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grossen Platz ein. Entstehende Verformungen<br />
und Risse sowie verlaufene Farben werden<br />
akzeptiert und sind wesentlicher Ausdruck<br />
der fertigen Plastik.<br />
Die Schwedin Charlotte Nordin gewann<br />
den Preis für <strong>Keramik</strong>erInnen unter 35 Jahren<br />
(5.000 Euro). Ihre Kindheitserinnerungen an<br />
Wälder und mystische Geschichten von Trollen<br />
und Elfen waren Inspirationsquelle für<br />
ihre Installation „unknown forest“.<br />
Im 1. Stock versetzen uns die sensiblen<br />
Plastiken des Finnen Kim Simonsson für<br />
einen Moment in eine Welt à la „Alice im<br />
Wunderland“. Ganz anders ist der Eindruck<br />
bei den meist kleinformatigen Plastiken der<br />
Dänin Gitte Jungersen. Der ihre Werke umgebende<br />
leere Raum spielt eine grosse Rolle.<br />
Durch ihn kommt die teilweise beängstigende<br />
Einsamkeit der figurativ dargestellten Wesen<br />
zum Ausdruck.<br />
Gleich links vom Eingang zum Museum<br />
Magnelli befindet sich das Musée National<br />
Picasso, eine wundervolle kleine Kapelle aus<br />
dem 12.Jhd., in der Picasso 1952 auf Holztafeln<br />
sein Monumentalwerk „Krieg und Frieden“<br />
realisierte. Dort stehen und hängen die<br />
keramischen Skulpturen von Richard Deacon.<br />
Zwei seiner Plastiken waren bereits auf der<br />
Biennale in Venedig zu sehen und seine An-<br />
wesenheit in Vallauris ist ein Zeichen für die<br />
Wertschätzung der dortigen Biennale. Er bezeichnet<br />
seine <strong>Keramik</strong>plastiken als ein Konstruktionsspiel,<br />
erst am Ende des Brandes ist<br />
das monolithisches Resultat vollendet.<br />
Nach China im Jahr 2006 ist die Schweiz<br />
Gastland der diesjährigen Biennale. Die 12<br />
eingeladenen <strong>Keramik</strong>erInnen (2) teilen sich<br />
den Saal Eden neben dem Museum und überzeugen<br />
zumeist mit innovativen und technisch<br />
hochwertigen Arbeiten.<br />
Flaniert man anschliessend durch die<br />
Rue Clément Bel kommt man zum Maison<br />
des Quartiers, wo uns eine Ausstellung mit<br />
dem Titel „<strong>Keramik</strong> und Kitsch“ so manches<br />
Schmunzeln abringt und uns gleichzeitig<br />
demonstriert, wie zeitgenössische Künstler<br />
Kitsch auf spielerische und belebende Art<br />
und Weise in ihre Arbeit integrieren.<br />
Die kleine Chapelle de la Miséricorde wurde<br />
der Kalifornierin Bean Finneran bis zum<br />
31.08. für eine ihrer aussergewöhnlichen<br />
Installationen zur Verfügung gestellt. Das<br />
Ergebnis ist überwältigend : An die 40 000<br />
gebogene rote <strong>Keramik</strong>stäbe (in 90 Kisten<br />
aus Kalifornien eingeflogen), jeder mit einem<br />
schwarzen Punkt an einem Ende versehen,<br />
wurden hier am Boden der Kapelle zu einem<br />
ovalen, an die 10 m langen korallenartigen<br />
AUSSTELLUNGEN<br />
Nest zusammengesteckt. In der Kapelle geradezu<br />
sakral wirkend, scheint ihre Installation<br />
der Planzenwelt entsprungen und animiert zu<br />
meditativer Betrachtung. Ab dem 1.09. steht<br />
die Kapelle dann bis zum Ende der Biennale<br />
dem Belgier Piet Stockmans zur Verfügung.<br />
Die sorgfältig gebauten, architektonisch<br />
wirkenden Skulpturen der englischen Preisträgerin<br />
„<strong>Keramik</strong>erInnen unter 35 Jahren“<br />
von 2006, Rebecca Catterall, sind im Espace<br />
Grandjean zu finden, wo sie am 1.09. von<br />
dem Dänen Anders Ruhwald abgelöst wird.<br />
Die enge Beziehung zwischen Designern<br />
und <strong>Keramik</strong>erInnen kommt schliesslich in<br />
der Ausstellung „Design, unter welchem<br />
Motiv?“ im Saal Jules Agard zum Ausdruck.<br />
Das ehrgeizige Projekt, Galeristen und<br />
Sammler zeitgenössischer Kunst für Künstler<br />
aus der <strong>Keramik</strong>szene zu interessieren,<br />
scheint bei Yves Peltier in besten Händen<br />
zu sein. Man kann ihn nur beglückwünschen<br />
zu seinem „cru 2008“ und auf eine mögliche<br />
Steigerung im Jahr 2010 neugierig sein.<br />
Die Biennale geht noch bis zum<br />
17.11.2008. Weitere Infomationen unter:<br />
http://biennale.vallauris.free.fr.<br />
Otto Lindner ist <strong>Keramik</strong>er und lebt in Soulatge, Süd-<br />
Frankreich. Er schreibt gelegentlich für internationale<br />
<strong>Keramik</strong>zeitschriften<br />
(1): Auch in der Zusammenstellung seiner Jury setzte<br />
Yves Peltier Akzente in Richtung zeitgenössische Kunst:<br />
Guy Bloch-Champfort (Kunstkritiker, Paris), Hélène<br />
Huret (Direktorin der Stiftung Bernardaud, Limoges),<br />
Brigitte Drud (Galeristin, Dänemark), Philippe Hardy<br />
(Generalinspektor des Kultusministeriums, Paris), Gitte<br />
Jungersen (Künstlerin, Dänemark), Jean-Jacques Wattel<br />
(Departements-Direktor bei Tajan, Experte dekorativer<br />
Kunst des 20. Jhd., Paris), Annette Sloth (Galeristin,<br />
Belgien), David Caméo (Direktor der Manufacture<br />
Nationale de Sèvres, Paris), Nathalie Pasqua und Elsa<br />
Lemarignier (Sammlerinnen, Paris), Kim Simonsson<br />
(Künstler, Finnland).<br />
(2): Philippe Barde, Ruth Amstutz, Joelle Bennelot,<br />
Fabien Clerc, Margareta Daepp, Marianne Eggimann,<br />
Patrica Glave, Christian Gonzenbach, Rebecca Maeder,<br />
Michèle Rochat, François Ruegg und Dorothee Schellhorn<br />
NOVEMBER / DEZEMBER 2008 NEUE KERAMIK NOVEMBER / DEZEMBER 2008 NEUE KERAMIK 51