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Ludwig Wittgenstein: >Logisch-Philosophische Abhandlung< - Ein ...

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12für sich. Deshalb hat auch erst ein Satz Sinn und nicht schon eine bloße Ansammlung von Namender Dinge (3.142) oder gar diese für sich.Satz 3.4 sagt, was Sätze als Ausdruck von Gedanken leisten: sie bestimmen einen Ort im logischenRaum. Der Ausdruck 'logischer Raum' ist vor dem Satz 3.4 schon dreimal aufgetreten. In 1.13 wirdin Erläuterung zu Satz 1.1 gesagt, daß die Tatsachen im logischen Raum die Welt sind. In 2.11 und2.202 wird gesagt, daß ein Bild die Sachlage (2.11) bzw. die mögliche Sachlage im logischen Raumvor- bzw. darstellt, wobei 2.11 präzisiert, daß das Bild damit das Bestehen und Nichtbestehen vonSachverhalten vorstelle, also das, was nach Satz 2 in Verbindung mit 2.06 die Tatsachen sind bzw.die Wirklichkeit ist. <strong>Ein</strong> Ort im logischen Raum ist also eine mögliche Sachlage. Wenn Tatsacheneo ipso im logischen Raum sind (1.13), wenn wir uns Bilder der Tatsachen machen (2.1) und dieseals jedenfalls auch logische Bilder (2.182) Gedanken sind (3), die ihren wesentlichen Ausdruck inSätzen finden (3, 3.1), dann bezeichnen Sätze Örter im logischen Raum insofern, als sie möglicheTatsachen, also Sachlagen darstellen. Der Ort im logischen Raum soll ferner in seiner Existenzdurch die Existenz der Bestandteile allein verbürgt sein, durch die Existenz des sinnvollen Satzes.Was kann hier mit 'Bestandteile' gemeint sein? Insofern die Existenz der Bestandteile appositivdurch die Existenz des sinnvollen Satzes erläutert wird, könnten die Bestandteile einfache Sätzesein, aus denen komplexe Sätze bestehen - etwa die vollständig analysierten Sätze, in denenGedanken nach 3.2 ihren angemessensten Ausdruck finden. Diese Deutung greift auf die ab Satz 5gegebene Wahrheitsfunktionentheorie des Satzes voraus. Alle Sätze unserer normalen Sprache sindnach der LPA komplexe Sätze, die sich als Wahrheitsfunktionen von einfachen Sätzen müssenanalysieren lassen, um bestimmten Sinn zu haben. Die Existenz dieser einfachen Sätze verbürgtedann den logischen Ort, den der komplexe Satz bezeichnete. Aber auch die einfachen Sätze lassensich noch analysieren in ihre unselbständigen Bestandteile, die einfachen Zeichen oder Namen.Diese sollen Gegenstände als ihre Bedeutung haben und sie insofern im Satz vertreten. Wenn mandie Analyse bis zu diesem Endpunkt führt, dann wären die einfachen Bestandteile sprachlich dieNamen, ontologisch die Gegenstände. Ihre Existenz verbürgte dann in letzter Analyse die Existenzdes logischen Ortes, den ein Satz bezeichnet. Wieder scheint die Unbestimmtheit in derFormulierung intendiert zu sein. Allerdings betrifft die Unbestimmtheit in diesem Fall nicht nur dieFrage, wie weit die Analyse getrieben werden muß, um die die Existenz des logischen Ortesverbürgenden Bestandteile zu erreichen. Denn auf der Ebene der letzten Analyse ist unbestimmtauch, ob die Namen oder die Gegenstände mit den Bestandteilen gemeint sind. Und dieseUnentschiedenheit zwischen Sprachlichem und Ontischem hat auf der vorletzten Ebene durchauseine Entsprechung. Die einfachen Sätze nämlich, jedenfalls in ihrer sprachlich greifbaren Form, inder sie Elementarsätze genannt werden, stellen Sachverhalte dar (vgl. 4.21), so daß auf dervorletzten Ebene der Analyse mit den die Existenz des logischen Ortes verbürgenden Bestandteilennicht nur die einfachen oder elementaren Sätze gemeint sein könnten, sondern auch dieSachverhalte. Dies aufzuklären wird erst bei Erörterung der vollständigen Analyse von Sätzen undbesonders der Beziehungen zwischen Elementarsätzen und Sachverhalten bzw. Namen und Gegenständenmöglich sein. (vgl. V.B., S. 37 f.) Die Sätze 3.5 und 4 sind Zwillinge. Nicht nur sind sie dereinzige Fall in der LPA, in dem auf eine Haupterläuterung zu einem der Sätze direkt der nächsteHauptsatz folgt. Nicht nur können beide in gewisser Weise Anspruch darauf machen, der Mittelsatzder ganzen Abhandlung zu sein (denn 3.5 ist die Hälfte der höchsten Ordnungszahl eines Satzes inder LPA überhaupt, der 7; und der mit 4 numerierte Satz ist der mittlere der mit 1 bis 7 numeriertenHauptsätze). Auch ihrem Wortlaut nach scheinen beide Sätze ziemlich dasselbe zu sagen: „Dasangewandte, gedachte, Satzzeichen ist der Gedanke.“ Und: „Der Gedanke ist der sinnvolle Satz.“Wenn 'angewandtes, gedachtes, Satzzeichen' = 'sinnvoller Satz' wäre, dann sagten beide Sätze aufverschiedene Weise dasselbe. Warum aber sagten sie es dann auf verschiedene Weise? Es ist

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