Mitteilungen und Nachrichten 63/2011 - Deutsche Gesellschaft für ...
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Kongress<br />
22<br />
Hans-Liniger-Preis 2010<br />
Tissue Engineering eines osteochondralen Transplantates –<br />
Klinische <strong>und</strong> experimentelle Untersuchungen<br />
C. Haasper<br />
Gelenkoberflächen bestehen aus relativ<br />
einfachem Gewebe. Allerdings verfügt<br />
dieses Knorpelgewebe über eine äußerst<br />
begrenzte Regenerationsfähigkeit. Knorpel-<br />
<strong>und</strong> Knochen-Degeneration sind zudem<br />
ein großes volkswirtschaftliches Problem.<br />
Klinisch applizierbare Strategien zum Ersatz<br />
dieser Gewebe sind daher <strong>für</strong> die regenerative<br />
Medizin von großem Interesse. Mittels<br />
des Tissue Engineerings wird versucht, komplexe,<br />
funktionsfähige, dreidimensionale<br />
Gewebe in vitro zu erzeugen. Die aktuellen<br />
klinischen <strong>und</strong> experimentellen Konzepte<br />
bieten nur <strong>für</strong> das ansonsten ges<strong>und</strong>e Gelenk<br />
einen therapeutischen Ansatz.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> erfolgte eine klinische<br />
Untersuchung, die diese Technik <strong>und</strong><br />
ihr mittelfristiges Ergebnis retrospektiv untersuchte.<br />
In unserer Untersuchung über<br />
einen mittelfristigen Zeitraum kann man<br />
aufgr<strong>und</strong> der Entnahmemorbidität <strong>für</strong> den<br />
Talus nur zu der Empfehlung kommen, es<br />
als Verfahren der zweiten Wahl zu nutzen.<br />
Diesem allgemeinen Problem wurde eine<br />
experimentelle Untersuchung entgegengestellt.<br />
Ziel war es, zunächst nur ein knöchernes<br />
Konstrukt mit Zellen zu besiedeln.<br />
Es wurde eine Matrix mit humanen stromalen<br />
Zellen aus dem Knochenmark (BMSC)<br />
besiedelt <strong>und</strong> dabei der Einfluss des biologischen<br />
Klebstoffs Fibrin auf Proliferation<br />
<strong>und</strong> Differenzierung der Zellen untersucht.<br />
Prinzipiell konnte man zu dem Schluss kommen,<br />
dass Fibrin die Besiedlung im Hinblick<br />
auf die untersuchten Parameter nicht verbessert.<br />
Daraus wurde der Schluss gezogen,<br />
auf diesen biologischen Klebstoff zu<br />
verzichten. Eine homogene Zellverteilung<br />
<strong>und</strong> ausreichende Primärstabilität des Konstruktes<br />
sind wünschenswert <strong>für</strong> das osteochondrale<br />
Transplantat. Humane BMSC<br />
sind dann in eine biologische Hybridmatrix<br />
Osteochondrales Konstrukt (biphasische<br />
Hybridmatrix, die mit BMSC besiedelt wurde).<br />
(CaReS® Gel, Arthrokinetics, Esslingen <strong>und</strong><br />
Tutobone®, Tutogen Medical GmbH, Neunkirchen<br />
a. Br.) transferiert worden (s. Abb.).<br />
Druck- <strong>und</strong> Zugkräfte wurden in einer speziell<br />
entwickelten Glasapparatur <strong>für</strong> 24 h<br />
auf das Konstrukt ausgeübt. Im Hinblick<br />
auf eine potentielle klinische Applikation<br />
wurde ein Modell entwickelt, mit dem sich<br />
ein zellbesiedeltes Konstrukt in Form einer<br />
Gelenkoberfläche pressen lässt <strong>und</strong> dann in<br />
einem Bioreaktor stimuliert werden kann.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Komplexität des Systems wurde<br />
der Ansatz im Weiteren stark vereinfacht<br />
<strong>und</strong> es erfolgte eine in vitro Studie über unterschiedliche<br />
Zeiträume in einem Bioreaktor.<br />
Die Konstrukte sind dann unterschiedlichen<br />
Stressprotokollen in einem Bioreaktor<br />
<strong>für</strong> bis zu 28 Tage ausgesetzt worden<br />
(statisch, hydrostatisch <strong>und</strong> mechanisch).<br />
Histologisch zeigte sich eine homogene <strong>und</strong><br />
vitale Zellverteilung. Die initiale Kompression<br />
erhöhte signifikant die Primärstabilität,<br />
wie die mechanischen Tests bewiesen.<br />
Die Proliferation <strong>und</strong> Konstruktstabilität<br />
wurde durch den hydrostatischen <strong>und</strong> mechanischen<br />
Stress nach dem siebten Tag<br />
weiter verbessert.<br />
Die Integration eines kombinierten mechanischen<br />
<strong>und</strong> hydrostatischen Stimulationsprotokolls<br />
kann zu Vorteilen der strukturellen<br />
<strong>und</strong> biomechanischen Eigenschaften<br />
eines osteochondralen Konstruktes, erzeugt<br />
mit Methoden der regenerativen Medizin,<br />
führen. Weitere Studien müssen klären,<br />
ob das in vitro Modell modifiziert werden<br />
sollte, um qualitativ hochwertigeres Gewebe<br />
zu erhalten, bevor in einem Tiermodell<br />
die potentielle klinische Applikation getestet<br />
wird. Dieser Ansatz zeigt neue Möglichkeiten<br />
zum Management der Folgen<br />
von Gelenkverletzungen <strong>und</strong> degenerativen<br />
Erkrankungen auf. Die Herausforderungen<br />
<strong>und</strong> Erwartungen auf diesem sich ständig<br />
weiter entwickelnden Gebiet der Regenerationsmedizin<br />
müssen weiter kritisch diskutiert<br />
werden, aber der Paradigmenwechsel<br />
von der reparativen zur regenerativen Medizin<br />
hat begonnen.<br />
PD Dr. Carl Haasper, MSc<br />
Unfallchirurgische Klinik<br />
Medizinische Hochschule Hannover (MHH)<br />
Carl-Neuberg-Strasse 1<br />
30625 Hannover<br />
E-Mail: haasper.carl@mh-hannover.de<br />
Professor Siebert übergibt PD Dr. Haasper<br />
Urk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Preisgeld bei der Preisverleihung<br />
im Rahmen des DKOU 2010.<br />
Kurze Vita<br />
T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T<br />
1997 – 2003<br />
Studium der Humanmedizin an der Justus-<br />
Liebig-Universität Gießen <strong>und</strong> der Medizinischen<br />
Universität zu Lübeck<br />
Praktisches Jahr<br />
Imperial College London <strong>und</strong> Medical<br />
University of South Carolina, Charleston,<br />
SC, USA<br />
2000 – 2004<br />
Gr<strong>und</strong>studium des Diplomstudiengangs<br />
Wirtschaftswissenschaften an<br />
der FernUniversität Hagen<br />
Seit 2004 an der Unfallchirurgischen Klinik<br />
der Medizinischen Hochschule Hannover<br />
(Direktor: Prof. Dr. C. Krettek, FRACS FRCS)<br />
2005<br />
Promotion an der Universität zu Lübeck:<br />
Inhibition der Cyclooxygenase-2–<br />
Expression mit Antisense-Oligonukleotiden<br />
2007 – 2009<br />
Hagener Management Studium, FernUniversität<br />
Hagen<br />
2009<br />
Habilitation an der Medizinischen Hochschule<br />
Hannover: Tissue Engineering eines<br />
osteochondralen Transplantates – Klinische<br />
<strong>und</strong> experimentelle Untersuchungen.<br />
Venia legendi <strong>für</strong> Chirurgie<br />
DGU <strong>Mitteilungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nachrichten</strong> <strong>63</strong>/<strong>2011</strong>