Orthopädie und Unfallchirurgie - Mitteilungen und Nachrichten 2/2012
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Recht <strong>und</strong> Wirtschaft<br />
PRAXISMARKETING<br />
Meine Praxis, die Marke<br />
Wer die Wahl hat, hat die Qual. Das gilt auch bei Arztpraxen, von denen es gerade in Großstädten ein<br />
großes Angebot gibt, aus dem die Patienten auswählen können. Beispielhaft sei hier dargelegt, wie man<br />
sich mit seiner Praxis von den Kollegen abheben kann, um Patienten zu gewinnen <strong>und</strong> zu halten.<br />
„Bei Ihnen sieht es ja fast aus wie in einem<br />
Spa!“ Erstaunte Äußerungen wie<br />
diese hört Dr. Angela Moewes oft. Natürliche<br />
<strong>und</strong> gedeckte Farben, aufgeräumtes,<br />
ruhiges Ambiente, moderne Einrichtung<br />
– tatsächlich erinnert vieles in ihren<br />
Räumlichkeiten an einen Wohlfühltempel.<br />
Doch statt Kosmetikanwendungen<br />
oder Massagest<strong>und</strong>en gibt es bei Dr.<br />
Angela Moewes fachmedizinische Therapie:<br />
Moewes ist Orthopädin, betreibt<br />
gemeinsam mit ihrem Kompagnon Dr.<br />
Ulrich Münzer eine Praxis in Bochum.<br />
Medizin <strong>und</strong> ansprechende Atmosphäre<br />
– das schließt sich nicht aus, ist Moewes<br />
überzeugt. Mehr noch: „Meine Patienten<br />
sollen sich bei mir wohl fühlen. Denn das<br />
wirkt sich nicht nur auf den Therapieerfolg<br />
aus, ich setze mich damit auch von<br />
anderen <strong>Orthopädie</strong>praxen ab, unterscheide<br />
mich von ihnen.“<br />
Was Moewes instinktiv erkannt hat, unterstreichen<br />
bereits erste Forschungsergebnisse.<br />
Max Kettner, Medienwissenschaftler<br />
an der Technischen Universität<br />
Berlin, untersucht das Marketing von<br />
niedergelassenen Ärzten <strong>und</strong> hat zuletzt<br />
einen Wandel im Patientenverhalten<br />
festgestellt: „Der Patient ist nicht länger<br />
Patient, sondern K<strong>und</strong>e“, sagte er kürzlich<br />
in einem Web-TV-Interview mit der<br />
Kassenärztlichen B<strong>und</strong>esvereinigung. Die<br />
Hintergründe mögen kaum einem niedergelassenen<br />
Arzt gefallen, gleichwohl<br />
sind sie Realität: In vielen Gegenden, zumal<br />
in Großstädten, herrscht ein so großes<br />
Angebot an Praxen, dass der Patient<br />
AUSHÄNGESCHILD MITARBEITER<br />
Dr. Christian Hauschild ist überzeugt: „Mehr<br />
als mit jeder Homepage gewinnt man Patienten,<br />
wenn die Praxis r<strong>und</strong> läuft.“ Und das<br />
fängt schon mit einer ordentlich organisierten<br />
Terminvergabe an. „Wenn ein K<strong>und</strong>e,<br />
zum Beispiel ein Berufstätiger, sofort drankommt<br />
<strong>und</strong> vielleicht nach 20 Minuten<br />
schon wieder die Praxis verlassen kann –<br />
dann kommt der auch wieder.“ Hauschild ist<br />
da rigoros. „Wenn ich erfahre, dass ein Patient<br />
mit festem Termin mehr als 20 Minuten<br />
warten musste, berufe ich eine Personalkonferenz<br />
ein.“ Dann wird gemeinsam mit dem<br />
Team nach dem Fehler gesucht, wird der<br />
ganze Prozess der Terminvergabe abgeklopft.<br />
Ebenso wichtig: die Fre<strong>und</strong>lichkeit der Mitarbeiter.<br />
Und die beginnt bereits bei der Anrufannahme.<br />
Genuschelte Ansagen, unklare<br />
Informationen oder gar genervte Reaktionen<br />
auf Patientenfragen – ein No-Go, so<br />
Hauschild. Seine Angestellten haben deshalb<br />
alle ein Kommunikationsseminar besucht,<br />
wurden hier darauf sensibilisiert, genau<br />
zuzuhören <strong>und</strong> Patientenaussagen<br />
fre<strong>und</strong>lich zu bestätigen. „So fühlt sich der<br />
Patient mitgenommen“, sagt Hauschild.<br />
Und ganz nebenbei nimmt das den Stress<br />
aus dem Arbeitsalltag heraus, sorgt auch im<br />
Team für eine angenehme Atmosphäre <strong>und</strong><br />
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Sinne ist Marketing für mich gar nicht allein<br />
ein Weg, um Patienten anzulocken, sondern<br />
auch ein Hilfsmittel, um mit allen Mitarbeitern<br />
<strong>und</strong> Patienten vernünftig zusammenzuarbeiten“,<br />
so Hauschild.<br />
ausreichend Wahlmöglichkeiten hat. Das<br />
mag für Orthopäden nicht flächendeckend<br />
zutreffen. Aber allein in Bochum,<br />
wo Dr. Angela Moewes ihre Praxis unterhält,<br />
herrscht nach ihrer Einschätzung<br />
eine deutliche Überversorgung durch<br />
Orthopäden. „Das Angebot übersteigt die<br />
Nachfrage – das führt zu einem Umdenken<br />
bei den Ärzten“, sagt Kettner. Und zu<br />
neuen Fragen: Wie komme ich zu neuen<br />
Patienten? Wie binde ich meine bestehenden<br />
Patienten? Und wie gewinne ich<br />
verlorene Patienten zurück?<br />
Ein ansprechender Auftritt von Praxis<br />
<strong>und</strong> Angestellten ist schon mal ein guter<br />
Anfang, wie das Beispiel von Dr. Angela<br />
Moewes zeigt. „Manchmal sind es Details<br />
wie die farblich einheitlichen T-Shirts<br />
der Angestellten, die zugleich stilvoll <strong>und</strong><br />
beruhigend auf die Patienten wirken“,<br />
weiß Sabine Franzke, Qualitätsmanagementbeauftragte<br />
des Berufsverbandes<br />
der Fachärzte für <strong>Orthopädie</strong> <strong>und</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />
(BVOU). Der Verband bietet<br />
deshalb für seine Mitglieder Poloshirts<br />
für den Einsatz in der Praxis an. „Früher<br />
trugen viele Praxisangestellte private<br />
Kleidung <strong>und</strong> pinnten sich Anstecknadeln<br />
an, um sich als Personal erkennbar<br />
zu machen. Das fanden manche recht<br />
unpraktisch <strong>und</strong> auch unhygienisch“, so<br />
die QM-Beauftragte. „Und weiße Kittel<br />
wiederum können gerade auf Kinder zu<br />
steril <strong>und</strong> einschüchternd wirken.“ Die<br />
BVOU-Praxisshirts, vorn <strong>und</strong> hinten mit<br />
dem Aufdruck „Praxisteam“ bzw. „Praxisteam<br />
<strong>Orthopädie</strong>“ versehen, werden gut<br />
<strong>Orthopädie</strong> <strong>und</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>Mitteilungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nachrichten</strong> | April <strong>2012</strong>