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Kunst im öffentlichen Raum Saarland Band 2 Universität des ...

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auten Fläche ein. Die Idee <strong>des</strong> englischen Landschaftsgartens scheint hier inein therapeutisches Konzept übernommen.Der „Lageplan der II. pfälzischen Heil- und Pflegeanstalt bei Homburg“, derDenkschrift am Schluß eingefügt, veranschaulicht nicht nur das Verhältnis Natur– Bebauung, sondern zeigt darüber hinaus eine städtebauliche Grundfigur,die nach dem Prinzip der <strong>im</strong>itatio naturae gebildet scheint – die Form einesBlattes, die etwa an Ginkgo biloba denken läßt. Geschwungene, vegetabile,Symmetrieachsen frei umspielende Formen, wie sie der Lageplan der HomburgerAnstalt zeigt, gehören zu den Grundzügen <strong>des</strong> Jugendstils. Insofernkann gesagt werden, daß die von dem jungen Kgl. Bauamtsassessor Ullmannstammende Gesamtanlage ein hervorragen<strong>des</strong> Beispiel für die architektonischeAvantgarde zu Beginn <strong>des</strong> Jahrhunderts ist. Es ist müßig, sich vorzustellen,wie ein altgedienter Kgl. Regierungs- und Kreisbaurat die gestellteBauaufgabe gelöst hätte. 9)Bei der Betrachtung der städtebaulichen Konzeption ist noch ein andererAspekt zu berücksichtigen: Die Industriegesellschaft <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts,namentlich in England, war in ein Stadium gelangt, in dem die Lasten, Nöteund auch Beschädigungen der Arbeitenden als Folge der industriellenArbeitsprozesse nicht nur zunahmen, sondern auch Grenzen der Belastbarkeiterkennen ließen. Am Ende <strong>des</strong> Jahrhunderts war es ein Gebot der Zeit, hierAbhilfe zu schaffen und über Verbesserungen der Arbeits- bzw. Lebensbedingungeneingehend nachzudenken. England war es dann auch, in demdie Konzeptionen der Gartenstadt bzw. der Gartenvorstadt entstanden unddie ersten entsprechenden Planungen realisiert wurden. 10) Als erste deutscheGartenstadt gilt Hellerau bei Dresden, zwischen 1907 und 1913 entstanden;eine frühe deutsche Gartenvorstadt ist die ab 1907 von der Krupp-Stiftunggebaute Margarethenhöhe in Essen-Rüttenscheid. 11)Ginkgo-biloba-ZweigDie Homburger Heil- und Pflegeanstalt muß in diesem Kontext gesehenwerden. Die Frage, ob Gartenstadt oder Gartenvorstadt, ist hier wenigerwichtig. Für beide städtebaulichen Modelle gibt es Anhaltspunkte. Einerseitshebt Ullmann die Vorstadt-Situation hervor, indem er auf seinem Lageplankorrekt formuliert „... bei Homburg“. Andererseits ist die Anstalt durchsämtliche ihr notwendigen Versorgungs-Einrichtungen autonom konzipiert.Entscheidend für die Homburger Konzeption ist die grundlegende therapeutischeIdee: Während Gartenstädte und Gartenvorstädte die Lebensbedingungender Industriegesellschaft in einer prekären Phase ihrer Entwicklung verbessern,sie also allgemein therapieren sollten, liegt der baulichen Planungder Heil- und Pflegeanstalt eine spezielle Therapie für die Ärmsten der Armendieser Industriegesellschaft zugrunde.Wie verhält sich dieser <strong>im</strong> weiteren und <strong>im</strong> engeren Sinn sozial motivierteImpuls zu seiner architektonischen Umsetzung? Ist die Homburger Anlagedurchgehend <strong>im</strong> Jugendstil gebaut? Heinrich Ullmann schreibt in der genanntenDenkschrift: „Bei der Ausbildung der Facaden wurde mit wenigen Ausnahmenjede Anlehnung an historische Stilformen vermieden ...“ 12) Das heißtzunächst, daß es von Anfang an Ullmanns Absicht gewesen ist, sich demGeist historistischen Bauens, an dem er sich mit seinen früheren Bauten inLandau und Speyer orientiert hatte, 13) zu entziehen. Damit folgt er einem Prinzipzeitgenössischer, avantgardistischer Baugesinnung, einem Prinzip <strong>des</strong> Jugendstils,der sich – wiederum zuerst auch in England – von der Nachahmunghistorischer Baustile gelöst hat.Die „wenigen Ausnahmen” vom neuen Bauen, auf die Ullmann selbst anspielt,lassen sich in erster Linie in der S<strong>im</strong>ultankirche (Bau 55, ursprünglich 6)und <strong>im</strong> einstigen Leichenhaus mit Vorhalle (30/7) erkennen, die deutlich demHistorismus verpflichtet sind. Die Mehrzahl der übrigen Gebäude ist „in ruhigenFormen” konzipiert worden. Der Architekt schreibt in der Denkschriftdazu folgen<strong>des</strong>: „Bei der Grundrißbildung der Gebäude wurde darnach gestrebt,die <strong>im</strong> Bauprogramme geforderten Räume in möglichst einfache,übersichtliche und geschlossene Grundrißform zu bringen. Dadurch wurde esauch möglich, die Baumassen der Gebäude in ruhigen Formen zu entwickeln,S<strong>im</strong>ultankircheAufnahme 199177

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