115 / 1 - VICO Wissenschaftliches Antiquariat und Verlag OHG
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T<br />
homasius, schillernde Juristengestalt<br />
an der neugegründeten preußischen<br />
Universität der Aufklärung in Halle,<br />
kritisierte die Anwendung des Ius Romanum,<br />
bisweilen wetterte er dagegen. Christian Thomasius<br />
forderte sogar, dass der Rechtsunterricht nicht<br />
auf dem Corpus iuris civilis aufgebaut werden sollte,<br />
sondern man solle für die Ausbildung der Juristen<br />
den Sachsenspiegel heranziehen. Sein wichtigster<br />
Schüler Ludovici vollzog den Auftrag seines Lehrers<br />
<strong>und</strong> Meisters, <strong>und</strong> gab den Sachsenspiegel heraus,<br />
ein denkwürdiges Dokument. Das deutsche<br />
Recht erhielt nicht den von Thomasius geforderten<br />
Stellenwert, aber es war enromer Auftrieb zu verzeichnen,<br />
<strong>und</strong> das Deutsche Recht etablierte sich<br />
gar als eigenständige deutsche Rechtswissenschaft.<br />
Erste systematische Lehrbücher erschienen wie das<br />
Gründungswerk von Johann Gottlieb Heineccius,<br />
eine deutsche Fachsprache entwickelte<br />
sich, Schottelius war Teil dieser Entwicklung.<br />
Und schließlich griff auch<br />
die historische Rechtsschule auf den<br />
germanistischen Zweig zurück.<br />
Das Corpus iuris civilis blieb die<br />
Gr<strong>und</strong>lage allen Rechtsdenkens. In<br />
dieser Zeit, wir sprechen über einen<br />
Zeitraum von fast 300 Jahren, herrschten<br />
drei Ausgaben: die Littera Gothofrediana,<br />
eine kommentierte Ausgabe des<br />
Corpus, verfasst von Dionysius Gothofredus,<br />
einem Calvinisten, der aus<br />
Glaubensgründen in Heidelberg lehrte. Für die<br />
reine Textausgabe, also ein Werk für Theorie <strong>und</strong><br />
Praxis zugleich, sorgte Freiesleben. Und schließlich<br />
stellten die beiden Göttinger Rechtsprofessoren<br />
Gebauer <strong>und</strong> Spangenberg die Summe aller<br />
Erkenntnisse seit der frühen Neuzeit in ihrer berühmten<br />
Ausgabe zu Göttingen zusammen, eine<br />
kritische Edition des Corpus iuris civilis.<br />
Das Zeitalter der Aufklärung, Halle<br />
sah sich diesem Vernunftgedanken<br />
verpflichtet, brachte auch juristische<br />
Werke hervor, der man in der Rechtsgeschichte als<br />
34 CORPUS JURIS CIVILIS ROMANI - in quo Institutiones,<br />
Digesta ad Codicem Florentinum emendata, Codex &<br />
Novellae nec non Justiniani Edicta, Editio novissima, pluribus notis<br />
auctior & de novo revisa. Antwerpen, Apud Joannem Baptistam Verdussen,<br />
1726. Groß-Folio. Titelblatt mit Druckersignet in Rot-Schwarz-<br />
Druck, (1) 64, 1032 S.; (2) Titelblatt mit Druckersignet, 512, 312, 112<br />
S. 2 schöne, zeitgenössische Lederbände mit reicher Rückenvergoldung<br />
auf sieben Bünden geheftet, mit rotem Buchschnitt, französischer Einband,<br />
etwas beschabt. Prachtvolle Corpus-iuris-civilis-Ausgabe, die berühmte<br />
van Leeuwen Ausgabe mit den Noten des Gothofredus.<br />
1.450,--<br />
Unter den neueren Corpus-Juris-Civilis-Ausgaben stellt der schöne,<br />
äußerst sorgfältig ausgeführte Elzevir-Druck "das beste aller<br />
handlichen Hilfsmittel zur neueren Dogmengeschichte dar, auch<br />
Vernunftrecht oder Naturrecht einordnet. Unter ihnen<br />
ist das Hauptwerk von Pufendorf, der zunächst<br />
im schwedischen L<strong>und</strong> wirkte, wo er bis heute in<br />
hohem Ansehen steht, als zweifelsohne epochal<br />
zu werten. Auch Thomasius nahm diesen Gedankengang<br />
auf, der gesamte Vorlesungsbetrieb in<br />
Deutschland wurde umgestellt.<br />
Das Vernunftzeitalter, die Aufklärung,<br />
der Sieg der Ratio über die Leidenschaft,<br />
forderten geradezu die Gegenbewegung<br />
heraus, die sich Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
in der Romantik manifestierte. Diese kurze,<br />
heftige, genialische Epoche war keine Gefühlsduselei<br />
als Reaktion auf die kalte Vernunft. Es war eine<br />
geistige Bewegung, die in alle Bereiche des Geisteslebens<br />
eingriff , sie veränderte <strong>und</strong> bis heute wirkt.<br />
Ohne die Romantik, zugebenermaßen eine kühne<br />
These, wäre Savigny nicht für die<br />
Rechtsgelehrsamkeit gewonnen worden,<br />
wäre die historische Schule nicht<br />
entstanden, hätte auch das F<strong>und</strong>ament<br />
nicht. Und die Romantik war auch eine<br />
Revolte der Jungen gegen die Erstarrung<br />
der alten Männer, Savigny war 20<br />
Jahre alt, als er zu diesem Kreise stieß.<br />
Und die Romantiker waren eine intellektuelle<br />
Gruppe von einer Intensität,<br />
die in der deutschen Geistesgeschichte<br />
ihresgleichen sucht. Diese Ereignisse<br />
spielten sich in den Jahren 1799/1800<br />
ab, eine Generation vor der Gründung der historischen<br />
Rechtsschule.<br />
Nach der Schilderung der Entwicklungen im<br />
Zivilrecht folgt ein kurzer Blick auf das Kriminalrecht,<br />
zu dieser Zeit teilweise im Rahmen des Corpus<br />
iuris civilis kommentiert. Die Constitutio Criminalis<br />
Carolina veränderte die juristische Welt<br />
gr<strong>und</strong>legend <strong>und</strong> nachhaltig. Carolina, Carpzov<br />
<strong>und</strong> Böhmer sind herausragende Stationen dieser<br />
Entwicklung. Die deutsche Kriminalrechtswissenschaft<br />
hatte mit der Carolina ihre Gr<strong>und</strong>lage gef<strong>und</strong>en.<br />
dem heutigen Erforscher des antiken<br />
Rechts leistet sie nützliche Hilfe."<br />
(Troje) Die Textgr<strong>und</strong>lage dieser Ausgabe<br />
ist die "Littera Gothofrediana".<br />
Angereichert wurde die Edition mit<br />
den Anmerkungen des bedeutenden<br />
französischen Juristen Jacques Cujas<br />
(1522-1590), der durch seine Exegesen<br />
<strong>und</strong> textkritischen Arbeiten für annähernd<br />
zwei Jahrh<strong>und</strong>erte Rechtswissenschaft<br />
wie Rechtspraxis dominierte.<br />
Ebenfalls aufgenommen wurden<br />
die Arbeiten zum Corpus juris des flämischen<br />
Juristen Antonius Anselmus<br />
(1589-1668).