Mitteilungen des Fachverbandes Philosophie - Fachverband ...

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58 Welches sind die Themen, die der Lerngruppe nicht nur einen Wissenszuwachs bringen, sondern sie zum Nachdenken über sich selbst, ihr Verhältnis zu Anderen, zur Gesellschaft, zur Politik, zur Zukunft unserer Erde etc. anregen. Welche Methoden helfen, das Klassenklima, die Sozialstruktur der Lerngruppe transparent zu machen und positiv zu beeinflussen? Wie kann ich kognitiv anspruchsvolle Inhalte schülerorientiert aufarbeiten? Wer einen Blick in den Rahmenplan wirft, der stellt zugleich fest, dass das neue Unterrichtsfach sich zur Aufgabe gemacht hat, Ethik nicht nur als Teildisziplin der Philosophie zu verstehen, sondern als Reflexion über die Lebensführung. Im Mittelpunkt steht die Frage „ Was ist ein gutes Leben und wie kann man es führen?“ (Rahmenplan Ethik S. 9). Um dieses Nachdenken nachhaltig zu initiieren bedarf es auf Lehrerseite nicht nur der Kenntnisse über die Lebenswelt der Schüler, sondern eines großen Ve rfügungswissens der Ideengeschichte. Zentrale Bezugswissenschaft ist die Philosophie, ihr an die Seite gestellt sind unabdingbar die Religionswissenschaft, die Soziologie, die Psychologie. „Unter Philosophie wird das methodisch geleitetet Nachdenken über die Grundlagen des menschlichen Denkens, Handelns und Seins verstanden. Kennzeichnend für den philosophischen Umgang mit Problemen ist, scheinbar Selbstverständliches in Frage zu stellen und möglichst keines der Vorurteile, die dem alltäglichen Denken und Handeln zugrunde liegen, der kritischen Prüfung zu entziehen.“ (Rahmenplan Ethik, S. 9) Meine persönlichen Erfahrungen als Ethik-Lehrerin an einem Pankower Gymnasium erstaunen mich zuweilen selbst, weil ich nicht selten Themen mit einer reflexiven Intensität behandele, wie es mir auch im Anfangsunterricht Philosophie nicht immer gelingt. So zum Beispiel in einer Unterrichtseinheit in einer achten Klasse mit dem Thema „Können Tiere glücklich sein?“. Es zeigte sich, dass sich die ersten intuitiven Antworten auf diese Frage von der schriftlich formulierten Antwort am Ende der Einheit deutlich unterschieden. Und ich denke, Vergleichbares lässt sich auch von anderen Schultypen berichten. Gespräche mit Kollegen und Kolleginnen paraphrasierend lässt sich festhalten, wer die zentrale Kompetenz „ethische Reflexion“ im Bezug auf seine Unterrichtskonzeption und Unterrichtsdurchführung ernst nimmt und die Schüler und Schülerinnen da abholt, wo sie stehen, der erzielt einen spürbaren Zuwachs an Reflexivität, d. h. eine Ausdifferenzierung von Fragestellungen, eine Erweiterung des Begriffshorizontes, eine stärkere Vernetzung von Wissen/Kenntnissen, eine Sensibilisierung für ethisch/philosophische Probleme etc. All das Lob, das ich vorher ausgesprochen habe, soll aber nicht vergessen lassen, dass es auch immer noch offene und so leicht nicht behebbare Probleme gibt: - Schülerinnen und Schüler bzw. Eltern haben immer noch schiefe Vo rstellungen, was im Schulfach Ethik gelernt wird. - Die dreisemestrige Weiterbildung kann kein grundständiges Fachstudium ersetzen. FACHVERBAND PHILOSOPHIE
59 - Die besondere Aufgabe des Ethikunterrichts, den Dialog der verschiedenen Kulturen und Religionen zu fördern, wird immer noch zu wenig verstanden, so dass es der Initiative ProReli, die einen Volksentscheid zur Einführung eines Wahlpflichtfaches Ethik/Religions- und Weltanschauungsunterricht anstrebt, gelungen ist, relativ viele Unterschriften für ein Volksbegehren zu sammeln. Um den Bedarf an Ethiklehrern/-lehrerinnen zu decken, wurde 2006/2007 einWeiterbildung eingerichtet, die ersten beiden Durchgänge dieser dreisemestrigen wöchentlichen sechsstündigen Seminarveranstaltung sind beendet. Obwohl die ersten Studentinnen und Studenten an der Freien Universität und an der Humboldt- Universität mit dem Ethik-Studium begonnen haben, sind sicher noch einige Weiterbildungskurse in den nächsten Jahren erforderlich. Tanja Kunz Philosophieren am Maristenkolleg Mindelheim/Bayern Am Maristenkolleg in Mindelheim, einem der größten Gymnasien Bayerns, hat sich nach dem erneut gescheiterten Versuch einen Landesverband Philosophie zu gründen ein ganz anderer Weg gefunden, philosophische Anliegen in den gymnasialen Unterricht zu integrieren: über 40 Schülerinnen und Schüler organisieren sich in einem Verband, der sich bemüht, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten Philosophie in die Schule zu bringen. Als Mittelpunkt hat sich das „Mindelheimer Philosophische Cafe“ herausgebildet, das zweimal pro Schuljahr an einem Abend Gesprächsmöglichkeit über ein vorgegebenes Thema bietet. Schule, Stadt Mindelheim und die örtliche Presse arbeiten in diesem Anliegen zusammen. Ein in Mindelheim ansässiger Verlag als Sponsor ermö glichte es den Schülerinnen und Schülern einige Tage im Januar in einem schwäbischen Bildungshaus miteinander ein Konzept für die nächsten Jahre zu erarbeiten. Über die Schule hinaus wurde der Verein „Philosophierende Jugend e.V.“ gegründet, der die Forderung nach Philosophie als ordentlichem Unterrichtsfach an bayerischen Gymnasien dem Kultusministerium gegenüber vertreten möchte. Mit einer eigenen Homepage und einem Programm für schulische und außerschulische Aktivitäten treten Verein und Schülerverband an die Öffentlichkeit. Zum ersten Mal nahmen Kollegiatinnen und Kollegiaten des Maristenkollegs am bundesweiten philosophischen Essaywettbewerb teil. Jakob Zanker, K13, konnte dabei mit seinem Beitrag Beachtung erwecken, die sich auch in der Berichterstattung der Presse vor Ort auswirkte. Nach relativ kurzer Zeit ist die Philosophie eigenständiges Thema an der Schule geworden und findet bei den Schülerinnen und Schülern der Mittel- und Oberstufe großes Interesse. Hubertus Stelzer MITTEILUNGEN 48/2008
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