Juli 2012 - Anwalt aktuell
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AwAK<br />
persönlichkeitsrecht 2.0<br />
im Stift Melk<br />
AWAK-Intensivseminar zum Schutz<br />
des Menschen in der Datengesellschaft<br />
„Der gläserne Mensch“ – ursprünglich<br />
eine Bezeichnung<br />
für anatomische Modelle, ist<br />
sie heute eine Metapher für<br />
die Durchleuchtung der Bürger.<br />
Und das Glas um uns herum<br />
wird immer mehr zur<br />
scharfen Lupe, die sogar die<br />
kleinsten Details eines Menschen<br />
offenbart. Doch wie<br />
gehen wir in der „Datengesellschaft“<br />
künftig mit Privatsphäre,<br />
sensiblen Daten und<br />
Persönlichkeitsrechten um?<br />
Damit beschäftigt sich das<br />
diesjährige Intensivseminar<br />
der <strong>Anwalt</strong>sakademie im Stift<br />
Melk.<br />
Vom 4. bis 6. Oktober tauschen<br />
sich hochrangige Experten<br />
aus Praxis, Lehre und Forschung<br />
mit den Teilnehmern<br />
über die künftigen Herausforderungen<br />
im Persönlichkeitsrecht<br />
aus. Nach der Eröffnung<br />
durch den Präsidenten der<br />
RAK Niederösterreich, Dr.<br />
Michael Schwarz, zeigen Dr.<br />
Manfred Vogel, Hofrat des<br />
OGH, <strong>Anwalt</strong> Dr. Thomas<br />
Höhne und o. Univ.-Prof. Dr.<br />
Dr. hc Willibald Posch von der<br />
Karl-Franzens-Universität<br />
Graz die Entwicklung der Persönlichkeitsrechte<br />
auf. Dabei<br />
steht am Ende die Vision eines<br />
umfassend geschützten „Persönlichkeitsbildes“.<br />
Die Persönlichkeitsrechte reichen<br />
freilich auch in andere<br />
Rechtsmaterien hinein, etwa<br />
das Schadenersatzrecht. Eine<br />
Standortbestimmung beim<br />
umstrittenen Geldersatz für<br />
immaterielle Schäden nimmt<br />
daher Hon.-Prof. Dr. Irmgard<br />
Griss, ehemalige Präsidentin<br />
des OGH, vor. Derzeit gehen<br />
die Überlegungen hin zu einer<br />
Erweiterung des Ersatzes, vor<br />
allem bei schweren Verletzungen<br />
des Persönlichkeitsrechtes,<br />
beispielsweise Verleumdung<br />
in sozialen Netzwerken.<br />
12<br />
AnwAltAktuell 05/12<br />
Löchrige privatsphäre<br />
Oft geschehen solche Verletzungen<br />
nicht virtuell im Web,<br />
sondern ganz konkret im täglichen<br />
Leben und Umfeld.<br />
Dies reicht von diskriminierenden<br />
Stellenanzeigen und<br />
Versicherungstarifen bis hin<br />
zu rassistischen Beschimpfungen<br />
im Job. Hier soll das<br />
Gleichbehandlungsgesetz<br />
Schutz bieten. Dr. Andreas<br />
Gerhartl vom AMS Niederösterreich<br />
berichtet über die Anwendung<br />
in der Praxis.<br />
Aber selbst im Persönlichkeitsrecht<br />
sind wohl nicht alle<br />
Menschen gleich. VIPs und<br />
Promis, die freiwillig ein öffentliches<br />
Leben führen, müssen<br />
sich mehr gefallen lassen<br />
als „Normalbürger“, primär<br />
von Medien. Aber wie viel ist<br />
zu viel? Das zeigt der Fall<br />
„Caroline von H.“ eindrucksvoll.<br />
O. Univ.-Prof. Dr. Walter<br />
Berka von der Universität<br />
Salzburg bewegt sich in seinem<br />
Referat im Spannungsfeld<br />
„freie Meinungsäußerung<br />
versus Privatsphäre“.<br />
Die Grundrechte bilden den<br />
Auftakt des zweiten Seminartages:<br />
Dr. Christoph Bezemek,<br />
BA, LL.M. von der WU Wien<br />
zeichnet die Metamorphosen<br />
des Gleichheitssatzes nach,<br />
Dr. Maria Berger, ehemalige<br />
Justizministerin und nunmehrige<br />
Richterin am EuGH beleuchtet<br />
die Grundrechte anhand<br />
ausgewählter Entschei-<br />
dungen des Europäischen Gerichtshofes.<br />
Zahnloser Datenschutz<br />
Sowohl Gesetzgebung als<br />
auch Rechtsprechung hinken<br />
in der Wahrung der Persönlichkeitsrechte<br />
zwangsläufig<br />
der raschen Entwicklung digitaler<br />
Dienste nach. So ist der<br />
Datenschutz zwar in aller<br />
Munde, aber oft nicht mehr<br />
als ein Lippenbekenntnis.<br />
MMag. Dr. Waltraut Kotschy,<br />
ehemals in der Datenschutzkommission<br />
tätig, liefert hierzu<br />
eine Bestandsaufnahme.<br />
Zuletzt hat die Klage Wiener<br />
Studenten gegen facebook nur<br />
zu deutlich gezeigt, welche<br />
Auswüchse das Sammeln persönlicher<br />
Daten annehmen<br />
kann und wie hilflos Nutzer<br />
dem gegenüberstehen. Rechts-<br />
anwalt Dr. Clemens Thiele,<br />
LL.M. Tax (GGU), beleuchtet<br />
den Persönlichkeitsschutz in<br />
neuen Medien und sozialen<br />
Netzwerken.<br />
Der einstweilige Rechtschutz<br />
ist zwar kein Wundermittel,<br />
kann aber in gewissen Situationen<br />
zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte<br />
beitragen,<br />
ganz nach dem Motto „Wer<br />
schnell hilft, hilft doppelt!“<br />
Rechtsanwalt Dr. Peter Zöchbauer<br />
wird sich in seinem Referat<br />
mit den Anwendungsbereichen<br />
auseinandersetzen.<br />
persönliche Rechte<br />
im verfahren<br />
Dem Spannungsverhältnis<br />
zwischen Opferschutz und<br />
Beschuldigtenrechte im Strafverfahren<br />
widmet sich Hon.-<br />
Prof. Dr. Udo Jesionek, Prä-<br />
sident der Hilfsorganisation<br />
„Weisser Ring“. Insbesondere<br />
die Stellung der Opfer hat sich<br />
in den vergangenen Jahren<br />
durch die StPO-Reform verbessert,<br />
die von Kritikern befürchtete<br />
Emotionalisierung<br />
des Strafverfahrens ist laut Experten<br />
ausgeblieben. Zu Problemen<br />
kann hingegen das<br />
Recht auf schonende kontradiktorische<br />
Einvernahme führen,<br />
wenn dadurch Fragen offenbleiben<br />
oder sich im Lauf<br />
der Verhandlung neue Fragen<br />
ergeben. Auf der anderen<br />
Seite scheint jene Regelung<br />
tagungsleitung:<br />
RA ao. univ.-prof.<br />
Dr. Michael Enzinger<br />
verbesserungswürdig, die es<br />
dem Beschuldigten ermöglicht,<br />
sich gegen Ermittlungsschritte<br />
zu wehren. In der Praxis<br />
werden diese Rechte ohne<br />
anwaltliche Vertretung kaum,<br />
bei großen Wirtschaftsverfahren<br />
hingegen über Gebühr genützt.<br />
Am Samstag endet der thematische<br />
Bogen mit einem Re-<br />
ferat zu Verfahrensgarantien.<br />
Dr. Robert Fucik, leitender<br />
Staatsanwalt im Justizministerium,<br />
wird sich mit dem rechtlichen<br />
Gehör im Zivilpro-<br />
zess, Exekutionsverfahren,<br />
Außerstreitverfahren und vor<br />
dem Schiedsgericht befassen.<br />
Rechtsanwalt Dr. Wolfgang<br />
Moringer skizziert daran anschließend<br />
noch standesrechtliche<br />
Grenzen für die Rechtsdurchsetzung.<br />
Neben dem fachlichen Austausch<br />
bietet das Rahmenprogramm<br />
auch die Gelegenheit,<br />
die Reize des Seminarortes zu<br />
genießen: „Lustwandeln“ im<br />
Stiftsgarten, eine Führung<br />
durch das Stift Melk, Fitnessangebote<br />
und ein geselliger<br />
Abend im nahe gelegenen<br />
Schloss Schallaburg sorgen<br />
für den nötigen Ausgleich.<br />
n termin:<br />
Intensivseminar<br />
„Im Mittelpunkt – der Mensch:<br />
Schutz der Privatsphäre,<br />
der Persönlichkeitsrechte,<br />
der Daten und der Grundrechte”<br />
04.10 bis 06.10.<strong>2012</strong>,<br />
Stift Melk