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Zur Darstellung künstlerischer Existenz in Thomas Manns frühen ...

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3. Die Musik Richard Wagners <strong>in</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Manns</strong> Frühwerk<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Manns</strong> Verhältnis zu Richard Wagner und se<strong>in</strong>er Kunstpraxis lässt sich als<br />

ambivalent beschreiben. Se<strong>in</strong>e früheren poetisch-literarischen Erlebnisse von Wag-<br />

ners Erzeugung e<strong>in</strong>es künstlerisch-schönen Sche<strong>in</strong>s und die Versuche e<strong>in</strong>er ltierari-<br />

schen Imitation se<strong>in</strong>er künstlerischen Techniken werden von der gegenwärtigen<br />

Forschung als e<strong>in</strong>e Art „Liebe mit Gewissensbissen“ verstanden. 19 Der junge Tho-<br />

mas Mann hat die Persönlichkeit Wagners und se<strong>in</strong>e Kunstübung hoch geschätzt,<br />

und deren Wirkung war für ihn der Inbegriff des gelungenen Sche<strong>in</strong>s, der perfekten<br />

Illusionswirkung e<strong>in</strong>er raff<strong>in</strong>ierten Kunstproduktion. Wagners Opern und deren mu-<br />

sikalische Wirkung haben sicherlich nicht nur den jungen <strong>Thomas</strong> Mann, sondern<br />

auch se<strong>in</strong> ganzes Publikum berauscht und <strong>in</strong> Erregung versetzt. Wertend geäußert<br />

hat sich <strong>Thomas</strong> Mann dazu schon früh bei verschiedenen Gelegenheiten. Die Wir-<br />

kung von Wagners musikalisch-schauspielerischer Kunst sei von „narkotischer und<br />

aufpeitschender Art“; 20 sie fasz<strong>in</strong>iert und erregt, erweckt Sehnsüchte und <strong>in</strong>spiriert<br />

ihn gerade dadurch zur Konzeption und Ausgestaltung se<strong>in</strong>er dekadenten Romanfi-<br />

guren. <strong>Thomas</strong> Mann wird von Wagners musikalischer Technik angeregt, das Musi-<br />

kalische <strong>in</strong>s Literarische umzusetzen. Er synthetisiert nämlich das durch Wagner er-<br />

fahrene überwältigende Kunsterlebnis und dessen <strong>in</strong> Nietzsches Kritik vollzogene<br />

rationale Analyse und Dekonstruktion. Auf der Grundlage dieses ambivalenten<br />

Wagner-Erlebnisses hat sich e<strong>in</strong> zugleich literarisches und musikalisches Modell für<br />

se<strong>in</strong>e Romane und Erzählungen entwickelt – e<strong>in</strong> Modell auch für die Konzeption<br />

se<strong>in</strong>er <strong>frühen</strong> Künster-Gestalten.<br />

In den Betrachtungen e<strong>in</strong>es Unpolitischen äußert sich <strong>Thomas</strong> Mann ausführlich<br />

über se<strong>in</strong>e jüngeren, seit der Jahrhundertwende gemachten Erfahrungen mit Wag-<br />

ners Musik. Dabei ist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Formulierungen deutlich e<strong>in</strong>e literarische Umset-<br />

zung der von Nietzsche formulierten Wagner-Kritik zu erkennen:<br />

Was ich vom Haushalt der Mittel, von der Wirkung überhaupt- im Gegensatz<br />

zum Effekt, dieser „Wirkung ohne Ursache“, vom epischen Geist, vom<br />

Anfangen und Enden, vom Stil als e<strong>in</strong>er geheimnisvollen Anpassung des<br />

19 Kurzke 1997, S. 114.<br />

20 Ebd.<br />

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