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Ab dem darauffolgenden Montag sind<br />
dann auf meine Weisung hin erste Untersuchungen<br />
in den Räumen des Kulturamtes<br />
(<strong>Stadt</strong>halle), insbesondere der Zahlstelle<br />
(Barkasse), durchgeführt worden.<br />
Das Ausmaß der später festgestellten<br />
Manipulationen war in dieser Phase<br />
noch nicht ansatzweise erkennbar.<br />
Die Untersuchungen stellten sich wegen<br />
unvollständiger Unterlagen (wichtige<br />
Unterlagen, Verträge wurden vernichtet)<br />
und einer völlig ungeordneten Aktenführung<br />
als sehr schwierig dar.<br />
Nachdem ich darüber informiert wurde,<br />
dass es auch bei den Open-Air-Tagen zu<br />
merkwürdigen Barzahlungen durch die<br />
Kulturamtsleiterin kam, habe ich die<br />
Ermittlungen ausgedehnt und neben<br />
dem Hauptamt auch die Kämmerei mit<br />
der Untersuchung beauftragt.<br />
Im Zuge dieser Ermittlungen, in die ich<br />
letzte Woche auch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
eingeschaltet hatte,<br />
tauchten dann immer mehr offene Fragen<br />
und schließlich konkrete Anhaltspunkte<br />
für Manipulationen, Täuschungen<br />
und Fälschungen in einem unvorstellbaren<br />
Ausmaß auf. So wissen wir heute,<br />
dass eine Vielzahl von Buchungsbelegen<br />
gefälscht wurde, ebenso wie Sponsorzusagen,<br />
Quittungen und andere Urkunden.<br />
Die meisten Verträge wurden vernichtet,<br />
andere wichtige Unterlagen fehlen, wichtige<br />
Briefe wurden nicht abgeschickt, mit<br />
Mitteln aus der Barkasse wurden entgegen<br />
klarer Weisungen Forderungen beglichen,<br />
die Reihe von Verfehlungen ließe<br />
sich fortsetzen.<br />
Daraufhin habe ich die Bedienstete suspendiert<br />
und ihr wegen deutlicher Krankheitssymptome<br />
nahegelegt, sich umgehend<br />
in fachärztliche Behandlung zu<br />
begeben.<br />
Auf meine Frage, warum Frau Malburg all<br />
diese Dinge gemacht habe, antwortete<br />
sie sinngemäß, die Kulturarbeit sei ihr<br />
Leben, quasi ihr Kind, für das sie all ihre<br />
Kraft einsetze. Nachdem 2001 die<br />
wesentlichen Teile der Aufgaben des Kulturamtes<br />
– nach einer öffentlichen Diskussion,<br />
die sie als sehr belastend empfunden<br />
habe – vom <strong>Stadt</strong>rat an einen Privaten<br />
verlagert wurden, habe sie panische<br />
Angst gehabt, Fehler zu machen<br />
und damit einen Vorwand zu liefern, ihr<br />
Sachgebiet wieder in andere Hände zu<br />
geben. Sie sei deshalb bestrebt gewesen,<br />
eine besonders gute Kulturarbeit zu leis -<br />
ten, die auf breite Anerkennung stoße.<br />
Mittlerweile steht fest, dass die Bediens -<br />
tete den verfügbaren Haushaltsansatz<br />
um mehr als 500.000 € kompetenzwid -<br />
rig für zusätzliche oder überteuerte Veranstaltungen<br />
überzogen hat. Durch ein<br />
umfangreiches System von Belegfälschungen<br />
konnte sie diese Überschreitung<br />
eine gewisse Zeit verschleiern.<br />
Darüber hinaus bestehen laut Frau Malburg<br />
noch Forderungen der <strong>Stadt</strong> auf<br />
Sponsorleistungen in Höhe von rund<br />
500.000 €. Über die Werthaltigkeit dieser<br />
Forderungen der <strong>Stadt</strong> kann momentan<br />
noch keine gesicherte Aussage ge -<br />
macht werden.<br />
Es gibt allerdings auch Mehreinnahmen<br />
aus zusätzlichen Eintrittsgeldern.<br />
Die Haushaltsüberschreitung muss<br />
natürlich nachfinanziert werden. Trotz<br />
dieser erforderlichen nachträglichen<br />
Finanzierung bleibt jedoch festzuhalten,<br />
dass die Kosten für Kultur in <strong>Merzig</strong> dann<br />
immer noch im Etatbereich vergleichbarer<br />
Städte, oder sogar darunter, liegen.<br />
Dies entschuldigt nicht das Verhalten der<br />
Bediensteten, setzt jedoch den finanziellen<br />
Umfang in einen gewissen Bezugsrahmen.<br />
Nachdem das ganze Ausmaß des Fehlverhaltens<br />
der Bediensteten zutage trat,<br />
war naturgemäß eine Weiterbeschäftigung<br />
ausgeschlossen. Dabei wurde im<br />
Rathaus zunächst auch eine fristlose<br />
Kündigung erwogen. Unter sorgfältiger<br />
Abwägung aller Gesichtspunkte habe ich<br />
mich für einen Auflösungsvertrag entschieden.<br />
Dies wurde auch öffentlich kritisiert;<br />
deshalb möchte ich die Beweggründe<br />
nennen, soweit ich dies mit Rücksicht<br />
auf den Persönlichkeitsschutz tun<br />
kann.<br />
Ein Auflösungsvertrag, der ein übliches<br />
Mittel zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen<br />
darstellt, hat den Vorteil, dass darin<br />
Rechte, Pflichten und der Zeitpunkt der<br />
Beendigung klar geregelt sind und ein<br />
langwieriges arbeitsgerichtliches Verfahren<br />
vermeidet, bei dem im Gütetermin<br />
dann ohnehin durch den Richter auf eine<br />
gütliche Einigung hingewirkt werden<br />
muss.<br />
Die Mitarbeiterin hat sich in diesem Aufhebungsvertrag<br />
verpflichtet, an der Aufklärung<br />
offener Tatbestände mitzuwirken<br />
und somit zur Schadensminderung beizutragen.<br />
Dies ist deswegen sehr bedeutsam,<br />
weil ja erhebliche Einnahmereste<br />
an Sponsoringzusagen bestehen, über<br />
die aber keine schriftlichen Unterlagen<br />
(mehr) existieren; nur sie hat das Wissen<br />
über die getroffenen Vereinbarungen.<br />
Zum Zweiten hat Frau Malburg nach heutigem<br />
Erkenntnisstand nicht in Bereicherungsabsicht<br />
gehandelt, sondern sie hat<br />
alle Mittel für kulturelle Zwecke der <strong>Stadt</strong><br />
eingesetzt. Dazu hat sie – wie sich nunmehr<br />
herausstellte – nicht nur die Haushaltsansätze<br />
überschritten, sondern<br />
sogar privates Geld in nicht unerheblichem<br />
Umfang dafür eingesetzt und sich<br />
selbst finanziellen Schaden zugefügt.<br />
Frau Malburg ist bis auf Weiteres dienst -<br />
unfähig erkrankt, fühlte sich am Boden<br />
zerstört, war verzweifelt und in einer sehr<br />
labilen Verfassung.<br />
Nach Abwägung all dieser Umstände und<br />
nach intensiver verwaltungsinterner Beratung<br />
habe ich am 4. 9. 2008 im<br />
Hauptausschuss des <strong>Stadt</strong>rates meine<br />
31<br />
Absicht vorgetragen, das Arbeitsverhältnis<br />
zum 31. 12. 2008 im beiderseitigen<br />
Einvernehmen aufzulösen. Dies wurde<br />
von allen Ausschussmitgliedern nach eingehender<br />
Diskussion zustimmend zur<br />
Kenntnis genommen und akzeptiert.<br />
Danach habe ich den Auflösungsvertrag<br />
noch in der Sitzung unterschrieben.<br />
Offenbar haben die Kontollmechanismen<br />
innerhalb der <strong>Stadt</strong>verwaltung trotz eindeutiger<br />
Dienstanweisungen und klar<br />
geregelter Verantwortlichkeiten nicht<br />
gegriffen. Dies wird weiter eingehend<br />
unter sucht.<br />
Dabei muss man jedoch wissen, dass<br />
Frau Malburg eine besondere persönliche<br />
Vertrauensstellung innerhalb der Verwaltung<br />
hatte. Dies entschuldigt nichts, aber<br />
es erklärt vieles. Nicht nur im Außenverhältnis<br />
bei den Bürgerinnen und Bürgern,<br />
sowie bei Gläubigern, die sich oft lange<br />
hinhalten ließen, genoss Frau Malburg<br />
ein Höchstmaß an Ansehen, Vertrauen<br />
und Sympathie, sondern auch gerade bei<br />
ihrem Amtsleiter als ihrem unmittelbaren<br />
Vorgesetzten, den zuständigen Prüfern in<br />
der Verwaltung, ihren Untergebenen und<br />
Kolleginnen und Kollegen.<br />
Niemand misstraute ihr, niemand hatte<br />
den geringsten Argwohn, alle städtischen<br />
Dienststellen unterstützten sie nach Kräften.<br />
Kurz gesagt: Aufgrund ihrer Persönlichkeit<br />
genoss Frau Malburg bei jedermann<br />
eine außergewöhnliche Vertrauensstellung.<br />
Ausnahmslos alle Ebenen der<br />
<strong>Stadt</strong>verwaltung hatten dieses große Vertrauen<br />
in sie.<br />
Gleichwohl können diese Vorkommnisse<br />
nicht folgenlos bleiben. Ich werde das<br />
Rechnungsprüfungssystem durchleuchten<br />
lassen und das Controlling verstärken.<br />
Es wird auch untersucht, ob Verfehlungen<br />
vorliegen.<br />
Klar ist aber auch: Keine Verwaltung,<br />
kein Unternehmen, keine Organisation<br />
dieser Welt ist gegen Täuschungen, Manipulationen<br />
und vorsätzliche Verfehlungen<br />
dauerhaft geschützt. Dies belegen zahlreiche,<br />
täglich bekannt werdende und<br />
immer wiederkehrende Fälle auch im<br />
Saarland.<br />
Es geht jetzt um Schadensbegrenzung.<br />
Erste positive Gespräche sind bereits mit<br />
unserer Vermögenseigenschadenversicherung<br />
geführt worden. Diese schützt<br />
die <strong>Stadt</strong> vor Vermögensschäden, die ihr<br />
durch vorsätzliche oder fahrlässige<br />
Dienstpflichtverletzungen von Mitarbeitern<br />
entstehen.<br />
Das Kulturprogramm wird natürlich fortgesetzt.<br />
Ich habe den Leiter der <strong>Stadt</strong>bibliothek,<br />
Herrn Jörg Sämann, kommissarisch<br />
mit der Leitung des Kulturbereiches<br />
innerhalb des zuständigen Fachamtes<br />
betraut.<br />
Wir wollen auch in Zukunft in <strong>Merzig</strong> ein<br />
hervorragendes kulturelles Angebot auf<br />
die Beine stellen und ich bin sehr zuversichtlich,<br />
dass uns dies gelingt.