Wıssenschaftsrecht
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200 Margrit Seckelmann<br />
WissR<br />
b) Zulässigkeit eines „weisungsfreien Raums“?<br />
Üben die Ethikkommissionen mithin als „Behörden“ Staatsgewalt aus, so<br />
ist nach der Herleitung ihrer demokratischen Legitimation, konkret also<br />
nach dem Beleihungsakt, zu fragen. Diese erfolgte im Arzneimittelgesetz<br />
unmittelbar durch Gesetz. Im AMG sind Zusammensetzung und Befugnisse<br />
der Ethikkommissionen umrissen und in den entsprechenden Landesgesetzen<br />
ausgestaltet worden, so dass hier grundsätzlich von einer personellen<br />
Legitimation auszugehen ist. 52<br />
Wenn man die Stellungnahmen der Ethikkommissionen nach AMG als<br />
Verwaltungsakte, also als eine Form staatlicher Machtausübung ansieht, so<br />
fragt sich, ob diese Gremien nicht als „weisungs oder ministerialfreie<br />
Räume“ 53 zu qualifizieren sind, die nur unter äußerst eingeschränkten Bedingungen<br />
zulässig sind. Denn sie stellen letztlich die Exekutivspitze wegen<br />
fehlender Ingerenzmöglichkeiten gegenüber dem Parlament verantwortungsfrei.<br />
Aus diesem Grunde ist die sachlichinhaltliche Legitimation der<br />
Ethikkommissionen von besonderer Bedeutung, also ihre Weisungsabhängigkeit.<br />
Ausnahmen von diesem Erfordernis hat das Bundesverfassungsgericht<br />
nur in den Fällen zugelassen, in denen eine besondere funktionelle<br />
Rechtfertigung dafür gegeben und die Maßgeblichkeit des demokratischen<br />
Willens in diesen Verfahren sichergestellt ist. Von einer derartigen Rechtfertigung<br />
kann im Einzelfall dann ausgegangen werden, wenn eine effektive<br />
Aufgabenwahrnehmung eine gewisse Distanz zum Staat erfordert. In diesen<br />
Fällen muss jedoch der schwächer gewordene Strang sachlichinhaltlicher<br />
Legitimation durch besondere Vorkehrungen zur personellen Legitimation<br />
kompensiert werden. 54<br />
Die Ethikkommissionen nach AMG sind aufgrund ihrer pluralen Abbildung<br />
der Gesellschaft und der in ihnen verkörperten Expertise ähnlich<br />
wie die Bundesprüfstelle als ein zulässiger Fall eines weisungsfreien Gremiums<br />
anzusehen. Ähnlich wie diese benötigen sie zur Beurteilung der<br />
ethischen Fragen des „Nutzens“ eines Arzneimittels eine gewisse Staatsferne,<br />
welche in Hinblick auf die betroffenen Grundrechte, insbesondere<br />
die ihrem Wortlaut nach vorbehaltlos gewährte Forschungsfreiheit zu<br />
rechtfertigen ist.<br />
52 Sommermann (Fn. 5).<br />
53 J. Oebbecke, Weisungs und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, 1986,<br />
7; E. Klein, Die verfassungsrechtliche Dogmatik des ministerialfreien Raumes, Berlin<br />
1974; P. Füsslein, Ministerialfreie Verwaltung. Begriff, Erscheinungsformen und Vereinbarkeit<br />
mit dem Grundgesetz, Diss. Bonn 1972; Emde (Fn. 24).<br />
54 Sommermann, (Fn. 1); Oebbecke (Fn. 53).