Wıssenschaftsrecht
Wıssenschaftsrecht
Wıssenschaftsrecht
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
202 Margrit Seckelmann<br />
WissR<br />
wird. 56 Dieser wird indes im Schrifttum jedoch zunehmend in Frage gestellt:<br />
Diese Stimmen warnen davor, dass die Kommissionen bei ihrer Bewertung<br />
von Risiken Rechtsschutzinteressen Drittbetroffener unter anderen<br />
Aspekten würdigen würden als ein Gericht, nämlich gerade aufgrund<br />
ihrer technischen Expertise, die sie mehr an den Fortschritten ihres Fachs<br />
als an den Gemeinwohlbelangen interessiert sein lassen könnte. Darüber<br />
hinaus bestehe in pluralistisch zusammengesetzten Gremien auch die Gefahr,<br />
dass Partikularinteressen ein überproportionales Gewicht erlangen<br />
können. 57<br />
Nebenbei bemerkt: Von „Ethik“ wird im AMG nicht gesprochen. Daran<br />
anschließend lässt sich die Frage stellen, inwieweit die Ethikkommissionen<br />
als eine Form neuer Kooperationsarenen wirklich noch „ethische“<br />
Fragestellungen bei der Prüfung der Erkenntnisse der Wissenschaft und<br />
des Nutzens beurteilen?<br />
3. Mögliche Korrektive<br />
Trotz dieser Bedenken wird hier in Hinblick auf die gewisse Staatsferne<br />
bei der Beurteilung klinischer Medizinstudien, die zumindest in Universitätskrankenhäusern<br />
nach Art. 5 Abs. 3 GG geboten erscheint, vom Vorliegen<br />
eines Beurteilungsspielraums ausgegangen. Das enthebt aber nicht der<br />
Frage, ob gegebenenfalls institutionelle Korrektive denkbar sind, um diese<br />
erweiterten Handlungsspielräume in demokratietheoretischer Hinsicht<br />
mit einem Gegengewicht 58 zu versehen. Nimmt man diese Frage ernst, so<br />
lässt sich an neue Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung denken oder an<br />
eine Ausweitung der Aktivlegitimation zum Vorgehen gegen Kommissionsentscheidungen.<br />
De lege lata steht diese dem „Sponsor“ des klinischen<br />
Versuchs, also einem Pharmaunternehmen, zu.<br />
Es ließe sich daran denken, in der Systemlogik der immer stärkeren<br />
Überformung des nationalen deutschen Rechts durch die Rechtsetzung<br />
56 OVG Hamburg, ZUR 1995, 93; OVG Berlin NVwZ 1995, 1023; VG Berlin<br />
NVwZRR 1994, 150; differenzierend: G. Hirsch/A. Schmidt-Didczuhn, Gentechnikgesetz<br />
(GenTG), Kommentar, München 1991, § 16, Rz. 57.<br />
57 S. Schmieder, Risikoentscheidungen im Gentechnikrecht. Beurteilungsspielräume<br />
der Verwaltung gegenüber den Gerichten?, 2004; differenzierend: R. A. Kroh,<br />
Risikobeurteilung im Gentechnikrecht – Einschätzungsspielraum der Behörde und<br />
gerichtliche Kontrolle, DVBl. 2000, 103 f.; zu dieser Gefahr grundsätzlich: Sommermann<br />
(Fn. 5), Rz. 79.<br />
58 Überlegungen zu einem „Austarieren“ finden sich bei: A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip.<br />
Grundlagen einer prospektiven Ausgleichsordnung für die Folgen<br />
privater Freiheitsbetätigung – Zur Flexibilisierung des Verwaltungsrechts am Beispiel<br />
des Umwelt und Planungsrechts, 1999.