Standards und Religionsunterricht - Erzbischöfliches Ordinariat ...
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Näher betrachtet<br />
Schulcurriculum – Chancen <strong>und</strong> Gefahren<br />
Bernhard Bosold, Referent für Gymnasien im Bischöflichen <strong>Ordinariat</strong>, Hauptabteilung Schulen,<br />
der Diözese Rottenburg-Stuttgart<br />
Was ist ein Schulcurriculum?<br />
„Das Schulcurriculum gibt der Schule pädagogischen<br />
Gestaltungsraum für die Vertiefung <strong>und</strong> Ergänzung des<br />
Kerncurriculums durch zusätzliche Lernangebote. Für das<br />
Schulcurriculum steht jeder Schule etwa ein Drittel der<br />
Unterrichtszeit zur Verfügung“ (Ministerium für Jugend<br />
Kultus <strong>und</strong> Sport, „Gymnasium 2004“, Seite 17).<br />
Für das Fach Katholische Religionslehre heißt das<br />
zunächst ganz praktisch: Zwei Drittel der Unterrichtszeit<br />
sind reserviert, um die „Bildungsstandards Katholische<br />
Religionslehre“ direkt zu bedienen. Das letzte Drittel der<br />
Unterrichtszeit steht für fächerübergreifende Projekte zur<br />
Verfügung, an denen sich das Fach Katholische Religionslehre<br />
beteiligen kann. Hier kann es von Unterrichtsprojekten<br />
zur Gewaltprävention oder Suchtprophylaxe bis<br />
zu Projekten zur Schulkultur um sehr vielfältige Dinge<br />
gehen.<br />
Wichtig ist, dass sich das Fach Religionslehre hier mit<br />
seiner typischen Perspektive <strong>und</strong> Kompetenz einbringt.<br />
Dann gilt, dass es auch hier um Unterricht geht, in dem<br />
„personale Kompetenz“ oder „soziale Kompetenz“ oder<br />
„methodische Kompetenz“ erworben wird. Das heißt,<br />
auch in diesem Drittel seiner Unterrichtszeit, in dem der<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> am Schulcurriculum beteiligt ist,<br />
werden auf indirekte Weise die Bildungsstandards<br />
bedient.<br />
In den einzelnen Schulen gibt es verschiedene Überlegungen,<br />
wie dieses Schulcurriculum umgesetzt werden<br />
kann. Auch organisatorisch sind hier sehr unterschiedliche<br />
Modelle möglich. Für das Fach Religionslehre bieten sie<br />
Chancen <strong>und</strong> Möglichkeiten. Es gibt aber auch Grenzen<br />
<strong>und</strong> Gefahren.<br />
Chancen<br />
Für Religionslehrerinnen <strong>und</strong> Religionslehrer bieten sich<br />
große Chancen, sich in den Schulentwicklungsprozess<br />
einzubringen.<br />
– Die neue Klassengemeinschaft<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler müssen sich in der Klasse 5<br />
an die neue Klasse gewöhnen. Hier bieten sich viele<br />
Kooperationsmöglichkeiten. Über Regeln muss gesprochen<br />
werden, neue Fre<strong>und</strong>innen <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e können<br />
gef<strong>und</strong>en werden; es soll keine Außenseiter geben;<br />
Konflikte müssen bearbeitet werden: Bei allen diesen<br />
Fragestellungen bieten sich gute Anknüpfungspunkte<br />
vom <strong>Religionsunterricht</strong> her.<br />
– Gewaltprävention, Mediation, Schülermentorenprogramm<br />
– Schulpastoral<br />
– Tage der Besinnung <strong>und</strong> Orientierung, Schulgottesdienste<br />
– Sucht- <strong>und</strong> Drogenprophylaxe<br />
– Sexualerziehung<br />
– Erinnerung des Holocaust<br />
– Sozialpraktikum<br />
– Stilleübungen, Meditation<br />
– Beiträge zur kulturellen Identität<br />
– religiöses Brauchtum<br />
– Heilige Orte: Kirchen entdecken, Friedhöfe besuchen ...<br />
Einen guten Beitrag können Religionslehrerinnen <strong>und</strong><br />
Religionslehrer auch im Rahmen eines Methodencurriculums<br />
leisten. Referate halten, Informationen sammeln,<br />
Texte analysieren, Gesprächsr<strong>und</strong>en leiten, gestaltetes<br />
Vorlesen, Ergebnisse präsentieren: Diese <strong>und</strong> weitere<br />
Methoden können auch im <strong>Religionsunterricht</strong> eingeübt<br />
werden. Der <strong>Religionsunterricht</strong> wird davon profitieren,<br />
wenn Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler merken, dass sie hier<br />
Fertigkeiten lernen, die sie auch in anderen Fächern gebrauchen<br />
können.<br />
Schließlich können sich Religionslehrerinnen <strong>und</strong> Religionslehrer<br />
einbringen, wenn es um das weite Feld der<br />
Schulkultur geht: Wie gestalten wir unser Klassenzimmer?<br />
Gibt es einen Schulgarten? Sind Pflanzen oder Tiere<br />
(Aquarium) zu pflegen <strong>und</strong> zu versorgen? Ist es möglich,<br />
einen Raum der Stille einzurichten?<br />
Bewusst gemacht werden kann auch, dass die Vorbereitung<br />
<strong>und</strong> Durchführung eines Schulgottesdienstes (für<br />
eine Klasse, eine Jahrgangsstufe, die ganze Schule) ein<br />
Beitrag zur Schulkultur ist.<br />
Grenzen <strong>und</strong> Gefahren<br />
Bei all diesen Chancen soll nicht übersehen werden, dass<br />
es auch Gefahren gibt. Zugespitzt kann man sagen, dass<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> nicht „enteignet“ werden darf. Das<br />
wäre dann der Fall, wenn der <strong>Religionsunterricht</strong> nicht nur<br />
an der Durchführung eines sozialen Projektes beteiligt wäre<br />
(z. B. zusammen mit den Fächern Deutsch <strong>und</strong><br />
Gemeinschaftsk<strong>und</strong>e), sondern wenn die Formel lautet:<br />
Wir machen in Klasse 8 statt des einstündigen<br />
<strong>Religionsunterricht</strong>es ein Sozialpraktikum. Dann ginge ein<br />
solches Projekt, das wesentlich der Profilierung der<br />
Schule dient, allein zu Lasten des <strong>Religionsunterricht</strong>s <strong>und</strong><br />
zwar auf eine Weise, die auch die zwei Drittel der<br />
Unterrichtszeit mit vereinnahmt, die der <strong>Religionsunterricht</strong><br />
benötigt, um sein Kerncurriculum zu bearbeiten.<br />
Dieser Gefahr durch Vereinnahmung ist nur durch den<br />
Hinweis zu begegnen, dass die Bildungsstandards<br />
Katholische Religionslehre der jeweiligen Jahrgangsstufe<br />
zu erfüllen sind. Das ist nicht möglich, wenn die reguläre<br />
Unterrichtszeit des <strong>Religionsunterricht</strong>s zu mehr als einem<br />
Drittel für übergreifende Projekte verwendet wird.<br />
Eine Gefahr ist auch gegeben, wenn der <strong>Religionsunterricht</strong><br />
in dem Drittel, mit dem er am Schulcurriculum<br />
teilnehmen kann, sein Gesicht <strong>und</strong> seine Kenntlichkeit ver-<br />
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