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Status und Perspektiven - SNI-Portal

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MW-Spallationsquellen<br />

Der Neutronenfl uss in Forschungsreaktoren ist durch<br />

die maximal erreichbare Leistungsdichte begrenzt. Er<br />

hat mit dem Hochfl ussreaktor des ILL seine technisch<br />

praktikable Grenze erreicht (s. Abb. 7.9). Neben der<br />

Kernspaltung können Neutronen auch durch den Spallationsprozess<br />

freigesetzt werden (s. Abb. 7.10). Hierbei<br />

wird ein hochenergetischer Protonenstrahl (Energien im<br />

Bereich von 1 GeV) auf ein Schwermetalltarget geschossen.<br />

Pro eingefangenem Proton dampfen aus dem<br />

Kern bis zu 30 Neutronen ab. Spallationsquellen setzen<br />

die für die Forschung so wertvollen Neutronen effi zient<br />

<strong>und</strong> sicher frei. Bei einer gepulsten Spallationsquelle<br />

mit Leistungen im Bereich mehrerer MW werden Spitzenfl<br />

üsse erzielt, die um ein bis zwei Größenordnungen<br />

über dem kontinuierlichen Fluss am ILL liegen. Viele<br />

Instrumenttypen können die Pulsstruktur einer solchen<br />

Quelle effi zient nutzen, so dass nun zum ersten Mal<br />

seit ca. 50 Jahren die Möglichkeit besteht, die Quell-<br />

Spaltung<br />

Proton (p)<br />

Neutron (n)<br />

langsames<br />

Neutron<br />

Spallation<br />

schnelle<br />

Primärteilchen<br />

p<br />

~1 Giga-<br />

Elektronenvolt<br />

235<br />

U<br />

BLEI<br />

<br />

Spaltung des<br />

angeregten Kerns<br />

intranukleare<br />

Kaskade<br />

hoch<br />

angeregter Kern<br />

Kaskadenteilchen<br />

Thermischer Neutronenfluss (n/cm 2 s -1 )<br />

Kettenreaktion<br />

durch moderierte<br />

Neutronen<br />

internukleare<br />

Kaskade<br />

<br />

10 18<br />

10 15<br />

10 12<br />

10 9<br />

NRX<br />

MTR<br />

X-10<br />

CP-2<br />

CP-1<br />

1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020<br />

10 6 Jahr<br />

Verdampfung<br />

NRU<br />

HFIR<br />

HFBR<br />

Tohoku<br />

Linac<br />

Reaktoren<br />

ILL<br />

ESS<br />

SNS<br />

ISIS<br />

IPNS<br />

LANSCE<br />

SINQ-II<br />

KENS<br />

SINQ<br />

Spallation<br />

Abb. 7.9.<br />

Zeitliche Entwicklung des thermischen Neutronenflusses<br />

an existierenden <strong>und</strong> projektierten Quellen. Man sieht<br />

deutlich das Sättigungsverhalten bei den Reaktorquellen,<br />

während an Spallationsquellen höhere Spitzenflüsse<br />

erzielt werden können.<br />

Abb. 7.10.<br />

Bei der Kernspaltung in<br />

Reaktoren (oberes Teilbild)<br />

bricht ein 235 U-Kern nach<br />

Neutronenabsorption in<br />

zwei etwa gleichschwere<br />

Kerne auseinander. Dabei<br />

werden im Mittel zwei bis<br />

drei Neutronen freigesetzt.<br />

Da Neutronen zur Aufrechterhaltung<br />

der Kettenreaktion<br />

benötigt werden, wird<br />

bei diesem Prozess jeweils<br />

nur etwa ein nutzbares<br />

Neutron erzeugt.<br />

Bei der Spallation (unteres<br />

Teilbild) wird ein hochenergetisches<br />

Proton in einem<br />

schweren Kern absorbiert<br />

<strong>und</strong> heizt diesen auf. Der<br />

Kern relaxiert durch Abdampfen<br />

von Teilchen. In<br />

der internuklearen Kaskade<br />

werden ca. 30 Neutronen<br />

freigesetzt.<br />

stärke einer Neutronenquelle signifi kant zu erhöhen.<br />

Dies bringt nicht nur eine quantitative, sondern insbesondere<br />

eine deutliche qualitative, Verbesserung: eine<br />

signifi kante Erhöhung der Quellstärke erlaubt es, völlig<br />

neuartige Experimente durchzuführen [6]. Diese Chance<br />

wurde in den USA <strong>und</strong> in Japan erkannt, wo sich die<br />

„Spallation Neutron Source“ SNS bzw. die „Japanese<br />

Spallation Neutron Source“ JSNS im Bau befi nden. Die<br />

Anlagen sollen in 2006 bzw. 2007 den Betrieb aufnehmen.<br />

Unzweifelhaft werden sie dann wissenschaftliches<br />

Neuland betreten, ähnlich wie dies das ILL <strong>und</strong> die<br />

ESRF nach ihrer Inbetriebnahme geleistet haben.<br />

Europäische Spallationsquelle<br />

Gemäß der Empfehlung des OECD Ministerrats von<br />

1999 sollte in den drei Erdteilen Nordamerika, Europa<br />

<strong>und</strong> Japan (für den Asiatisch-Australischen Raum)<br />

jeweils eine MW-Spallationsquelle realisiert werden.<br />

In Europa, welches mit Abstand die größte Neutronennutzergemeinde<br />

hat, wurde daher der Bau einer „European<br />

Spallation Source ESS“ vorgeschlagen [6]. Im<br />

vollen Ausbau sollte diese Quelle zwei Targetstationen<br />

mit je 5 MW Leistung für je 24 Instrumente besitzen,<br />

ein Kurzpulstarget mit 50 Hz Pulsfrequenz bei 1,4 µs<br />

Pulsdauer <strong>und</strong> ein Langpulstarget mit 16 2/3 Hz bei 2 ms<br />

Pulsdauer.<br />

Spallation bringt mehr Leistung<br />

Abbildung 7.11 zeigt eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit<br />

einer solchen Quelle im Vergleich zu den existierenden<br />

Quellen ILL <strong>und</strong> ISIS <strong>und</strong> dem Ausbauprojekt<br />

ISIS-II [2]. Die existierenden europäischen Spitzenquellen<br />

fallen gegenüber dem SNS-Projekt deutlich<br />

ab. Dieser Abstand wird sich noch vergrößern, wenn<br />

der projektierte Ausbau der SNS auf 4 MW realisiert<br />

wird. Wegen der langen Zeit von mindestens 8 Jahren<br />

zwischen Projektstart <strong>und</strong> Inbetriebnahme einer Quelle<br />

der nächsten Generation muss in Europa möglichst bald<br />

eine Entscheidung zugunsten einer europäischen Spitzenquelle<br />

fallen, wenn Europa nicht auf einem Wissenschaftsgebiet,<br />

auf dem es momentan unangefochten die<br />

Spitzenstellung hält, deutlich hinter USA <strong>und</strong> Japan<br />

zurückfallen will. Mit der Realisierung einer Langpulsquelle<br />

als erstem Schritt könnte die europäische Führung<br />

auf einigen Gebieten der Wissenschaft ausgebaut<br />

werden, insbesondere in den wichtigen Feldern „Weiche<br />

Materie“ <strong>und</strong> „Biologie“. Wegen der Komplementarität<br />

einer Langpulsquelle zu den im Bau befi ndlichen<br />

Kurzpuls-Quellen SNS <strong>und</strong> JSNS steht zu erwarten,<br />

dass Europa dann wieder wissenschaftliches Neuland<br />

betreten kann, ähnlich wie dies, beginnend 2007, an der<br />

SNS geschehen wird.<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Mittlere Quellstärken<br />

Relativ zur SNS<br />

Prioritär<br />

andere<br />

Mittel<br />

ISIS-II ISIS/ILL 1MW SNS LPTS ESS<br />

Abb. 7.11.<br />

Die über verschiedene Instrumenttypen gemittelte Quellstärke<br />

für das Ausbauprojekt ISIS-II, die bestehenden<br />

Quellen ILL <strong>und</strong> ISIS, eine 1 MW-Kurzpulsquelle, die<br />

SNS (normiert auf 1), die Langpulsquelle des ESS-Projekts<br />

<strong>und</strong> die voll ausgebaute ESS. Jeweils gezeigt ist<br />

die Quellstärke für prioritär zu bauende Instrumente, alle<br />

anderen Instrumente <strong>und</strong> den Mittelwert über alle Instrumente.<br />

Bei der Darstellung des SNS Projekts wurde die<br />

projektierte thermische Leistung der Quelle von 1,4 MW<br />

<strong>und</strong> eine voll ausgebaute Instrumentensuite zu Gr<strong>und</strong>e<br />

gelegt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die volle<br />

Quellstärke der SNS erst nach einer Übergangszeit von<br />

mehreren Jahren erreicht werden kann. In dieser Übergangszeit<br />

werden die europäischen Quellen ILL <strong>und</strong><br />

ISIS konkurrenzfähig bleiben.<br />

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