<strong>im</strong> relativ separierten Teil der seelsorgerischen Krankenbetreuung, auf der anderenSeite wirkt die Architektur <strong>im</strong> Bereich der Anlagegestaltung insgesamtoder bei Einzelbauten. Derartige Verbindungen gibt es jedoch auf vielerleiGebieten. Kann man also die These aufstellen, daß <strong>Kunst</strong> und Medizin letztendlichnie zueinander gefunden haben?Iapyx und Aeneas, Pompejianische Wandmalerei,1. Jh. nach Chr., Museo Nazionale, NeapelVincent van Gogh, Schlafsaal <strong>im</strong> Hospital inArles, 1889, Slg. Oskar Reinhart, Winterthur94Ein Blick zurück in die Geschichte zeitigt ein völlig anderes Bild. Der forschendeArzt und der darstellende Künstler waren in der Vergangenheit durchaus aufeinanderangewiesen; die Worte medizinischer Erkenntnisse mußten notwendigerweisein anschaubare Bilder umgesetzt werden.Im Abendland 4) vollzieht sich die künstlerische Behandlung medizinischerBelange in verschiedenen Bereichen, oder besser gesagt in thematisch orientiertenSparten. Rein quantitativ steht die Darstellung <strong>des</strong> Arztes währendeiner Heilbehandlung an erster Stelle. So zeigt ein Fresko 5) aus dem 1. Jahrhundertn. Chr. den griechischen Wundarzt Iapyx, der Aeneas eine Pfeilspitzeaus dem rechten Oberschenkel entfernt. Typisch dabei ist einerseits der eindeutigeGemäldecharakter, andererseits die Hervorhebung <strong>des</strong> Arztes, seinerVerfahrensweise und seiner Instrumente. Daran ändert sich auch in den folgendenJahrhunderten nichts. In gleicher Weise schildert eine Illustration zurChirurgia-Handschrift 6) <strong>des</strong> Theoderich von Cervia <strong>im</strong> 13. Jahrhundert einenArzt mit seinem Gehilfen bei der Behandlung einer Oberarmwunde. Auch dieauf einem Altarbild 7) Anfang <strong>des</strong> 16. Jahrhunderts geschilderte Transplantationeines Beines durch die Ärzte Cosmas und Damian folgt dem gleichenPrinzip.Eine gewisse Ausweitung erfährt diese spezielle Art von Gemälden, nachdemdas Sezieren als medizinische Ausbildungspraxis, etwa seit 1300, selbstverständlichgeworden war. Der Charakter eines Gemäl<strong>des</strong> wird beibehalten, dieinhaltliche Betonung bleibt bei den Ärzten, ihrer Arbeit und ihren Werkzeugen.So unterscheiden sich die Bilder lediglich durch den spezifischen Malstil ihrerZeit, der Inhalt bleibt unverändert. Die halbseitige Buchminiatur 8) <strong>im</strong> Werk<strong>des</strong> Bartholomäus Anglicus De Proprietatibus Rerum aus dem späten15. Jahrhundert oder die von Rembrandt 9) <strong>im</strong> Jahre 1632 gemalte Anatomielektion<strong>des</strong> Dr. Nicolaes Tulp zeigen hinsichtlich ihrer bildlichen Erzählungkeinen Unterschied.Auffällig ist jedoch <strong>im</strong>mer die Betonung der Figur <strong>des</strong> Arztes, der sicherlichnicht in den prunkvollen Gewändern, die seinen Stand kennzeichneten,seine Behandlung am Patienten oder be<strong>im</strong> Sezieren ausgeführt hat. DieÜberhöhung <strong>des</strong> Arztes, der meist auch namentlich faßbar bleibt, ändertsich <strong>im</strong> Lauf der Jahrhunderte in keiner Weise. Bereits Claudius Galenus wirdin hermelinverbrämter Robe auf einem Thronstuhl sitzend dargestellt 10) ,während er seine Patienten behandelt. Dieser grundsätzlichen Sichtweiseentsprechend werden Cosmas und Damian mit einem Heiligenschein versehenund Dr. Tulp trägt Hut, Spitzenkragen und -manschetten. Alle Gemäldeverdeutlichen, daß die abendländische Medizin „als Geschichte großer Ärzteerzählt“ 11) und dargestellt wird. An dieser Stelle sind auch die Einzel- oderGruppenporträts best<strong>im</strong>mter Ärzte einzuordnen. Sie reichen von zeitgenössischenoder historisierenden Darstellungen eines Hippokrates, Galen oderAvicenna bis zu den realistischen Wiedergaben unseres Jahrhunderts; d.h.von der Marmorbüste 12) <strong>des</strong> Hippokrates aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. biszum Porträt <strong>des</strong> Dr. Mayer-Hermann, das Otto Dix 13) 1926 gemalt hat.Ein zweites, allerdings weniger umfangreiches Feld fand die auf medizinischeBelange ausgerichtete bildende <strong>Kunst</strong> <strong>im</strong> Abbilden von Krankenanstalten.Eindeutig bevorzugtes Motiv ist dabei die Innenansicht eines Krankensaales,meist mit reicher Figurenstaffage versehen. In dieser Sparte ist ebenfalls, vomMalstil der jeweiligen Zeit abgesehen, kein Wandel hinsichtlich <strong>des</strong>Bildinhaltes zu verzeichnen. So reiht sich das Z<strong>im</strong>mer eines mittelalterlichenHospitals 14) mit Patienten, Ärzten und Helfern nahtlos an das Werk <strong>des</strong>Vincent van Gogh 15) das, 1889 gemalt, den Schlafsaal <strong>im</strong> Hospital in Arleswiedergibt.Ein drittes Arbeitsfeld eröffnet sich dem bildenden Künstler, zunächst zögerlich,dann sich <strong>im</strong>mer weiter ausdehnend, bei der Erstellung von illustrierten,medizinischen Traktaten oder Lehrbüchern. Bereits in die Handschrift 16) zu
Galens Abhandlung über die vier Körpersäfte, die 1472 angelegt wird, hatein unbekannt gebliebener Miniaturist Bilder eingebracht, die allerdings nochso eigenständig Menschenpaare in verschiedenen Lebenssituationen zeigen,daß sie <strong>des</strong> erklärenden Textes bedürfen und umgekehrt.Bahnbrechend wirkte auch hier Leonardo da Vinci, der um 1500 beispielsweisedie Arm- und Beinmuskeln, die Arm- und Beinknochen in seinemAnatomiewerk 17) auf das medizinisch Genaueste gezeichnet hat; insgesamtbetrachtet „geradezu eine gigantische Enzyklopädie“. 18) In seiner Nachfolgestehen die menschlichen Lehrbuchfiguren in der 1543 erstmals erschienenenFabrica <strong>des</strong> Andreas Vesalius 19) , an der mehrere Künstler mitgearbeitet haben,die die Figuren in der Regel noch vor einen Landschaftshintergrund stellten.Das Beiwerk verschwand allerdings sehr schnell, wie es beispielsweise dieIllustrationen in dem breit angelegten Werk über die Chirurgie aus dem Jahr1564 von Ambroise Paré 20) belegen.Das aufgezeigte und für den Bedarf der medizinischen Wissenschaft notwendigeAufgabengebiet <strong>des</strong> Künstlers blieb ungebrochen bis ins 19. Jahrhunderthinein erhalten. Ein letztes und umfangreiches Beispiel dafür sind die LehrbücherGottfried Schadows 21) , die in den Jahren 1830/35 in Berlin erschienensind. An diesem Werk offenbart sich allerdings bereits die Trennung von derursprünglich rein medizinisch ausgerichteten Orientierung. Aus der Anatomiefür Ärzte ist eine Anatomie für Künstler geworden, die sich ebenso zielgerichtetfortsetzte und bis in unsere Gegenwart 22) erhielt.Letztlich verantwortlich für die Abtrennung der Medizin, die über Jahrhundertehinweg der bildnerischen Darstellungskraft <strong>des</strong> Künstlers bedurfte, von der<strong>Kunst</strong> war der technische Fortschritt. Die Daguerrotypie, die Photographiebemächtigte sich <strong>des</strong> bisherigen Aufgabenbereichs <strong>des</strong> Malers und Zeichners.Exakt in der Darstellung und zeitgleich mit dem medizinischen Prozeß liefertedie Lichtbildtechnik die für die Medizin benötigten Bilder, die darüber hinausleicht zu vervielfältigen und <strong>im</strong>mer wieder und überall einsetzbar waren.Weder für die grundlegenden Abbildungen in den Lehrbüchern, noch für dieWiedergabe von operativen Eingriffen, nicht einmal für ein Arztporträt warfortan die Person eines Künstlers erforderlich. Dementsprechend zog sich diebildende <strong>Kunst</strong> gewissermaßen in ein Reservat zurück, das ihr vor allem dieniederländische Malerei bereits in der 2. Hälfte <strong>des</strong> 17. Jahrhunderts eröffnethatte: das Genre <strong>des</strong> kranken Menschen. Hier stand der Patient <strong>im</strong> Mittelpunkt<strong>des</strong> Bildgeschehens; der Arzt wurde an die zweite Stelle gerückt oderverschwand sogar völlig aus dem Bild. Als künstlerisches Thema war beispielsweiseein krankes Kind wichtiger geworden. Und so finden sich entsprechendeGemälde oder Grafiken von Gabriel Metsu bis hin zu Pablo Picasso oderKäthe Kollwitz . 23) Die kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa von1870 bis 1945 variierten das Thema <strong>des</strong> Kranken in der Abbildung <strong>des</strong> Verwundetenoder der ihm helfenden Krankenschwester auf dem Felde oder <strong>im</strong>Lazarett. Die Medizin ihrerseits benötigte während und insbesondere nachden Kriegsjahren <strong>im</strong>mer ausschließlicher technische Zeichner, Fotografen,Computer- und Videofachkräfte in Lehre und Forschung.Ein neuerlicher Zusammenhang zwischen <strong>Kunst</strong> und Medizin ergab sich erstwieder in den auf den Wiederaufbau <strong>des</strong> <strong>im</strong> Zweiten Weltkrieg weitgehendzerstörten Europas folgenden Jahren. Im Zusammenspiel von Architektur und<strong>öffentlichen</strong>, für die <strong>Kunst</strong> einzusetzenden Geldmitteln begann es <strong>im</strong> Bereichder <strong>Kunst</strong> <strong>im</strong> <strong>öffentlichen</strong> <strong>Raum</strong>.Die <strong>Universität</strong>skliniken in Homburg, die aus der Umgestaltung der PfälzischenHeil- und Pflegeanstalt hervorgingen, sind für diesen Prozeß ein typischesBeispiel. Einerseits hatten die neuen, reinen Zweckbauten die ursprünglicheGesamtkonzeption ihres Charakters beraubt, andererseits wurden vonder Mitte der 60er Jahre unseres Jahrhunderts an bis zur Gegenwart Werkeder <strong>Kunst</strong> um, an und in den Klinikgebäuden eingefügt.Zeitlich deutlich voneinander abgegrenzt lassen sich zwei Phasen der <strong>Kunst</strong>verwirklichung<strong>im</strong> öffentlich-medizinischen Sektor feststellen. Die erste Zeitspannereicht von etwa 1965 bis 1990. In diesem Zeitraum entstehen, willkürlichals Beispiele herausgegriffen, eine Skulpturengruppe von Leo Kornbrust (Kat.-Nr. 23, Hom.), eine Wandgestaltung <strong>des</strong> Kleint-Schülers Karl-Heinz GrünewaldLeonardo da Vinci, Anatomische Zeichnungen,Royal Library, Windsor CastleAndreas Vesalius: De humani corporis fabricalibri septem, Basel 154395
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