die Denkmale mussten weiterh<strong>in</strong><br />

beschrieben und ihre historische Entwicklung und ihr geografischer<br />

und kultureller Kontext verdeutlicht werden. Diese Erläuterungen stehen<br />

immer <strong>in</strong> Bezug zu ihrem formulierten Wert, ihrer noch vorhandenen Substanz<br />

und der Gesamtheit ihrer Teilstücke, die für das Verständnis erforderlich<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Den größten Teil der lokalen Arbeit für die Nom<strong>in</strong>ierungsunterlagen<br />

nehmen aber die Bemühungen um e<strong>in</strong> nachhaltiges Management und die<br />

Unterstützung durch die Bevölkerung der umliegenden Geme<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong> ausgewogener Managementplan, der unterschiedliche Interessen berücksichtigt,<br />

ist e<strong>in</strong> wesentlicher Teil des Antrags. Dazu wurde vom Archäologischen<br />

Landesamt <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong> und der Aktivregion Schlei-<br />

31


32<br />

Ostsee e<strong>in</strong> Projekt unter der Trägerschaft des Kreises <strong>Schleswig</strong>-Flensburg<br />

<strong>in</strong>itiiert, das als Leuchtturmprojekt der Aktivregionen im März verabschiedet<br />

wurde. Neben der Aktivregion Schlei-Ostsee s<strong>in</strong>d auch die Aktivregionen<br />

Hügelland am Ostseestrand und Eider-Treene-Sorge beteiligt. Dieses<br />

Projekt „Welterbe Danewerk und Haithabu: Denkmal mit Wirkung!“ will<br />

über e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>ternationalen Ideenwettbewerb zur Nutzung der Pufferzone<br />

und mit Hilfe von Baulandkatastern zusammen mit den Geme<strong>in</strong>den Ortsentwicklungskonzepte<br />

erstellen, die den Werterhalt der Denkmale aktiv <strong>in</strong><br />

die Geme<strong>in</strong>deentwicklung mit e<strong>in</strong>beziehen. Dadurch sollen Wege gefunden<br />

werden, um auch die Wohn- und Lebensqualität <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den um<br />

das Danewerk langfristig zu verbessern. Anliegen des Projektes ist darüber<br />

h<strong>in</strong>aus, das Verständnis für die Denkmale und ihre <strong>Geschichte</strong> zu erhöhen<br />

und den gegenseitigen Austausch der anliegenden Geme<strong>in</strong>den darüber zu<br />

fördern. Dazu dienen regelmäßige Veranstaltungen mit Teilnehmern aus<br />

allen 15 umliegenden Geme<strong>in</strong>den. Durch die Zusammenarbeit mit Schulen<br />

und dem Jugendzeltlager Selker Noor sollen auch K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

verstärkt angesprochen werden. Diese Maßnahmen haben zum Ziel,<br />

die Menschen aktiv <strong>in</strong> den Welterbeprozess e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den, die Belange aller<br />

Seiten zu berücksichtigen und e<strong>in</strong>en gegenseitigen Nutzen für Geme<strong>in</strong>den<br />

wie Denkmale zu entwickeln. Insgesamt können so e<strong>in</strong>e nachhaltige Ortsentwicklung<br />

und breit gestreute Vermittlungsarbeit zum Instrument e<strong>in</strong>er<br />

aktiven Denkmalpflege und e<strong>in</strong>er erfolgreichen Ortsentwicklungspolitik<br />

werden. Der Managementplan für Danewerk und Haithabu wird zurzeit<br />

entwickelt und bezieht die Ergebnisse des Leuchtturmprojektes und der<br />

nachfolgenden Abstimmungen mit den Geme<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>.<br />

Anfang Juni wurde auf e<strong>in</strong>em ersten <strong>in</strong>ternationalen Treffen <strong>in</strong> Reykjavik<br />

unter der Federführung Islands das weitere geme<strong>in</strong>same Vorgehen <strong>in</strong> dem<br />

Projekt vere<strong>in</strong>bart. Dazu sollen bis Ende 2009 alle Länder, die an der ersten<br />

Phase der Nom<strong>in</strong>ierung teilnehmen, ihre Beiträge benennen. Zudem wird<br />

Island das Projekt auf se<strong>in</strong>e Welterbe-Vorschlagsliste setzen und damit e<strong>in</strong>e<br />

wesentliche Voraussetzung für die Nom<strong>in</strong>ierung erfüllen. Wenn es gel<strong>in</strong>gt,<br />

2010 alle Angaben für die neu nom<strong>in</strong>ierten Stätten zu sammeln und den<br />

<strong>in</strong>ternationalen Teil des Antrags zu erstellen, ist e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>reichung der Unterlagen<br />

bei der UNESCO im darauf folgenden Jahr möglich. Die Anerkennung<br />

kann dann frühestens im Sommer 2012 erfolgen.<br />

Matthias Maluck


Reth<strong>in</strong>k<strong>in</strong>g the Maritime Museum<br />

Entwicklungen – Perspektiven – Herausforderungen<br />

33<br />

Bericht über e<strong>in</strong>e Tagung maritimer Museen, 20.– 23.05.2009,<br />

Flensburg und Aabenraa<br />

50 Museumsfachleute aus Deutschland, Dänemark, Grönland, England,<br />

F<strong>in</strong>nland, Belgien und den Niederlanden waren auf E<strong>in</strong>ladung des Flensburger<br />

Schiffahrtsmuseums und des Museums Sønderjylland - Kulturhistorie<br />

Aabenraa vom 20. bis 23. Mai nach Flensburg und Aabenraa gekommen,<br />

um <strong>in</strong>novative Entwicklungen, neue Perspektiven und aktuelle<br />

Herausforderungen maritimer Museen zu diskutieren. Die Tagung war <strong>in</strong><br />

vier themenzentrierte Sektionen untergliedert: Maritime Sachkultur, maritime<br />

Erzählungen, maritimer Tourismus und maritimes Erbe.<br />

Tony Tibbles (Merseyside Maritime Museum, Liverpool) eröffnete die<br />

Tagung mit der provokant gestellten Frage, ob maritime Museen überhaupt<br />

Besuch im Museum Aabenraa am Ende e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>drucksreichen<br />

Tages.


34<br />

e<strong>in</strong>e Zukunft hätten, und setzte damit den Kurs für die folgenden zwei<br />

Tage. Tibbles zeigte auf, wie sich mit dem Wandel der Seefahrt, Hafenstädte<br />

und Küstenregionen auch das Umfeld maritimer Museen und damit<br />

die Zielgruppen und Nutzer dieses spezifischen Museumstyps grundlegend<br />

gewandelt haben. Hatte bislang e<strong>in</strong> Großteil der Besucher maritimer Museen<br />

selber e<strong>in</strong>en engen persönlichen Bezug zur Seefahrt, so ist heute e<strong>in</strong>e<br />

gewachsene Distanz festzustellen. Die Herausforderung, denen sich Schifffahrtsmuseen<br />

heute daher stellen müssen, ist, die Distanz zwischen der<br />

maritimen Wirklichkeit und der Erfahrungswelt an Land zu überbrücken<br />

und verstärkt die Bedeutung aufzuzeigen, die e<strong>in</strong>e global agierende Seefahrt<br />

für den Alltag der allermeisten Menschen heute hat. Tibbles unterstrich,<br />

dass dies nur möglich ist, wenn die Museen ihre traditionell eher objektzentrierte<br />

Ausrichtung ablegen und stattdessen themenzentrierte Strategien<br />

entwickeln, die sich an den Interessen und Erfahrungen der aktuellen und<br />

potentiellen Museumsbesucher orientieren.<br />

Der zweite Tagungstag griff diesen Faden mit Blick auf die beiden musealen<br />

Kernthemen vom Sammeln und Ausstellen auf. Norbert Fischer<br />

(Universität Hamburg) betrachtete <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beitrag das Umfeld, <strong>in</strong> dem<br />

sich maritime Museen bewegen. Se<strong>in</strong>e Fallstudien verdeutlichten, wie vor<br />

dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>es wirtschaftlichen und sozialen Strukturwandels die<br />

Regionen der Nordseeküste symbolisch als „maritim“ gekennzeichnet und<br />

rekonstruiert werden, wobei das „Maritime“ im Spannungsfeld zwischen<br />

kollektiver Er<strong>in</strong>nerung und populären Vorstellungsbildern def<strong>in</strong>iert wird.<br />

Die Begleitung, Reflexion und Moderation dieses Diskurses wäre für maritime<br />

Museen e<strong>in</strong> wichtiges Aufgabenfeld. Torkil Adsersen (Handels- og<br />

Søfartsmuseet, Kronborg) nahm sich der Frage nach dem „Maritimen“ aus<br />

dem Blickw<strong>in</strong>kel der Sammlungspolitik an. Se<strong>in</strong>e Hauptthese war, dass<br />

nicht das Objekt selbst, sondern se<strong>in</strong> Bezug zur maritimen Wirklichkeit<br />

se<strong>in</strong>e „Maritimität“ def<strong>in</strong>iert, weshalb Adsersen vorschlug, nicht von maritimen<br />

Objekten, sondern von maritimen Beziehungen zu sprechen. So gesehen<br />

werden Objekte zu Mittlern, deren jeweilige <strong>Geschichte</strong>n dabei helfen<br />

können, die Distanz zwischen maritimer Wirklichkeit und Vorstellung zu<br />

überbrücken. Sonja K<strong>in</strong>zler (Universität Bremen) und Anne Dombrowski<br />

(Flensburger Schiffahrtsmuseum) zeigten daran anschließend mögliche<br />

Forschungsperspektiven e<strong>in</strong>er maritimen Sachkulturforschung auf.<br />

Wie sich <strong>Geschichte</strong>n von der Seefahrt im Museum jenseits der bekannten<br />

„Vitr<strong>in</strong>en-Meere“ erzählen lassen, stand im Mittelpunkt des zweiten<br />

Themenblocks. Die Überlegungen und Praxisbeispiele von Benjam<strong>in</strong> Asmussen<br />

(Handels- og Søfartsmuseet på Kronborg), Vesa Lepisto (Heureka<br />

- The F<strong>in</strong>nish Science Centre, Hels<strong>in</strong>ki) und Heike Ritter-Eden (Deutsches<br />

Sielhafenmuseum Carol<strong>in</strong>ensiel) führten e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>drucksvolles Spektrum lebendiger<br />

Ausstellungskonzepte vor Augen.


Zum Tagungsabschluss e<strong>in</strong>e Fahrt auf dem 100 Jahre alten Salondampfer<br />

ALEXANDRA. - Begleitfahrt zur Flensburger Rum-Regatta.<br />

Ob Museen überhaupt Objekte brauchen, fragte Asser Amdisen (Museum<br />

Sønderjylland - Kulturhistorie Aabenraa) zum Abschluss des Tages.<br />

Auch wenn er sich e<strong>in</strong>er gewissen Aff<strong>in</strong>ität für die d<strong>in</strong>glichen Überlieferungen<br />

nicht gänzlich entziehen konnte, so sprach er sich doch klar dafür aus,<br />

das maritime Museum von se<strong>in</strong>en <strong>Geschichte</strong>n her zu denken, und nicht<br />

von se<strong>in</strong>en Objekten.<br />

Der dritte Tagungstag war den übergeordneten Themen des maritimen<br />

Tourismus und maritimen Erbes gewidmet. Eric van Hooydonk (Watererfgoed<br />

Vlaanderen, Antwerpen) stellte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er mitreißenden Präsentation<br />

se<strong>in</strong> Konzept der „Soft Values of Sea Ports“ vor. Nachdrücklich legte er dar,<br />

dass Hafenentwicklung nicht bloß unter ökonomischen Gesichtspunkten<br />

betrachtet werden sollte, sondern ganzheitlich von e<strong>in</strong>em stadtplanerischen<br />

Standpunkt aus, der die seewirtschaftlichen Interessen mit soziokulturellen<br />

Aspekten e<strong>in</strong>es modernen Hafen(er)lebens verb<strong>in</strong>det. Berit Johannsen


36<br />

Eric van Hooydonk<br />

stellt die<br />

„Soft Values of<br />

Sea Ports“ vor.<br />

(Staatskanzlei Kiel, Abteilung Kultur und Medien), Peter Danker-Carstensen<br />

(Schiffbau- und Schifffahrtsmuseum Rostock) und Ra<strong>in</strong>er Prüß (Wirtschafts-<br />

und Kulturkonzepte, Flensburg) berichteten von den Chancen und<br />

Schwierigkeiten, die e<strong>in</strong> solcher Entwicklungsprozess mit sich br<strong>in</strong>gt. Wie<br />

e<strong>in</strong> maritimes Museum zum Knotenpunkt e<strong>in</strong>es Netzwerkes verschiedener<br />

maritim-historischer Institutionen werden kann, skizzierte James Steward<br />

(Great Yarmouth Museums) anhand der Entwicklung des Museums Time<br />

& Tide <strong>in</strong> Great Yarmouth und se<strong>in</strong>er leitenden Rolle im Kulturnetzwerk<br />

Maritime Heritage East. Ziel dieser europaweit wohl e<strong>in</strong>maligen Initiative<br />

ist die vernetzte Erschließung des maritimen Erbes e<strong>in</strong>er ganzen Region.<br />

Der letzte Themenblock der Tagung wandte sich den Herausforderungen<br />

bei der Erhaltung und Infahrthaltung historischer Wasserfahrzeuge zu.<br />

Die Statements und Kurzreferate von Eckhard Sch<strong>in</strong>kel (Schiffs-Hebewerk<br />

Henrichenburg, Dortmund), Jes Kroman (Skibsbevar<strong>in</strong>gsfonden), Dörte<br />

Münstermann (Lauenburger Elbschiffahrtsmuseum), Christopher Paperitz<br />

(GSHW) und Ra<strong>in</strong>er Prüß (AGDM) machten deutlich, dass Museen und<br />

private Eigner die Aufgabe der Erhaltung historischer Schiffe langfristig<br />

nur geme<strong>in</strong>sam tragen können, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong> gegenseitiger Wissenstransfer<br />

zwischen historischer Forschung und praktischer Erfahrung stattf<strong>in</strong>det.<br />

Insgesamt war die Tagung von e<strong>in</strong>em lebhaften Austausch gekennzeich-


net. Die Auswahl der beteiligten großen und kle<strong>in</strong>eren Museen sowie privaten<br />

Initiativen hat gezeigt, wie viel zurzeit im maritimen Museumssektor<br />

<strong>in</strong> Bewegung ist. Die Veröffentlichung der Tagungsbeiträge ist <strong>in</strong> Vorbereitung.<br />

Um den angestoßenen Austausch auch <strong>in</strong> Zukunft fortzusetzen,<br />

wollen die Museen <strong>in</strong> Flensburg und Aabenraa nun die Gründung e<strong>in</strong>es<br />

Netzwerkes maritimer Museen anstoßen, das den beteiligten Museen und<br />

anderen Institutionen die Möglichkeit des regelmäßigen Erfahrungsaustauschs<br />

bieten und Kooperationen <strong>in</strong> den Bereichen Sammlung, Forschung<br />

und Ausstellung stärken soll.<br />

Thomas Overdick<br />

37<br />

Die „Flensburger Rum & Zucker Meile“<br />

Die Stadt Flensburg feiert 2009 <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung an die Bestätigung des<br />

Stadtrechts von 1284 dieses Ereignis mit e<strong>in</strong>er Reihe von Veranstaltungen.<br />

Hierzu gehört die E<strong>in</strong>weihung des Kulturpfads, „Die Rum & Zucker Meile<br />

– E<strong>in</strong> Rundgang durch die Flensburger Altstadt“ am 1. Mai.<br />

Die Mitte des 18. Jahrhunderts e<strong>in</strong>setzende West<strong>in</strong>dienfahrt erlaubte es<br />

den Flensburger Kaufleuten und Reedern, sich am lukrativen Zuckerhandel<br />

mit den dänisch-west<strong>in</strong>dischen Inseln zu beteiligen. Es gelang ihnen trotz<br />

anfänglicher Rückschläge, e<strong>in</strong>en bedeutenden Anteil an der Entwicklung<br />

und dem Aufbau der Zucker<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> den Herzogtümern <strong>Schleswig</strong> und<br />

Holste<strong>in</strong> sowie im Dänischen Gesamtstaat zu erzielen.<br />

Dieser Überseehandel sowie die Verarbeitung des aus dem Zuckerrohr<br />

gewonnenen wertvollen Rohstoffs, dem Rohrzucker, lagen <strong>in</strong> Flensburg <strong>in</strong><br />

den Händen e<strong>in</strong>iger Familien, die, oft durch Heirat mite<strong>in</strong>ander verwandt,<br />

geme<strong>in</strong>sam ihren Wohlstand mehrten und die Gew<strong>in</strong>ne <strong>in</strong> die Zuckerraff<strong>in</strong>erien,<br />

ihre Manufakturen und Schiffsflotten <strong>in</strong>vestierten. An der Spitze<br />

dieser Handelshäuser standen die Familiendynastien der Christiansen, der<br />

Petersen Schmidt und der Jensen; manchmal bis <strong>in</strong> die 3. Generation.<br />

Ihre Häuser und Hofanlagen sowie die gewaltigen Speicher gehörten zu<br />

den ansehnlichsten Bauten dieser Hafenstadt. Ihre Architektur und gepflegte<br />

Wohnkultur spiegelten den Stolz dieser „Zuckerbarone“ wider. Bis<br />

heute prägen sie die Altstadt Flensburgs. Man kann sie dort <strong>in</strong> den Straßenzügen<br />

entlang der Fußgängerzone zwischen Nordertor und Südermarkt<br />

entdecken und etwas von ihrer e<strong>in</strong>stigen Nutzung und historischen Bedeutung<br />

erfahren.


38<br />

West<strong>in</strong>dienspeicher<br />

Große Straße 24.<br />

Hier <strong>in</strong> der Altstadt befanden sich ebenfalls die Rumhäuser. In den besten<br />

Zeiten der Produktion um 1930 zählte man etwa 30 Firmen. Die Anfänge<br />

der Veredelung dieser hochprozentigen Spirituose ist ebenso e<strong>in</strong>e Erfolgsgeschichte<br />

für Flensburg. Auch sie hat ihre Ursprünge wie der Zuckerhandel<br />

<strong>in</strong> der West<strong>in</strong>dienfahrt. Insbesondere im 19. Jahrhundert setzten viele<br />

Branntwe<strong>in</strong>brenner auf diesen Rohstoff aus der Karibik und entwickelten<br />

daraus Markenfabrikate wie die der berühmten Rumhäuser Sonnberg, Pott<br />

und Hansen sowie Dethleffsen. Während der heimische Rübenzucker bereits<br />

ab der Mitte des 19. Jahrhunderts den Rohrzucker aus den Tropen verdrängte,<br />

wuchs die Flensburger Rum<strong>in</strong>dustrie zunehmend und belieferte<br />

noch gegen Ende des letzten Jahrhunderts mit ihren Spitzenprodukten den<br />

europäischen Spirituosenmarkt.


39<br />

Rumhaus Johannsen<br />

<strong>in</strong> der Marienstraße.<br />

Auch wenn die Anlage neuer Straßen ganze Schneisen <strong>in</strong> das charakteristische<br />

Geflecht der alten Kaufmannshöfe schlug, ist diese e<strong>in</strong>stige Blütezeit<br />

des West<strong>in</strong>dienhandels im heutigen Stadtbild noch klar zu erkennen – e<strong>in</strong><br />

stadthistorisches Kulturerbe ohnegleichen!<br />

Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Plantagenbewirtschaftung<br />

fernab von Flensburg – <strong>in</strong> den europäischen Kolonien Mittelamerikas, so<br />

auch <strong>in</strong> Dänisch-West<strong>in</strong>dien – bis weit <strong>in</strong>s 19. Jahrhundert Millionen von<br />

verschleppten schwarzen Sklaven aus Westafrika geschuldet war.<br />

Über die 20 Stationen der „Rum & Zucker Meile“ <strong>in</strong>formieren e<strong>in</strong> Faltblatt<br />

und e<strong>in</strong>e Broschüre <strong>in</strong> deutscher und dänischer Sprache. Die jeweiligen<br />

Gebäude s<strong>in</strong>d mit e<strong>in</strong>em H<strong>in</strong>weisschild versehen.<br />

Jutta Glüs<strong>in</strong>g


40<br />

Projekt Flussgeschichte:<br />

Die Stadt, die Trave und das Wasser<br />

Für alle, die <strong>in</strong> Lübeck geboren oder aufgewachsen und wohnhaft s<strong>in</strong>d,<br />

ist die Trave e<strong>in</strong> allgegenwärtiger Anblick. Und wer häufiger die Strecke<br />

zwischen Lübeck und Bad Oldesloe fährt, für den ist das Travetal <strong>in</strong> allen<br />

Jahreszeiten e<strong>in</strong> alltäglicher Begleiter. In bestimmten Wetterlagen schwebt<br />

weißer Nebel über dem Wasser und zeichnet die Flussw<strong>in</strong>dungen nach, bei<br />

Hochwasser gleicht das ganze Tal mit se<strong>in</strong>en Niederungen e<strong>in</strong>em See und<br />

bei Sonnensche<strong>in</strong> glitzert das Wasser, <strong>in</strong> dem sich Wasserpflanzen wiegen<br />

- die Schönheit des Flusses war e<strong>in</strong> ganz persönlicher Anlass sich mit se<strong>in</strong>er<br />

<strong>Geschichte</strong> zu befassen, ihm mehr zu entlocken, als se<strong>in</strong> Augensche<strong>in</strong><br />

verrät.<br />

Wo immer e<strong>in</strong> Besucher die Oldesloer Altstadt, die allseitig von der Trave<br />

umflossen wird und damit e<strong>in</strong>er Insel gleicht, betritt, muss er e<strong>in</strong>e Brücke<br />

überqueren. So s<strong>in</strong>d die Trave und die <strong>in</strong> sie mündende Beste im Stadtbild<br />

bis heute unübersehbar präsent. E<strong>in</strong>e sanierte Wassermühle mit e<strong>in</strong>em hölzernen<br />

Mühlrad gehört zu den markantesten Gebäuden der Altstadt und<br />

e<strong>in</strong>e Sohlgleite, die als Ersatz für e<strong>in</strong> den Fischzug hemmendes Stauwehr<br />

2002 angelegt wurde, war und ist wegen ihrer Kosten und e<strong>in</strong>er befürchteten<br />

erhöhten Hochwassergefahr e<strong>in</strong> umstrittenes Bauvorhaben. Die Stadt<br />

selbst wählte zu ihrem „Logo“ e<strong>in</strong>e dreifache Welle und den Schriftzug „Die<br />

Beste Trave Stadt“ und unterstreicht damit ihren Wunsch, sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

zukünftigen Market<strong>in</strong>gkonzept mit dem Wasser identifizieren zu lassen.<br />

„Wasser“ ist also e<strong>in</strong> Thema <strong>in</strong> der Stadt Oldesloe.<br />

Doch nicht nur im Stadtbild, sondern auch <strong>in</strong> den Akten des Stadtarchivs<br />

ist das Wasser, s<strong>in</strong>d die Flüsse, nicht zu übersehen. Travefahrt und Mühlen,<br />

Gewerbezulassungen, Wasserlösungssachen, Wasserverschmutzung, Cholera,<br />

Wasserturm und Wasserwerk, Ertrunkene und Rettungsanstalten,<br />

Badevergnügen im Freibad, Hochwasser, Flussregulierungen und –renaturierungen<br />

s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige Stichworte. Und wenn im großen Bestand der<br />

Justizakten Menschen im 18. und frühen 19. Jahrhundert beschreiben, was<br />

sie gerade taten, als das zu untersuchende Ereignis stattfand, so s<strong>in</strong>d sie oft<br />

am Wasser beschäftigt: sie tränken Pferde, schöpfen Wasser, durchqueren<br />

e<strong>in</strong>e Furt, angeln, baden oder befahren die Flüsse mit ihren Booten. Nicht<br />

selten verunglücken Menschen und kont<strong>in</strong>uierlich streiten sie sich um die<br />

Ressource Wasser. So s<strong>in</strong>d die Flüsse, ist das Wasser, <strong>in</strong> fast allen Beständen<br />

greifbar.<br />

Dies zusammen – Wahrnehmung und Quellenstudien – richteten das<br />

Forschungs<strong>in</strong>teresse wie zwei Kompassnadeln auf den Magneten „Wasser“<br />

aus, und die Idee war geboren, aus der Fülle des historischen Materials e<strong>in</strong>e


Julius Gottheil, Stahlstich, 1864 gedruckt bei Uflacker <strong>in</strong> Altona, zeigt<br />

die Lage der Stadt an e<strong>in</strong>er Traveschleife, zu erkennen ist e<strong>in</strong> Traveboot<br />

mit Last und die Lohmühle.<br />

neue Sicht auf die Stadt Oldesloe und ihre <strong>Geschichte</strong> herauszuarbeiten.<br />

Nicht e<strong>in</strong>e chronologisch angelegte „Universalgeschichte“ war das Ziel,<br />

sondern e<strong>in</strong>e, die das „Wasser“ zum entscheidenden Entwicklungsfaktor<br />

macht und dabei e<strong>in</strong>e Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte der Stadt<br />

schreibt, <strong>in</strong> der die Menschen zu Wort kommen und bisher Unbekanntes<br />

entdeckt bzw. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en umfassenden Zusammenhang e<strong>in</strong>gebettet wird. Das<br />

Wasser wird damit – <strong>in</strong> Anlehnung an die lange Wassermühlentradition<br />

Oldesloes – zur „Antriebsenergie“ der Stadtgeschichte.<br />

Flussgeschichten haben seit geraumer Zeit Konjunktur. Über die Isar,<br />

den Rhe<strong>in</strong>, Ma<strong>in</strong>, die Donau, die Weser, die Saar und die Elbe – um nur e<strong>in</strong>ige<br />

zu nennen – s<strong>in</strong>d „Flussbiographien“ und „Flussgeschichten“ geschrieben<br />

worden, die die vielfältigen Nutzungen des Wassers und die daraus<br />

resultierenden anthropogenen E<strong>in</strong>griffe behandeln. Oftmals werden diese<br />

E<strong>in</strong>griffe als „Kampf“ gegen und „Zähmung“ des Wassers aufgefasst. David<br />

Blackbourn hat <strong>in</strong> „Conquest of nature“ (2006) die Bändigung des Wassers<br />

zu e<strong>in</strong>er der Grundbed<strong>in</strong>gungen des politischen und wirtschaftlichen Aufstiegs<br />

Deutschlands seit dem 18. Jahrhundert erklärt. Norbert Fischer hat<br />

den Deichbau und damit den Kampf gegen die Nordseefluten als konstitu-


42<br />

Die Sohlgleite <strong>in</strong> der Trave im Stadtgebiet Bad Oldesloe.<br />

tiv für die Gesellschaften der Elbmarschen (2003 und 2007) beschrieben.<br />

Unübersehbar ist die Literatur, die sich mit der Flussverschmutzung durch<br />

Gewerbe und Industrie beschäftigt oder den Kampf um sauberes Wasser<br />

im Zuge der kommunalen Assanierung im 19. und frühen 20. Jh. aufarbeitet.<br />

Seit dem Ausgang des 20. Jh. hat sich der Umgang mit vielen Flüssen<br />

grundlegend gewandelt. Sie werden nicht mehr als Wasserstraßen genutzt,<br />

nicht mehr zum Hochwasserschutz begradigt – neue Konzepte, neue Nutzungen<br />

vor allem im Freizeitbereich und <strong>in</strong> der Ökologie, ermöglichen e<strong>in</strong><br />

neues Flussideal: an die Stelle des geraden, regulierten Laufs tritt das Ideal<br />

des „natürlichen“ Flusses, dem man se<strong>in</strong>e Krümmungen und W<strong>in</strong>dungen<br />

wiedergibt.<br />

All diese Facetten und damit die herausragende Bedeutung des Wassers<br />

wurden schließlich zur konzeptionellen Basis für e<strong>in</strong>e Untersuchung über<br />

Oldesloe – die Stadt, die Trave und das Wasser . Über die Quellen aus dem<br />

Stadtarchiv h<strong>in</strong>aus, geht es nun um e<strong>in</strong>e Erweiterung des Blickes: Bestände<br />

aus dem Stadtarchiv Lübeck, dem Landesarchiv <strong>in</strong> <strong>Schleswig</strong>, dem Gehei-


men Staatsarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, dem Kreisarchiv<br />

Stormarn und des Kirchenkreisarchiv Segeberg sowie Akten aus dem<br />

Staatlichen Umweltamt Itzehoe und der Landesbibliothek Eut<strong>in</strong> wurden<br />

durchgesehen.<br />

Um das umfangreiche Material zu strukturieren, ist es <strong>in</strong> zwölf Kapitel<br />

gegliedert. Jedes Kapitel lässt sich als eigenständige E<strong>in</strong>heit lesen. Gleichzeitig<br />

ist durchaus e<strong>in</strong> chronologischer Ablauf gewährleistet, denn die unterschiedlichen<br />

Nutzungen variieren im Laufe der Jahrhunderte, d. h. die<br />

e<strong>in</strong>zelnen Kapitel setzen kont<strong>in</strong>uierlich immer später e<strong>in</strong>: ist die Stadtgründung<br />

e<strong>in</strong> Phänomen des Mittelalters, so s<strong>in</strong>d die Travefahrt, die Schifffahrt,<br />

das vor<strong>in</strong>dustrielle Gewerbe und die Müllerei e<strong>in</strong>es der Frühen Neuzeit.<br />

Alle diese Nutzungen enden um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Danach<br />

beg<strong>in</strong>nt die Industrialisierung, <strong>in</strong> ihrem Gefolge die Stadtsanierung. Die<br />

Regulierung der Flüsse, die Hochwasser und schließlich die Renaturierung<br />

s<strong>in</strong>d im 20. und 21. Jahrhundert zu verorten.<br />

Der Fluss wird als historisch betrachtet, als Ort kont<strong>in</strong>uierlichen Wandels,<br />

sei er geologisch-geographischer Natur oder als Folge anthropogener<br />

E<strong>in</strong>griffe. Gleichzeitig wird die Trave als Gegenstand politisch-territorialer<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzungen vor allem zwischen Lübeck und Holste<strong>in</strong> beschrieben.<br />

Erst vor diesem H<strong>in</strong>tergrund werden die andauernden Mühen um e<strong>in</strong>en<br />

nutzbaren Fluss (Begradigungen, Auskrautungen) und die Konflikte<br />

der Oldesloer und Lübecker Traveschiffer und Fischer um die Nutzung des<br />

Flusses als Schifffahrtsweg und als Fischfanggrund erklärlich.<br />

E<strong>in</strong> entscheidender Aspekt für mittelalterliche Stadtgründungen war die<br />

den Flüssen und ihren sumpfigen Niederungen zukommende Schutzfunktion,<br />

die seit dem 19. Jahrhundert wiederum zu e<strong>in</strong>er wasserbestimmten<br />

E<strong>in</strong>grenzung der Stadt. Mit dem Bau der Eisenbahn verschoben sich die<br />

Kommunikationsströme <strong>in</strong> der Stadt, wuchs sie über ihren alten Inselkern<br />

heraus.<br />

Von Bedeutung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Zusammenhang natürlich die an das<br />

Wasser gebundenen Berufe: Schiffer, Fischer, Müller, aber auch Gerber,<br />

Färber, Brauer, Bleicher sowie die kochenden und waschenden Hausfrauen.<br />

Sie alle nutzten den Fluss. Die Müller griffen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Lauf mit Stauungen<br />

und dem Bau von Mühlgraben am sichtbarsten e<strong>in</strong>: sie versuchten den Fluss<br />

ihren Bedürfnissen anzupassen, während die Gewerbetreibenden die Trave<br />

vornehmlich als Produktionsmittel und als Schmutzableiter nutzten. Die<br />

unterschiedlichen Ansprüche dabei und die daraus resultierenden Konflikte<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> wesentlicher Bestandteil der Untersuchung.<br />

Mit dem Wasser verbunden s<strong>in</strong>d die Moore, die Oldesloe umgaben. Sie<br />

waren Schutz, sie waren e<strong>in</strong> Kommunikationshemmnis, sie versorgten die<br />

Sal<strong>in</strong>e und die Stadt mit Brennmaterial und – als diese wirtschaftliche Bedeutung<br />

verschwand – wurden sie die erste Landschaft Oldesloes, die unter<br />

43


44<br />

dem Aspekt des Naturschutzes schon zu Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhunderts betrachtet<br />

wurde. Hier zeichnet sich der Nutzungs- und Bedeutungswandel<br />

der Trave <strong>in</strong> dem neuen „romantischen“ Blick auf die „Wasserlandschaft“<br />

Moor ab.<br />

Von zentraler Bedeutung ist die Frage der Wasserverschmutzung und<br />

der Stadthygiene. Sie setzten mit der Industrialisierung e<strong>in</strong> und diskutieren<br />

die vielfältigen Nutzungskonflikte um das Wasser und ihre möglichen Lösungsstrategien:<br />

Bedürfnisse der Industrie – hier vor allem der Papierfabrik<br />

und der Zuckerrübenfabrik – nach ungebremster Ableitung ihrer Abwässer<br />

und der E<strong>in</strong>wohnerschaft und deren Anspruch auf sauberes Tr<strong>in</strong>kwasser.<br />

Nicht nur im Küstenbereich ist das Thema Hochwasser im kollektiven<br />

Gedächtnis verankert, bei den Oldesloern wird es mit der Trave und der<br />

Beste verknüpft. Schutzmaßnahmen wurden im Interesse der Landwirtschaft<br />

durchgeführt und veränderten das Bild des Flusses wie ke<strong>in</strong>e Maßnahme<br />

zuvor. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass der Fluss e<strong>in</strong><br />

Ort der Freizeit und des Vergnügens ebenso wie des Todes war und ist.<br />

Neben der Entdeckung der „anmutigen Travelandschaft“ zu Beg<strong>in</strong>n des<br />

19. Jahrhunderts war es der Oldesloer Kurbetrieb um die Wende vom 19.<br />

auf das 20. Jahrhundert, der den Fluss als Ort des Vergnügens beförderte:<br />

Baden und Bootfahren stehen hierfür.<br />

Mit dem Ende der Traveschifffahrt, der Stilllegung der Mühlen, veränderten<br />

Nutzungsansprüchen der Landwirtschaft und der stetig verbesserten<br />

Abwasserklärung konnte die Trave Ende des 20. Jahrhunderts neuen Nutzungsansprüchen<br />

geöffnet werden: Naturschutz und Ökologie bestimmen<br />

nun die Diskussion um und die Gestalt des Flusses entscheidend mit. So<br />

beschreibt die Flussgeschichte <strong>in</strong>sgesamt die Wassernutzung, die sich <strong>in</strong><br />

Oldesloe von e<strong>in</strong>er „Lebensader“ der kommunalen Wirtschaft zu e<strong>in</strong>em<br />

Freizeit- und Stadtmarket<strong>in</strong>gfaktor wandelte.<br />

Sylv<strong>in</strong>a Zander


H<strong>in</strong>weise<br />

E<strong>in</strong>ladung zu Vorträgen <strong>in</strong> Kiel<br />

Die Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong> veranstaltet geme<strong>in</strong>sam<br />

mit der <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ischen Landesbibliothek im W<strong>in</strong>terhalbjahr<br />

2009/2010 wieder Vorträge über ausgewählte Themen der <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>s. Die Mitglieder der Geschichtsgesellschaft,<br />

aber auch Gäste s<strong>in</strong>d dazu herzlich e<strong>in</strong>geladen.<br />

Dienstag, 20. Oktober 2009<br />

Dr. Ralf Wiechmann<br />

Haithabu und das Geld der Wik<strong>in</strong>ger<br />

Dienstag, 10. November 2009<br />

Prof. Dr. Peter Wulf<br />

Hochzeit <strong>in</strong> besseren Kreisen – die Ehe des Grafen Otto Blome, Salzau,<br />

mit der Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong> Clement<strong>in</strong>e Bagration, Paris<br />

Dienstag, 26. Januar 2010<br />

Hans-Günther Andresen<br />

An R<strong>in</strong>gstraße und Königsweg – Großstädtische Anfänge und Umbrüche<br />

<strong>in</strong> der südlichen Kieler Innenstadt<br />

Dienstag, 23. Februar 2010<br />

Nils H<strong>in</strong>richsen<br />

Benennungen nach H<strong>in</strong>denburg <strong>in</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>:<br />

Drei Fallbeispiele aus Kaiserzeit, Weimarer Republik und „Drittem Reich“<br />

Dienstag, 23. März 2010<br />

Prof. Dr. Oliver Auge<br />

Mord, Gefangennahme, Erpressung – andere Spielregeln der Politik<br />

im schleswig-holste<strong>in</strong>ischen Mittelalter<br />

Alle Vorträge beg<strong>in</strong>nen um 19.30 Uhr<br />

<strong>in</strong> der <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ischen Landesbibliothek<br />

<strong>in</strong> Kiel, Wall 47/51 (Sartori & Berger-Speicher).<br />

Der E<strong>in</strong>tritt ist frei.


46<br />

Handel, Geld und Politik vom frühen Mittelalter bis heute<br />

In dieser Vortragsreihe vertiefen herausragende Fachleute unser Verständnis<br />

von dem, was unsere Gesellschaft im Kern entscheidend prägt – das<br />

Geld und se<strong>in</strong>e Wertb<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> der Zeit. Im Anschluss an ihre Vorträge<br />

stehen die Referenten zur Diskussion und Beantwortung von Fragen zur<br />

Verfügung.<br />

27. Oktober 2009<br />

Dr. Stefanie Rüther, Münster<br />

Der Krieg, die Bürger und das Geld. Spätmittelalterliche Kriegführung<br />

zwischen Ru<strong>in</strong> und Profit.<br />

24. November 2009<br />

Prof. Dr. Mart<strong>in</strong> Krieger, Kiel<br />

Unter dem Danebrog nach Ost<strong>in</strong>dien. Handel und kultureller Austausch<br />

zwischen dem Ostseeraum und dem Indischen Ozean.<br />

15. Dezember 2009<br />

Dr. Raoul Zühlke, Münster<br />

Knotenpunkt Lübeck? – Die Wege von Menschen, Waren und Nachrichten<br />

im Ostseeraum um 1300.<br />

26. Januar 2010<br />

Prof. Dr. Stuart Jenks, Erlangen<br />

Banken und F<strong>in</strong>anzkrisen 1154-2009.<br />

23. Februar 2010<br />

Günther Bock, Großhansdorf<br />

Stadt und Umland: Lübeck und Stormarn im 13. und 14. Jahrhundert.<br />

30. März 2010<br />

Prof. Dr. Stephan Selzer, Hamburg<br />

Wer kaufte die Waren des hansischen Handels? Farbige Stoffe im Mittelalter<br />

und ihre Käufer.<br />

Alle Vorträge beg<strong>in</strong>nen um 20.00 Uhr, sie f<strong>in</strong>den im Kapitelsaal oder im<br />

Vortragssaal des Burgklosters zu Lübeck statt, H<strong>in</strong>ter der Burg 2-6, 23552<br />

Lübeck<br />

E<strong>in</strong>tritt für Erwachsene: 2,50 €,<br />

Schüler und andere Jugendliche bis 18 Jahre haben freien E<strong>in</strong>tritt.


<strong>Schleswig</strong>sche Gespräche<br />

Deutsch-dänische Begegnungen<br />

47<br />

Montag, 2. November 2009<br />

Carsten Mish M.A., Kiel<br />

Grenzlandforschung – Nordschleswig im Fokus der Kieler<br />

Landeshistoriker um Otto Scheel, 1920-1945<br />

DK-6200 Aabenraa, „Haus Nordschleswig“, Vestergade 30<br />

Montag, 30. November 2009<br />

Prof. Dr. Oliver Auge, Kiel<br />

Herr über <strong>Schleswig</strong> und Holste<strong>in</strong>: Zum 550. Todestag<br />

des letzten Schauenburgers Adolf VIII.<br />

D-24937 Flensburg, Deutsches Haus, „Merz-Zimmer“, Friedrich-Ebert-Str. 7<br />

Montag, 1. Februar 2010<br />

Mart<strong>in</strong> Bo Nørregård, cand. mag., Flensburg<br />

Dänische Südschleswiger <strong>in</strong> deutschem Kriegsdienst 1939 - 1945<br />

D-24937 Flensburg, Deutsches Haus, „Merz-Zimmer“, Friedrich-Ebert-Str. 7<br />

Montag, 8. März 2010<br />

Prof. Dr. Mart<strong>in</strong> Krieger, Kiel<br />

Dänemarks unbekannte koloniale Vergangenheit: Trankebar<br />

DK-6200 Aabenraa, „Haus Nordschleswig“, Vestergade 30<br />

Die Vorträge f<strong>in</strong>den an wechselnden Orten statt und beg<strong>in</strong>nen jeweils<br />

um 19.30 Uhr<br />

Antrittsvorlesungen am 3. Februar 2010<br />

im Audimax der CAU Kiel, Hörsaal A, 16-18 Uhr<br />

Prof. Dr. Oliver Auge, Lehrstuhl für Regionalgeschichte:<br />

Mord, Gefangennahme, Erpressung – Andere Spielregeln<br />

der Politik im schleswig-holste<strong>in</strong>ischen Mittelalter?<br />

Prof. Dr. Mart<strong>in</strong> Krieger, Lehrstuhl für Nordische <strong>Geschichte</strong>:<br />

Nathaniel Wallich: E<strong>in</strong>e dänische Karriere<br />

zwischen Kopenhagen und Kalkutta um 1800


48<br />

Ehrenkolloquium für Prof. Dr. Manfred Jessen-Kl<strong>in</strong>genberg<br />

Die Universität Flensburg, Institut für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische Zeit- und<br />

Regionalgeschichte, veranstaltet zur Er<strong>in</strong>nerung an Prof. Dr. Manfred<br />

Jessen-Kl<strong>in</strong>genberg e<strong>in</strong> regionalhistorisches Kolloquium.<br />

Freitag, 20. November 2009, 15.00 – 17.00 Uhr<br />

Vortragssaal des Landesarchivs <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>, Pr<strong>in</strong>zenpalais,<br />

24837 <strong>Schleswig</strong><br />

Prof. Dr. Reimer Hansen<br />

Würdigung des wissenschaftlichen Lebenswerkes<br />

von Prof. Dr. Jessen-Kl<strong>in</strong>genberg<br />

Prof. Dr. Uwe Danker<br />

Würdigung des Menschen Manfred Jessen-Kl<strong>in</strong>genberg<br />

Dr. Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt<br />

Paradigmenwechsel <strong>in</strong> der schleswig-holste<strong>in</strong>ischen Landesgeschichtsforschung<br />

und Geschichtsvermittlung seit 1945<br />

Podiumsdiskussion<br />

Prof. Dr. Reimer Hansen, Prof. Dr. Reimer Witt, Prof. Dr. Detlev Kraack,<br />

Dr. Klaus Bästle<strong>in</strong>, Prof. Dr. Karl-He<strong>in</strong>rich Pohl, Dr. Lars Henn<strong>in</strong>gsen<br />

Moderation: Prof. Dr. Robert Bohn<br />

Ripen 1460:<br />

550 Jahre politische Partizipation <strong>in</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>?<br />

Tagung im Landeskulturzentrum Salzau, 24256 Salzau<br />

Freitag 5. bis Sonntag 7. März 2010<br />

„… dat se bliven up ewich tosammende ungedeelt.“ Wohl kaum e<strong>in</strong>e Redewendung<br />

ist <strong>in</strong> der schleswig-holste<strong>in</strong>ischen <strong>Geschichte</strong> so bekannt und<br />

häufig zitiert wie diese aus der Ripener Handfeste von 1460. Das 550-<br />

jährige Bestehen dieses Vertrages, <strong>in</strong> dem der dänische König Christian<br />

I. mit den Ständen <strong>Schleswig</strong>s und Holste<strong>in</strong>s übere<strong>in</strong>kam, die Regierung<br />

zu übernehmen, bietet den Anlass, nach dem Verhältnis zwischen Ständen<br />

und Fürsten im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen <strong>Schleswig</strong> und<br />

Holste<strong>in</strong> zu fragen. Da die Übere<strong>in</strong>kunft zwischen Landesherr und Ständen<br />

freilich ke<strong>in</strong> orig<strong>in</strong>är schleswig-holste<strong>in</strong>ischer Akt ist, vielmehr bereits


im mittelalterlichen Europa sich allerorts der Adel von den Fürsten zur Friedenswahrung<br />

und Rechtspflege, später vor allem bei Steuer- und F<strong>in</strong>anzfragen<br />

Mitspracherechte ausbedang, tritt deshalb neben der landesgeschichtlichen<br />

Dimension auch der Vergleich mit anderen Territorien des Reiches<br />

und auch europäischer Nachbarstaaten <strong>in</strong> den Fokus der Betrachtungen. So<br />

sollen Parallelen, aber auch Unterschiede der politischen Partizipation im<br />

Übergang der Epochen analysiert und verdeutlicht werden.<br />

Der Kieler Lehrstuhl für Regionalgeschichte lädt hierzu alle an der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen<br />

Verfassungsgeschichte sowie an der Regional-<br />

und Landesgeschichte Interessierten zur Tagungsteilnahme e<strong>in</strong>.<br />

Für Rückfragen steht Herr Burkhard Büs<strong>in</strong>g, Historisches Sem<strong>in</strong>ar der<br />

Christian-Albrechts-Universität, Leibnizstraße 8, 24098 Kiel, Tel. 0431/880-<br />

3647, e-Mail: b.bues<strong>in</strong>g@email.uni-kiel.de zur Verfügung. Anmeldungen<br />

werden erbeten bis Mittwoch, 17.02.2010 an die gleiche Adresse.<br />

49<br />

Vorläufiges Programm<br />

Freitag 5. März<br />

13.00-13.15 Uhr: Prof. Dr. Oliver Auge, Kiel<br />

Begrüßung<br />

13.15-14.00 Uhr: Prof. Dr. Kersten Krüger, Rostock<br />

Die landständische Verfassung im europäischen Vergleich<br />

14.00-14.45 Uhr: Associate Prof Carsten Jahnke, Kopenhagen<br />

Die Anomalie des Normalen. Die Ripener Handfeste und das „dat se<br />

bliven up ewich tosammende ungedeelt“<br />

Kaffeepause<br />

15.15-16.00 Uhr: Prof. Dr. Detlev Kraack, Plön<br />

Von den „kle<strong>in</strong>en Krautern“ und großen Herren. Der nordelbische<br />

Adel vor 1460<br />

16.00-16.45 Uhr: Mikkel Leth Jespersen, Flensburg<br />

Die politische Partizipation der Ritterschaft im frühneuzeitlichen<br />

<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong><br />

16.45-17.30 Uhr: Prof. Dr. Oliver Auge, Kiel<br />

Zur Rolle von Klerus und Städten auf den schleswigholste<strong>in</strong>ischen<br />

Landtagen bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts


50<br />

Pause / Abendessen<br />

19.00 Uhr: Grußwort M<strong>in</strong>isterpräsident Peter Harry Carstensen<br />

Grußwort Dänischer Botschafter, S. E. Carsten Søndergaard<br />

Grußwort Präsident CAU: Prof. Dr. Gerhard Fouquet<br />

Grußwort der schleswig-holste<strong>in</strong>ischen Ritterschaft:<br />

Hubertus Graf von Luckner<br />

Abendvortrag: Prof. Dr. Werner Paravic<strong>in</strong>i, Kiel<br />

E<strong>in</strong> Objekt beg<strong>in</strong>nt zu sprechen: Die Privilegienlade der schleswigholste<strong>in</strong>ischen<br />

Ritterschaft vom Anfang des 16. Jahrhunderts<br />

Sonnabend 6. März<br />

9.00-9.45 Uhr: Prof. Dr. Thomas Riis, Kiel<br />

Der Reichsrat <strong>in</strong> Dänemark und Norwegen ca. 1380-1460. Partner und<br />

Gegenspieler des Königs<br />

9.45-10.30Uhr: Prof. Dr. Mart<strong>in</strong> Krieger, Kiel<br />

Ständische Partizipation im frühneuzeitlichen Dänemark<br />

Kaffeepause<br />

11.00-11.45 Uhr: Prof. Dr. Jens E. Olesen, Greifswald<br />

Ständische Partizipation im mittelalterlichen/frühneuzeitlichen<br />

Schweden<br />

11.45-12.30 Uhr: Prof. Dr. Olaf Mörke, Kiel<br />

’Declaration of Abroath‘ (1320), ’Blijde Inkomst’ (1356), ’Groot<br />

Privilege’ (14<strong>77</strong>): Spätmittelalterliche Politikvere<strong>in</strong>barungen und ihre<br />

(früh-) neuzeitliche Wirkungsgeschichte<br />

Mittagspause<br />

14.30-15.15 Uhr: Dr. Axel Metz, Wesel<br />

„In ansehung des, daz wir [ytz zumal] alls römischer künig ir her se<strong>in</strong>“<br />

Königtum und Landstände an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit<br />

– E<strong>in</strong>e Annäherung<br />

15.15-16.00 Uhr: Dr. Sebastian Joost, Rostock<br />

Von der Beratung zur Mitsprache – Etappen landständischer<br />

E<strong>in</strong>flussnahme <strong>in</strong> Mecklenburg im 15. und 16. Jahrhundert


Kaffepause<br />

16.30-17.15 Uhr: Dr. Ralf-Gunnar Werlich, Greifswald<br />

Zur Genese ständischer Partizipation an der Herrschaftsausübung<br />

im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Pommern<br />

51<br />

17.15-18.00 Uhr: Prof. Dr. Sönke Lorenz, Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Teilung, Wiedervere<strong>in</strong>igung und Erhebung zum Herzogtum<br />

(1442-1495): Württembergs Stände erwachen<br />

Pause/ Abendessen<br />

19.30-20.15 Uhr: Prof. Dr. Ra<strong>in</strong>er Her<strong>in</strong>g, <strong>Schleswig</strong><br />

Von der Urkunde zur Email. Herausforderungen an Archive und<br />

historische Hilfswissenschaften<br />

Sonntag 7. März<br />

8.30-9.15 Uhr: Tim Neu, M.A., Münster<br />

Von ständischer Vielfalt zu verfasster E<strong>in</strong>heit.<br />

Zum Konstruktionscharakter landständischer Herrschaftspartizipation<br />

am Beispiel der Landgrafschaft Hessen<br />

9.15-10.00 Uhr: Dr. Christoph Volkmar, Wernigerode<br />

Territoriale Funktionseliten? Ständebildung und politische Partizipation<br />

im Machtbereich der Wett<strong>in</strong>er<br />

Kaffeepause<br />

10.30-11.15 Uhr: Prof. Dr. Joachim Schneider, Ma<strong>in</strong>z<br />

Die politische Rolle der Ritterschaft <strong>in</strong> Franken und Alt-Bayern um<br />

1500 – Vergleichende Perspektiven!<br />

Pause<br />

11.30-13.00 Uhr: PD Dr. Harm von Seggern, Kiel<br />

Tagungszusammenfassung und Abschlussdiskussion<br />

Mittagessen und Tagungsende


Suche – Biete<br />

Biete<br />

Zeitschrift der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong><br />

(ZSHG)<br />

Bde. 53 - 63 (1923-1935) und Bde. 65 (1937), 68 - 69 (1940-1941).<br />

Die Heimat. Monatschrift des Vere<strong>in</strong>s zur Pflege der Natur- und Landeskunde<br />

<strong>in</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>, Hamburg und Lübeck<br />

Vollständige Jahrgänge: 1891 - 1895, 1904, 1907, 1908, 1910 - 1920,<br />

1922, 1924 - 1926, 1928 - 1932, 1935 - 1942, 1949 - 1953.<br />

Jahrgänge, bei denen jeweils Heft 1 (von 12) fehlt: 1896, 1897, 1898,<br />

1905, 1906, 1909, 1923, 1933, 1934, 1955.<br />

Vom Jahrgang 1921 fehlen 9 Hefte (von 12); vom Jahrgang 1927 fehlen 2<br />

Hefte (von 12).<br />

Nordelb<strong>in</strong>gen. Beiträge zur Heimatforschung <strong>in</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>,<br />

Hamburg und Lübeck<br />

Bd. 8 (1930/31), 565 S. (es fehlen die Seiten 257 - 262).<br />

Bd. 9 (1932 - 1934, 504 S.<br />

Günther Röstermundt, Akazienweg 14, 31832 Spr<strong>in</strong>ge,<br />

Tel.: 0 50 41 - 8 13 81


<strong>Mitteilungen</strong> des Vorstands<br />

Protokoll der ordentlichen Mitgliederversammlung der<br />

Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong><br />

auf Schloss Plön am 11. Juli 2009<br />

Das Programm der diesjährigen Mitgliederversammlung hatte außergewöhnlich<br />

viele unserer Mitglieder angelockt, denn es wurde mit e<strong>in</strong>er Führung<br />

durch Schloss Plön, das heute die Fielmann Akademie beherbergt,<br />

eröffnet. Trotz sommerlicher Hitze war die Besichtigung der prachtvollen<br />

historischen Räume und modernen Ausbildungse<strong>in</strong>richtungen für Augenoptiker<br />

sehr bee<strong>in</strong>druckend und <strong>in</strong>teressant. Anschließend konnte man sich<br />

bei kühlen Getränken, Kaffee, Tee und Kuchen erfrischen.<br />

Schloss Plön –<br />

Schauplatz der<br />

Mitgliederversammlung<br />

2009


54<br />

Begrüßung durch den Vorsitzenden<br />

Auf allgeme<strong>in</strong>en Wunsch h<strong>in</strong> begann die Mitgliederversammlung etwas<br />

früher. Um 15.50 Uhr eröffnete der Vorsitzende Jörg-Dietrich Kamischke<br />

die Versammlung und begrüßte die Anwesenden. Er dankte Herrn Professor<br />

Fielmann für se<strong>in</strong>e Bereitschaft, Schloss Plön der Geschichtsgesellschaft<br />

für ihre Veranstaltung zu öffnen. Außerdem begrüßte er namentlich die<br />

Ehrenmitglieder Dr. Rothert und Prof. Dr. Wulf sowie als neues Mitglied<br />

der Gesellschaft den frischgebackenen Professor für Regionalgeschichte mit<br />

Schwerpunkt zur <strong>Geschichte</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>s an der Kieler Universität<br />

Prof. Dr. Oliver Auge. Der Vorsitzende stellte die fristgerechte E<strong>in</strong>ladung<br />

und die Beschlussfähigkeit der Versammlung fest. Erschienen waren 55<br />

Mitglieder. Gegen Form und Inhalt der E<strong>in</strong>ladung wurden ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>wände<br />

erhoben. Mit E<strong>in</strong>verständnis der Versammelten änderte Herr Kamischke<br />

E<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> der Fielmann-<br />

Akademie führt durch das Schloss


die Tagesordnung, um die Punkte 10 und 11 nach Tagesordnungspunkt 1<br />

abzuhandeln.<br />

55<br />

Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an Dr. Ingwer Momsen<br />

Der Vorsitzende würdigte Dr. Ingwer Momsens Verdienste um die Geschichtsgesellschaft<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ausführlichen Laudatio. Herr Momsen gründete<br />

den Arbeitskreis für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, mit dem e<strong>in</strong>e<br />

neue Ära der Geschichtsgesellschaft begann. Er <strong>in</strong>itiierte die „<strong>Mitteilungen</strong>“,<br />

die er lange herausgab. Herr Momsen war viele Jahre Vorstandsmitglied,<br />

später auch stellvertretender Vorsitzender. Er rief das Projekt „Historischer<br />

Atlas <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>“ <strong>in</strong>s Leben und gab den Atlas mit heraus. 2008<br />

<strong>in</strong>itiierte Herr Momsen die Jubiläumsfeier und weitere Veranstaltungen der<br />

Geschichtsgesellschaft im Jubiläumsjahr. Für se<strong>in</strong> herausragendes Engagement<br />

wurde Herrn Momsen die Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft für<br />

<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong> verliehen.<br />

In e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Ansprache dankte Herr Momsen für die Ehrung, betonte<br />

die <strong>in</strong>tensive Mitwirkung des Festausschusses am Jubiläum und verwies<br />

Dr. Ingwer Momsen<br />

wurde zum<br />

Ehrenmitglied<br />

ernannt


56<br />

auch auf die große Bedeutung der Teamarbeit beim „Historischen Atlas“.<br />

Er dankte Herrn Kamischke und Frau Dr. Imberger für die gute Zusammenarbeit<br />

und will die Arbeit der Geschichtsgesellschaft weiter mit großem<br />

Interesse verfolgen.<br />

Verleihung des Preises der Gesellschaft<br />

für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong> 2009<br />

Der Vorsitzende verlieh den Preis der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische<br />

<strong>Geschichte</strong> 2009 an Prof. Dr. Steen Bo Frandsen aus Sønderborg<br />

für se<strong>in</strong> Werk „Holsten i helstaten. Hertugdømmet <strong>in</strong>den for og uden for<br />

det danske monarki i første halvdel af 1800-tallet” (auf deutsch: Holste<strong>in</strong><br />

im Gesamtstaat. Das Herzogtum <strong>in</strong>nerhalb und außerhalb der dänischen<br />

Monarchie <strong>in</strong> der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts). Leider konnte der<br />

Preisträger nicht persönlich anwesend se<strong>in</strong>. (Die Laudatio des Vorsitzenden<br />

auf das Werk und se<strong>in</strong>en Verfasser ist <strong>in</strong> diesem Heft der „<strong>Mitteilungen</strong>“<br />

abgedruckt).<br />

Bericht der Schriftführer<strong>in</strong><br />

Dr. Elke Imberger erläuterte den Tätigkeitsbericht für das Jahr 2008 (<strong>Mitteilungen</strong>,<br />

Heft 76, S. 76-80).<br />

Bericht des Rechnungsführers und Haushaltsvoranschlag<br />

Dr. Mart<strong>in</strong> Skaruppe erläuterte se<strong>in</strong>en Kassenbericht für das Jahr 2008 und<br />

stellte den Haushaltsvoranschlag für 2009 vor (<strong>Mitteilungen</strong>, Heft 76, S.<br />

80-81). Beide wurden e<strong>in</strong>stimmig angenommen.<br />

Bericht der Rechnungsprüfer und Antrag auf Entlastung des Vorstands<br />

Ulrich Pilch verlas den von ihm und dem abwesenden Rechnungsprüfer<br />

Dr. Ernst-Joachim Fürsen verfassten Bericht, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>e ordnungsgemäße,<br />

ordentliche Buchführung attestiert wurde. Der Vorsitzende dankte Herrn<br />

Pilch und Herrn Fürsen für das Prüfen der Rechnungsunterlagen.<br />

Aufgrund des Berichts beantragte Dr. Hans-F. Rothert die Entlastung<br />

des Vorstands, die ohne Gegenstimmen bei Enthaltung der Vorstandsmitglieder<br />

erteilt wurde.


E<strong>in</strong>e gut besuchte Mitgliederversammlung<br />

Wahlen zum Vorstand<br />

Jörg-Dietrich Kamischke und Karl He<strong>in</strong>rich Buhse wurden ohne Gegenstimmen<br />

bei eigener Enthaltung wieder <strong>in</strong> den Vorstand gewählt.<br />

Auf Vorschlag des Vorstands kandidierte Prof. Dr. Ra<strong>in</strong>er Her<strong>in</strong>g für die<br />

Wahl zum Vorstand. Er stellte sich der Versammlung vor. Herr Her<strong>in</strong>g ist<br />

Leiter des Landesarchivs <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>. Er will se<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dungen<br />

nach Hamburg, wo er promoviert und habilitiert wurde, sowie <strong>in</strong> die USA<br />

nutzen, um das Interesse an schleswig-holste<strong>in</strong>ischer Landesgeschichte zu<br />

stärken.<br />

Auf Vorschlag von Herrn Kamischke kandidierte Prof. Dr. Oliver Auge<br />

für den Vorstand. Er promovierte <strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen, verbrachte se<strong>in</strong>e Assistentenzeit<br />

<strong>in</strong> Greifswald, wo er sich habilitierte, und ist seit dem 1. März dieses


58<br />

Jahres Professor für Regionalgeschichte an der Kieler Universität.<br />

Herr Her<strong>in</strong>g und Herr Auge wurden ohne Gegenstimmen bei eigener<br />

Enthaltung <strong>in</strong> den Vorstand gewählt.<br />

Wahl der Rechnungsprüfer<br />

Dr. Ernst-Joachim Fürsen und Ulrich Pilch wurden e<strong>in</strong>stimmig im Amt<br />

bestätigt.<br />

Anträge<br />

Es lagen ke<strong>in</strong>e Anträge vor.<br />

Verschiedenes<br />

Zum Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ gab es ke<strong>in</strong>e Meldungen.<br />

Der Vorsitzende dankte den Anwesenden für ihr Kommen und ihr Interesse<br />

und schloss die Versammlung um 17.15 Uhr.<br />

Dr. Elke Imberger<br />

Schriftführer<strong>in</strong>


59<br />

Preis der Gesellschaft<br />

für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong><br />

2010<br />

1. Die Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong> lobt für das<br />

Jahr 2010 erneut e<strong>in</strong>en Preis aus.<br />

Die Auszeichnung trägt den Namen „Preis der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-<br />

Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong>“ und ist mit 3000 Euro dotiert.<br />

2. Die Gesellschaft will mit dieser Auszeichnung e<strong>in</strong>e besondere Leistung<br />

auf dem Gebiet der Erforschung der schleswig-holste<strong>in</strong>ischen <strong>Geschichte</strong><br />

oder ihrer Vermittlung würdigen.<br />

3. Der Preis kann an Personen, an Gruppen oder für Projekte vergeben werden.<br />

4. Über die Preisvergabe entscheidet der Vorstand der Gesellschaft für<br />

<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong>.<br />

Wenn mehrere Bewerbungen preiswürdig s<strong>in</strong>d, kann der Preis geteilt werden.<br />

5. Der Vorsitzende der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong><br />

überreicht den Preis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er öffentlichen Veranstaltung.<br />

6. Bewerbungen und Vorschläge werden bis zum 31. März 2010 an die<br />

Schriftführer<strong>in</strong> der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong><br />

erbeten:<br />

Dr. Elke Imberger, Adam-Olearius-Weg 8, 24837 <strong>Schleswig</strong>, Tel. (04621)<br />

86-1843 oder (04621) 9<strong>77</strong>833, e-mail: Elke.Imberger@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />

Kiel, 29. August 2008<br />

Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong><br />

Jörg-Dietrich Kamischke<br />

Vorsitzender


60<br />

Mitarbeiter dieses Heftes:<br />

Prof. Dr. Oliver Auge, Historisches Sem<strong>in</strong>ar der Christian-Albrechts-Universität,<br />

Olshausenstr. 40, 24098 Kiel<br />

Günther Bock, Ahrensfelder Weg 13, 22927 Großhansdorf<br />

Dr. Jutta Glüs<strong>in</strong>g, Holm 51, 24937 Flensburg<br />

Dr. Elke Imberger, Adam-Olearius-Weg 8, 24837 <strong>Schleswig</strong><br />

Dirk Jonkanski, Landesamt für Denkmalpflege <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>, Wall<br />

47/51, 24103 Kiel<br />

Jörg-Dietrich Kamischke, Brekendorfer Landstr. 5, 24884 Selk<br />

Prof. Dr. Mart<strong>in</strong> Krieger, Historisches Sem<strong>in</strong>ar der Christian-Albrechts-<br />

Universität, Olshausenstr. 40, 24098 Kiel<br />

Frank Lubowitz, Claedenstr. 9, 24943 Flensburg<br />

Matthias Maluck, Archäologisches Landesamt <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>,<br />

Schloss Annettenhöh, Brockdorff-Rantzau-Str. 70, 24837 <strong>Schleswig</strong><br />

Thomas Overdick, Flensburger Schiffahrtsmuseum, Schiffbrücke 39,<br />

24939 Flensburg<br />

Silv<strong>in</strong>a Zander, Stadtarchiv Bad Oldesloe, Markt 5, 23843 Bad Oldesloe<br />

Bildquellen:<br />

Oliver Auge, S. 22<br />

GSHG, Karl-He<strong>in</strong>rich Buhse, S. 17, 53, 54, 55, 57<br />

<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>isches Landesarch<strong>in</strong> <strong>Schleswig</strong> 19, 20<br />

Jutta Glüs<strong>in</strong>g, S. 38, 39<br />

Dirk Jonkanski, Landesamt für Denkmalpflege, S. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 11, 12,<br />

13, 14<br />

Mart<strong>in</strong> Krieger, S. 27<br />

Matthias Maluck, S. 29, 30<br />

Thomas Overdick, S. 33, 35, 36<br />

Stadtarchiv Bad Oldesloe, S. 41<br />

Sylv<strong>in</strong>a Zander, S. 42


Die MITTEILUNGEN DER GESELLSCHAFT FÜR SCHLESWIG-HOLSTEINISCHE GE-<br />

SCHICHTE (MSHG) berichten von Ereignissen, Vorhaben und Arbeiten <strong>in</strong> der Gesellschaft<br />

für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong>. Sie <strong>in</strong>formieren außerdem über E<strong>in</strong>richtungen, Veranstaltungen<br />

und Forschungen mit landesgeschichtlichem Bezug außerhalb der Geschichtsgesellschaft.<br />

Die <strong>Mitteilungen</strong> veröffentlichen auch Diskussionsbeiträge, Vorträge und kurze<br />

Aufsätze, die für e<strong>in</strong>e Veröffentlichung <strong>in</strong> der Zeitschrift der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische<br />

<strong>Geschichte</strong> oder dem Jahrbuch Nordelb<strong>in</strong>gen nicht <strong>in</strong> Frage kommen.<br />

Herausgeber: Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong><br />

Im Internet: www.geschichte-s-h.de<br />

Redaktion:<br />

Frank Lubowitz M.A., Claedenstraße 9, 24943 Flensburg, Tel. (04 61) 18 10 03;<br />

e-mail: lubowitz.archiv@bdn.dk; f-lubowitz@foni.net<br />

Günter Bock, Ahrensfelder Weg 13, 22927 Großhansdorf, Tel. (04102) 54062;<br />

e-mail: guenther_bock@gmx.de<br />

Im Interesse e<strong>in</strong>er möglichst vielseitigen und vollständigen Berichterstattung s<strong>in</strong>d alle, die<br />

sich aktiv mit der <strong>Geschichte</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>s beschäftigen, zur Mitarbeit an den <strong>Mitteilungen</strong><br />

aufgerufen. Manuskripte für die <strong>Mitteilungen</strong> s<strong>in</strong>d jederzeit willkommen.<br />

Vorstand der Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong>:<br />

Jörg-Dietrich Kamischke, Brekendorfer Landstr. 5, 24884 Selk (Vorsitzender)<br />

Prof. Dr. Detlev Kraack, Seestr. 1, 24306 Plön (Stellv. Vorsitzender)<br />

Dr. Elke Imberger, Adam-Olearius-Weg 8, 24837 <strong>Schleswig</strong> (Schriftführer<strong>in</strong>)<br />

Tel. (04621) 97 78 33; Fax (04621) 86 18 01; e-mail Elke.Imberger@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />

Dr. Mart<strong>in</strong> Skaruppe, Dorfr<strong>in</strong>g 18 f, 24235 Ste<strong>in</strong> (Rechnungsführer)<br />

Dr. Jens Ahlers, Roggenkamp 8, 24768 Rendsburg<br />

Prof. Dr. Oliver Auge, Historisches Sem<strong>in</strong>ar Christian-Albrechts-Universität Leibnizstr. 8,<br />

24098 Kiel<br />

Karl-He<strong>in</strong>rich Buhse, Esmarchstr. 63, 25746 Heide<br />

Prof. Dr. Ra<strong>in</strong>er Her<strong>in</strong>g, Landesarchiv <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong> Pr<strong>in</strong>zenpalais, 24837 <strong>Schleswig</strong><br />

Werner Junge, Hermann-Löns-Weg 44, 24939 Flensburg<br />

Frank Lubowitz, Claedenstr. 9, 24943 Flensburg<br />

Dr. Ortw<strong>in</strong> Pelc, Halstenbeker Weg 65, 22523 Hamburg<br />

Ehrenmitglieder:<br />

Prof. Dr. Jürgen Miethke, Molfsee<br />

Dr. Hans F. Rothert, Kiel<br />

Prof. Dr. Wolfgang Prange, <strong>Schleswig</strong><br />

Prof. Dr. Peter Wulf, Gettorf<br />

Dr. Ingwer Momsen, Mönkeberg<br />

Beitrittserklärungen, Anschriftenänderungen, Bestellungen usw. s<strong>in</strong>d an die<br />

Geschäftsstelle zu richten:<br />

Gesellschaft für <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ische <strong>Geschichte</strong>, Sekretariat<br />

Frau Sylvia Günther, Puck´sche Koppel 2, 24217 Schönberg/H., Tel. u. Fax (0 43 44) 45 19.<br />

Der Mitgliedsbeitrag beträgt im Jahr € 30 für E<strong>in</strong>zelmitglieder, m<strong>in</strong>destens € 30 für Institutionen,<br />

€ 40 für Ehepaare, € 10 für Auszubildende (Schüler, Lehrl<strong>in</strong>ge, Studenten, Referendare).<br />

Bankkonten: Förde Sparkasse Kiel (BLZ 210 501 70) Nr. 11 003 803;<br />

Sydbank Kruså/Dänemark, Nr. 806 511 1340-1.


E<strong>in</strong>ladung zu Vorträgen<br />

Dienstag, 20. Oktober 2009<br />

Dr. Ralf Wiechmann<br />

Haithabu und das Geld der Wik<strong>in</strong>ger<br />

Dienstag, 10. November 2009<br />

Prof. Dr. Peter Wulf<br />

Hochzeit <strong>in</strong> besseren Kreisen – die Ehe des Grafen Otto Blome,<br />

Salzau, mit der Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong> Clement<strong>in</strong>e Bagration, Paris<br />

Dienstag, 26. Januar 2010<br />

Hans-Günther Andresen<br />

An R<strong>in</strong>gstraße und Königsweg – Großstädtische Anfänge und<br />

Umbrüche <strong>in</strong> der südlichen Kieler Innenstadt<br />

Dienstag, 23. Februar 2010<br />

Nils H<strong>in</strong>richsen<br />

Benennungen nach H<strong>in</strong>denburg <strong>in</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>:<br />

Drei Fallbeispiele aus Kaiserzeit, Weimarer Republik und<br />

„Drittem Reich“<br />

Dienstag, 23. März 2010<br />

Prof. Dr. Oliver Auge<br />

Mord, Gefangennahme, Erpressung – andere Spielregeln der<br />

Politik im schleswig-holste<strong>in</strong>ischen Mittelalter<br />

Alle Vorträge beg<strong>in</strong>nen um 19.30 Uhr<br />

<strong>in</strong> der <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>ischen Landesbibliothek <strong>in</strong> Kiel,<br />

Wall 47/51 (Sartori & Berger-Speicher)<br />

Der E<strong>in</strong>tritt ist frei.

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