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Dokument 1.pdf - epub @ SUB HH - Universität Hamburg

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neun Meter hoch. Er faßte 350 m³ Wasser.<br />

Er gehörte zu einem Behältertyp,<br />

der in achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts<br />

vom deutschen Ingenieur Intze<br />

entwickelt worden war. Intze hatte<br />

Stützbogenbehälter entworfen, die<br />

zwar zylinderförmig sind, deren unterer<br />

Bereich aber eine kegelförmige, nach<br />

innen gerichtete Schräge aufweist. Den<br />

Boden selbst bildet eine nach innen gewölbte<br />

Halbkugelschale. Diese Bauweise<br />

sparte Material gegenüber älteren<br />

Behältertypen.<br />

Der Intze-Behälter brachte nicht nur<br />

technische Neuerungen. Er gab den Türmen<br />

auch ein sehr typisches Aussehen.<br />

Der Turmschaft verjüngt sich nach oben<br />

hin und trägt einen breit ausladenden,<br />

„dicken“ Turmkopf mit dem eigentlichen<br />

Wasserbehälter.<br />

Der Tank umschloß eine Wendeltreppe,<br />

die zur Aussichtsplattform hinaufführt.<br />

Außerdem befand sich dort<br />

oben ein Einstieg in den Wassertank.<br />

Die Aussichtsplattform selbst befindet<br />

sich rund 71 Meter über Normalnull; der<br />

Turm ist 31 Meter hoch.<br />

Von Anfang an war der Turm auch Ausflugsziel.<br />

Bereits im August 1907, kurz<br />

nach der Fertigstellung, gab die Gemeinde<br />

Sande die Aussichtsplattform<br />

für Besucher frei. Gleich am ersten<br />

Tag stiegen 270 Besucher hinauf, um<br />

den Ausblick auf das Umland, die Gemeinde<br />

Sande, die Sander Tannen, das<br />

nahe Bergedorf und die etwas weiter<br />

entfernte Stadt <strong>Hamburg</strong> zu genießen.<br />

Außerdem beschlossen die Gemeindevertreter,<br />

in den drei Etagen des Turms<br />

Wohnungen einzurichten und eine<br />

Gastwirtschaft unterzubringen.<br />

Der erste Pächter, der Maurer Adolf<br />

Der Wasserturm und der damalige Pächter Willy Schmidt in den fünfziger Jahren. Foto: Schmidt via<br />

Zeddies.<br />

Siemers, erhielt im April 1908 seine<br />

Schankkonzession. Er richtete sich<br />

nicht nur eine Gaststube ein, sondern<br />

auch einen damals so genannten Restaurationsgarten.<br />

Der „Sander Dickkopp“<br />

war bald als Ausflugslokal bekannt.<br />

Für größere Feste stellte man<br />

am Turm Zelte auf. Außerdem fanden<br />

Ehrungen und Fahnenweihen statt, so<br />

etwa im Jahre 1927 die Altenehrung<br />

und Fahnenweihe des SPD-Ortsvereins<br />

Sande.<br />

Um 1930 begann die Gemeinde Sande<br />

damit, das Wasserversorgungsnetz zu<br />

erweitern, denn Lohbrügge-Sande war<br />

mittlerweile stark gewachsen. In den<br />

Zwanziger Jahren hatte man in Lohbrügge<br />

viele Siedlungshäuser errichtet, um<br />

den Zuzug aufzufangen. Dadurch stieg<br />

der Wasserverbrauch stark an. Anfang<br />

der Dreißiger Jahre baute man eine Kanalisation<br />

und schloß sie an das Bergedorfer<br />

Klärwerk an. Außerdem wurde<br />

am Pumpwerk ein neuer Brunnen von<br />

120 Metern Tiefe gebohrt. Das Pumpwerk<br />

selbst wurde elektrifiziert.<br />

Nun stellte sich heraus, daß die Wasserrohre<br />

in ganz Lohbrügge zu klein<br />

geworden waren. 1932 wurden also<br />

überall neue Rohrleitungen mit größerem<br />

Durchmesser verlegt. Anfang 1933<br />

suchte sich die örtliche SA den Wasserturm<br />

als Sturmlokal aus. 1938 gelangten<br />

Wasserturm und Wasserwerk<br />

in den Besitz der <strong>Hamburg</strong>er Elektrizitätswerke.<br />

Damals trat das Groß-<strong>Hamburg</strong>-Gesetz<br />

in Kraft. Es schlug die 1929<br />

mit Boberg zu Lohbrügge vereinigte<br />

Gemeinde Sande dem benachbarten<br />

Bergedorf und damit der größeren Hansestadt<br />

<strong>Hamburg</strong> zu.<br />

Vom 2. Weltkrieg blieb Lohbrügge größtenteils<br />

verschont. Allerdings errichtete<br />

die Luftwaffe eine Flugabwehrstation<br />

auf dem „Sander Dickkopp“, um<br />

anfliegende alliierte Bomber zu beobachten.<br />

Unmittelbar vor Kriegsende<br />

dienten die Sander Tannen dann noch<br />

als Unterschlupf für Militärfahrzeuge,<br />

die sich tagsüber vor britischen und<br />

amerikanischen Jagdbombern verstecken<br />

mußten.<br />

Der unsinnige Führerbefehl von der<br />

„verbrannten Erde“ hätte kurz vor der<br />

Kapitulation beinahe zur Sprengung<br />

des Turms durch eine Wehrmachtseinheit<br />

geführt. Als die Explosivladungen<br />

schon im Mauerwerk saßen, gingen<br />

Lohbrügger Frauen mit Wassereimern<br />

auf die Soldaten los und verhinderten<br />

so die sinnlose Zerstörung.<br />

Der Winter nach Kriegsende, 1945/46,<br />

war einer der kältesten des Jahrhunderts.<br />

Ihm fielen im Oktober 1945 die<br />

Sander Tannen zum Opfer. Auf Befehl<br />

der britischen Militärverwaltung wurde<br />

der Wald komplett ausgerodet und zu<br />

Brennmaterial verarbeitet. Übrig blieb,<br />

so ein Zeitzeuge, „eine Sandwüste“.<br />

Aber schon 1947 begannen Schulklassen<br />

damit, wieder kleine Bäume zu<br />

pflanzen.<br />

Aufgang zur Turmkneipe. Foto: Zeddies.<br />

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