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DATEN<br />
Zündapp<br />
K 800-Gespann<br />
Motor: Luftgekühlter Vierzylinder-Viertaktsv-Boxermotor,<br />
eine untenliegende Nockenwelle,<br />
je zwei Ventile pro Zylinder, über Stößel<br />
betätigt, Bohrung x Hub 62 x 66,6 mm, Verdichtung<br />
5,8:1, Hubraum 791 cm³, Leistung<br />
22 PS bei 4300/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Kupplung,<br />
Viergang-Duplexketten-Getriebe, Wellenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Pressstahl-Profilen,<br />
Trapezgabel aus Pressstahl-Profilen<br />
mit hydraulischem Dämpfer, Drahtspeichenräder<br />
mit Stahlfelgen, austauschbar, Reifen<br />
3.50-19 vorn und hinten, Simplex-Halbnaben-<br />
Trommelbremse vorn und hinten<br />
Beiwagen: Rekord-Touren-Beiwagen der Firma<br />
Franz Castek/Wien, hinten offenes Bogenchassis<br />
aus Stahlrohr, mit vier Anschlüssen am<br />
Motorradrahmen befestigt, 1 ½-sitziges Stahlblech-Boot,<br />
auf Blattfedern gelagert, Beiwagenrad<br />
ungefedert, Reifen 3.50 x 19, Halbnaben-<br />
Trommelbremse<br />
Maße und Gewichte: Radstand 1405 mm,<br />
Gewicht vollgetankt 193 kg (Gespann zirka<br />
320 kg), Tankinhalt 12 l<br />
Höchstgeschwindigkeit: zirka 125 km/h<br />
(als Gespann zirka 105 km/h)<br />
Der Vierzylinder-Zündapp zur Seite steht ein<br />
imposanter Rekord-Beiwagen aus Österreich<br />
hat der passionierte Zündapp-Sammler<br />
und Restaurator die entsprechende Meterware<br />
gefunden und seither bei einigen<br />
Getrieben schon die Ketten getauscht. „Irgendwann“,<br />
bemerkt er ganz entspannt,<br />
„kommt das von der K 800 wohl auch mal<br />
dran.“ Als einzige Schwachstellen nennt<br />
Windhorst die hinteren Zylinder, aber<br />
weil er die Bohrung zwei Hundertstel größer<br />
hat schleifen lassen, herrscht Ruhe.<br />
Kein Kolbenzwicken, kein gar nichts, und<br />
von verölten Kerzen weiß er auch nicht<br />
zu berichten. Stattdessen von einem überaus<br />
souveränen Motorlauf, trotz nicht<br />
gerade üppiger Schwungmassen bestens<br />
geeignet für das schwere Gespann.<br />
Denn das war klar: Die K 800 sollte<br />
nicht alleine bleiben. Ihr zur Seite steht<br />
der wahrlich imposante Rekord-Beiwagen<br />
aus der Produktion des Wieners<br />
Franz Castek. Den fand Windhorst, man<br />
glaubt es kaum, zwei, drei Dörfer weiter,<br />
mitten in der norddeutschen Tiefebene.<br />
Mit dem verchromten und armdicken<br />
Rohr seines hinten offenen Bogenchassis'<br />
ist der Rekord ein echter Hingucker, allemal<br />
in der ausladenden Touren-Variante.<br />
Auf jeder Seite trägt der nahtlos gezogene<br />
Rohrbogen unten eine Blattfeder, auf<br />
denen ruht das aus Walzblech gefertigte<br />
Boot. Allerdings ist es nur am vorderen<br />
Ende der Feder fixiert, auf dem hinteren<br />
besitzt es einen für Franz Castek gesetzlich<br />
geschützten Federrollengleiter. Der<br />
Mechanikermeister warb dafür mit blumigen<br />
Worten: „Diese Gleiter haben das<br />
Bestreben, den kleinsten sowie den<br />
stärksten Stoß rollend auf der Langfeder<br />
auszugleichen, so- dass die Karosserie immer<br />
ruhig und sanft dahinschwebt.“ Seitliche<br />
Stöße auf das Seitenwagenrad soll<br />
der elastische Bogenrahmen abfedern,<br />
unterm Strich, so verspricht Castek, „ist<br />
selbst auf den schlechtesten Straßen das<br />
Fahren möglich“. Das kann Gerd Windhorst<br />
nur bestätigen: Klagen aus dem Seitenwagen<br />
kennt er „eigentlich gar nicht“.<br />
In allen möglichen Dekors wurde ausgeliefert,<br />
auch das von Windhorst restaurierte<br />
Boot präsentiert sich in schwung-<br />
vollem Design. Von den damals offerierten<br />
Extras kann es Seitenwagenbremse<br />
und Cabrio-Dach vorzeigen, die Seitenlampe<br />
in Stromlinienform nicht zu vergessen<br />
und schon gar nicht die Zierfigur<br />
auf der Bootsnase. Sie hat die Form eines<br />
schwebenden Schutzengels, und der<br />
macht seinen Job – mittlerweile sogar als<br />
Brandschützer – echt gut. Das beruhigt<br />
Gerd Windhorst ungemein, denn seine<br />
Freude an diesem Gespann ist unübersehbar:<br />
Dem kalten Motor verabreicht er mittels<br />
Gasgriff drei, vier kleine Benzinspritzer,<br />
schaltet die Zündung ein, tritt zweimal<br />
auf den Kickstarter, dann lächelt er<br />
selig. In unerschütterlichem und ruhigem<br />
Leerlauf wartet die Zündapp, bis Windhorst<br />
sich die Brille zurechtgerückt hat,<br />
dann legt er den zweiten Gang ein – „Den<br />
ersten brauch ich nur in den Bergen“ –<br />
und fährt vom Hof. Knapp über 40 hat er<br />
den Vierten drin – „Aber der reicht auch<br />
runter bis 30“ – und spätestens dann weiß<br />
er wieder ganz und gar: „So ein elastischer<br />
Motor, der ist wohl einmalig.“ ◻<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 81