115 / 1 - VICO Wissenschaftliches Antiquariat und Verlag OHG
115 / 1 - VICO Wissenschaftliches Antiquariat und Verlag OHG
115 / 1 - VICO Wissenschaftliches Antiquariat und Verlag OHG
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
� II<br />
47 Justus Henning BÖHMER, Das zivilrechtliche<br />
Werk des bedeutenden Rechtsprofessors<br />
an der preußischen Universität der<br />
Aufklärung zu Halle in Originaldrucken. 175<br />
Titel in 50 Bänden. Preis <strong>und</strong> detaillierte Titelübersicht<br />
auf Anfrage<br />
Justus Henning BÖHMER (1674-1749)<br />
Die Universität Halle stand nach ihrer Gründung<br />
im Zeichen der beiden großen Juristen<br />
Samuel STRYK <strong>und</strong> Christian THOMASIUS.<br />
Beide waren in ihrer Wissenschaftsauffassung<br />
wie in ihrem Charakter durchaus verschieden,<br />
fanden aber einen Weg, ein gemeinsames Ziel<br />
zu verfolgen, was vor allem für das Studentenleben,<br />
das sich gerne in Streitereien messen<br />
wollte, befriedend wirkte. Die gemeinsame<br />
Gr<strong>und</strong>lage war das Ius Romanum, bei Stryk<br />
gr<strong>und</strong>legend, bei Thomasius mit sehr kritischen<br />
Distanzierungen. In den Vorlesungen<br />
wurden zunächst fremde Lehrbücher benutzt,<br />
Lauterbach etwa oder das dreibändige Werk<br />
des holländischen Juristen Ulrich Huber. Mit<br />
Hugo Grotius <strong>und</strong> Samuel Pufendorf zog das<br />
Naturrecht in die Hörsäle zu Halle ein. Thomasius<br />
nahm bereitwillig diese Ideen auf <strong>und</strong><br />
suchte sie weiterzuentwickeln, wie sein Werk<br />
Institutiones Iurisprudentiae divinae (vgl. Angebots-Nr.<br />
41) beweist. Auch im Vorlesungsstil<br />
waren Stryk <strong>und</strong> Thomasius verschieden. Stryk<br />
blieb bei der lateinische Sprache, Thomasius<br />
trug mehr <strong>und</strong> mehr in deutscher Sprache vor.<br />
Stryk kam mit einem vorbereiteten Manuskript<br />
in den Hörsaal, das Diktieren sollte den Studenten<br />
auch in Form von Mitschriften ihr Lernen<br />
unterstützen. Schließlich gab er seinen großen,<br />
epochemachenden Kommentar heraus,<br />
der die gesamten Digesten im Sinne des usus<br />
modernus pandectarum (vgl. Angebots-Nr. 40)<br />
erläuterte. Thomasius dagegen diktierte nur<br />
wenige Sätze <strong>und</strong> trug seine Vorlesung frei vor.<br />
Dementsprechend groß waren die vorlesungsbegleitende<br />
Publikationen von Thomasius.<br />
In dieser Blütezeit der Hallensischen Universität<br />
übernahm Justus Henning Böhmer<br />
ein Professorenamt ab 1701 <strong>und</strong> erklomm stetig,<br />
aber nachhaltig die Karriereleiter in Halle,<br />
bis er schließlich 1743 erster Ordinarius der juristischen<br />
Fakultät <strong>und</strong> zum Kanzler des Herzogtums<br />
Magdeburg ernannt wurde. Böhmer<br />
führte das Werk von Samuel STRYK weiter <strong>und</strong><br />
entwickelte den usus modernus pandectarum<br />
weiter sowohl im Zivilrecht wie im Kirchenrecht,<br />
das in den Werken von Böhmer auch viel<br />
Zivilrecht enthielt. Schon der Titel kündet die Richtung 1713 an: Ius ecclesiasticum Protestantium<br />
usum modernum iuris canonici iuxta seriem libri primi decretalium ostendens.<br />
Sein Digestenlehrbuch ist das beste im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert (Stintzing). Seine Dissertationen<br />
sind ebenso wichtig für eine Reihe von Fragen vor allem im Zivilrecht (Schubert-Fikentscher).<br />
Seine Rechtsgutachten, publiziert in seinen „Consultationes et Decisiones“ <strong>und</strong><br />
„Exercitationes ad Pandectas“ ( beide Titel von seinen Söhnen herausgegeben) zeigen<br />
den auch in der Rechtspraxis bienenfleißigen Mann, dessen Schaffenskraft unerschöpflich<br />
schien. Zwei seiner Söhne wurden ebenfalls Professoren: der älteste, Johann Samuel<br />
Friedrich, Kriminalist, seit 1726 in Halle <strong>und</strong> ab 1750 in Frankfurt an der Oder, der jüngere<br />
<strong>und</strong> vielleicht bekanntere Georg Ludwig war ab 1740 Professor für römisches Recht <strong>und</strong><br />
Kirchenrecht in Göttingen. Der Glanz von Halle <strong>und</strong> der weit über die Landesgrenzen hinaus<br />
reichende Ruf von Justus Henning Böhmer sorgten für ständige Versuche des Abwerbens:<br />
die Universitäten Bern, Kiel, Helmstedt, Tübingen <strong>und</strong> Wittenberg warteten vergeblich<br />
auf eine Zusage Böhmers. 1726 sollte er sogar Reichshofrat in Wien werden. Böhmer<br />
war bodenständig, still, fleißig <strong>und</strong> gediegen; eine glanzvolle Karriere im Äußeren<br />
war ihm fremd, er wirkte in Schriften <strong>und</strong> Vorlesungen: „ Aufgr<strong>und</strong> des rechtshistorischen<br />
Niveaus seiner Werke war Böhmer vielleicht der bedeutendste deutsche Rechtsgelehrte des<br />
18. Jahrh<strong>und</strong>erts.” (Peter Landau)