schöner reisen
SCHÖNER REISEN DAS KREUZFAHRTMAGAZIN/Kundenmagazin/Hagen+Pollmeier Corporate Publishing
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SEEMANNSGARN<br />
Kapitäne erzählen<br />
Der Waljäger aus Hamburg<br />
Sieben Monate sind die Walfänger aus Hamburg auf hoher See, ohne einen<br />
Hafen anzulaufen. Sie kämpfen gegen Eiseskälte, gegen Erschöpfung, gegen<br />
Schiffskoller auf den engen Jagdbooten und gegen die Stürme der Antarktis.<br />
Es ist ein gefährlicher Beruf, der Hermann Gerdau beinahe das Leben kostet.<br />
der schwimmenden Fabrik, um Treibstoff oder<br />
Munition aufzunehmen, und konnten Funkstille<br />
halten, was wichtig war, weil die anderen Jäger<br />
mithörten, die Fänger aus Japan, Norwegen<br />
oder Russland. Wenn überhaupt, unterhielten<br />
wir uns mit der Olympic Challenger, unserem<br />
Mutterschiff, in geheimen Codes, mit denen<br />
wir die Positionen durchgaben, wo geschossene<br />
Wale auf dem Meer trieben.<br />
Mein Jagdboot hieß Olympic Hunter, Nummer<br />
15 in einer Flotte von 16 Booten, die aus<br />
dem Hamburger Hafen auslief, Anfang der<br />
1950er Jahre. Offi ziell Schiffe der Deutschen<br />
Walfanggesellschaft, gehörten sie in Wahrheit<br />
der Olympic Line des griechischen Reeders Arisx<br />
s<br />
obald sich das Meer grünlich färbte,<br />
vom Blut und vom Fett, wussten wir,<br />
dass die Olympic Challenger in der<br />
Nähe sein musste. Wir folgten dann der Spur<br />
toteles Onassis. Meist begannen die Reisen Anfang<br />
September; drei Wochen weit ging es quer<br />
über den Atlantik und durch den Panamakanal<br />
zur Küste von Peru. Mit langsamer Fahrt, um<br />
Treibstoff zu sparen. Vor Peru jagten wir Pottwale,<br />
an deren Haut manchmal noch die Saugnäpfe<br />
von großen Kraken klebten, dann gingen wir<br />
auf einen südlichen Kurs und fuhren bis weit hinunter<br />
ins Weddell-Meer vor dem antarktischen<br />
Kontinent.<br />
Für jeden Wal gab es eine<br />
»Schwanzprämie«<br />
Mindestens sieben Monate blieben wir ununterbrochen<br />
auf See. Unsere Heimat waren umgebaute<br />
Korvetten der amerikanischen Navy,<br />
schnelle, robuste Schiffe, denen die Stürme<br />
des Atlantiks oder schwere See in der Antarktis<br />
wenig anhaben konnten. Auf 50 Metern Schiff<br />
lebten wir mit 20 Mann Besatzung, was dazu<br />
führte, dass es, je länger die Reise dauerte, auch<br />
zu Meinungsverschiedenheiten kam. Dass sich<br />
jemand eine blutige Nase holte, gehörte dazu,<br />
aber im Allgemeinen kamen wir gut miteinander<br />
aus, was auch an unserem Arbeitspensum<br />
lag: Zum Streiten fehlte die Zeit; sogar die<br />
Weihnachtsfeiern fielen meistens aus. Was mich<br />
betraf, war ich nach meinen Erfahrungen auf<br />
U-Boot 406 im Zweiten Weltkrieg ganz andere<br />
Lebensumstände gewohnt.<br />
Wenn der Ausguck am Mast einen Blas ausrief,<br />
eine Art Nebelfontäne, die aufsteigt, wo die<br />
Atemluft des Tieres kondensiert, steuerten wir<br />
mit voller Fahrt, mit bis zu 20 Knoten, darauf zu.<br />
Der Schießer, der im Fanggebiet gleichzeitig als<br />
Kapitän des Bootes diente, besetzte die Kanone<br />
auf der Back. Schützen an der Harpune waren<br />
immer Norweger. Was Brasilianer im Fußball sind,<br />
bedeuten Norweger für den Walfang: Sie kennen<br />
alle Tricks und schießen am besten. Sie wurden<br />
behandelt wie Stars und wurden auf<br />
01/2013 SCHÖNER REISEN 55