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MO NR.11|03_PDF VERSION 03.09.2003 12:55 Uhr Seite 22<br />

THEMA<br />

ausgeschaltet wurde. Darauf schrieben mehrere Studenten<br />

gemeinsam einen Brief an den Rektor. Bald funktionierte<br />

das Licht wieder.<br />

12m 2<br />

Lebenslabor<br />

Sergij Dowtschenko, 22, Germanistikstudent an der Pädagogischen Universität Nyschin (Ukraine)<br />

Du hast gedacht, Indien, Nordrhein-Westfalen oder<br />

Japan sind am dichtesten bewohnt? Das ist schon<br />

richtig, aber ich kenne noch andere Plätze, wo die<br />

Überbevölkerung genauso groß ist. Ich denke dabei<br />

an die ukrainischen Studentenwohnheime.<br />

Stell dir ein Zimmer vor, 12 Quadratmeter groß, und auf<br />

dieser Fläche leben vier Mann. Wenn das kräftige Jungen<br />

sind, dann wird es schon manchmal wirklich eng. Bei<br />

solchen Bedingungen muss man Toleranz lernen, weil die<br />

Interessen und Wünsche vier verschiedener Menschen in<br />

einer bestimmten Zeit nicht immer zusammenfallen. Ein<br />

klassisches Beispiel ist es vielleicht, wenn du schlafen oder<br />

etwas lernen möchtest und deine Nachbarn laute Musik<br />

hören oder Lust zum Singen (nicht unbedingt eine schöne<br />

Stimme dazu) haben. Und wenn es mehrere sind? Dann<br />

Fotos: Sören Urbansky<br />

können schon Probleme entstehen. Sie sind zwar nicht so<br />

extrem wie religiöse oder nationale Konflikte, brauchen<br />

aber auch Kompromisse. Zu besonders scharfen „Kämpfen“<br />

kommt es in der Küche, wenn alle etwas essen möchten<br />

und dieses Etwas unbedingt warm sein soll. Dann gibt es<br />

keine Älteren, Damen und Herren, dann gibt es nur eine<br />

graue Masse, die man „hungrige Studenten“ nennt.<br />

Doch nicht alles in unseren Studentenheimen ist so<br />

schwarz zu sehen. Bei solchen Bedingungen lernt man<br />

wirklich Toleranz. Es ist üblich, dass Menschen, die sich<br />

noch nie gesehen haben und aus verschiedenen Orten<br />

kommen, schon nach ein paar Monaten zu Busenfreunden<br />

werden. Auch die Probleme im Heim müssen nicht nur als<br />

etwas Negatives betrachtet werden. Im Angehen dieser<br />

Schwierigkeiten durch die Studenten steckt eine ungeheure<br />

Einigungsmacht. So erinnere ich mich zum Beispiel an eine<br />

Zeit, als in unserem Heim das Licht mehrmals am Abend<br />

Das Studentenheim würde ich mit einem kleinen<br />

Lebenslabor vergleichen. Dorthin kommen einander fremde<br />

Menschen mit eigenen Interessen und Lebensentwürfen.<br />

Wenn du mehrere Zimmermitbewohner hast, dann<br />

musst du deinen individuellen Lebensstil irgendwie verringern<br />

und ihn anpassen oder mit dem der anderen konfrontieren,<br />

was natürlich nicht die beste Variante ist. Das<br />

Verständnis füreinander kommt meistens nicht nach einer<br />

Woche, sondern ist ein langfristiger und schmerzhafter<br />

Prozess, der vielleicht nie vollendet wird.<br />

Auch die Vielfalt der zwischenmenschlichen Beziehungen<br />

im Wohnheim ist breit: Liebe, Ehe, Freundschaft, Enttäuschung,<br />

Ärger usw. Diese Gefühle kennen natürlich alle<br />

Menschen. Aber ich bin überzeugt, dass es nirgendwo sonst<br />

eine solche Konzentration verschiedener Gefühle auf so<br />

kleiner Fläche gibt. Es reicht, nur in ein anderes Zimmer zu<br />

gehen und schon trittst du in eine vollkommen andere<br />

Gefühlsatmosphäre.<br />

Ich selbst lebe schon das fünfte Jahr im Studentenwohnheim.<br />

Mehr als 50 Studenten habe ich über ihr Leben<br />

befragt. Auf „Was gefällt dir am Heimleben?“ habe ich folgende<br />

Antworten erhalten: viele Freunde und Bekannte, Spaß,<br />

Freiheit und Selbstständigkeit, außerdem fände man im<br />

Heim alles Notwendige. Dazu kam noch Folgendes: Unterstützung<br />

und Beratung von anderen, Chaos und große<br />

Familie. Als Nachteile wurden genannt: Überfüllung, bis vier<br />

Uhr morgens Musik hörende Nachbarn, defekte Beleuchtung<br />

und Wasserversorgung, fehlende Sportplätze oder der<br />

nervige Dienst in der Küche. Auch schlechte Beziehungen zu<br />

den Heimverwalterinnen (in beiden Häusern in Nyschin<br />

sind das Frauen) wurden bemängelt sowie Kälte im Winter.<br />

Doch trotz aller Nachteile des beengten Lebens, wenn<br />

ich mich zwischen dem Studentenheim und einer Wohnung<br />

entscheiden müsste, meine Wahl würde natürlich<br />

auf das Heim fallen!!!<br />

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<strong>MitOst</strong> Nr. 11| Mai 2003<br />

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