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Standards und Religionsunterricht - Erzbischöfliches Ordinariat ...

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Bevor wir zur konkreten Unterrichtsplanung kommen, soll<br />

das Schaubild auf Seite 52 mit Hilfe einiger Beispiele erläutert<br />

werden. Wie geht das vor sich, ein Themenfeld in<br />

seine Dimensionen einzubetten? Und vor allem: Was soll<br />

das nützen?<br />

Die erste Frage beantwortet sich, wenn man das Schaubild<br />

genauer betrachtet. Z. B. können die Schöpfungserzählungen<br />

in Gen 1 <strong>und</strong> 2 bei der Frage nach „Gott –<br />

gibt es den überhaupt?“ (erster Spiegelstrich des Themenfeldes)<br />

hilfreich sein – sicherlich nur, indem ich die<br />

Frage nach dem Ursprung der Welt in den Horizont der<br />

modernen Naturwissenschaften rücke. Die Schöpfungserzählungen<br />

können zugleich die Dimension: „Mensch<br />

sein – Mensch werden“ bedienen (Mensch als Dialogpartner<br />

Gottes, verantwortlicher Mitgestalter der Schöpfung).<br />

Selbstverständlich wird die Kenntnis „ausgewählter<br />

biblischer Erzählungen“ vermehrt, wenn ich die<br />

Schöpfungserzählungen behandle (Dimension: „Hermeneutik<br />

– Bibel <strong>und</strong> Tradition“). Ein Bezug lässt sich sogar<br />

zur Dimension: „Welt <strong>und</strong> Verantwortung“ aufzeigen:<br />

„Freude an der Schöpfung“ kann auch das Ergebnis einer<br />

meditativen Lektüre der priesterschriftlichen Schöpfungserzählung<br />

sein.<br />

Ähnliche Bezüge kann ich für den zweiten Spiegelstrich<br />

des Themenfelds „in Sprachbildern von Gott reden“ herstellen:<br />

Außer „Religionen sprechen in Bildern <strong>und</strong> Symbolen<br />

von Gott“ (Dimension: „Die Frage nach Gott“) fördere<br />

ich natürlich den Standard „bildhafte Sprache erkennen<br />

<strong>und</strong> erläutern“ (Dimension: „Hermeneutik – Bibel<br />

<strong>und</strong> Tradition“).<br />

„Gotteserfahrungen in der Bibel“ (dritter Spiegelstrich des<br />

Themenfelds) bedient natürlich „Erläutern eines biblischen<br />

Bildes für Gott“ (Dimension: „Die Frage nach Gott“),<br />

genauso aber auch „ausgewählte biblische Erzählungen<br />

<strong>und</strong> Psalmentexte” (Dimension: „Hermeneutik – Bibel <strong>und</strong><br />

Tradition).<br />

Je nachdem, welches biblische Beispiel gewählt wird,<br />

kann auch die Dimension: „Welt <strong>und</strong> Verantwortung“<br />

bedient werden. So enthält die Vorrede der Zehn Gebote<br />

in Ex 20,2 „Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten<br />

geführt hat, aus dem Sklavenhaus“ ein Bild von Gott:<br />

Sie zeigt ihn als menschenfre<strong>und</strong>lich; er schenkt dem<br />

Menschen ein Leben in Freiheit. Die Gebote – <strong>und</strong> damit<br />

ist die Dimension: „Welt <strong>und</strong> Verantwortung“ angesprochen<br />

– dienen nur dazu, diese Freiheit zu erhalten. (Über<br />

das Sabbatgebot kann übrigens ein Bezug auf die priesterschriftliche<br />

Schöpfungserzählung hergestellt werden.)<br />

Behandelt man die Gotteserfahrung Jesu, bedient man<br />

die Dimension: „Jesus der Christus“ – unter Umständen<br />

gleichzeitig noch einmal die Dimension „Welt <strong>und</strong><br />

Verantwortung“: die voraussetzungslose Zuwendung<br />

Gottes zum Menschen kann daran deutlich werden. An<br />

der Erzählung vom letzten Mahl Jesu ließen sich die<br />

Dimensionen „Hermeneutik“, „Jesus der Christus“ <strong>und</strong><br />

„Kirche“ zusätzlich berücksichtigen.<br />

Der vierte Spiegelstrich „Zu Gott beten“ schließlich kann<br />

sich beziehen auf die Dimension „Hermeneutik – Bibel <strong>und</strong><br />

Tradition“: ausgewählte biblische Erzählungen <strong>und</strong><br />

Psalmentexte (Vaterunser, Psalm 23 als Gebete), dadurch<br />

u.U. auch auf die Dimension „Jesus der Christus“. Auch<br />

ein Bezug auf die Dimension: „Religionen <strong>und</strong><br />

Weltanschauungen“ ist möglich: Am Vaterunser kann man<br />

zeigen, wie Jesus im Judentum verwurzelt ist.<br />

Eine vielleicht schon ein wenig verwirrende Vielzahl von<br />

Bezügen hat sich gezeigt. Hat man sich damit etwas näher<br />

beschäftigt, stellt sich womöglich die zweite Frage: Wozu<br />

das alles? Noch drängender: Was soll es nützen, alle möglichen<br />

Verbindungen ausdrücklich aufzuweisen, die<br />

sowieso existieren? Es kann ja nicht sein, dass nur Stoffe<br />

zum Unterrichtsgegenstand werden dürfen, die eine<br />

möglichst große Vielzahl von Bezügen ermöglichen.<br />

Danach müsste man das letzte Abendmahl behandeln,<br />

wenn man „Gotteserfahrungen in der Bibel“ erarbeitet.<br />

Das wird man im Rahmen dieses Themenfeldes „Gott<br />

suchen - Gott erfahren“ kaum tun: Es gibt für diesen Zweck<br />

geeignetere biblische Texte. Allenfalls wird man, wenn<br />

etwa im Rahmen des Themenfeldes „Kirche <strong>und</strong> Kirchen“<br />

die Eucharistiefeier behandelt wird, auf das Gottesbild in<br />

den biblischen Einsetzungsberichten – nebenbei, eventuell<br />

wiederholend – zu sprechen kommen.<br />

Im Allgemeinen wird eine Unterrichtseinheit ein Themenfeld<br />

sein, das die Lehrerin/der Lehrer um einige Stoffe ergänzt<br />

hat, die ihr/ihm aufgr<strong>und</strong> der besonderen Situation<br />

der Klasse, lokaler Bezüge, der Aktualität o. Ä. wichtig erscheinen.<br />

Wenn sie/er einmal probeweise prüft, welche<br />

<strong>Standards</strong> durch die geplante Unterrichtseinheit bedient,<br />

<strong>und</strong> nach Beendigung der Einheit vergleicht, welche<br />

<strong>Standards</strong> (hoffentlich) tatsächlich gestärkt worden sind,<br />

kann dies durchaus hilfreich sein. Man kann dies vor <strong>und</strong><br />

nach jeder neuen Unterrichtseinheit tun <strong>und</strong> stichwortartig<br />

festhalten. Dann wird sich im Jahresrückblick zeigen,<br />

ob man die <strong>Standards</strong> unter den sieben Dimensionen<br />

gleichmäßig bedient hat, ob man eine Vorliebe für bestimmte<br />

<strong>Standards</strong> oder Dimensionen hat, andere vermeidet<br />

usw.<br />

Angestrebt werden muss, die <strong>Standards</strong> relativ regelmäßig<br />

immer wieder aus anderen Themenfeldern <strong>und</strong><br />

Zusammenhängen heraus in den Blick zu nehmen <strong>und</strong> zu<br />

fördern. Das ist mit den Plänen intendiert, <strong>und</strong> so sollte<br />

sich die Nachhaltigkeit des Unterrichts vergrößern. Es<br />

zeigt sich: Der Standardplan ist kein Zaubermittel, das den<br />

idealen Unterricht ermöglicht. Er erklärt auch keineswegs<br />

allen bisherigen Unterricht für Unfug. Er kann aber eine<br />

wertvolle Planungshilfe <strong>und</strong> ein sinnvolles Reflexionsinstrument<br />

sein.<br />

<strong>Standards</strong> eröffnen Freiräume – sie dürfen gerade nicht zu<br />

standardisiertem Unterricht führen<br />

W WW<br />

Nicht alle Details einer Unterrichtsplanung können<br />

hier vorgestellt werden. Weitere Hinweise<br />

zu den beiden folgenden Unterrichtsvorschlägen<br />

finden Sie auf der 3. Bildungsplanebene<br />

im Internet www.schule-bw.de/unterricht/<br />

bildungsstandards (Menü oben: Übersicht).<br />

Jeder Unterricht muss unter entwicklungspsychologischen<br />

Gesichtspunkten <strong>und</strong> entsprechend dem Kenntnisstand<br />

der Klasse angepasst konzipiert werden. Dabei gibt<br />

es viele Möglichkeiten aus den Themenfeldern konkrete<br />

Unterrichtssequenzen zu entwickeln. Im Folgenden werden<br />

zwei solcher Möglichkeiten für das Themenfeld „Gott<br />

suchen – Gott erfahren“ vorgestellt.<br />

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