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FOTOLIA.COM © JAVARMAN; PIXELIO.DE © MAGICPEN<br />

ALLGEMEINE BESONDERHEITEN OKTOBER 2012<br />

Herbstschätze<br />

Ist er nicht schön, der Herbst? Wenn er kommt, riecht<br />

man ihn sofort: Die Luft duftet nach gefallenem Laub,<br />

nach Erde und den ersten Kaminfeuern. Die Natur schaltet<br />

einen Gang runter und befi ndet sich auf dem Rückzug,<br />

wie auch das Federvieh, das sich auf seinen Flug in<br />

sonnigere Gefi lde begibt. Apropos Rückzug: Derzeit versuche<br />

ich irgend wie, dem herbstzeitlichen Deko-Zauber<br />

zu entfl euchen − ich sag nur: die Invasion der Kürbisse!<br />

Meine geschätzte Schrebergarten-Nachbarin fragte neulich,<br />

ob ich denn nicht jetzt auch alles schön Kürbismäßig<br />

auf „Hällowiehn“ dekorieren täte? Wär’ ja jetzt mal<br />

so langsam Zeit! Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht,<br />

aber ich empfi nde solcherlei ungefragte Ratschläge zu-<br />

weilen als extrem übergriffi g. Außerdem: dekorieren tun?<br />

„Tuten tut der Nachtwächter“, dachte ich. Ausweichend<br />

gab ich meinem schmalen Zeitkonto die Schuld an meiner<br />

fehlenden Dekor-Lust, was streng genommen eine eiskalte<br />

Lüge war, aber bei den Angeboten und aufdringlichen<br />

Dekorationen in meinen bevorzugten Einkaufstummel-<br />

plätzen dreht sich mir regelrecht der Magen um; oder<br />

sollte ich besser sagen: Das schlägt bisweilen echte<br />

Blasen auf der Netzhaut – so viele Geschmacklosigkeiten<br />

auf einmal. Kürbislichterketten, künstliche Laubgirlanden,<br />

die schon von Weitem ihren natürlichen Plastikduft verströmen.<br />

Meine Gartennachbarin zog sich jedenfalls pikiert in ihr<br />

Garten-Schneckenhaus zurück, ließ überemsig ihren<br />

großen und kleinen Kürbissen die nötige Pfl ege ange-<br />

deihen – schließlich sollten die ja nicht schon vor den<br />

nationalen und internationalen Feierlichkeiten an Ver-<br />

nachlässigung krepieren. Im Stillen dachte ich an die<br />

unzähligen Puppenopfer meiner Kindheit, die den frühen<br />

Tod in ihrem kleinen Kindsbett starben, weil ich ihnen in<br />

höchster Unschuld zuviel Make-Up mit meinen neuen<br />

Eddings und Filzstiften verpasst hatte. Danach bestan-<br />

den sie vor den Augen meiner wütenden Mutter nicht<br />

mehr und wurden rigoros im Sperrmüll entsorgt – gleiches<br />

sollte übrigens meines Erachtens auch gerne mit dem<br />

Kürbiswahn dieser Tage geschehen.<br />

Zeitgleich fl attert mir eine Einladung meiner Patentoch-<br />

ter ins Haus, zur Einweihung einer geheimnisvollen Neuig-<br />

keit im Garten. Ich folge gern und fühle mich ohne langes<br />

Zaudern wie im siebten Himmel: alles dekofrei! Doch<br />

dann erscheint die junge Gastgeberin auf der Bildfl äche,<br />

geschmückt mit einer güldenen Pappkrone. Sie begleitet<br />

mich höchst wichtig zur einzuweihenden Garage der Fa-<br />

milie, in der künftig alle Grillutensilien ihren eigenen Platz<br />

fi nden sollen. Sichtlich stolz bietet sie mir – wie sollte es<br />

anders sein – ein frisch gegrilltes Kürbisschnitzel an. Zum<br />

Nachtisch gibt es frischen Kürbis-Möhren-Kuchen. Als<br />

die Familie mir zum Abschied noch ein mit buntem Laub<br />

und verschiedenen Leckereien ausgestatteten Picknick-<br />

korb überreicht, gebe ich mich endgültig geschlagen,<br />

denn einige Schätze des Herbstes stillschweigend an-<br />

zunehmen – da bricht man sich schließlich auch keinen<br />

Zacken aus dem Krönchen.<br />

In diesem Sinne, genießen Sie das Leben<br />

und bleiben Sie versonnen!<br />

kolumne<br />

� quadrat 10 / 2012<br />

03

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