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Mitteilungen des Fachverbandes Philosophie - Fachverband ...

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sophie ist immer dieselbe. Sie macht sich nicht billig und sie spielt sich nicht auf.<br />

Das heißt, sie behandelt ihre Schüler nicht geringschätzig verachtet und schmeichelt<br />

ihnen auch nicht. Denn sie verrät ihren Anspruch nicht.<br />

Der hohe Anspruch ist das Erste. Das Zweite ist der existentielle Bezug, das<br />

Angesprochenwerden als existierender, einzelner, wirklicher Mensch in wirklicher<br />

Situation, unter Menschen heute und hier. Das ist die unhintergehbare sokratische<br />

und existentialphilosophische Wendung <strong>des</strong> Anspruchs der <strong>Philosophie</strong>, dass er<br />

nicht frei im Gedankenraum verschwebt, sondern mich und dich hier und jetzt betrifft,<br />

„angeht“ (wie Janke lieber sagt). Indem der Lehrer von Platons Ideen oder<br />

den Kategorien <strong>des</strong> Aristoteles, von den Gottesbeweisen <strong>des</strong> Thomas, vom absoluten<br />

Soll (mit Fichte) oder vom reinen Sein (mit Hölderlin) oder von<br />

spekulativen Satz, von der intellektuellen Anschauung handelt, d.h. sie in ihrer einzigartigen<br />

Denkwürdigkeit, Merkwürdigkeit und Fragwürdigkeit analysiert, geht<br />

mir auf, dass eben damit auch von mir, von meiner letzten Fraglichkeit die Rede ist,<br />

und dass umgekehrt nur diese meine eigene fragliche Existenz mir den Zugang eröffnet<br />

zu den letzten Fragen. Das sogenannte Existentielle wird also nicht beschworen,<br />

es wird auch nicht nebenbei gelegentlich (zur Veranschaulichung) angeführt,<br />

sondern es gehört ganz ins Thema selbst. Denken Sie die Wand und dann<br />

denken Sie den, der die Wand denkt, und dann vertiefen Sie sich in der unendlichen<br />

oder gar unmöglichen Möglichkeit, ein Ich, ein Selbst zu sein! Wer von diesem Erkenntnisblitz<br />

getroffen ist, dem erscheint alle selbst-lose Objektivität und Wissenschaftlichkeit,<br />

auch wenn Sie sich noch so kritisch und wichtig glaubt und gibt,<br />

nicht nur als relativ naiv und oberflächlich, sondern auch als relativ langweilig und<br />

gleichgültig. Dass wir existieren, verlangt, dass wir leidenschaftlich denken und das<br />

heißt philosophieren!<br />

Was aber noch als Drittes zur <strong>Philosophie</strong> gehört, wie sie uns von einem Lehrer wie<br />

Janke vermittelt wird, ist die Weite, ist der umfassende Horizont, ist dies, dass das<br />

Denken sich auf alle Weltbezüge <strong>des</strong> Menschen bezieht; dass also die <strong>Philosophie</strong><br />

es nicht ängstlich, kleingeistig nötig hat, sich gegen die Kunst oder die Religion zu<br />

isolieren, gar zu immunisieren oder (was fast dasselbe ist) diese ganz ihrem Bescheidwissen<br />

zu unterwerfen, sondern dass sie sich diesen fragend, lernend zu<br />

öffnen vermag. Das nennt man gewöhnlich Bildung. Ungewöhnlich ist es, wenn<br />

diese sich Ihres höheren Dilettantismus weder schämt noch rühmt, sondern eben als<br />

<strong>Philosophie</strong>, als umfassende und selbstkritische Liebe zur Weisheit bewusst ist. Mit<br />

Janke haben wir gelernt, die Worte eines griechischen Dichters oder eines<br />

biblischen Propheten, überhaupt die Werke der Kunst und die Weisheiten der<br />

Religionen und zwar nicht nur im Allgemeinen, sondern in ihrer unreduzierbaren<br />

Konkretion als Wahrheiten (Wahrheitsbezüge und -bezeugungen) ernster zu<br />

nehmen als alle Versuche, sich ihrer theoretisch zu bemächtigen und zu versichern.<br />

Und zu solcher philosophischen Bildung gehört nicht nur, dass keine Frage zu groß<br />

ist, um sie zu wagen, sondern auch, dass keine Erscheinung <strong>des</strong> Lebens zu gering<br />

ist, um sie zu reflektieren. Es gilt, alle Verhaltungen und Erfahrungen <strong>des</strong><br />

Menschen im Alltag, in der Wissenschaft, in der Politik, im Spiel, in Liebe und<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE

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