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1985 - Gen-ethischer Informationsdienst

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GEN-ETHISCHER INFORMATIONSDIENST<br />

Gesamtausgabe Nr. 8<br />

08.13 GID<br />

Do ku rnen tation<br />

Eva Schindele<br />

zu untergraben und soziale Regierungen unterminieren. Weizen als Waffe! Durch gentechno-<br />

logische Eingriffe erzielbar höhere Erträge steigern zwar die verfügbaren Nahrungsmittelmen-<br />

gen, lösen aber nicht das Problem des Hungers. Gerade die Ausweitung der Palette pharma-<br />

zeutischer Produkte um gentechnologisch fabrizierte, wird - wie auch andere Pharmapro-<br />

dukte -weder die Zahl der Kranken verringern, noch die Gebrechen aus der Welt schaffen; sie<br />

wird vielmehr bei uns Symptome kosmetisch überdecken und in der Dritten Welt die gesund-<br />

heitlichen Probleme gleichzeitig verschlimmern - geben doch die Armen der Entwicklungslän-<br />

der für unsere Medikamente die Versuchskaninchen ab. Daß auch die Produkte der <strong>Gen</strong>tech-<br />

nologie keine Wundermittel hervorzaubern werden, wurde jüngst deutlich, als das vielgeprie-<br />

sene Interferon in Frankreich verboten wurd, weil zuviele Leute starben. (08.12)<br />

überflüssig wie ein Blinddarm<br />

Der Papst, Franz Alt und andere Männer haben eine Menge gemeinsam. Zum Beispiel, sich<br />

anzumaßen, über Schwangerschaft und Geburt zu urteilen. Als Reaktion auf einen entspre-<br />

chenden TAZ-Beitrag (Atomverhütung und Empfangnisbombe - Helmut Höge 24.8.85)<br />

schrieb Eva Schindele folgenden Leserbrief an die TAZ:<br />

Natürlich haben wir Frauen die körperlichen Möglichkeiten, Kinder zu gebären. Aus eigener<br />

Erfahrung kann ich sagen, daß Schwangerschaft und Geburt eine tiefe und gute Erfahrung<br />

sein kann, aber nur dann, wenn wir das Kind wirklich wollen. Eine erzwungene Schwanger-<br />

schaft hat sicherlich etwas Parasiäteres an sich. Deshalb muß die Entscheidung über eine Ab-<br />

treibung auch bei der Frau liegen. Es kann verantwortlicher sein, sich selbst und dem Kind ge-<br />

genüber, das Kind nicht auszutragen. Franz Alt läßt dieses Argument nicht zu und deshalb<br />

finde ich ihn verantwortungslos. Er will das Kind den Qualen einer ungewollten Schwanger-<br />

schaft aussetzen; \vo ist denn da die Menschenliebe?<br />

Ich bin für eine freie Entscheidung der Frau, ob sie das Kind haben will/kann oder nicht. Trotz-<br />

dem bedeutet eine Abtreibung auch immer, Leben abzuschneiden. Viele Abtreibungen sind<br />

deshalb auch mit ambivalenten Gefühlen verbunden - mit einem Aufatmen und gleichzeitiger<br />

Trauer. Das wissen wir Frauen doch alle und die Zeit ist gekommen, endlich auch öffentlich<br />

darüber zu reden!<br />

Wenn Franz Alt fordert, daß abgetriebene Föten beerdigt werden sollen, dann ist das nichts<br />

weiter als die Unterstützung der Stimmungsmache von Bevölkerungsstrategen und aus dieser<br />

Haltung heraus abzulehnen. Ich lehne aber nicht ab, was auch hinter einer Form von Beerdi-<br />

gung stehen kann: das Abschiednehmen und Trauern.<br />

Was heute tatsächlich mit toten Föten geschieht: Sie werden zu stattlichen Preisen gehandelt,<br />

der Kosmetikindustrie verkauft, zu verschiedenen Produkten verarbeitet oder es wird mit ih-<br />

nen experimentiert. Weltweit fordern inzwischen Wissenschaftler, die Forschung an Embryo-<br />

nen über den 12. Tag hinaus freizugeben. Im „Dienste der Wissenschaft ist plötzlich auch ein<br />

Embryo nach dem 40. Tag noch kein Leben. Man spricht von ,,Research-Embryonen", die ex-<br />

tra zum Zwecke der Forschung gezüchtet werden sollen und in irgendwelchen Labors auf der<br />

Welt mit ziemlicher Sicherheit gezüchtet werden. Überzählige Embryonen oder auch Eier<br />

oder Spermien sind ja durch die In-Vitro-Fertilisation genügend im Umlauf. Das renommierte<br />

britische Wissenschaftsmagazin ,,nature" hat in seiner Mai-Ausgabe dann auch seine Leser<br />

aufgefordert, nach Argumenten zu suchen, die am besten die Experimente an Embryonen in<br />

der Öffentlichkeit legitimieren können. Die beste Idee wird dann mit einem kostenlosen „na-<br />

ture"-Abo belohnt. Das ist kein Witz.<br />

Franz Alt kritisieren zu wollen, indem man Schwangerschaft an sich als Fehlkonstruktion der<br />

Natur verurteilt, ist, das Kind mit dem Bade ausschütten und heißt, der weiteren Entwicklung<br />

der <strong>Gen</strong>- und Reproduktionstechnologie das Wort zu reden. Um Frauen endlich von der Last<br />

des Kinderkriegens zu befreien, sind Männer jetzt ja schon seit einigen Jahren heftig dabei, die<br />

Gebärmaschine zu konstruieren. Der Reproduktionstechniker Edward Grossmann schwärmt<br />

auch schon: Bald wird die Gebärmutter so überflüssig wie ein Blinddarm werden." Die<br />

Schwangerschaft wird in einzelne Teile aufgespalten; Eier, Spermien, Embryonen sind auf

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