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Standards und Religionsunterricht - Erzbischöfliches Ordinariat ...

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petenzformulierungen der Klasse 2 zu dieser Dimension<br />

den Hinweis, dass Kinder von sich erzählen können. Sie<br />

überlegt: „wer von sich erzählen kann, der muss doch eigentlich<br />

auch schon geübt haben, sich überhaupt wahrzunehmen“.<br />

Die Überlegungen verbinden sich mit Inhalten<br />

Sie denkt an eine<br />

Szene aus dem Unterricht<br />

von Frau Diez.<br />

Die Kinder hatten den<br />

Auftrag erhalten, ihre<br />

Hände zu betrachten,<br />

ihre Schreibhand von<br />

allen Seiten genau anzusehen,<br />

die Augen zu<br />

schließen <strong>und</strong> dabei<br />

eine Hand mit der<br />

anderen abzutasten.<br />

Nach einer Phase der<br />

Stille, des Fühlens <strong>und</strong> der Betrachtung ergab sich ein<br />

intensives Gespräch im Sitzkreis. Die Kinder konnten<br />

kaum aufhören, davon zu erzählen, was sie mit ihren<br />

Händen alles machen können. Es wurde noch einmal die<br />

Kerze in der Mitte angezündet <strong>und</strong> das Lied „Er hält die<br />

ganze Welt in seiner Hand“ mit vielen Gesten gesungen.<br />

Frau Gauß kann sich noch gut an die Begeisterung <strong>und</strong><br />

die Freude der Kinder erinnern, als sie dieses Lied gemeinsam<br />

mit Frau Diez sangen. Sie möchte ihre<br />

Erkenntnisse mit ihrer Mentorin austauschen <strong>und</strong> sucht<br />

das Gespräch mit ihr.<br />

Das haben wir doch schon immer gemacht!<br />

Frau Gauß redet mit Frau Diez, doch deren Reaktion<br />

kommt für Frau Gauß etwas unerwartet. „Warum wird<br />

eigentlich ein neuer Bildungsplan geschrieben, wenn ich<br />

das schon immer so gemacht habe?“ Es folgt ein langes<br />

Gespräch <strong>und</strong> noch einmal ein ausführliches Studium des<br />

alten Plans. Ja, da gab es auch schon Hinweise auf ein<br />

Arbeiten, das nicht an Inhalten, sondern an Kompetenzen<br />

orientiert ist, etwa an einer kindgemäßen Spiritualität oder<br />

der Gestaltung der Schule als Lebensraum. Die Inhalte<br />

hatten aber einen so hohen Stellenwert, dass es durchaus<br />

möglich war, dass sie diese wichtigen religionspädagogischen<br />

Vorgaben zum Teil überlagerten.<br />

Sie erinnert ihre Mentorin an ein Gespräch in einer<br />

Hohlst<strong>und</strong>e. Es ging darin um eine Einstiegsphase einer<br />

Religionsst<strong>und</strong>e in einer ersten Klasse. Die Kinder standen<br />

am Anfang der St<strong>und</strong>e im Kreis um eine schön gestaltete<br />

Mitte mit einer brennenden Kerze. Nach einer kurzen<br />

<strong>und</strong> herzlichen Begrüßung machten alle das Körperkreuz.<br />

Sie sprachen gemeinsam: „Von oben nach unten, von<br />

links nach rechts denke ich an dich“. Dabei machten die<br />

Kinder mit großen Bewegungen das Kreuzzeichen. Alle<br />

waren mit großem Ernst dabei <strong>und</strong> es war spürbar, dass<br />

dieser Moment für viele Kinder ein stimmiger Ort ihrer eigenen<br />

Glaubenspraxis war. Frau Gauß war begeistert <strong>und</strong><br />

forderte in dem Gespräch, dass eine solche Art von<br />

Gebetserziehung eigentlich in jeder Religionsst<strong>und</strong>e bzw.<br />

Klassenstufe <strong>und</strong> nicht nur in Klasse 1 ihren berechtigten<br />

Ort haben müsse. Frau Diez stimmte damals im Gespräch<br />

im Gr<strong>und</strong>satz zwar zu, doch gab sie zu bedenken, dass<br />

dieses Tun nicht immer zum Thema der St<strong>und</strong>e passt <strong>und</strong><br />

besonders ab Klasse 3 die Inhalte – übrigens nicht nur im<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> – so stark werden, dass sich diese Art<br />

von konkreter Glaubenspraxis bis zum Ende der vierten<br />

Klasse immer mehr verliert.<br />

Frau Diez nickt. Auch in ihrem Unterricht sind Inhalte zum<br />

Teil wichtiger geworden als der eigentliche Bildungs- <strong>und</strong><br />

Erziehungsauftrag.<br />

20<br />

Die neue Blickrichtung<br />

„Frau Diez, das ist jetzt anders“, betont Frau Gauß. „Die<br />

Inhalte bestimmen nicht mehr, ob <strong>und</strong> wie deutlich einzelne<br />

religionspädagogische Felder im Unterricht zur<br />

Geltung kommen. Genau so wenig kann es darum gehen,<br />

wichtige Inhalte einfach abzuschaffen. Die Blickrichtung<br />

ist eine andere. Unsere inhaltliche Arbeit muss sich an den<br />

Kompetenzbeschreibungen <strong>und</strong> deren überprüfbaren<br />

Anteilen ausrichten. Wir unterrichten zwar Inhalte, auch<br />

wenn wir mit den Kindern das Körperkreuz einüben. Im<br />

Zentrum unseres religionspädagogischen Denkens stehen<br />

aber eigentlich die Kompetenzen, die durch dieses<br />

Tun geschult werden.“<br />

Das Schulprofil meldet sich<br />

Frau Kalkenried, die<br />

Schulleiterin, ist auch<br />

im Lehrerzimmer. Sie<br />

hat dem Gespräch zugehört<br />

<strong>und</strong> schaltet<br />

sich jetzt ein. „Frau<br />

Diez <strong>und</strong> Frau Gauß,<br />

Sie haben mich auf eine<br />

Idee gebracht. Ihre<br />

Arbeit mit den Kindern,<br />

diese Gebetserziehung,<br />

könnte das nicht<br />

auch als ein Einstieg in<br />

den Tag für alle Kinder angeboten werden?“ Frau Diez <strong>und</strong><br />

Frau Gauß haben Bedenken. „Dürfen wir diesen konkreten<br />

Glaubensvollzug ohne Rücksicht auf den Willen der Eltern<br />

<strong>und</strong> die religiöse Herkunft der Kinder einfach allen anbieten?“<br />

„Nein, so habe ich das auch nicht gemeint“, sagt<br />

Frau Kalkenried. „Schauen Sie, ich bewege mich mit meiner<br />

zweiten Klasse in ganz ähnlichen Feldern, wenn ich in<br />

Deutsch Wahrnehmung, Selbstartikulation <strong>und</strong> Gesprächskultur<br />

übe. Auch in Mensch, Natur <strong>und</strong> Kultur spielen<br />

eine Wahrnehmungsschulung <strong>und</strong> unterschiedliche<br />

Ausdrucksformen der Persönlichkeit eine wichtige Rolle.<br />

Da könnten Sie doch aus dem <strong>Religionsunterricht</strong> einen<br />

guten Beitrag zu den Kompetenzfeldern leisten, die wir<br />

als Schule insgesamt auszubilden haben.“ Die Kolleginnen<br />

überlegen. Nach einer Pause fährt Frau Kalkenried<br />

fort: „Wir könnten in diesen Feldern doch ein Curriculum<br />

entwickeln, das sich auf die Kompetenzen bezieht, die wir<br />

auch gemeinsam zu schulen haben“. „Ja“, sagt Frau Diez,<br />

„da machen sich tatsächlich ganz neue Tätigkeitsfelder<br />

für uns als Kolleginnen auf.“<br />

Frau Gauß ergänzt,<br />

dass in den Leitgedanken<br />

zum katholischen<strong>Religionsunterricht</strong><br />

an der Gr<strong>und</strong>schule<br />

betont wird,<br />

dass dieses erfahrungsorientierteArbeiten,<br />

der Umgang mit<br />

Stille <strong>und</strong> das Anknüpfen<br />

an der Erfahrungswelt<br />

der Kinder<br />

ein spezifischer Beitrag<br />

des katholischen <strong>Religionsunterricht</strong>s zum Erziehungs-<br />

<strong>und</strong> Bildungsauftrag der Gr<strong>und</strong>schule sei.<br />

Bisherige gemeinsame Aktionen der Schule mit dem<br />

<strong>Religionsunterricht</strong>, etwa der Waldtag oder das Labyrinth<br />

im Schulhof erscheinen so in einem ganz neuen Licht.<br />

. . . <strong>und</strong> wie plane ich meinen Unterricht?<br />

„Aber ich möchte zuerst einmal wissen, wie ich diese neue<br />

Blickrichtung mit meiner Unterrichtsplanung verbinden

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