Studentenhaus Saarbrücken, Modell68Die Baukommission der <strong>Universität</strong> hatte vorher nur streng funktional gestalteteGebäude mit glatten Außenwänden erlebt. Man fürchtete erheblicheMehrkosten und lehnte den Hajekschen Entwurf zunächst insoweit ab, alsElemente hervorragten und Wände und Decken durchbrochen wurden.Ich kann mich noch erinnern, daß ich damals mit Otto Herbert Hajek vor demSitzungsz<strong>im</strong>mer der Baukommission saß, nachdem er es vehement abgelehnthatte, seinen Entwurf zu reduzieren und daraufhin die Kommissionsmitgliederzunächst in Abwesenheit <strong>des</strong> Künstlers beraten wollten. Später wurdebekannt, daß Hajek in Professor Schmoll gen. Eisenwerth einen kompetentenBefürworter hatte, der erreichen konnte, daß vor einer Entscheidungzunächst die Mehrkosten ermittelt werden sollten.Nachdem Künstler und Architekt gemeinsam die durch die Gestaltung bedingtenMehrkosten ermittelt hatten und durch den Verzicht auf sonstigeWand- und Deckenverkleidungen der Finanzierungsrahmen eingehaltenwerden konnte, hat die Baukommission dem Hajekschen Entwurf schließlichzugest<strong>im</strong>mt. Ob die außergewöhnliche Gestaltung durch Hajek auch akzeptiertworden wäre, wenn es sich um ein Institutsgebäude gehandelt hätte,darf bezweifelt werden. Es gab Äußerungen, daß es sich schließlich „nur umein Gebäude für Studierende“ handelt.Das Studentenwerk als späterer Betreiber hatte dem Entwurf ebenfalls zugest<strong>im</strong>mtmit der Maßgabe, daß der organisatorische Ablauf der Essenausgabeeinschließlich Geschirrückgabe und Gebäudereinigung nicht behindert wird.Im Verlauf der Realisierung wurde der Entwurf von Hajek abgewandelt. DasModell beschränkte sich weitgehend auf Betonelemente und Holzmosaike.Nachträglich ersetzte Hajek Holzmosaikflächen durch größere räumliche geometrischeElemente und setzte die Farbe als weiteres Gestaltungselement ein.Die Sichtblenden zwischen Speisesaal und Essensausgabe und die heruntergezogenenDeckenelemente mit ihren Holzmosaiken entsprechen demModell, während die den <strong>Raum</strong> gliedernden Betonskulpturen und die<strong>Raum</strong>objekte in den Lichttürmen größer, plastischer und farbig wurden.Hajek nahm diese Veränderungen vor, weil nach seiner Meinung die Holzmosaikein den dem Betrachter weiter entfernten Höhen zu feingliedrig waren.Um die Objekte, <strong>Raum</strong>gliederungen und die farbigen Teile in ihrer Vielfaltsichtbar zu machen, wurden verschiedene Beleuchtungssysteme installiert.Neben einer direkten Beleuchtung durch Neon-Röhren zwischen den Betonpfeilernan der Decke, kann mit einer indirekten Beleuchtung, die über denunteren Fenstern installiert ist, ein völlig anderer <strong>Raum</strong>eindruck geschaffenwerden. Eine weitere Variante stellen außen in den Sonnenblenden installierteScheinwerfer dar, die waagerechte Strahlen in den Speisesaal schicken unddie von den Decken herabhängenden Objekte hervortreten lassen.Durch die verschiedenen Gestaltungselemente wird das Gebäude, insbesondereder Speisesaal, zu einer lebendigen Landschaft: Horizontale und vertikaleElemente, <strong>Raum</strong>körper und neue Räume, die den vom Architekten vorgegebenen<strong>Raum</strong> aufsprengen, erweitern oder auch einengen, die Decke erhöhenoder herabziehen. Die Farben bringen daneben fast eine vierte D<strong>im</strong>ension, indemsie Inseln <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> schaffen, die Objekte in elementaren Farben hervorhebenoder vor farbigem Hintergrund erscheinen lassen.Die Vielfalt der <strong>Raum</strong>eindrücke gibt dem Mensabesucher die Möglichkeit,jeden Tag eine andere Umgebung zu wählen, um seine Mahlzeiten einzunehmen.Wählt er den äußeren Bereich <strong>des</strong> Speisesaales, so eröffnen sich unterschiedlicheBlickwinkel in die umgebende Landschaft nach Osten, nach Südosten,nach Süden und nach Westen, eingegrenzt durch die Betonelemente,die den <strong>Raum</strong> horizontal gliedern. Wählt er hingegen den inneren Bereich, sotreten die unterschiedlichen Höhengliederungen stärker hervor. In den Zonenunter den hohen Lichttürmen erreicht die <strong>Raum</strong>höhe fast 9 m, die vom Architektenallgemein vorgegebene <strong>Raum</strong>höhe von ca. 6 m wird teilweise bis aufca. 3 m herabgezogen. Die Felder <strong>im</strong> herabgezogenen Bereich mit ihrerDecke aus Holzmosaik geben einem Tisch mit 8 Plätzen einen fast int<strong>im</strong>enRahmen. Wenn Professor Hajek mit seinen Studenten später zu Besuch kam,wählte er gern diesen int<strong>im</strong>en Bereich.Nach dem Bezug der Mensa, Anfang 1970, war der Speiseraum und dasStudentenhaus insgesamt zunächst etwas Außergewöhnliches, für einigeauch etwas Gewöhnungsbedürftiges. Aus der Enge einer ehemaligen Kasernenkantinekam man nun in einen großzügigen <strong>Raum</strong> mit einer Gestaltung,
für die es keine vergleichbaren Beispiele gab. Anfänglich waren kritischeSt<strong>im</strong>men zu hören („Das Geld für die <strong>Kunst</strong> sollte für ein besseres Essen eingesetztwerden“), sie verstummten nach und nach, als die neuen technischenGeräte auch ein vielfältiges Speiseangebot ermöglichten.Im Laufe der 70er Jahre konnte man dann häufiger Studierende beobachten,die den Eltern und Angehörigen ihre Mensa mit einem gewissen Stolz zeigten.Die Stadt Saarbrücken zierte ihre Prospekte mit Bildern von der Mensaschon zu Zeiten, als die Mensa noch gar nicht zur Stadt gehörte (bis 1974stand die Mensa jenseits der Stadtgrenze auf Scheidter Bann), auch heutefehlt in den Prospekten der Stadt ein Bild von der Mensa nicht.Es war interessant zu beobachten, daß die Mensa-Besucher die vielfachenVarianten <strong>des</strong> <strong>Raum</strong>es auch nutzten. Sicherlich hatten einige auch ihren Lieblingsplatz,stets wird aber der Speisesaal gleichmäßig genutzt.Die Mensa wird auch heute noch als ein Beispiel in der Architekturgeschichtebetrachtet, den reinen Funktionsbau zu verlassen und der Fassade und dem<strong>Raum</strong> ein unverwechselbares Gesicht zu geben. Modische Strömungen in dersogenannten Postmoderne lehnen zwar den sichtbaren Beton als Material ab,ein weißer Anstrich versucht, Wände zu verleugnen. So ist es sicherlich richtig,daß die Mensa seit einiger Zeit unter Denkmalschutz steht, damit nichtmodische Erscheinungen dem Gebäude ihren Charakter nehmen. Da dieMensa über 20 Jahre <strong>im</strong> Windschatten <strong>des</strong> Heizwerkes gestanden hat, dieBetongüte der 60er Jahre auch keinen ausreichenden Schutz gegen Umwelteinflüssegeboten hat, hat das Gebäude etwas von seinem Ansehen verloren.Es muß daher ein Weg gefunden werden, Sanierungen mit der nötigen Sensibilitätauszuführen, die den Charakter <strong>des</strong> Studentenhauses bewahren.II Studentenhe<strong>im</strong>eStudentenwohnhe<strong>im</strong>e sollen für die Studierenden während ihrer Ausbildungein Zuhause sein. Seit den 70er Jahren wird die eigene abgeschlossene Wohnungvon den Studentinnen und Studenten bevorzugt, so daß nur noch dieEingangsbereiche und Treppenhäuser dem <strong>öffentlichen</strong> <strong>Raum</strong> zugeordnetwerden können; die Gemeinschaftsräume dienen fast ausschließlich als Party-Räume und sind daher für eine künstlerische Gestaltung, die dauerhaft seinsoll, weniger geeignet.Da das Studentenwerk die <strong>Kunst</strong> am Bau der <strong>Kunst</strong> neben oder vor dem Baustets vorgezogen hat, boten sich die Fassaden und Treppenhäuser für eineGestaltung durch Künstler an.1. Studentenhe<strong>im</strong> Saarbrücken, <strong>Universität</strong> Gebäude 42 (1988-1989)(Kat.-Nr. 36, Sbr.)Bei dem 1988-1989 auf dem Gelände vor dem Studentenhaus errichtetenHe<strong>im</strong> E, Architekt Dipl.-Ing. Walter Schrempf, Saarbrücken, standen die Ansätzefür <strong>Kunst</strong> am Bau vollständig zur Verfügung, da die Finanzierungsplänesogar unterschritten werden konnten. Auf Wunsch der Studierenden wurdenvier Künstler zu einem beschränkten Wettbewerb gebeten.Bei der Entscheidung ließ sich der Vorstand <strong>des</strong> Studentenwerkes durchProfessor Dr. Lorenz Dittmann und Professor Oskar Holweck beraten. Die Entscheidungführte zum Auftrag an den Künstler Rolf Viva, Saarbrücken-Brebach.Viva belebte das relativ enge Treppenhaus mit reliefartigen Stelen anden Wänden, die die Vertikale betonten. Als Material verwendete er Eichenbohlen,Sperrholzplatten, Kupferrohre, Kupferbleche und Kupferfolie sowieKohlestücke. Die Holzteile erhielten teilweise einen farbigen Anstrich, dabeigab er jedem Stockwerk eine Leitfarbe. Die Stelen spiegeln in Form, Größe,Stärke und Farbe die Vielfalt der Bewohner wieder, so daß man <strong>im</strong> Treppenhausständig neue Begegnungen hat.Über fast ein Jahrzehnt gehören diese Mit-Bewohner zur Belegschaft <strong>des</strong>Hauses und werden von den Studierenden respektiert. Es sind die Bewohner,die neben den Stelen keine wilden Plakatierungen oder Verunstaltungen<strong>im</strong> Treppenhaus dulden. So hat die Gestaltung für den Träger <strong>des</strong>Hauses den angenehmen Nebeneffekt, daß die Wände <strong>des</strong> Treppenhausesgeschont werden. Zwar war die Gestaltung durch Rolf Viva nicht von vornhereineingeplant wie be<strong>im</strong> Studentenhaus, dennoch ist Vivas Treppenhausgestaltungzum festen Bestandteil <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> geworden, sie gehört zur Individualität<strong>des</strong> Hauses, ist aus <strong>Kunst</strong> am Bau zur <strong>Kunst</strong> <strong>des</strong> Baues geworden.69
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