12.07.2015 Aufrufe

Ludwig Wittgenstein: >Logisch-Philosophische Abhandlung< - Ein ...

Ludwig Wittgenstein: >Logisch-Philosophische Abhandlung< - Ein ...

Ludwig Wittgenstein: >Logisch-Philosophische Abhandlung< - Ein ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

8Bestimmend ist die Erläuterung 1.1 durch den Kontrast, in den Tatsachen als Weltelemente zuDingen gesetzt werden. Man wird von weiteren Erläuterungen niedrigerer Stufe eine Aufklärungdes Zusammenhangs zwischen Tatsachen und Dingen erwarten dürfen. Bemerkung 1.2 ist derAbwehr eines möglichen Mißverständnisses von 1.1 gewidmet. Daß die Welt die Gesamtheit derTatsachen ist, ist nicht selber eine Tatsache, auch nicht eine Supertatsache. Gesamtheit derTatsachen ist die Welt nur insofern, als sie in Tatsachen zerfällt. Während 1.1 den Ausdruck 'derFall sein' durch den Ausdruck 'Tatsache' im Kontrast zu 'Ding' erläutert, bestimmt 1.2 näher dasgeforderte Verständnis von 'Gesamtheit': Gesamtheit der Tatsachen (alles, was der Fall ist) ist dieWelt nicht als Supertatsache, sondern als bloße Menge voneinander unabhängiger Tatsachen.Besser als der durch technische Konnotationen belastete Ausdruck 'Menge' wäre vielleicht derAusdruck 'Mosaik' (vgl. Black 1964, 37 zu 1.2). Denn <strong>Wittgenstein</strong> schreibt in eineruntergeordneten Erläuterung zu Satz 3, der Gedanken zu logischen Bildern der Tatsachen erklärt,die Gesamtheit der wahren Gedanken sei „ein Bild der Welt“ (3.01). <strong>Ein</strong>e bloße Menge aber zeigtkein Bild, wohl aber ein aus unabhängigen Bestandteilen bestehendes Mosaik.Darum drücken nicht schon die Sätze 1.1 und 1.2 etwas Höheres aus und verstoßen deshalb gegendie im folgenden markierte Grenze des Sinns, wie <strong>Wittgenstein</strong> selber später gegen den Anfang seinerAbhandlung eingewendet hat (Ms.110, p.178; Johnston 1993, 132). Sie formulieren aber etwas,was sich eigentlich nur zeigt. In einer formalen Sprache wäre der Weltbegriff durch eine Variable,die allgemeine Satzform, darstellbar, also ein formaler Begriff, der mit jedem Fall seinerInstantiierung, jedem zu recht eine Tatsache behauptenden Satz schon gegeben wäre ((vgl. 4.126 (3)u.(8) sowie 4.1272 (5)-(8)).In Satz 2 ist aus der Apposition von 'die Tatsache' in Kommata nach dem Satzsubjekt ('Was der Fallist') zunächst zu entnehmen, daß die Ausdrücke 'Tatsache sein' und 'der Fall sein' austauschbar sind.Die Reihe der Sätze zum Zusammenhang von Gedanken und Tatsachen kann daher mit Satz 1.1 direktbeginnen. Von einer Tatsache wird nun in Satz 2 gesagt, sie sei das Bestehen vonSachverhalten. Wichtig ist hier, den Plural der Formulierung ernstzunehmen. In ihm zeigt<strong>Wittgenstein</strong> etwas, was er dann auch erläutert, aber nicht so, daß er etwa den Ausdruck 'dasBestehen von Sachverhalten' als nähere Bestimmung von 'Tatsache' seinerseits näher bestimmte.Die Beziehung von Satz 2.1 als erster Erläuterung zu Satz 2 ist eine andere als die von 1.1 zu 1.Denn 2.1 hat den Wortlaut 'Wir machen uns Bilder der Tatsachen'. Hier wird offenbar nichtsErläuterndes zu Satz 2 gesagt. Nun kennt <strong>Wittgenstein</strong> noch eine andere Weise desZuverstehengebens in seiner folgenden Theorie - er unterscheidet von dem, was (in Sätzen) gesagtwerden kann, das, was sich mit Sätzen und ihrem Zusammenhang - oder sonstwie zeigt bzw.gezeigt werden kann. (vgl. 3.262, 4.022, 4.0621, 4.121-1;-2, 4.122, 4.126, 4.461, u.ö.). Ich schlagenun vor anzunehmen, daß <strong>Wittgenstein</strong> in der LPA diese Unterscheidung nicht nur statuiert,sondern sich ihrer auch bedient hat. 2.1erläuterte dann Satz 2 auf zeigende Weise. Was zeigt erdann?Zunächst eine der wichtigsten Tatsachen, aus deren Gesamtheit die Welt zu bestehen erklärt wordenist: die Tatsache, daß wir uns Bilder der Tatsachen machen. Aber damit ist seine Zuordnung spezifischzu Satz 2 noch nicht verstanden: spezifischer nämlich zeigt Satz 2.1, daß die Dekompositionoder 'Analyse' von Tatsachen in Sachverhalte dem Umstand geschuldet ist, daß wir uns Bilder derTatsachen machen. Auf diesen Umstand greift die Formulierung von Satz 2 mit dem Plural'Sachverhalten' schon voraus. <strong>Ein</strong> Satz, so wird ab 4.1 dargestellt werden, stellt alsWahrheitsfunktion von Elementarsätzen eine Tatsache dar, die eine Funktion der siezusammensetzenden Sachverhalte ist, die die Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätzedarstellen. Deshalb wird schon in der Ontologie im zweiten Hauptsatz eine Tatsache als das

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!