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1985 - Gen-ethischer Informationsdienst

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GEN-ETHISCHER INFORMATIONSDIENST<br />

Gesamtausgabe Nr 9<br />

09 06<br />

~<br />

GID<br />

eratung zur vorsätzlichen Abtreibung<br />

Wenn Paare sich vor einer Schwangerschaft genetisch beraten lassen und sich nach dieser Bera-<br />

tung ein hohes genetisches Risiko für das Kind herausstellt, wird zunächst von einer Schwan-<br />

gerschaft nicht abgeraten, sondern erst, wenn die gestellte Diagnose zutrifft. Somit wird prak-<br />

tisch zur vorsätzlichen Abtreibung geraten.<br />

Dazu Prof. H. Hepp: „Die Beratungs und Diagnosesituation ist wieder imVorfeld der Schwan-<br />

gerschaft angesiedelt. Hier wird pränatale genetische Diagnose mit nachfolgendem selektiven<br />

Schwangerschaftsabbruch bewußt geplant und eingesetzt, um zu einem gesunden Kind zu<br />

kommen. Man kann bei genetischem Risiko für ein pränatal diagnostizierbares Leid die Ge-<br />

burt eines gesunden Kindes erzwingen, indem man aufeinanderfolgende Schwangerschaften<br />

solange abbricht, bis ein nachweislich genetisch gesundes Kind empfangen wurde. Hier ermu-<br />

tigt also die Möglichkeit der pränatalen Diagnostik Patienten mit genetischer Belastung zur<br />

Schwangerschaft, die ohne diese Möglichkeit, ohne dies technisch Machbare Diagnostik und<br />

gegbenenfalls Abbruch, die Möglichkeit eines kranken Kindes als ein zu hohes Risiko empfun-<br />

den hätten. Aus dieser Tatsache wird u.a. die Schlußfolgerung gezogen, . . . daß es derzeit prak-<br />

tisch keine stärkere geburtenfördernde Maßnahme gibt als die pränatale genetische Diagno-<br />

stik."(aus: Bamberger Symposium S.39)<br />

Den Normen. entsprechen<br />

Was die genetischen BeraterInnen unter „geburtenfördernde Maßnahmen für gesellschaftlich<br />

angepaßte und sozial abgesicherte Familien" verstehen, faßt Prof. Lenz folgendermaßen zu-<br />

sammen:„Eine Frau hat ein Kind mit Phenylketonurie (Anm. d. Red. Stoffwechselkrankheit<br />

durch die ein bestimmter Baustein des Eiweißes nicht abgebaut werden kann. In der Folge<br />

wird das Gehirn in der Wachstumsphase vergiftet). Sie wünscht weitere Kinder. Kranke Kin-<br />

der werden fetal eliminiert. Es werden ausschließlich gesunde Kinder geboren, von denen je-<br />

des einzelne mit einer Wahrscheinlichkeit von zwei Drittel heterozygot ist. Das gleiche gilt<br />

auch für Träger einer balancierten Translokation (Anm. d. Red. = strukturelle Cromosomen-<br />

mutation), die an die Stelle eine eliminierten Kindes mit der nicht balancierten Translokation<br />

treten, Heterozygotien würden deshalb in der Bevölkerung zunehmen.<br />

Es ist eine alte Erfahrung, daß vorwiegend diejenigen Familien in die genetische Beratung<br />

kommen, die sich nachdenklich und verantwortlich fühlen und dadurch auch nach Milieu und<br />

Fähigkeiten die besten Voraussetzungen für Kindererziehung bieten. Gerade diese Familien<br />

ermutigen wir zu Schwangerschaften. " (aus: Bamberger Symposium)<br />

Tante Hysterisch - Onkel Suizidant<br />

Den Familien, die nicht den Normen der BeraterInnen entsprechen, wird dagegen zu einer<br />

Sterilisation geraten. Hier hat sich besonders Frau Dr. Stoeckenius von der genetischen Bera-<br />

tungsstelle in Hamburg hervorgetan. In ihren Aufzeichnungen über Patienten finden sich fol-<br />

gende Bemerkungen: „Eltern sehr einfach", „Vetter Dauerstudent", „Tante Spätentwickler",<br />

,,Großmutter überspannt", ,,älterer Bruder nervös", ,,Großvater sehr sensibel", ,,Halbbruder<br />

überängstlich, unsicher", „Vetter sehr labil", ,,Großvater und Urgroßvater menschenscheue<br />

Einzelgänger", „Mutter sehr einfach", „Onkel Suizidant", „Tante hysterisch", ,,Großvater<br />

und dessen Bruder Alkoholiker", „Eltern geschieden", „Vater ungewöhnliche Persönlich-<br />

keit", „Onkel keine Lehre beendet, wechselt ständig Stellen", ,,Großvater im Alter von 40 Jah-<br />

ren das Leben durch Erhängen genommen, ein plausibler Grund habe sich für diese Tat nicht<br />

gefunden". (aus: Wohltätermafia)<br />

In der Sprache der genetischen BeraterInnen spiegelt sich ihr Denken, ihr Fühlen ihre ganze<br />

Ideologie wieder. „Kranke Kinder werden fetal eliminiert (Dr. Lenz S.O.). Eine technische,<br />

saubere Lösung! Für ihn, aber für die Betroffenen, die Schwangere, das Kind?<br />

Eine Abtreibung nach eugenischer Indikation wird in der Regel im 5. Monat durchgeführt.<br />

Wenn das Ergebnis der Fruchtwasser Untersuchung bis dahin noch nicht vorliegt, kann es auch<br />

mal der 6. Monat werden (vgl. MedicalTribune v. 28.7.84). Für eine Frau bedeutet eine Abtrei-<br />

bung zu so einem späten Zeitpunkt eine besondere hohe physische und psychische Belastung,<br />

weil sie schon Kindsbewegungen spürt. Die Abtreibung wird mit Prostaglandinen vorgenom-

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