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Mitteilungen des Fachverbandes Philosophie - Fachverband ...

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möchte ich sehr bewusst als jemanden nennen, für den die Grundfragen der <strong>Philosophie</strong><br />

Grundfragen <strong>des</strong> Menschen überhaupt gewesen sind. Man kennt das natürlich:<br />

Was können wir wissen? Was dürfen wir hoffen? Was sollen wir tun? – Wir<br />

können als Menschen gar nicht leben, ohne uns über solche Themen Gedanken zu<br />

machen. Die <strong>Philosophie</strong> hat – wie an anderer Stelle zu entwickeln und zu bewerten<br />

wäre – sehr wohl Formen und Grenzen öffentlicher Einflussnahme erprobt. Ich<br />

möchte dies jedoch nicht weiterverfolgen, sondern ganz grundsätzlich auf die <strong>Philosophie</strong><br />

als auf einen „kulturgeschichtlichen Faktor“ in Interaktion mit anderen: mit<br />

Religion, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft usw. blicken. Hierzu versuche ich nichts<br />

weiter als eine kurze und sicherlich verbesserungsbedürftige Definition, der sich die<br />

Sachlage wie folgt darstellt:<br />

Die <strong>Philosophie</strong> stellt ungeachtet ihrer primär akademischen Existenzweise eines der<br />

reflexiven Foren dar, in denen sich kulturelle Prozesse auch für ein allgemeineres<br />

Bewusstsein auf den Begriff bringen. Sie hat als Kulturfaktor ohne Zweifel jene<br />

Grundrechte und Denkniveaus mit erstritten, die heute als Standards avancierter Gesellschaften<br />

und ihrer Reproduktion in Bildungssystemen angesprochen werden<br />

können. Die <strong>Philosophie</strong> ist dabei in vielfacher Weise in die Entwicklungen der<br />

kulturellen Großsysteme verwoben: der Politik, der sie von Platon über Locke bis<br />

Marx Begründungsmuster zu geben versucht hat, der Religion im Abendland in<br />

einer komplexen Ko-Evolution, der Naturwissenschaften, deren neuzeitliche<br />

Emanzipation sie begleitet hat, <strong>des</strong> Marktes, für <strong>des</strong>sen gegenwärtige Dominanz<br />

Adam Smith das Programm geliefert hat. Sie ist in Sonderheit beteiligt an der Freisetzung<br />

jener neuzeitlichen szientifisch-technisch-ökonomischen Rationalitätsformen,<br />

die die globale Zivilisationsentwicklung entscheidend mitbestimmen, aber<br />

auch soziale, ökologische und im Gefolge wiederum kulturelle Interferenzen<br />

provozieren.<br />

Ich möchte diese kurze Aufzählung an dieser Stelle weder präzisieren noch in<br />

irgendeiner Weise weiter kommentieren, sondern für meinen folgenden dritten Abschnitt<br />

nur einen grundlegenden Punkt festhalten: Die <strong>Philosophie</strong> ist selbstverständlich<br />

ein Kulturfaktor. Nicht zuletzt schließlich als Folge von Prozessen, an<br />

denen sie beteiligt war, stellt sich die Frage nach den lebensweltlichen Kontexten<br />

philosophischer Bildung nunmehr an das systematisch aufgebaute und ausdifferenzierte<br />

Bildungssystem einer modernen, hochkomplexen, in vielen Hinsichten<br />

spannungsreichen Gesellschaft, in der eine grundsätzliche Bildung vielen Menschen<br />

zur Verfügung steht. Die Frage ist allerdings, ob die kulturelle Rolle der <strong>Philosophie</strong><br />

sich nicht wesentlich nachhaltiger, demokratischer und in einer bewusst<br />

humanistisch zu begründenden Zielperspektive darstellen könnte.<br />

3. Feststellungen zu einer philosophischen Bildung, die die Dimensionen von<br />

Agorá, Kêpos und Akademie/Museion integrieren und in der Gegenwart<br />

„Kulturfaktor“ bleiben will<br />

Im Rahmen menschlicher Interaktionen dürften Beschäftigungen <strong>des</strong> Broterwerbs,<br />

<strong>des</strong> Wirtschaftens, der Inanspruchnahme durch Schlaf, Krankheit oder Leid, <strong>des</strong><br />

MITTEILUNGEN 48/2008

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