Juli 2012 - Anwalt aktuell

wARtEZiMMER | themen zum weiterdenken
Anwalt in Deutschland. In der „Süddeutschen Zeitung“
(14.6.12) beschäftigt sich Heribert Prantl mit Licht und Schatten der
deutschen Advokatur:
„Rechtsanwälte sind der problematischste
Teil des deutschen
Rechtswesens. Sie sind
schlechter qualifiziert als beispielsweise
Richter oder
Staatsanwälte; sie sind nur
mangelhaft auf ihren Beruf
vorbereitet und verdienen
elend schlecht; sie wissen
nicht, wovon sie leben und
wie sie ihre Versicherung zahlen
sollen; sie gehören zum
akademischen Proletariat. Das
sind die einen.
Es gibt aber auch die anderen.
Diese Rechtsanwälte gehören
zum besten Teil des deutschen
34
AnwAltAktuell 05/12
Rechtswesens. Sie sind noch
viel besser qualifiziert als
Richter und Staatsanwälte; sie
sind Koryphäen auf ihrem
Rechtsgebiet. Die Einstiegsgehälter
dieser Anwälte zählen
zu den höchsten der akademischen
Berufe; schon Berufsanfänger
verdienen in Spitzen-
und Großkanzleien an die
zehntausend Euro im Monat.
Die Schere in diesem Beruf
geht immer weiter auseinander…
Für einen nicht ganz
kleinen Teil der 157.000 deutschen
Anwälte, zumal der
jungen, ist es, wie gesagt,
AnwAltAktuell
Das Magazin für erfolgreiche Juristen
schon eine Kunst; durchs Leben
zu kommen…
Der Kampf ums Recht ist auch
ein Kampf um Mandanten
und Mandate geworden – mit
Auswüchsen bei Acquisition
und Werbung (etwa dann,
wenn Strafverteidiger vor Gefängnissen
plakatieren). Das
ist skurril, aber nicht gefährlich.
Gefährlich wird es dann,
wenn die Ansprüche, die in
der Berufsordnung für Rechtsanwälte
formuliert sind, zur
Fiktion werden. Die Tätigkeit
des Rechtsanwalts, so heißt es
HERAUSGEBER & CHEFREDAKTEUR:
Dietmar Dworschak dd@anwaltaktuell.at
VERLAGSLEITUNG:
Beate Haderer beate.haderer@anwaltaktuell.at
GRAFIK & PRODUKTION:
Othmar Graf graf@anwaltaktuell.at
dort, „dient der Verwirklichung
des Rechtsstaats“; und
„die Freiheitsrechte des
Rechtsanwalts gewährleisten
die Teilhabe des Bürgers am
Recht.“
Mit dieser Freiheit ist es aber
nicht mehr so weit her, wenn
freie Anwälte vor allem
um das eigene Auskommen
kämpfen müssen und sie deswegen
in Abhängigkeiten geraten
– zum Beispiel von den
Rechtsschutzversicherungen.“
Bei Gericht.
Tückisch sind bisweilen die Paragrafen. Noch tückischer jedoch kann die
Technik sein, wie man am 18.6. im Wiener Straflandesgericht erlebte:
„Zunächst war eine Videokonferenz
mit der Justizanstalt
St. Pölten geplant. Dort
sollte ein Mann zeugenschaftlich
befragt werden, der laut
Staatsanwaltschaft gemeinsam
mit dem Hauptangeklagten
Thomas Al J. nach Somalia
reisen wollte, ums sich dort
dem bewaffneten Dschihad
anzuschließen.
Nachdem der Zeuge, der infolge
eines eigenen, mit dem
Terrorprozess nicht verbundenen
Verfahrens im Maßnahmevollzug
sitzt, den Hauptangeklagten
identifiziert hatte,
brach die Verbindung mit St.
Pölten zusammen.
‚Die Kamera hat sich aufg’
hängt‘ erklärte der für den
Prozess abgestellte Techniker.
Minutenlang versuchte der
Bedienstete sodann, die Verbindung
wieder herzustellen.
Schließlich musste sich der
Techniker telefonischer Hilfe
Medieninhaber und für den Inhalt verant wortlich:
Dworschak & Partner KG, 5020 Salzburg, Österreich,
Linzer Bundesstraße 10, Tel.: +43/(0) 662/651 651, Fax: DW -30
Büro Wien: 1010 Wien, Tuchlauben 13, Tel.: +43/(0)1/533 66 33
EMAIL: office@anwaltaktuell.at
INTERNET: www.anwaltaktuell.at
HERSTELLUNG: Druckerei Roser, 5300 Hallwang
AUFLAGE: 30.000 Exemplare
bedienen: ‚I find die richtige
Fernbedienung net. Wo is die
Fernbedienung?‘ Ein weiterer
Techniker erschien…
Zwischenzeitlich befragte die
Richterin zwei Zeugen, wobei
ihr Schwierigkeiten erspart
blieben, da diese persönlich
anwesend waren. Im Anschluss
sollte über einen im
Verhandlungssaal fixierten
großen Bildschirm ein auf
DVS gebranntes Youtube-Video
abgespielt werden, was
jedoch misslang.
Das Video wurde nach einigem
Hin und Her über den
Stand-PC der Schriftführerin
abgespielt. Gericht, Verteidiger
und die Staatsanwältin
scharten sich um die Schreibkraft
und starrten auf den
15,6 Zoll-Bildschirm.“
(orf-online)
ANWALT AKTUELL ist ein unabhängiges Magazin zur Information über aktuelle Entwicklungen der Gesetzgebung und Rechtsprechung
in Österreich. Namentlich gekennzeichnete Gastbeiträge müssen nicht unbedingt mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.