1985 - Gen-ethischer Informationsdienst
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GID<br />
forderte Josephine Barnes (University of Oxford) eine übergreifende Zulassungsbehörde.<br />
Strittig war insbesondere die Frage zur Anonymität von Samenspendern. Die Anonymität soll<br />
Samenspender vor späteren Rechtsverpflichtungen schützen. Mehrere Sachverständige ver-<br />
traten dagegen die Auffassung, man dürfe einem Kind weder die Information über seine Ab-<br />
stammung noch spätere Erbdiagnosen durch <strong>Gen</strong>omanalyse einschränken.<br />
Während der abschließenden Pressekonferenz wurde die Frage aufgeworfen, warum Frauen,<br />
an denen diese Techniken angewendet werden, als Sachverständige nicht eingeladen wurden.<br />
Nach Aussage der Vorsitzenden war es dem Ausschuß aus organisatorischen Gründen nicht<br />
möglich, Vertreterinnen europäischer Frauenverbände einzuladen. (10.11)<br />
Benda-Bericht vorgelegt<br />
Bonn (gid) - Die vom BMFT und dem Justizministerium eingesetzte Benda-Kommission hat<br />
ihren Bericht vorgelegt. In dem 128 Seiten umfassenden Bericht werden der rechtliche Status<br />
von Embryonen, die Probleme der Erbgutdiagnose, künstliche Befruchtung innerhalb und au-<br />
ßerhalb des weiblichen Körpers sowie Eingriffe ins menschliche Erbgut behandelt.<br />
Im allgemeinen wird die Embryoforschung abgelehnt, kann nach den Empfehlungen der<br />
Kommission allerdings erlaubt werden, wenn sie nachweislich dem medizinischen Fortschritt<br />
dient. Abgelehnt werden auch kommerzielle Mietschwangerschaften. Ausnahmen werden zu-<br />
gelassen, etwa wenn aus medizinischen Gründen die natürliche Mutter nicht in der Lage ist,<br />
das Kind auszutragen.<br />
Auf dieser nichtkommerziellen Ebene hatte sich Ernst Benda bereits im Januar <strong>1985</strong> in der in<br />
Neu Isenburg erscheinenden „Ärztezeitung" geäußert. (Nr.6,14.1.85, S.10) Nach Auffassung<br />
Bendas wäre eine Mietschwangerschaft zu vertreten, wenn die Geburt des gezeugten Kindes<br />
,,für die Mutter mit einer erblichen Gesundheits- oder Lebensgefahr verbunden ist." Weiter<br />
sagte Benda: ,,In einem solchen Falle halte ich den Entschluß, das Kind durch eine Leihmutter<br />
zur Welt zu bringen, für das geringere Übel gegenüber einer Tötung, die die Abtreibung dar-<br />
stellt. ''<br />
Nach Auffassung der Kommission sind die rechtlichen Grundlagen von Ehe und Familie bei-<br />
spielsweise durch Samenspenden Dritter gefährdet. Während innerhalb der „Rechtskonstruk-<br />
tion Ehe" keine grundsätzlichen Bedenken gegenüber Samenspenden und Retortenbefruch-<br />
tung bestehen, wird beispielsweise die heterologe Insemination (Samen Dritter) unter dem<br />
Aspekt des Erbrechts und anderer Rechtsverpflichtungen als problematisch angesehen. Dar-<br />
über hinaus sehen die Experten die Gefahr des Inzests, wenn Samenspenden eines einzelnen<br />
Mannes zu häufig verwendet werden. Ledigen Frauen wird die Annahme von Samenspenden<br />
grundsätzlich untersagt.<br />
Die künstliche Herstellung von genetisch identischen Zwillingen oder Mehrlingen oder Wesen<br />
aus Mensch und Tier soll unter Strafe gestellt werden. <strong>Gen</strong>omanalysen, mit der bestimmte<br />
Erbkrankheiten erkannt werden sollen, sowie die <strong>Gen</strong>therapie in Körperzellen, sind nach Auf-<br />
fassung der Kommission zulässig.<br />
Der Kölner <strong>Gen</strong>etiker Prof. Walter Doerfler kritisierte in einem Minderheitenvotum die „sehr<br />
negative Grundeinstellung" der Kommission zu den Problemen der Forschung und mangeln-<br />
des Verständnis der naturwissenschaftlichen Arbeitsweise. Weiterhin warnte er vor vorschnel-<br />
len gesetzgeberischen Maßnahmen. Der Gynäkologe und Psychotherapeut Peter Petersen<br />
von der Medizinischen Hochschule Hannover bemerkte in einem weiteren Minderheitenvo-<br />
tum, daß der Fortpflanzung ein kaltes, ,,biotechnisches Menschenbild übergestülpt" werde<br />
und daß die „Schutzbedürftigkeit einer tiefempfundenen und vollbewußten Zeugung" brutal<br />
ignoriert werde. (10.12)<br />
GEN-ETHISCHER INFORMATIONSDIENST<br />
Gesamtausgabe Nr. 10<br />
10.12<br />
Bericht