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Best of<br />
ZaS<br />
Oktober<br />
2010<br />
I n t e g r at I O n p O l I t I k 21<br />
Alarmsignale für die Politik<br />
Eine Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung belegt, dass Ausländerfeindlichkeit in Deutschland erheblich zunimmt.<br />
Die populistischen Ansätze von Sarrazin, Seehofer und Kristina Schröder helfen da nicht wirklich weiter. Von Michael Zäh<br />
Die Lage ist ernst. Wie eine<br />
jetzt in Berlin vorgestellte<br />
Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
ergab, hat die<br />
Ausländerfeindlichkeit in Deutschland<br />
erheblich zugenommen. Gut<br />
ein Viertel der Bevölkerung schließt<br />
sich fremdenfeindlichen Aussagen<br />
an und mehr als 30 Prozent stimmen<br />
der Einschätzung zu, dass Ausländer<br />
nur kämen, um den Sozialstaat auszunutzen.<br />
Ebensoviele meinen, man<br />
„solle die Ausländer wieder nach<br />
Hause schicken.“ Die Feindseligkeit<br />
gegenüber dem Islam ist besonders<br />
ausgeprägt, wie die Studie belegt.<br />
Mehr als jeder Zehnte sehnt sich sogar<br />
nach einem „Führer“, der<br />
„Deutschland zum Wohle aller mit<br />
harter Hand regiert.“<br />
Die Autoren der Studie werteten<br />
die Ergenisse als „Alarmsignal<br />
für Politik und Gesellschaft.“ Es bestehe<br />
die Gefahr, dass Rechtspopulisten<br />
versuchen, aus der Situation<br />
„politisch Kapital zu schlagen“, warnen<br />
die Wissenschaftler. Da ist es<br />
nicht wirklich ein Trost, dass es besonders<br />
Ungebildete und Alte seien,<br />
die für Ausländerfeindlichkeit anfällig<br />
sind.<br />
CSU-Chef Horst Seehofer hat ja<br />
bereits kräftig in die populistische<br />
Kerbe gehauen, als er kürzlich einen<br />
Zuwanderungsstopp „aus anderen<br />
Kulturkreisen“ forderte. Und zwar<br />
wohl wissend, falls er nicht zu den<br />
Ungebildeten und Alten gehört,<br />
dass derzeit mehr Leute aus<br />
Deutschland auswandern als umgekehrt.<br />
Und zwar auch türkische Mitbürger.<br />
Auch die Familienministerin<br />
Kristina Schröder hatte dazu eine<br />
feinsinnige Idee, als sie in einem Interview<br />
in der FAS das Pferd von der<br />
falschen Seite aufzäumte, indem sie<br />
kundgab, dass es schließlich auch<br />
„Deutschenfeindlichkeit“ gebe und<br />
man sie selbst mitunter als „deutsche<br />
Schlampe“ beschimpft habe. Da<br />
müsse man, na klar, die „Rechtslage<br />
überdenken.“ Schröder im O-Ton:<br />
„Fremdenfeindlichkeit geht häufig<br />
einher mit den sogenannten legitimierenden<br />
Männlichkeitsnormen.<br />
Und die finden wir überproportional<br />
bei türkisch- und arabischstämmigen<br />
Jugendlichen.“ Na hoppla, das<br />
nennen wir echte Integrationspolitik,<br />
so ganz ohne Vorurteile.<br />
Mesut Özil darf sich freuen,<br />
nach Spanien ausgewandert zu<br />
sein. Der gehypte Vorzeigemensch<br />
für gelungene Integration, der Frau<br />
Merkel bei jeder Gelegenheit die<br />
Hand schütteln muss, gäbe ja tatsächlich<br />
ein gutes Beispiel ab, wie es<br />
laufen könnte. Wenn man die Vorurteile<br />
mal beiseite ließe (wie steht<br />
es mit der Männlichkeitsnorm von<br />
Özil?) und den Tatsachen ins Auge<br />
sehen würde. Der heutige Star hat<br />
nur einen Bolzplatz, einen Ball und<br />
ein paar kickende Kollegen in Gelsenkirchen<br />
gebraucht, um sich zur<br />
Hoffnung der deutschen Nationalelf<br />
zu mausern. Wie wäre es wohl um<br />
sein Leben in Deutschland bestellt,<br />
wenn er nicht so gut kicken könnte?<br />
Dann würde ihm Sarrazin garantiert<br />
an die Gene und deren<br />
Brauchbarkeit gehen.<br />
Andere nette Jungs, die wie Özil<br />
den Erfolg suchen, brauchen etwas<br />
mehr Unterstützung, um nicht minder<br />
wertvoll zu sein. Da wären Bildungsangebote,<br />
Respekt und vorurteilslose<br />
Freiheiten, sagen wir im offensiven<br />
Mittelfeld, um auf anderen<br />
Feldern einen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit<br />
Deutschlands zu<br />
bringen. Denn die Wahrheit ist doch,<br />
dass in den nächsten Jahrzehnten<br />
der Wohlstand des Landes auch davon<br />
abhängt, dass Integration und<br />
eine Vielfalt der Kulturen gelingt.<br />
Nicht nur auf dem Sportplatz, sondern<br />
überall. Wullf, der Bundespräsident,<br />
hat das zart ins Auge gefasst.