Stahlbau-Nachrichten 01/2007 - Verlagsgruppe Wiederspahn
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Bauen im Bestand <strong>Stahlbau</strong>-<strong>Nachrichten</strong><br />
Zur Verwendung von Walzträgern beim Bauen im Bestand<br />
Gestaltungsfreiheit und Dauerhaftigkeit<br />
Angesichts einer stagnierenden, demographisch<br />
begründeten Entwicklung und einer<br />
hinreichenden Zahl an Wohnungen gewinnt<br />
das Bauen im Bestand zunehmend an Bedeutung:<br />
Bereits heute übersteigen die entsprechenden<br />
Investitionen mit nahezu 55 %<br />
jene in Neubauprojekte.<br />
Prinzipielle Herausforderungen<br />
Die meisten Planungs- und Gestaltungsaufgaben<br />
werden in dreierlei Hinsicht geprägt: durch den<br />
Neubau in historischer Umgebung, den Weiter-<br />
sowie den Umbau vorhandener Substanz. Deren<br />
Anpassung an zeitgemäße Standards ist aber allein<br />
schon wegen des Aspekts eines schonenden Umgangs<br />
mit den natürlichen Ressourcen richtig und<br />
wichtig. Und für Architekten, Ingenieure und die<br />
Baustoffindustrie eröffnet sich durch das nachhaltige<br />
Bauen im Bestand ein weiteres Feld für kreative<br />
Lösungen, preisgünstige Techniken und Verfahren<br />
bilden in dem Zusammenhang eine wesentliche<br />
Voraussetzung. Betrachtet man die anfallenden<br />
Kosten rund um ein Bauwerk über die gesamte<br />
Lebensdauer in Form einer Life-Cycle-Analysis, so<br />
stellt man fest, dass der Aufwand für dessen Errichtung<br />
nur etwa 30 % beträgt; ihr Großteil resultiert<br />
also aus der maximalen Ausnutzung sowie späteren<br />
Instandsetzungen und Modernisierungen. Diese<br />
nicht unerheblichen Kosten ließen sich jedoch in<br />
der Planungsphase auf ein Minimum reduzieren,<br />
wenn von vornherein Kriterien wie Umwidmungs-,<br />
Ergänzungs- und Sanierungsfähigkeit berücksichtigt<br />
werden.<br />
In der Vergangenheit wurde hierzulande eher für die<br />
Ewigkeit gebaut, während man im Ausland schon<br />
sehr früh die Vorzüge zum Beispiel der Stahl- oder<br />
Stahlverbundbauweise erkannt hat. Ab der deutschen<br />
Grenze galt bisher freilich ein anderer Grundsatz:<br />
Es wurde nur für den einen Zweck geplant,<br />
das heißt für die primäre Erstnutzung und folglich je<br />
massiver, desto besser; lediglich bei repräsentativen<br />
Gebäuden dachte man auch an Stahl. Ein herausragendes<br />
Merkmal unserer Zeit ist indessen die<br />
dynamische Schnelllebigkeit. Die dabei auftretende,<br />
immer kürzer erscheinende Nutzungsdauer verlangt<br />
ein Maximum an Variabilität – eine erhebliche Herausforderung,<br />
der sich Architekten und Ingenieure<br />
stellen müssen, gerade beim Bauen im Bestand.<br />
Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen<br />
bedingen eine große Gestaltungsfreiheit und<br />
Flexibilität. Hierzu eignen sich leichte und wandelbare<br />
Konstruktionen, deren Realisierung der<br />
Stahl- und Stahlverbundbau jederzeit ermöglichen.<br />
Bauen im Bestand bedeutet jedoch vor allem eine<br />
Anpassung an aktuelle Bedürfnisse, überwiegend<br />
aus dem Wunsch einer Nutzungsänderung oder<br />
der Notwendigkeit einer Sanierung erwachsend.<br />
Früheres IG-Farben-Gebäude in Frankfurt am Main<br />
© Arcelor Mittal<br />
Die Erhaltung und Instandsetzung oder, besser, die<br />
Überführung einer Immobilie in den ursprünglichen<br />
Originalzustand sorgen unter dem allgemeinen<br />
Begriff »Bauen im Bestand« mitunter für steigende<br />
oder ganz besondere Herausforderungen, wenn<br />
Denkmalschutzauflagen zu beachten sind. Architekt<br />
und Ingenieur haben in solchen Fällen nicht mehr<br />
den Spielraum, über den sie bei Neubauentwürfen<br />
verfügen. Das Tragsystem ist bereits vorgegeben<br />
und eine eventuelle schlechte oder fehlende Dokumentation<br />
kann darüber hinaus einen erhöhten<br />
Planungsaufwand verursachen. Manchmal treten<br />
überdies Überraschungen auf, wenn im Vorfeld beschriebene<br />
Zustände nicht mit der örtlich vorgefundenen<br />
Konstellation übereinstimmen. Die Folge davon<br />
sind mit Zusatzkosten verbundene Änderungen,<br />
die zugleich den vorgesehenen Bauablauf empfindlich<br />
stören. Mit der Umwidmung einer Immobilie<br />
wird oft das Ziel angesteuert, deren Attraktivität zu<br />
erhöhen, um beispielsweise weitere vermietbare<br />
IG-Farben-Gebäude; Stahlskelett<br />
© Arcelor Mittal<br />
IG-Farben-Gebäude; Grundriss<br />
© Arcelor Mittal<br />
Flächen zu schaffen oder die räumliche Situation an<br />
heutige Bedürfnisse anzupassen. Die Investitionsentscheidung<br />
hängt aber nicht zuletzt von der technischen<br />
Machbarkeit ab; zu berücksichtigen sind<br />
zudem temporäre Nutzungs- und insofern meistens<br />
Mietausfälle. Flexible Bausysteme, industriell vorgefertigt<br />
aus Stahl, die kurze Realisierungszeiten<br />
ermöglichen und selbst im Bauablauf ohne großen<br />
Aufwand anpassungsfähig sind, verbessern deshalb<br />
nicht nur die Qualität, sondern ebenso die Termin-<br />
und Kostensicherheit. – Unterschiedliche Gewerke,<br />
beengte Raumverhältnisse und Termindruck erzeugen<br />
hohe Ansprüche an die Baustellenlogistik und<br />
mindern nicht selten die sonst übliche Produktivität.<br />
Die Antwort auf all diese Probleme bieten, wie<br />
bereits angedeutet, Leichtbaukonstruktionen aus<br />
Stahl oder Stahlverbund, denn solche Elemente lassen<br />
sich, als industriell teilvorgefertigte oder sogar<br />
einbaufertige Komponenten angeliefert, innerhalb<br />
knapper Fristen montieren.