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115 / 1 - VICO Wissenschaftliches Antiquariat und Verlag OHG

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� 6<br />

die Universität Greifswald zu reisen,<br />

um der jungen Universität Glanz zu<br />

verleihen. Im Winter 1497 verließ er<br />

Italien.In Greifswald dozierte er zusammen<br />

mit seinem Sohne Vicentius<br />

5 Jahre lang. Am 25. Oktober 1502,<br />

als seine Tochter Margareta starb,<br />

wollte Petrus Ravenna in seine Heimat<br />

zurück.<br />

Petrus Thomis aus Ravenna verließ<br />

Greifswald im Frühjahr 1503. Herzog<br />

Bogislaw X. übergab ihm 100 Dukaten<br />

<strong>und</strong> schenkte ihm ein Pferd, auch wurde ihm<br />

ein Empfehlungsschreiben überreicht für die<br />

Sicherheit unterwegs. Als Kurfürst Friedrich<br />

von Sachsen von der Reise des<br />

berühmten Italieners vernahm,<br />

sandte er ihm einen Boten entgegen<br />

mit der Bitte, in Wittenberg<br />

Station zu machen <strong>und</strong><br />

dort Vorlesungen abzuhalten.<br />

Am 3. Mai 1503 hielt Petrus Ravenna<br />

eine Vorlesung mit dem<br />

Thema: „Über die Gewalt des<br />

römischen Papstes <strong>und</strong> des Kaisers“.<br />

Den Bitten des Fürsten<br />

folgend blieb Petrus Ravenna<br />

weiterhin in Wittenberg, um Vorlesungen abzuhalten.<br />

Er lehrte auf der Gr<strong>und</strong>lage seines eigenen<br />

Compendium iuris canonici, das nunmehr in<br />

II. HUMANISTISCHE IURISPRUDENZ:<br />

Textkritik, Systemversuche <strong>und</strong> Methodendiskussionen<br />

Der Impuls für eine gr<strong>und</strong>legende Reform<br />

des gesamten Rechts, insbesondere des<br />

Rechtsunterrichts <strong>und</strong> der Betrachtung<br />

der Rechtsquellen, kam von Guillaume Budé, der 1508<br />

seine Annotationes in Pandectas, welche die humanistischen<br />

Iurisprudenz initiierte, publizierte. Budaeus<br />

führte die philologische Kritik in die Iurisprudenz<br />

ein. Daneben waren die Kenntnisse der<br />

antiken Geschichte <strong>und</strong> Kultur in dieser Epoche<br />

Bildungsgut aller Juristen. Schwieriger zu studieren,<br />

aber für Budé noch bedeutender wurde sein<br />

1515 erstmals publiziertes Werk „De asse“, das<br />

uns Einblick in die antike römische Ökonomie<br />

gewährt. Budé festigte damit seinen Ruf als Philologe<br />

<strong>und</strong> noch heute wird die Verbindung von<br />

kritischer Betrachtung der überlieferten Texte in Verbindung<br />

mit umfassenden Sachkenntnissen als Inbegriff wissenschaftlichen<br />

Kommentierens angesehen. In den Text<br />

selbst hat Budé hochinteressante wissenschafts-politische<br />

Betrachtungen <strong>und</strong> Aufrufe eingeflochten. Erstmals wird<br />

der Begriff der Grande Nation als erstrebenswertes Ziel<br />

für Frankreich formuliert. Auch rückte die Griechische<br />

Sprache, die den mittelalterlichen Juristen fremd war,<br />

wieder in die Welt der Rechtsgelehrsamkeit ein: Graeca<br />

leguntur.<br />

Bereits im Jahre 1518 wurde deutlich, dass Budé die<br />

juristischen Kenntnisse fehlten, um mit den professionell<br />

tätigen Rechtsgelehrten konkurrieren zu können. Ein in<br />

Mailand zunächst als Rechtsanwalt tätiger Jurist, der erst<br />

die Alten Sprachen Latein <strong>und</strong> Griechisch studierte hatte,<br />

bevor er sich der Iurisprudenz zuwandte, publizierte<br />

einen Sammelband von kleineren Werken, der unter dem<br />

griffigen Namen „Paradoxa“ bald europaweit<br />

für Aufsehen sorgte. Die Sehnsucht nach einer<br />

gr<strong>und</strong>legenden Reform der Rechtswissenschaft<br />

war entfacht <strong>und</strong> Andreas Alciat schien die Erwartungen<br />

erfüllen zu können. Für die Wirkung<br />

von Budaeus <strong>und</strong> seinen juristischen Werken kam<br />

hinzu, dass mit Andreas Alciat der bedeutendste<br />

unter den Juristen der humanistischen Iurispru-<br />

Wittenberg zur Begleitung seiner Vorlesungen<br />

publiziert war.<br />

Im Sommersemester kam die Pest nach Wittenberg<br />

<strong>und</strong> Petrus Ravenna verließ Wittenberg.<br />

Danach ging er nach Köln, wo er am 3. Dezember<br />

1506 an der Universität immatrikuliert<br />

wurde. Wiederum bestritt er Vorlesungen auf<br />

der Gr<strong>und</strong>lage seines Compendium. Er diktierte<br />

<strong>und</strong> daran schlossen sich Erläuterungen <strong>und</strong><br />

einige Zusätze an. Auseinandersetzungen vor<br />

Ort, insbesondere prangerte er die Gewohnheit<br />

an, Leichen am Galgen verwesen zu lassen, ließen<br />

in von Köln nach Mainz ziehen, wo er bald<br />

verstarb.<br />

denz gleich zu Beginn der Epoche der humanistischen<br />

Iurisprudenz auftrat.<br />

Mit den Werken von Budaeus <strong>und</strong> Alciat wurde auch<br />

die Buchdruckerkunst radikal verändert. Selbst die Kommentare<br />

eines Jason de Mayno waren in den Vorlesungen<br />

vorgesprochen <strong>und</strong> bekannt gemacht. Nunmehr aber erschienen<br />

Bücher, die völlig neue Gedanken mittels der<br />

Buchdruckerkunst an das Licht der Öffentlichkeit brachten,<br />

ein ungeheurer Vorgang. Bücher wurden ein hochinteressantes<br />

Medium, zugleich aber eine schlagkräftige<br />

Waffe, Martin Luther nutzte die Druckerkunst ausgiebig.<br />

Nunmehr veränderten die Bücher auch die Welt.<br />

Die Buchdruckerkunst war aber auch ein<br />

Nachteil, denn der Erwartungshunger des<br />

lesenden Publikums war groß <strong>und</strong> man<br />

kaufte auch Raubdrucke, um an die Neuigkeiten zu gelangen.<br />

So erlebte Budé, dass seine Werke -oftmals in Basel-<br />

ohne Genehmigung kurze Zeit später nachgedruckt wurden.<br />

Budé bekam kein Honorar <strong>und</strong> sein Verleger erlitt<br />

schwere geschäftliche Verluste. Auch Alciat fürchtete Zeit<br />

seines Gelehrtenlebens Raubdrucke. Alciat musste sich gefallen<br />

lassen. dass Werke unter seinem Namen erschienen,<br />

die er überhaupt nicht geschrieben hat. Dies führte Alciat<br />

aber zu seinem nächsten verlegerischen Erfolg, indem er<br />

selbst seine Opera omnia herausgab <strong>und</strong> dadurch den Kanon<br />

seiner Texte legitimierte. Alciat war gelehrt <strong>und</strong> geschäftstüchtig.<br />

Budé bewirkte es auch, dass Alciat an die von<br />

ihm mitbegründete Reformuniversität zu<br />

Bourges als Rechtslehrer verpflichtet wurde.<br />

Dort lehrte eine Gelehrtengeneration später auch<br />

der größte französische Jurist Jacques Cujas <strong>und</strong> führte<br />

die Rechtsgelehrsamkeit zu einem neuen Höhepunkt.<br />

Die Vorlesungen in der Epoche der humanistischen Iurisprudenz<br />

erhielten auch einen anderen Charakter, wie der<br />

Sammelband von Praelectiones, die der italienische Jurist<br />

Aemilius Ferretus in Avignon abgehalten hat, zeigt.

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