24.11.2012 Aufrufe

Orthopädie und Unfallchirurgie - Mitteilungen und Nachrichten 2/2012

Orthopädie und Unfallchirurgie - Mitteilungen und Nachrichten 2/2012

Orthopädie und Unfallchirurgie - Mitteilungen und Nachrichten 2/2012

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

„Team-Pausen im OP erhalten<br />

die Leistungsfähigkeit“<br />

So titelt die Chirurgische Allgemeine vom<br />

Februar <strong>2012</strong> <strong>und</strong> zitiert damit eine Studie<br />

der Klinik für Kinderchirurgie an der<br />

Medizinischen Hochschule Hannover. Mit<br />

naturwissenschaftlichen Methoden (unter<br />

anderem Messung der Herzfrequenz,<br />

Messung der Kortison-, Adrenalin- <strong>und</strong><br />

Testosteronwerte im Speichel, Konzentrations-<br />

<strong>und</strong> Leistungstests) wurde dort<br />

nachgewiesen, dass Chirurgen, die zwischen<br />

den Eingriffen eine Kurzpause im<br />

Team einlegen, weniger Fehler machen<br />

<strong>und</strong> länger leistungsfähig sind. Brauchen<br />

wir tatsächlich eine Studie, um zu erkennen,<br />

dass Überbelastung zu erhöhter Abnutzung<br />

– nicht nur der Gelenke – führt?<br />

Diese Überbelastung ist systematisch,<br />

<strong>und</strong> wir unterlassen nichts, um sie nicht<br />

in Zeitschriften, auf Kongressen <strong>und</strong> berufspolitischen<br />

Workshops ständig mit<br />

Beispielen aus unserem Klinik- <strong>und</strong> Praxisalltag<br />

zu untermauern. Wir wissen das<br />

alles längst <strong>und</strong> auch, was daraus resultiert:<br />

Fehler, unerwünschte Ereignisse,<br />

<strong>Orthopädie</strong> <strong>und</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>Mitteilungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nachrichten</strong> | April <strong>2012</strong><br />

Frustrationserlebnisse – <strong>und</strong> dennoch<br />

machen wir Umfragen <strong>und</strong> sammeln Daten,<br />

gerade so, als ob der ges<strong>und</strong>e Menschenverstand<br />

Evidenz bräuchte. Vielleicht<br />

würde es uns weiter bringen, stattdessen<br />

auch einmal eine schöpferische<br />

Pause einzulegen.<br />

Unreflektierte Zahlen können in die Irre<br />

führen<br />

Vor wenigen Monaten wurde das Thema<br />

„Wir operieren zu viel“ laut. Vielfältige<br />

Erwiderungen, Studienergebnisse, Argumente<br />

<strong>und</strong> Schuldzuweisungen waren die<br />

Folge. Sagt uns nicht unser ges<strong>und</strong>er Menschenverstand,<br />

dass unerwünschte Ereignisse<br />

das Ergebnis vieler kleiner Fehler,<br />

Patzer, Organisationsmängel sind? Manche<br />

Ursachen, die sich nicht mit dem ges<strong>und</strong>en<br />

Menschenverstand allein erklären<br />

lassen, bedürfen zum Beispiel im Fall des<br />

scheinbar „ zu vielen Operierens“ umfangreicher<br />

<strong>und</strong> sorgfältiger Untersuchungen,<br />

Die MHH-Studie bezieht sich auf r<strong>und</strong> 60 komplexe laparoskopische Operationen bei Kindern.<br />

Für die Studie wählten die Mediziner aus Hannover ein Pausenschema von 25 zu fünf, das heißt,<br />

alle 25 Minuten legte das OP-Team eine fünfminütige Auszeit ein. Die Studie zeigt, dass kurze<br />

Unterbrechungen durchweg positive Auswirkungen haben: Chirurgen, die Pausen machen, schütten<br />

deutlich weniger Stresshormone aus, die Menge an Kortison beispielsweise ist um 22 Prozent geringer<br />

als bei denen, die auf Pausen verzichten. Auch die Leistungsfähigkeit bleibt erhalten, darauf weist<br />

unter anderem die ausgeglichene Herzfrequenz hin, die bei den pausierenden Chirurgen gemessen<br />

wurde. Operateure, die ihre Arbeit regelmäßig unterbrechen, machen außerdem dreimal weniger<br />

Fehler als Kollegen, die „durchoperieren“.<br />

Foto: Foto: Kaiser/MHH<br />

Editorial<br />

Prof. Dr. Hartmut Siebert, Generalsekretär der<br />

DGOU <strong>und</strong> der DGU<br />

um ihnen auf die Spur zu kommen. Schauen<br />

Sie in die von der DGOOC <strong>und</strong> Partnern<br />

im Krankenhaus-Report 2011 vorgelegte<br />

Studie zur regionalen Häufigkeit bestimmter<br />

Eingriffe aus unserem Fach (eine<br />

Zusammenfassung des entsprechenden<br />

Kapitels lesen Sie auf Seite 148: „Woher<br />

kommen die unterschiedlichen Operationszahlen?“).<br />

Auch das B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsministerium<br />

(BMG) lieferte Mitte Februar ein Beispiel<br />

des unwissenschaftlichen, unsorgfältigen<br />

<strong>und</strong> unverantwortlichen Umgangs mit<br />

sensiblen Daten. In seiner Antwort auf<br />

die Anfrage eines Abgeordneten zur Fehlerhäufigkeit<br />

der Patientenbehandlungen<br />

in Deutschland gab es an, dass ein Anstieg<br />

der Behandlungsfehler zu verzeichnen<br />

sei. Das BMG bezog sich dabei auf eine<br />

vom Statistischen B<strong>und</strong>esamt veröffentlichte<br />

Todesursachen-Statistik. Die vorhersagbare<br />

Folge war ein Trommelfeuer<br />

von Vorwürfen <strong>und</strong> Behauptungen, die<br />

Krankenhäuser <strong>und</strong> Ärzte in Kliniken <strong>und</strong><br />

Praxen in die kriminelle Ecke stellten. Was<br />

war geschehen? Eine fehlerhafte Interpretation<br />

sogenannter Routine daten aus<br />

dem DRG-Abrechnungssystem wurde,<br />

weil es so schön ins Bild passt, ungeprüft<br />

publiziert. Eine „Team-Pause“ davor hätte<br />

dies vermieden (lesen Sie dazu auch:<br />

121

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!