Gelebte Oekumene: Reformierter Pfarrer nimmt katholische ...
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Die 1000-Jahr-Feier Lengnau fand zu spät statt<br />
Lengnau ist älter als bisher angenommen<br />
Edi Gubler<br />
Im Buch «Tausend Jahre Lengnau 997–1997» von Fred Geiselmann<br />
wird die damals erste bekannte urkundliche Erwähnung<br />
des Dorfes Lengnau (dannzumal Lengenach) wie<br />
nachfolgend aufgeführt beschrieben:<br />
Zur Gründung Lengnaus<br />
Erste schriftliche Quellen darüber, dass Lengnau bereits vor<br />
dem Jahr 1000 bestanden haben muss, liefert der «Liber<br />
Heremi», ein Werk aus dem Kloster Einsiedeln, das unter<br />
anderem ein Verzeichnis der dem Kloster gehörenden Güter<br />
darstellt. Demnach hat ein Lampertus dem Kloster im Jahre<br />
997 in Lengnau als Vergabe eine Hube geschenkt – «Lengnau»<br />
wurde damals noch als «Lengenach» geschrieben.<br />
Die Schenkung von Lengenach<br />
Die Schenkung von Lengenach aus dem Jahre 997 ist in<br />
einer ursprünglichen Urkunde nicht mehr nachzuweisen. Sie<br />
wird jedoch im Liber Heremi – dieser wurde um das Jahr<br />
1550 vom Chronisten Aegidius Tschudi (1505–1572) aus<br />
alten Urkunden zusammengestellt – zweimal erwähnt. Es<br />
sind die einzigen verlässlichen Hinweise, die von der Gründung<br />
einer Siedlung Lengnau zeugen. Beide Textstellen zeigen<br />
den genau gleichen Wortlaut.<br />
Die zwei Textstellen, in denen Lengnau «Lengnach/Lengen -<br />
ach» erwähnt wird. Oberer Eintrag chronologisch, unterer<br />
alphabetisch.<br />
Übersetzung des Textes aus dem «Liber Heremi»<br />
Am … August 997 starb Herzog Konrad I. von Schwaben,<br />
nachdem er als der sechste in der Reihe 15 Jahre regiert<br />
hatte. Als Nachfolger setzte Kaiser Otto III. seinen Lehensmann<br />
Hermann von … II. als Herzog von Schwaben, den<br />
siebten in der Reihe, ein. Seine Gattin war Gerberge, die<br />
Tochter von Konrad, des Königs von Burgund. Er regiert<br />
während sieben Jahren. Lampertus von … vergab eine<br />
Hufe1 in Lengenach, in der Umgebung des Flusses Aare in<br />
Klein-Burgund2 .<br />
Die hier übersetzte Stelle aus dem «Liber Heremi» enthält als<br />
«Nebenprodukt» somit nicht nur die für Lengnau gesicherte<br />
erstmalige urkundliche Erwähnung, sondern wirft auch ein<br />
1 Hufe oder Hube: altes germanisches Feldmass unterschiedlicher<br />
Grösse. Die fränkische Hufe entspricht 23,9 ha, die sächsische jedoch<br />
nur 12 ha. Die Schenkung bezieht sich somit zunächst auf ein Stück<br />
Land, ob mit einem schon bestehenden Hof, bleibt unerwähnt.<br />
2 Mit Klein-Burgund bezeichnet man den heute schweizerischen Teil des<br />
Königreiches Hochburgund, welches 888 entstand, 933 mit Niederbur-<br />
11<br />
Schlaglicht auf eine für die mitteleuropäische Geschichte<br />
bedeutsame Entwicklung.<br />
Neuste Erkenntnis von Prof. Dr. Rolf Max Kully:<br />
Lengnau wurde 944 erstmals urkundlich erwähnt<br />
Die Entdeckung einer Urkunde, die rund 50 Jahre älter ist als<br />
der bisherige Erstbeleg, gab Rolf Max Kully (aufgewachsen<br />
in Grenchen), ehemals Direktor der Zentralbibliothek Solothurn<br />
und Professor für Germanistik an der Universität<br />
Basel, den Anstoss zu einer genauen Untersuchung der<br />
überlieferten Formen des Ortsnamens Lengnau: Lengenach,<br />
Longa Aqua, Longieuva, Longeau, Lengowa. Nachstehend<br />
ein Auszug aus dem Artikel (erschienen in Band<br />
44/Heft 2 (2009) der «Beiträge zur Namensforschung») mit<br />
dem Titel «Lengnau an der Leu gene», aus dem hervorgeht,<br />
dass die Gemeinde Lengnau das 1000-Jahr-Jubiläum ein<br />
halbes Jahrhundert zu spät gefeiert hat.<br />
Lengnau «an der Leugene»<br />
«Die Kopie eines verschollenen Einsiedler Dokuments im 'Liber<br />
Heremi' vermeldet zum Jahre 997 den Tod des Alemannenherzogs<br />
Chůnradus sowie die Übertragung der Herrschaft<br />
auf seinen Schwiegersohn Hermann. Der folgende<br />
Absatz hält ohne Jahresangabe fest, dass ein gewisser<br />
Lampertus in Lengenach circa Arolam fluvium in Burgundia<br />
Minori ‹in Lengenach unweit dem Fluss Aare in Kleinburgund›<br />
dem Kloster einen Bauernhof geschenkt habe. Man<br />
hat den zweiten Eintrag auf den ersten bezogen und deshalb<br />
auch Lengenach, das man als Lengnau, Kanton Bern,<br />
identifiziert, auf das Jahr 997 datiert. Folgerichtig feierte das<br />
Dorf 1997 sein tausendjähriges Bestehen.<br />
Freilich haftet jedem solchen Jubiläum der Geruch des<br />
Zufälligen an, denn eine Ortschaft ist in der Regel viel älter<br />
als ihre erste Nennung. Der a. 1868 gefundene sogenannte<br />
Sylvanusstein von der Schmidhansenmatte und ein kurzes<br />
römisches Mauerstück, das bei Grabungen für das Leng -<br />
nauer Wasserreservoir bei der Lochbachquelle zutage kam,<br />
weist denn auch auf eine Gründung in den ersten fünfhundert<br />
Jahren unserer Zeitrechnung hin. Zwar können wir nicht<br />
so weit gehen, den Namen schon in jener frühen Zeit nachzuweisen,<br />
aber immerhin können wir dank einem Hinweis<br />
von lic. phil. Silvan Freddy vom Solothurner Staatsarchiv<br />
eine bisher weitgehend unbeachtete Urkunde beibringen.<br />
Sie ist zwar bloss in einer Kopie des 17. Jahrhunderts erhalten,<br />
aber das Original reichte rund fünfzig Jahre weiter<br />
zurück als die bisherige Ersterwähnung. 3<br />
Im Jahre 944, auch dieses Jahr ist freilich nicht mit letzter<br />
Sicherheit zu bestimmen, tauschte ein Mann namens<br />
Ursnatus in Besançon verschiedene entferntere Besitzungen<br />
in comitatu Bergas et in pago Nogorolense et in pago<br />
gund zum Königreich Burgund vereinigt wurde und 1032 an den deutschen<br />
König Konrad II. überging, der sich in der Abteikirche von Payerne<br />
zum König von Burgund krönen liess.<br />
3 Das Original ist verschollen. Der Druck stützt sich auf eine Abschrift von<br />
P.-Fr. Chifflet, Bibliothèque nationale, Baluze 143, fol. 45.