Serie | Homosexualität in Geschichte und Literatur stände wegen oder weil die innere Freiheit fehlte, etwas auszuleben. Wir wissen nicht, ob Claude und Denis eines Tages doch noch zusammengefunden hätten; der schmale Roman hört damit auf, dass sich Denis in jenem Garten des Ferienhauses von Claude wieder entfernt. Wie viele haben wohl schon den Schmerz einer verpassten Chance in Herzensangelegenheiten durchmachen müssen? Weil sie eine günstige Konstellation haben vorbeiziehen lassen, und solche Situationen die Eigenheit haben, dass sie sich nie wiederholen. Denis sagt sich nur, dass auch nach ihm immer wieder junge Männer ihre Chance bekommen werden, und ihn streift bei dieser Erkenntnis ein Hauch von Vergänglichkeit – viel zu früh für sein Alter. Szenenwechsel. Aschenbach, der Schriftsteller und Künstler in Thomas Manns «Tod in Venedig», ist zwar neugierig und offen für Neues, aber in überschaubarem Rahmen. Sein Leben ist an sich fest gefügt. Der Witwer ist Vater einer erwachsenen Tochter, beruflich arriviert und will jetzt einfach wieder mal ausspannen. Doch das wird nicht gelingen, er gerät in einen ANZEIGE gefährlichen Taumel der Gefühle. Der Grund dafür ist Tadzio, der zu einer polnischen Familie gehört, die ebenfalls im Bäderhotel abgestiegen ist. Schritt für Schritt, Seite für Seite ist das Protokoll des Verfalls nachzuvollziehen, dessen Opfer Aschenbach wird. Thomas Manns Sprache ist elegant und brillant bei jenen Stellen, bei denen er den Ablauf der Ereignisse ausbreitet. Er wusste genau, wovon er schrieb. Mehr und mehr nimmt der Schöne, wie Mann Tadzio oft nennt, das Denken und Trachten des älteren Reisenden gefangen. Aschenbach verfolgt ihn durch die Gassen der Stadt, er sieht ihm zu beim Baden und beim Spiel mit seinen Altersgenossen und seine Augen nehmen natürlich auch den Ringkampf voll unterschwelliger Erotik wahr, den ein Bursche namens Jaschu Tadzio aufzwingt, um ihn für sich zu gewinnen. «Ich liebe dich!» Mit Macht, mit Gewalt, bricht sich eine Veranlagung in Aschenbach Bahn, die nie ausgelebt wurde, eine Lust, die er sich selbst verboten hatte. Seine Leidenschaft schiesst empor wie eine Stichflamme. Aschenbach macht auf jung, geht ständig zum Coiffeur und merkt nicht, wie er seine Würde verliert. Wie zur Untermalung dieses Zustands bricht in Venedig die Indische Cholera aus; die Dekadenz dieser Stadt und die Morbidität einer verwöhnten Gesellschaftsschicht sind mit Händen greifbar. Venedig wird zum Brennpunkt eines vielschichtigen Untergangs. Tadzio kann nicht hören, wenn der total von seiner Leidenschaft überwältigte Aschenbach die «stehende Formel der Sehnsucht» flüstert – «unmöglich hier, absurd, verworfen, lächerlich und heilig doch, ehrwürdig auch hier noch: ‹Ich liebe dich!›» Und dennoch kommt es zu einem Kommunikationsaustausch zwischen Aschenbach und Tadzio – via Blicke. Dem Jungen sind die Nöte des älteren Mannes nicht verborgen geblieben und er scheint mit ihnen zu kokettieren. Wenn dann Aschenbachs Herz bricht, buchstäblich bricht, gibt er ihm einen Fingerzeig. Der Roman «Der andere Schlaf» und die Novelle «Der Tod in Venedig» sind über Buchhandel und Internet greifbar. Studio 43 Sauna Bar Studio 43 Monbijoustr. 123, 3007 Bern Telefon 031 372 28 27 Tram 9 (Richtung Wabern) Haltestelle Wander Öffnungszeiten: täglich 11–22 Uhr <strong>Cruiser</strong>-Serie: Homosexualität in Geschichte und Literatur Mehr oder weniger versteckt findet sich das Thema Männerliebe in der Weltgeschichte, in antiken Sagen und traditionellen Märchen – in der Literatur ganz allgemein – immer wieder. <strong>Cruiser</strong> greift einzelne Beispiele heraus, würzt sie mit etwas Fantasie, stellt sie in zeitgenössische Zusammenhänge und wünscht bei der Lektüre viel Spass – und hie und da auch neue oder zumindest aufgefrischte Erkenntnisse. Die vierte Folge befasst sich mit zwei Dichterwerken, in deren Mittelpunkt Knaben stehen. www.studio43.ch
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