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Best of<br />
ZaS<br />
Oktober<br />
2010<br />
r O c k - l e g e n d e k u l t u r 19<br />
Die kraftvolle Ruhe<br />
nach dem Sturm<br />
Gut sieht er aus. Das Gesicht,<br />
das einst von Alkohol- und<br />
Drogenexzessen gezeichnet<br />
war, wirkt entspannt. Joe Cocker ist<br />
wieder da. Obwohl: Richtig weg war er<br />
nie, seit über 40 Jahren ist er im Musikgeschäft.<br />
Der 66-Jährige geht wieder<br />
auf Tournee, kommt auch nach<br />
Freiburg, und gerade ist seine neue CD<br />
„Hard Knocks“ erschienen.<br />
Der legendäre Sänger mit der markanten,<br />
unverwechselbaren Stimme<br />
hat sich einem gewissen Relaunch<br />
unterzogen, ohne sich indessen auch<br />
nur im geringsten zu verbiegen oder<br />
seine Persönlichkeit zu verraten.<br />
Weiterhin trägt er seine Jeans hochgeschnitten,<br />
über dem Gürtel wölbt<br />
sich der Bauch. Seine Songs knurren<br />
wie eh und je, da ist Cockers berühmt-berüchtigte<br />
Stimme, die aus<br />
der Tiefe kommen kann, dann kurze<br />
Momente sanft zu schweben scheint,<br />
um gleich darauf ins Tiefe, Kraftvolle<br />
herunter- und auszubrechen.<br />
Für diese Stimme tut er nichts:<br />
„Nichts zu tun ist das Beste. Als ich<br />
jünger war, habe ich 40 Zigaretten<br />
am Tag geraucht. Vor 20 Jahren habe<br />
ich dann zu rauchen aufgehört.“<br />
Für seine Songs hat er dagegen einiges<br />
getan. So hat er sich für seine<br />
neue CD einen Produzenten gesucht<br />
und in Matt Serletic gefunden, der<br />
ihm eine modernere Richtung geben<br />
würde, „ohne dabei zu verrückt-modern<br />
zu werden“. Auch seine Plattenfirma<br />
Sony hatte Cocker Mut gemacht,<br />
sich wieder auf kraftvollere<br />
Songs zu besinnen.<br />
Vom Ergebnis ist Joe Cocker sehr<br />
angetan: „Es war eine richtig gute Zusammenarbeit.<br />
Ein bisschen anders<br />
als sonst.“ Neu ist auch die Auswahl<br />
der Songs. Auf dem Album „Hard<br />
Knocks“ gibt es nur eine einzige Coverversion,<br />
alles andere sind Songs,<br />
die Cocker geschrieben hat oder die<br />
speziell für ihn geschrieben wurden.<br />
Ungwöhnlich für jemanden, dessen<br />
größte Hits nahezu alle keine Originale<br />
aus eigener Feder waren, wie<br />
„With a Little Help of my Friends“<br />
(Beatles) oder „You Can Leave Your<br />
Hat On“ (Randy Newman).<br />
Neben Powersongs haben auf<br />
„Hard Knocks“ aber auch eine<br />
schwere, gefühlvolle Ballade und ein<br />
Gospelsong ihren Platz gefunden.<br />
Ebenso hat eine Reise nach Nashville<br />
zu namhaften Country-Sängern<br />
bei Cocker einen Einfluss hinterlassen.<br />
Cocker hofft mit seinen neuen<br />
Songs auch wieder im Radio gespielt<br />
Joe cocker kommt nach Freiburg<br />
und bringt seine neue CD „Hard Knocks“ mit.<br />
40 Jahre Musikgeschäft und harte Schläge haben<br />
ihn nicht in die Knie zwingen können.<br />
Von Barbara Breitsprecher<br />
zu werden, „da war ich eine ganze<br />
Weile nicht mehr zu hören.“ Und er<br />
freut sich auf die Tour im Oktober, die<br />
ihn am Sonntag, 31. Oktober auch<br />
nach Freiburg in die Rothaus Arena<br />
bringen wird. „Ich habe meine Fans<br />
schon länger nicht mehr gesehen“,<br />
sagt er mit feinem Lächeln.<br />
„Hard Knocks“, das sind übersetzt<br />
„harte Schläge“. Ein bezeichnender<br />
Titel. Auch Joe Cocker hat<br />
solche einstecken müssen. Nach seinem<br />
Himmelsstürmer-Start auf dem<br />
legendären Woodstock-Konzert<br />
1969, wo der gelernte Gasinstallateur<br />
sich auch durch seine epileptisch anmutenden<br />
Zuckungen auf der Bühne<br />
unvergesslich machte, fing Cocker<br />
an, sich mit Drogen vollzupumpen<br />
und soff sich fast zu Tode. Schon<br />
bald war er kaum mehr in der Lage,<br />
in einem Studio Songs aufzunehmen,<br />
die Verkaufszahlen für seine<br />
Alben liefen nur noch schleppend.<br />
Um sich finanziell überhaupt<br />
über Wasser halten zu können, war<br />
Joe Cocker damals pausenlos auf<br />
Tour, wo er verschwitzt und ausgelaugt<br />
auf den Bühnen stand. Erst in<br />
den 80er Jahren ging es wieder bergauf.<br />
Etliche Hits sowie Aufträge für<br />
Film-Titelsongs folgten. Für „Up<br />
Where We Belong“, den Song des<br />
Films „Ein Offizier und Gentleman“,<br />
erhielt Cocker schließlich einen<br />
Oscar.<br />
1987 heiratete der Brite die<br />
Amerikanerin Pam Baker, eine Erzieherin.<br />
Beide wohnen zusammen<br />
in den Bergen von Colorado in den<br />
USA, auf der abgeschiedenen „Mad<br />
Dog Ranch“. Hier hat er seinen Frieden<br />
gefunden, und weiß doch: „Ich<br />
habe wahrscheinlich mehr Zeit auf<br />
der Straße verbracht, als dass ich erzogen<br />
oder ausgebildet worden wäre.“<br />
Dabei würde es ihm nie einfallen,<br />
seine Staatsbürgerschaft aufzugeben<br />
und die der USA anzunehmen. Dafür<br />
ist er durch und durch zu britisch.<br />
In seiner Wahlheimat ist er ein „resident<br />
alien“, ein Ausländer mit Aufenthaltsgenehmigung.<br />
Die englische<br />
Queen hat ihm diese Treue gedankt:<br />
2007 wurde Joe Cocker von Elizabeth<br />
II. zum „Officer of the Order of the<br />
British Empire“ (OBE) ernannt.<br />
n Joe Cocker, „Hard Knocks“-Tour,<br />
Sonntag, 31. Oktober, 20 Uhr, Freiburg,<br />
Rothaus Arena, Tickets: Tel.<br />
07531/908844 oder www.koko.de<br />
n Joe Cocker bei „Wetten, dass…?“,<br />
ZDF, Samstag, 2. Oktober, 20.15 Uhr