„Alles Walzer!“ Wiener Opernball in den Tropen - Impulse Singapur
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Josel<strong>in</strong>a Cruz:<br />
Raum zum Nach<strong>den</strong>ken geben<br />
Die Biennale ist S<strong>in</strong>gapurs größte Veranstaltung, die sich mit<br />
<strong>in</strong>ternationaler, zeitgenössischer Kunst beschäftigt. Sie läuft<br />
noch bis zum 16. November und stellt auch für Kokurator<strong>in</strong><br />
Josel<strong>in</strong>a Cruz e<strong>in</strong>e Herausforderung dar. Cruz arbeitete bereits<br />
als Kurator<strong>in</strong> für das S<strong>in</strong>gapore Art Museum und das Lopez<br />
Museum <strong>in</strong> Manila. Sie stand vielen Ausstellungen als Ku-<br />
rator<strong>in</strong> vor, schreibt Kritiken und Rezensionen für Kataloge,<br />
Zeitungen und Zeitschriften.<br />
In e<strong>in</strong>er Presseaussendung der Biennale wird S<strong>in</strong>gapur als<br />
<strong>in</strong>ternationaler Knotenpunkt für visuelle Kunst bezeich-<br />
net. Was ist so besonders an S<strong>in</strong>gapur?<br />
Das ist Werbung der Biennale. Ich würde eher sagen, dass<br />
S<strong>in</strong>gapur das Potenzial hat, das zu wer<strong>den</strong>, was es behauptet<br />
zu se<strong>in</strong> dank der wirtschaftlichen Stabilität des Landes und der<br />
Unterstützung von Seiten der Regierung.<br />
2006 besuchten über 880.000 Interessierte die S<strong>in</strong>gapur<br />
Biennale. Wie soll diese Besucherzahl dieses Jahr erreicht<br />
wer<strong>den</strong>?<br />
Baue und sie wer<strong>den</strong> kommen. Ne<strong>in</strong>, im Ernst. Ich glaube es<br />
gibt e<strong>in</strong>ige wichtige Komponenten, die für Ausstellungen es-<br />
sentiell s<strong>in</strong>d. Da ist e<strong>in</strong>erseits das zentrale Konzept, das Wesen<br />
der Veranstaltung, von dem alles ausgeht. Das ist auch das,<br />
was man dem Publikum mitgeben möchte. Natürlich gibt es<br />
auch ganz unterschiedliche Arten und Schichten der Men-<br />
schen, die die Ausstellung besuchen. Manchmal s<strong>in</strong>d es nicht<br />
Publikumszahlen, sondern die Qualität der Veranstaltung, die<br />
Erfolg besche<strong>in</strong>t.<br />
Sie arbeiten das erste Mal für die S<strong>in</strong>gapur Biennale.<br />
Was bedeutet das für Sie?<br />
Ich glaube, ich muss das anders sagen: Es ist das erste Mal<br />
überhaupt, dass ich für e<strong>in</strong>e Biennale arbeite! Ich b<strong>in</strong> sehr<br />
aufgeregt, gleichzeitig auch geehrt, e<strong>in</strong>gela<strong>den</strong> wor<strong>den</strong> zu<br />
se<strong>in</strong> und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em so angesehen Unternehmen mit e<strong>in</strong>em un-<br />
glaublich fleißigen Team arbeiten zu können. Dass es gerade<br />
S<strong>in</strong>gapur ist, ist irgendwie ergreifend – habe ich doch S<strong>in</strong>-<br />
gapur, nachdem ich im S<strong>in</strong>gapore Art Museum als Kurator<strong>in</strong><br />
gearbeitet habe, mit gemischten Gefühlen verlassen: Viele<br />
neue Freunde und viele <strong>“</strong>lessons learnt”.<br />
Was halten Sie vom diesjährigen Motto <strong>“</strong>Wonder” der<br />
Biennale? Wie wird „Wonder<strong>“</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> ausgewählten Ar-<br />
beiten umgesetzt?<br />
Das Kuratorenteam hat lange beratschlagt, bevor es sich für<br />
e<strong>in</strong> konzeptionelles Gerüst der Biennale entschie<strong>den</strong> hat. Wir<br />
betrachteten Wunder natürlich von unterschiedlichen Stand-<br />
punkten – und sahen die vielen, vielen Vorteile des Themas.<br />
Für mich bedeutet Wunder die Fähigkeit e<strong>in</strong>er Person, sich<br />
vom Leben noch überraschen zu lassen, oder von D<strong>in</strong>gen, die<br />
das Leben mit sich br<strong>in</strong>gt. Es öffnet die Augen für unerwartete<br />
Sachen, für Zufälliges, das uns überrumpeln kann. Manchmal<br />
mögen diese Ereignisse unangenehm se<strong>in</strong>, aber sie ermögli-<br />
chen uns trotzdem, wachgerüttelt zu wer<strong>den</strong> und zu begrei-<br />
fen, dass das Leben nicht e<strong>in</strong>tönig se<strong>in</strong> muss. Nicht e<strong>in</strong>tönig<br />
ist. Das Leben selbst ist e<strong>in</strong> Wunder!<br />
Wenn man Kunst als Mittel benutzen kann, <strong>den</strong> Geist der<br />
Welt zu öffnen, dann glaube ich, ist es unsere Verantwortung<br />
als Kuratoren, dies zu tun. Das kann man auch <strong>in</strong> <strong>den</strong> aus-<br />
gestellten Arbeiten sehen: Die meisten Werke der Biennale<br />
geben uns Raum, <strong>in</strong>ne zu halten und nachzu<strong>den</strong>ken.<br />
Mehr als 60 Künstler aus aller Welt stellen ihre Werke<br />
auf der Biennale aus. Welche Art der Kunst bevorzugen<br />
Sie oder kann man als Kurator ke<strong>in</strong>e Vorlieben haben?<br />
Oh doch. Ich glaube wir können Vorlieben haben – aber nur<br />
tief <strong>in</strong> unseren Gedanken. Und diese behalten wir dann als<br />
dunkles Geheimnis. So mache ich das zum<strong>in</strong>dest!<br />
Mir gefallen viele Kunstwerke – besonders die, die mich<br />
auf e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tellektuellen Level herausfordern. Es hängt auch<br />
vom Material, dem Medium, wie es präsentiert wird, ja selbst<br />
der Technik, der Relevanz zum jetzigen Leben, dem Bezug zur<br />
Geschichte, zur Zukunft, zur Literatur ab. Manchmal gefällt<br />
der Humor des Künstlers. Viele D<strong>in</strong>ge.<br />
Wie waren Ihre ersten Berührungen mit Kunst? Was hat<br />
Sie an Kunst besonders gefesselt? Was bedeutet Kunst<br />
für Sie?<br />
Ich habe darüber noch nie nachgedacht. Ich komme aus e<strong>in</strong>er<br />
irgendwie kreativen Familie. Aber das kommt häufig vor. Wir<br />
haben viel gelesen, hörten Musik, machten Sport. Es gab Pia-<br />
nisten, Balletttänzer<strong>in</strong>nen, Schriftsteller und e<strong>in</strong>en oder zwei<br />
Maler <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Familie. Ich glaube, ich habe e<strong>in</strong>en Onkel, der<br />
Viol<strong>in</strong>ist bei <strong>den</strong> Philharmonikern <strong>in</strong> Manila war. Wir haben<br />
das alles als selbstverständlich betrachtet, obwohl me<strong>in</strong> Vater<br />
Ingenieur war und me<strong>in</strong>e Mutter sich der Mathematik ver-<br />
schrieben hatte. Ich glaube me<strong>in</strong>e ersten Kontakte mit Kunst<br />
waren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ganz normalen Umfeld.<br />
Was ist Kunst? Ich glaube, da muss ich e<strong>in</strong>e Doktorarbeit<br />
schreiben, ohne für me<strong>in</strong>e Antwort kritisiert zu wer<strong>den</strong>. Ich<br />
b<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Künstler und ich versuche mich auch nicht <strong>in</strong> visueller<br />
Kunst. Ich schreibe nur – und das ist schwierig genug.<br />
Veronika Wüster<br />
Fotos: Biennale + Veronika Wüster<br />
S<strong>in</strong>gapur Aktuell<br />
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