28.11.2012 Aufrufe

1985 - Gen-ethischer Informationsdienst

1985 - Gen-ethischer Informationsdienst

1985 - Gen-ethischer Informationsdienst

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

GEN-ETHISCHER INFORMATIONSDIENST<br />

Gesamtausgabe Nr 10<br />

10 09<br />

~~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~<br />

GID<br />

Die Konkurrenz ist groß, der politische Druck nachhaltig: In der <strong>Gen</strong>forschung wetteifern die<br />

Universitätsstädte Köln, München, Berlin und Heidelberg um den ersten Rang. Unüberseh-<br />

bar hat jetzt das Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg (ZMBH) mit einem fünfstöcki-<br />

gen Gebäude seinen Platz auf dem Heidelberger Campus eingenommen. In der traditionsrei-<br />

chen Universität (offiziell rüstet man sich für die 600 Jahr Feier im nächsten Jahr) hat das Zen-<br />

trum eine kurze aber bemerkenswerte Geschichte. Vor drei Jahren legte der Chemiekonzern<br />

BASF mit erst funf, dann insgesamt zehn Millionen Mark den Grundstein für das Heidelber-<br />

ger Zentrum und sprengte damit den Rahmen üblicher, projektbezogener Drittmittelfor-<br />

schung. Dabei war der nominelle Geldwert von einer Million Mark jährlich nicht das Entschei-<br />

dende, ausschlaggebend war die Demonstration des Chemieriesen, wo seine Interessen lie-<br />

gen: im benachbarten Heidelberg einen Magnet für molekularbiologische Forschung zu schaf-<br />

fen, auf die sich zurückgreifen läßt.<br />

Ende der siebziger Jahre brachten die Universitätsprofessoren Heinz Schaller, Ekkehard<br />

Bautz und Hermann Bujard Bewegung in die Heidelberger Molekularbiologie. Die drei gehör-<br />

ten zu einer neuen Professorengeneration. Die Erfahrungen im amerikanischen Wissen-<br />

schaftsbetrieb haben den lockeren Umgangston, den sie mit ihren Studenten pflegen, geprägt.<br />

Sie geben sich unkonventionell, fühlen sich als Reformer, als der fortschrittlicheTeil dieser ver-<br />

staubten deutschen Institution, der der nötige Drive fehlt. Doch es sind Kontakte zur Indu-<br />

strie, die Bewegung und Realitätsnähe bringen sollen. Für diese Molekularbiologen ist die<br />

Geldbeschaffung Alltag, sei es für die universitären Forschungsprojekte, sei es für die eigene<br />

Firma.<br />

BASF: Gute Nachbarschaft zur Hochschule<br />

Anfang der achziger Jahre strebte die Gründercrew Schaller, Bautz, Bujard ein eigenes Insti-<br />

tut an. Gleichzeitig wurden sie kommunalpolitisch aktiv, indem sie dem Heidelberger Ober-<br />

bürgermeister 1981 die Idee nahebrachten, mit öffentlichen Geldern einen Technologiepark<br />

zu gründen. In guter Nachbarschaft zum Hochschulinstitut gelegen kann der Unternehmer<br />

Professor dort seine private Firma versorgen.<br />

Doch richtiges Gründungsfieber kam erst auf, nachdem der Pharmariese Hoechst 1981 50 Mil-<br />

lionen Mark in ein gentechnisches Labor der Havard University transferierte. Die Heidelber-<br />

ger Gründercrew fuhr mit dem Kanzler der Universität und dem Leiter des BASFHauptlabo-<br />

ratoriums zur Diskussion der Finanzierungsstrategien nach Bonn.'Demonstrativ spendete die<br />

BASF ihre fünf Millionen Mark, Universitäts- und Industrievertreter reichten sich fotogen die<br />

Hände. Bundes- und Landesregierung verstanden den Wink: Das Land stellte 30 Millionen<br />

Mark für den Bau und das Forschungsministerium 17 Millionen Mark für laufende Kosten ei-<br />

nes universitären <strong>Gen</strong>forschungsinstitutes zur Verfügung. In vier Laborstockwerken und auf<br />

8500 Quadratmetern kommen dem Zentrum folgende Aufgaben zu: Kontakte zwischen Wis-<br />

senschaft und Industrie zu schaffen, der BASF und anderen Großfirmen. So zeigt Merck Inter-<br />

esse einen Informationspool für Investitionsentscheidungen zu eröffnen, für jungen Moleku-<br />

larbiologenachwuchs zu sorgen und Grundlagenforschung zu treiben.<br />

Daß die Unterhändler der Universität bei Vertragsabschluß mit der BASF darum gerungen ha-<br />

ben, die Industriegelder für „Grundlagenforschung" zu verankern, streicht der Vizekanzler<br />

der Universität gerne heraus. Doch gerade in der <strong>Gen</strong>technologie, wo es um das Erlernen und<br />

Vermarkten von patentierbaren Methoden geht, ist eine klare Abgrenzung der Grundlagenfor-<br />

schung zur angewandten Forschung nicht möglich.<br />

Mißt man die Einkaufssumme an den universitären Gegenleistungen, so hat der Ludwigshafe-<br />

ner Konzern gut gehandelt. Für eine Million Mark jährlich wird laut Vertragstext die BASF<br />

zwei ihrer Mitarbeiter ins Zentrum entsenden, die den Professoren über die Schulter schauen.<br />

Ein Honorarprofessor sprang ebenfalls heraus. Die Gelder sind gedacht zur „Einrichtung ei-<br />

ner Forschergruppe" und Entlohnung wissenschaftlichen Personals. Durch einen Vertreter im<br />

Kuratorium ist die BASF nicht ohne Einfluß auf das Management und damit auf Forschungs-<br />

ziele des Zentrums. Nicht zuletzt hat sich die Universität vertraglich verpflichtet, in einem spe-<br />

ziellen Studiengang für wissenschaftlichen Nachwuchs zu sorgen. Rechte an Forschungsergeb-<br />

nissen jedoch habe die BASF nicht erworben, sagt Heinz Schaller.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!