Deutsch-Ungarisches Seminar <strong>2002</strong> – UmweltrechtWORKSHOP 2Der Zugriff <strong>zu</strong> den Informationen ist daserste Kriterium. § 12. des Gesetzes überden Umweltschutz sichert sowohl das passiveInformationsrecht, als auch das aktiveRecht (Orientierungsmöglichkeit), wonachBürger nach Informationen ohne Geltendmachungsubjektiver Rechte fragen können,und die Gesellschaft über den Umwelt<strong>zu</strong>standregelmäßig informiert werdenmuss. Die Behörde kann das Gesuch nurin Sonderfällen <strong>zu</strong>rückweisen. Die Informationspflichtund die Orientierungsmöglichkeithaben besonders große Bedeutung imInstitut der komplexen Umweltschutzkontrolle,der Wirkungskontrolle. In diesemVerfahren muss für alle Interessierendeneine allgemein verständliche Zusammenfassungüber die bewilligungspflichtigenTätigkeiten gemacht werden und der Umweltnutzermuss den direkt Beteiligten (Betroffenen)erklären, was die Veränderungenfür sie bedeuten werden. Im Verfahren istauch die allgemeine Anhörung gesichert.Im Verfahren der komplexen Umweltkontrollekönnen auch Gemeinschaften Verfahreneinleiten. Das Gesetz stattet solcheZivilorganisationen mit Rechtsstellung einesAuftraggebers aus, der auf dem Wirkungsgebietder gegebenen Umweltsachetätig wird.Nach § 97. des Umweltschutzgesetzesbedeutet das Recht <strong>zu</strong> staatsbürgerlichenAnregungen nicht nur das Prozessführungsrecht.Dieses Recht verwirklicht dieTeilnahme auch in der Kontrolle. Hier<strong>zu</strong>gehört die Informationspflicht der staatlichenOrgane, wenn das Gesuch schriftlichgestellt ist.Nach § 98. des Gesetzes können die Organisationenan der Ausarbeitung der Umweltprogramme,der Flächennut<strong>zu</strong>ngspläneteilnehmen. Sie haben die Möglichkeit überRechtsnormen ihre Meinung <strong>zu</strong> äußern.Nach § 98. Absatz 3 muss diese Ansprüchedas die Rechtsnorm vorbereitendeMinisterium der Selbstverwaltung verkündigen.Nach Absatz 4 veröffentlichen dieseOrgane die Rechtsnormen in einem Register.Grenzen des Rechts im Umweltschutzvon Swenja Rieck, Freie Universität <strong>Berlin</strong>Ziel dieser Seminararbeit war es, die Grenzendar<strong>zu</strong>stellen, an die das Umweltrechtbei der Erfüllung seiner Aufgaben -demUmweltschutz- stößt.Die Arbeit ist nach drei Bereichen aufgeteilt.Zunächst werden die dem Rechtselbst schon innewohnenden Schrankenerläutert, auf Grund derer nicht immer undüberall <strong>zu</strong> Gunsten des Umweltschutzesentschieden werden kann.Als zweites folgt eine Darstellung derGründe für die Ineffektivität mancher Umweltnormensowie der da<strong>zu</strong> entwickeltenVerbesserungsvorschläge. Schließlich wirduntersucht, inwiefern im Umweltschutz Ungleichheitenbestehen und wo die Gründedafür liegen. Mit Blick auf das EnvironmentalJustice Movement in den USA wirddie Situation in Deutschland beleuchtet.Im folgenden werden die Hauptaussagendieser drei Bereiche <strong>zu</strong>sammengefasst.Rechtsimmanente SchrankenHoheitliche Maßnahmen des Umweltschutzesfinden ihre verfassungsrechtlichenGrenzen besonders in den Grundrechten,wie der Eigentumsfreiheit, der Berufsfreiheit,der allgemeinen Handlungsfreiheit unddem Willkürverbot. Umweltrecht kann alsonur soweit reichen, wie der Kernbereich der42
Deutsch-Ungarisches Seminar <strong>2002</strong> – UmweltrechtWORKSHOP 2Grundrechte unangetastet bleibt. DieGrundrechte gewähren insofern eine gewisseUmweltverschmut<strong>zu</strong>ngsfreiheit.Leistungsgrenzen des UmweltrechtsDie Instrumente des Umweltrechts erweisensich als nicht so leistungsfähig, wie eswünschenswert wäre. Für die Ineffektivitätder Regelungen werden verschiedeneGründe angegeben:Auf Grund des Querschnittscharakters desUmweltrechts sind die Normen unübersichtlichin vielen verschiedenen Gesetzenverstreut, was es für die Normadressatenschwierig macht, heraus<strong>zu</strong>finden, welcheRegelungen es <strong>zu</strong> beachten gilt. Bei deradministrativen Durchführung von Maßnahmendes Umweltschutzes fällt auf, dassdie <strong>zu</strong>ständigen Behörden oft personelloder mit Sachmitteln nicht genügend ausgestattetsind, so dass die gesetzlichenVerwaltungsaufträge <strong>zu</strong>nehmend nichtmehr erfüllt werden können. Verstöße gegenUmweltnormen werden weder privatrechtlich,öffentlich-rechtlich noch strafrechtlichgenügend sanktioniert. Oft wird<strong>zu</strong>dem gefordert, es sollten noch mehr Anreize<strong>zu</strong> umweltfreundlichem Verhaltengeschaffen werden. Dies kann durchMarktinstrumente wie Umweltabgaben,Handel mit Umweltnut<strong>zu</strong>ngsrechten oderdurch Subventionierung eines bestimmtengewünschten Verhaltens geschehen.Angesichts der mangelnden Leistungsfähigkeitdes Umweltrechts ist es für denUmweltschutz wichtig, dass alle Normanwenderein ausgeprägtes Umweltbewusstseinbesitzen. Umweltprobleme können nurin dem Maße gelöst werden, wie die Gesellschaftüber Umweltbewusstsein, Wissen,Engagement und Institutionen, überdie sie wirksam werden kann, aktive undartikulationsfähige Gruppen und Verbändeund funktionierende Kommunikationskanäleverfügt. Deshalb sind Regelungenelementar wichtig, die Bürgern Zugang <strong>zu</strong>Umweltinformationen verschaffen, ihnenein unabhängiges Durchset<strong>zu</strong>ngsrecht gegenVerlet<strong>zu</strong>ng des Umweltrechts ermöglichenund Bürgerbeteiligung bei Umweltentscheidungenvorsehen.Ungleichheit im UmweltschutzAber auch ein anderes, vielmehr "das" Zieljeglichen Rechts wird im Umweltschutzrechtgegenwärtig teilweise verfehlt: dieGerechtigkeit. Denn wo immer einerseitsKosten für Umweltschutzmaßnahmen oderandererseits Umweltrisiken <strong>zu</strong> verteilensind, stellt sich die Frage nach der Gerechtigkeitdieser Verteilung.Die Verteilung von Umweltrisiken ist - <strong>zu</strong>mindestin Deutschland - weitgehend unbeobachtet.In den USA dagegen wurde im Zuge desEnvironmental Justice Movement festgestellt,dass viele räumlich und zeitlich begrenzteUmweltbelastungen sehr ungleichverteilt sind. Die von diesen Umweltbelastungenbetroffenen Personengruppen sindauch sonst ökonomisch, politisch oder sozialbenachteiligt. Kommen neue Umweltbelastungenhin<strong>zu</strong>, werden sie so verteilt,dass sie die bestehenden Ungleichheitennoch verstärken.Diese Umweltungleichheiten entstehen<strong>zu</strong>m einen durch Vorabentscheidungenüber die Durchsetzbarkeit von Vorhaben,durch Marktdynamiken, nach denen jeweilsdie kostengünstigste Verwirklichung derVorhaben bevor<strong>zu</strong>gt wird, als auch durchnachträgliche Fluktuation von Bewohnern.Die Bürgerbewegungen der USA fordernhiergegen Environmental Justice, alsoUmweltgerechtigkeit. Umweltgerechtigkeitwird dabei im Sinne einer Gleichverteilungvon Umweltbelastungen auf soziale undethnische Gruppen oder geografische Regionenverstanden.Eine Umverteilung nach dem Gleichheitsprinzipoder gar nach dem Verursacherprinzipscheitert allerdings oft am politischenWiderstand. Es ist <strong>zu</strong>dem fraglich,ob das Anstreben von Umweltgerechtigkeitdurch strengere Gleichverteilung unvermeidbarerUmweltbelastungen eine Lösungdes Problems darstellt. Momentan kannUmweltdiskriminierung nur vermieden werden,wenn die Bürger an Umweltentscheidungenbeteiligt werden und diese Chancedann auch wahrnehmen.Sozialräumliche Umweltungleichheit ist inder Bundesrepublik Deutschland bisher43