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ZaS<br />

Mai<br />

2010<br />

r e g i e r u n g p o l i t i k 11<br />

Merkelland ist abgebrannt<br />

Die Bundeskanzlerin hat sich oft versteckt und wollte eigentlich das Gegenteil von dem machen,<br />

was sie dann als „alternativlos“ hinstellte. Die Griechenland-Hilfe hat sie viel Kredit gekostet,<br />

besonders in politischer Hinsicht. Von Michael Zäh<br />

Angela Merkel hat sich oft<br />

versteckt. Sie wollte ursprünglich<br />

keine Bank verstaatlichen,<br />

keine milliardenschwere<br />

Konjunkturspritze geben<br />

und zuletzt auch Griechenland<br />

nicht mit dem Geld deutscher Steuerzahler<br />

aus der Patsche helfen. Sie<br />

hat in allen diesen Fällen gezögert,<br />

um dann ins Gegenteil zu kippen.<br />

Und um dann immer denselben<br />

knappen Satz als Begründung anzuführen:<br />

„Das ist alternativlos.“<br />

An dieser Begründung haften<br />

viele Mängel. Denn erstens präsentiert<br />

sich die Bundeskanzlerin damit<br />

als Getriebene, die nur jeweils<br />

auf Situationen reagiert, statt selbst<br />

den Kurs vorzugeben. Zweitens<br />

wird dieser Eindruck einer Ohnmächtigen<br />

noch dadurch verstärkt,<br />

dass Merkel zuvor ja jeweils eher<br />

das Gegenteil tun wollte. Und drittens<br />

erwarten die Bürger von der<br />

Politik gerade jene Weitsicht, dass<br />

Alternativen geschaffen werden,<br />

bevor es zu spät dafür ist. Wenn die<br />

Kanzlerin aber missmutig zwischen<br />

zwei gegensätzlichen Positionen<br />

wankt, dann schwindet das<br />

eigene Profil und der Glaube der<br />

Wähler.<br />

Im jüngsten Fall der Griechenland-Hilfe<br />

sieht das Wanken der<br />

Kanzlerin ganz besonders schlecht<br />

aus, weil sich gleichzeitig Nicolas<br />

Sarkozy damit brüstete, der „Retter<br />

Griechenlands“ zu sein. Es<br />

heißt, er habe hinter den Kulissen<br />

die zunächst störrische deutsche<br />

Kanzlerin zum „Umdenken“ gebracht.<br />

Und das wiederum lässt<br />

Angela Merkel nicht eben souverän<br />

aussehen. Jetzt wird ihr vorgeworfen,<br />

sie habe durch ihre zögerliche<br />

Haltung die Krise in Griechenland<br />

verschärft.<br />

Der Konflikt, in dem sich die<br />

CDU-Politikerin befindet, ist klar<br />

umrissen: Als Ordnungspolitikerin<br />

hätte sie gerne verhindert, dass die<br />

Politik sich in die Wirtschaft einmischt.<br />

Als Machtpolitikerin kann<br />

sie politische Ambitionen nur<br />

durchsetzen, wenn Deutschland<br />

als treibende Kraft des Eurolandes<br />

von Gewicht ist. In diesem Zusammenhang<br />

wäre Deutschland<br />

allein zu klein, um bedeutend zu<br />

sein.<br />

Angesichts der tatsächlichen<br />

Situation in Griechenland ist Merkels<br />

innere Zerreißprobe leicht zu<br />

verstehen. Denn kaum ein Ökonom<br />

zweifelt daran, dass die jetzt<br />

von der EU und dem Internationalen<br />

Währungsfonds (IWF) gewährten<br />

Kredite (insgesamt 110 Milliarden<br />

bis 2012) von den Griechen<br />

nicht zurück gezahlt werden können.<br />

Ganz einfach, weil die Wirtschaft<br />

des Landes international<br />

längst nicht mehr wettbewerbsfähig<br />

ist und der jetzt verordnete<br />

strenge Sparkurs die Binnenwirtschaft<br />

noch weiter schwächen<br />

wird. Wenn es gehen könnte, so zu<br />

sparen und gleichzeitig neues<br />

Wachstum zu produzieren, dann<br />

hätte ja die Bundes regierung in<br />

Deutschland während der Finanzkrise<br />

alles falsch gemacht, als sie<br />

ein milliardenschweres Konjunkturprogramm<br />

auflegte.<br />

Die Griechenland-Hilfen verschaffen<br />

lediglich Zeit, mehr nicht.<br />

Und hätte die Kanzlerin offenbart,<br />

warum die Kredite „alternativlos“<br />

sind, dann hätte sie auch darlegen<br />

müssen, dass sich die Schulden der<br />

Griechen zum großen Teil in den<br />

Büchern deutscher und französischer<br />

Banken finden. Es ist von 30<br />

Milliarden bei deutschen Instituten<br />

(davon allein wieder 8 Milliarden<br />

bei der verstaatlichten Hypo Real<br />

Estate) und von 50 Milliarden in<br />

Frankreich die Rede. Ohne die Hilfe<br />

für Griechenland hätte der deutsche<br />

Steuerzahler wahrscheinlich<br />

dann wieder für die Schieflage dieser<br />

Banken aufkommen müssen.<br />

Es wäre ehrlich gewesen, dies<br />

deutlich zu sagen. Aber damit hätte<br />

man auch offenbart, dass es wieder<br />

die Finanzmärkte sind, die einem<br />

keine Alternative lassen. Und<br />

auch, dass man seit der Finanzkrise<br />

nicht in der Lage war, mehr Kontrolle<br />

über diese Märkte zu erlangen.<br />

Denn hier könnte eine entsprechend<br />

weitsichtige Politik ja dafür sorgen,<br />

dass der Staat nicht immer nur der<br />

Getriebene ist, dem dann gar nichts<br />

anderes bleibt, als zu zahlen.<br />

Bezüglich der Glaubwürdigkeit<br />

ist Merkelland abgebrannt.<br />

Erst recht, wenn jetzt bei Forschung<br />

und Bildung gespart werden<br />

soll.

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