1985 - Gen-ethischer Informationsdienst
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GEN-ETHISCHER INFORMATIONSDIENST<br />
GID<br />
Gesamtausgabe Nr. 6<br />
06.06<br />
Bericht<br />
„Die Bundesregierung hat zur Klärung der ethischen und rechtlichen Fragen, die die Anwen-<br />
dung dieser Methoden am Menschen aufwerfen, im September 1983 eine Anhörung von Ex-<br />
perten durchgeführt und anschließend eine Arbeitsgruppe gebildet (Anm. d. Red. : die sog.<br />
„Bendakommission")" (. . .) „Sie hat dadurch dokumentiert, daß sie ein besonderes Gewicht<br />
auf die frühzeitige Vorausschau und Folgenabschätzung biotechnologischer Entwicklung legt.<br />
Aufbauend auf eine verläßliche Risikoanalyse und geeignete Vorsorgemaßnahmen hat sie<br />
auch eine offen geführte Diskussion mit der an Forschung und Technik interessierten Öffent-<br />
lichkeit eingeleitet, um dazu beizutragen, Risikoängste abzubauen und ein forschungsfreund-<br />
liches Klima auch im Bereich der Biotechnologie zu schaffen."<br />
(1) Jerome Ravetz, die Krise der Wissenschaft - Probleme der industrialisierten Forschung,<br />
Neuwied 1973 (Oxford 1971)<br />
(2) BMFT (Hrsg.), Ethische und rechtliche Probleme der Anwendung zellbiologischer und<br />
gentechnischer Methoden am Menschen. Dokumentation. München 1984. Die 82 Seiten um-<br />
fassende BMFT-Dokumentation Forschungsförderung ,,Angewendete Biologie und Biotech-<br />
nologie'' können wir leider nicht in Massen fotokopieren. Wer diese Quelle haben möchte, ver-<br />
suche es bitte bei der BMFT-Pressestelle. Tel. : 0228/591(Zentrale), 5300 Bonn 2, Heinemann-<br />
Straße 2. (06.05)<br />
Vorsorgeuntersuchung<br />
In eine kalte Welt passen nur gesunde Menschen<br />
Die Hoechst-AG macht sich, wie immer, besondere Sorgen um das Wohlergehen ihrer Be-<br />
schäftigten. Nach dem Großeinstieg in die gentechnische Produktion von Humaninsulin fol-<br />
gen nun, unter der Federführung der Werksärztlichen Abteilung der Hoechst-AG, umfangrei-<br />
che arbeitsmedizinische Untersuchungen an Beschäftigten im Bereich der <strong>Gen</strong>technologie.. .<br />
Wie Dr. med. Rolf Breitenstadt, Mitarbeiter der Werksärztlichen Abteilung bei Hoechst in ei-<br />
nem Beitrag für das Zentralblatt Arbeitsmedizin (Nr.35(<strong>1985</strong>) 6,172 bis 174) schreibt, soll mit<br />
diesem „breitgefächerten medizinischen Basisprogramm" die Grundlage für „epidemiologi-<br />
sche Untersuchungen" gelegt werden. Diese Untersuchungen sollen zeigen, daß die Ängste<br />
der Öffentlichkeit vor gentechnischen Risiken unbegründet sind.<br />
Doch darum geht es wohl nur vordergründig. Zu einer modernen durchorganisierten Welt-<br />
firma gehören auch moderne, gut organisierbare, fit und leistungsfähige Arbeitnehmer. Fällt<br />
bei Hoechst der ,,untaugliche Abfall" durchs Screening-Sieb? Das ,,medizinische Basispro-<br />
gramm" beginnt mit der sogenannten Erstuntersuchung. Diese beinhaltet einen Fragebogen<br />
zur allgemeinen und zur Arbeitsanamnese, insbesondere Fragen zu chronischen Beschwer-<br />
den, die eine Schwächung des Immunsystems vermuten lassen, Darüber hinaus sind ärztliche<br />
Untersuchungen zum allgemeinen Gesundheitszustand, dem Urin- und Blutstatus sowie eine<br />
Untersuchung der Leber- und Nierenparameter eingeplant. Bei entsprechender Anamnese<br />
sind Immunglobulin und Allergietests vorgesehen. Nach Ermessen des Arztes erlischt eine<br />
Tauglichkeitserklärung für die im Bereich <strong>Gen</strong>technologie Tätigen, wenn ,,gesundheitliche Be-<br />
denken", wie chronische Erkrankungen mit Immunsystemschwächung und erhöhte Infektan-<br />
fäiiigkeit festgestellt werden. Gleiches gilt bei medikamentöser Behandlung mit Zytostatika,<br />
Stereoiden und Antibiotika. Nach einem Jahr sind Nachuntersuchungen festgesetzt, die je-<br />
doch vorgezogen werden, wenn sich der ,,Gesund-Etikettierte" als doch nicht so gesund er-<br />
weist. „Jeder Arbeitnehmer mit schwerer oder langer Erkrankung", so Breitenstadt im Zen-<br />
tralblatt Arbeitsmedizin, „muß vor Wiederaufnahme der Arbeit dem Werksarzt vorgestellt<br />
werden - Meldung durch den Betriebsführer". Auch ambulante Therapien mit Antibiotika<br />
und Steroiden führen zu einer vorzeitigen Nachuntersuchung.<br />
Soziale Kontrolle und Auslese wichtiger als angebliche Gesundheitsgefahr<br />
Das umfassende Screening nach immungeschwächten Risikoträgern steht auch in einem Zu-<br />
sammenhang sozialer Kontrolle, der weit über den Bereich <strong>Gen</strong>technologie hinausgeht. Ich