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KATERYNA KALYTKO<br />

KATERYNA KALYTKO (1974, Ukraine) – Lyrikerin, Prosaistin,<br />

Übersetzerin. Studium an der Mohyla-Akademie Kiew. Journalistin<br />

von Beruf. Siegerin der Literaturwettbewerbe „Granoslow“ und<br />

„Smoloskyp“, Lyrikfestival „Molode Wyno“, des Literaturpreises<br />

„Pryvitannja Zhyttja“ zu Ehren von Bohdan-Ihor Antonytsch sowie<br />

der Preise „Blagowist“ und „Kultrevanche“. Veröffentlichungen in<br />

Periodika, in den Antologien Potschatki, Molode Wyno, Kolekzija<br />

und Dwi Tonny. Veröffentlichte Lyrikbände: Posibnyk zi stworennja<br />

switu (1999, Handbuch der Schöpfung), Sjohodnischnje<br />

zawtraschnje (2002, Das Heutig-Morgige), Portretuwannja asfaltu<br />

(2004, Asphaltporträts), Dialohy z Odissejem (2005, Dialoge mit<br />

Odysseus), ein Prosaband: M.isterija (2007). Übersetzt aus den<br />

Balkansprachen. Sie lebt in Winnytsja.<br />

КАТЕРИНА КАЛИТКО (1974, Україна) – поетка, прозаїк, перекладачка.<br />

Закінчила Києво-Могилянську академію. Журналістка<br />

за фахом. Лауреатка конкурсів „Гранослов”, „Смолоскип”,<br />

фестивалю читаної поезії „Молоде вино”, літературної премії<br />

імені Богдана-Ігоря Антонича „Привітання життя”, премій<br />

„Благовіст” і „Культреванш”. Публікувалася в періодиці, в антологіях<br />

Початки, Молоде вино, Колекція, Дві тонни. Авторка<br />

поетичних збірок Посібник зі створення світу (1999), Сьогоднішнє<br />

завтрашнє (2002), Портретування асфальту (2004),<br />

Діалоги з Одіссеєм (2005), а також прозової книги М.істерія<br />

(2007). Перекладає з балканських мов. Живе у місті Вінниці.<br />

Die Stadt Hunger<br />

Катерина Калитко Kateryna Kalytko<br />

Ein Imperativ in den Worten „nicht wissen“.<br />

In den Genen gärt Erinnerung. Zwecklos, dagegen zu kämpfen,<br />

Du spürst Deine Knochen knirschen<br />

Vom Wunsch, ihm alles zu erklären.<br />

Er sagt immer wieder: Iss.<br />

Säfte des Sommers, seltsam kehliger Gesang.<br />

Er singt immer, wenn er für euch kocht.<br />

Dann Stille, Schwere, dunkler Gram.<br />

Eure Idylle brennt auf deinen Knochen.<br />

Er füttert dich. Du sagst zu ihm:<br />

Weißt du, so wie mit dir hab´ ich noch nie,<br />

Weißt du, ich bin doch aus dem wahrsten Hungerland,<br />

Von klein auf lernt man dort zu lügen und zu sterben,<br />

Deshalb frage ich immer wieder: Ist es wahr oder Spiel Kein Spiel Wirklich wahr<br />

Er sagt: Iss nicht mit den Fingern, das Fleisch<br />

der Pute ist nicht ganz durch.<br />

Weißt du, sagst du zu ihm, ich habe Kalk geleckt und geknabbert an Kreide,<br />

Wissen, wie diese Welt schmeckt, das war mein Credo.<br />

Auspressen der Angst, Vakuum, künstliches Koma,<br />

Etwa acht Milligramm Verzweiflung, intravenös, wie üblich,<br />

Darum erinnerst du dich manchmal nicht, wie er aussieht,<br />

Nur wie er schmeckt auf deiner Zunge, salzig und rauh.<br />

Du hast nie vom Fliegen geträumt,<br />

Du hast geträumt, alles zu schmecken.<br />

Du trägst eine fremde Erinnerung gewaltigen Hungers in dir,<br />

Um deine Nervenbahnen wird nie viel Fleisch wachsen.<br />

Er sagt: Iss noch ein Stück, noch ganz heiß aus dem Ofen,<br />

Hier, eine Serviette für Finger und Mund. Macht dich nicht lächerlich.<br />

Wenn ihr eingeschlafen seid, feucht und nackt in der Nacht,<br />

Rufst du im Schlaf unruhig seinen Namen.<br />

Du mochtest nicht klein sein, warst mit dreizehn schon alt.<br />

Er kreiste über dir, wie ein stolzer Aar mit scharfem Blick.<br />

Jetzt zappele nicht wehmütig in der Falle herum –<br />

Du knüpfst und richtest die Schlinge, an der alles Leben hängt.<br />

Also: Es gibt in keinem Reiseführer eine intergalaktische Trasse,<br />

Planet Erde, Eurasien, Europa, Land am Rand,<br />

Ein klebriger Topos, von dem du nicht loskommst.<br />

Humbert füttert Lolita in der Sommerküche.<br />

<strong>radar</strong> liryk/poezja/поезія/паэзія<br />

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